S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 29.06.2023 um 10.30 UTC

Zunächst leicht unbeständige Westwetterlage mit für die Jahreszeit normalen
Temperaturen. Ab Mittwoch Umstellung auf Südwest, wärmer und zunehmende
Gewitterneigung.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 06.07.2023

Am Sonntag erwartet uns eine typische Westwetterlage mit einem steuernden Tief
und tiefem Geopotenzial über Skandinavien. Rückseitig einer Kaltfront, die am
Vormittag noch am Alpenrand hängt, wird mit westlicher Strömung feuchte, im
Norden auch kühle Atlantikluft herangeführt. Während am Alpenrand die
850-hPa-Tempertur noch bei 12 °C liegt, erreicht sie im Norden nur noch 4 °C.
Dabei überquert ein schwacher und flacher Kurzwellentrog den Norden und sorgt
insbesondere dort für Schauer. Ansonsten hat der Nachmittag eher einen heiter
bis wolkigen Charakter mit nur wenigen Schauern. Durch den starken Gradienten
weht der Wind in der Nordhälfte stark böig.

Zu Beginn der neuen Woche ändert sich an der Gesamtsituation zunächst recht
wenig. Wir befinden uns immer noch an der Südflanke des Skandinavientiefs, an
der wiederholt kurzwellige Anteile über den Norden Deutschlands durchziehen.
Diese bringen leichte Schauer in der Nordhälfte. Der Süden Deutschlands wird im
Bodendruckfeld antizyklonal beeinflusst. Aber auch dort bauen sich in etwas
feuchterer und wärmerer Luft im Tagesverlauf insbesondere am Dienstag mehrere
100 J/kg CAPE auf. Gewitter werden am Nachmittag bevorzugt im Alpenraum
simuliert. Zumindest am Montag bleibt der starke Gradient, der im Norden für
starke, im äußersten Norden auch für stürmische Böen sorgt, weiter erhalten.
Im weiteren Verlauf verlagert sich der Trog retrograd und beginnt auf seiner
Rückseite stromabwärts eine Austrogung zu entwickeln, sodass am Mittwoch der
Langwellentrog über Großbritannien liegt und eine neue Trogachse bis östlich der
Azoren vorstößt. Mitteleuropa gelangt somit auf die Vorderseite des Troges,
wodurch die Höhenströmung eine südwestliche Komponente bekommt. Dadurch wird
zunehmend feuchtere Mittelmeerluft in die Südosthälfte geführt. Die Wetterlage
hat sich nun auf eine Südwestlage umgestellt. Den Nordwesten erreicht dabei die
Kaltfront eines Nordseetiefs. Schauer und Gewitter, vor allem im unmittelbaren
präfrontalen Bereich in der Nordwesthälfte sind die Folge. Bei mäßiger Scherung
könnten diese je nach Lage des Tiefs und des Troges auch besser organisiert
sein.

Am Donnerstag kommt es zu einer weiteren Westwärtsverlagerung des atlantischen
Langwellentroges, wobei er seinen Einfluss auf Mitteleuropa weiterhin behält.
Die Kaltfront richtet sich strömungsparallel aus und beginnt über Deutschland zu
schleifen. Teils kräftige Gewitter vor allem präfrontal in der Südosthälfte
wären die Folge.

In der erweiterten Mittelfrist verliert der Trog wieder zunehmend an Einfluss.
Auf seiner Vorderseite wölbt sich ein mächtiger Keil über Mitteleuropa auf.
Dabei beginnt die Zufuhr afrikanischer Heißluft, wobei am Wochenende wieder die
20-°C-Marke auf 850 hPa am Südwesten Deutschlands kratzt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bezüglich der großräumigen Wetterlage ist die Konsistenz des neuen IFS-Laufs
gut. Schaut man im Detail, ergeben sich wie, bei West- bzw. Südwestlagen üblich,
kleinere Unsicherheiten bezüglich Kurzwellentröge und Frontdurchgänge,
insbesondere ab Mittwoch.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die anderen Globalmodelle sehen die Lage ähnlich. Etwas größere Unterschiede in
den Details gibt es ab Mittwoch. GFS lässt dann die Front bis Donnertagfrüh nach
Osten durchziehen, wobei größere Gewittercluster gerechnet werden.
Den Warmluftvorstoß am nächsten Wochenende berechnet GFS ebenfalls, steht aber
damit am oberen Ende der Ensembles. Der Trog verlagert sich außerdem nicht so
schnell westwärts, sodass der zyklonale Einfluss mit kräftigen Gewittern auf der
Vorderseite erhalten bleibt.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Bis Dienstag sind die Vorhersagen in den Rauchfahnen ziemlich stark gebündelt.
Ab Mittwoch nimmt der Spread in den 850-hPa-Temperaturen deutlich zu. Ein
stärkerer Aufwärtstrend ist dennoch erkennbar. Der Hauptlauf ordnet sich dabei
etwa im Median, zum Wochenende etwas über dem Median ein. Ein stetiger Anstieg
im Geopotenzial und eine Zunahme der Niederschlagssignale zum Ende der Woche
deuten auf eine Trogvorderseite hin. Diese wird auch von allen Clusteranalysen
bestätigt.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Lage bis Dienstag großräumig recht
sicher ist. Unsicherheiten bestehen bezüglich der Details und der Verteilung der
Schauer. Ab Mittwoch nehmen die Unsicherheiten deutlich zu. Als sehr
wahrscheinlich gilt der Umbau der Wetterlage hin zu einer wärmeren Südwestlage
mit hohem Gewitterpotenzial, die Details sind jedoch äußerst unsicher. Ob es am
darauffolgenden Wochenende dabei eher zyklonal oder antizyklonal zugeht, kann
noch nicht prognostiziert werden.

Mit Blick auf den Siebenschläfer, wobei eine erhöhte Wahrscheinlichkeit besteht,
dass das vorhergesagte Zirkulationsmuster für die kommende Wochen anhalten,
lohnt sich ein Blick in die erweiterte Mittelfrist. Die Clusteranalysen zeigen
dabei alle eine Verlagerung des tiefen Geopotenzials auf den Atlantik. Für uns
werden demnach 3 Varianten gezeigt: Eine antizyklonale Westlage, eine
Trogvorderseite und ein Keil über Mitteleuropa. In allen 3 Varianten wäre es in
Mitteleuropa für die Jahreszeit zu warm. Bei ersteren und letzterem wäre es
dabei vor allem in Süddeutschland zu trocken, was auch so in er
„Extended-Range-Vorhersage“ vom IFS-Modell berechnet wird. Die „Skills“ der
Modelle für so lange Zeiträume sind natürlich gering. Die Prognose entsprechend
unsicher und nur als grober Trend zu werten. Deshalb gilt zunächst gilt aber
erstmal abwarten, was sich in der nächsten Woche ergibt. Denn GFS ist in den
Ensembles deutlich kühler unterwegs, mit mehreren Läufen, in denen zwar der Trog
westlich von uns liegt, aber dennoch seinen Einfluss auf Mitteleuropa behält.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Bis auf stürmische Böen an der Küste am Sonntag und Montag und einzelne lokal
kräftigere Gewitter, vornehmlich am Alpenrand am Dienstag zeigt die Lage
zunächst kaum Potenzial für signifikantes Wetter.

Dies könnte sich allerdings ab Mittwoch ändern. Auf der Vorderseite des Troges
nimmt die Gefahr für schwere Gewitter zu. CAPE wird nicht sehr hoch berechnet.
Dennoch wird eine erhöhte Scherung, insbesondere im Frontalbereich, simuliert.
Ohne, dass der EFI von CAPESHEAR anspringt, sind aber dennoch stärkere
Entwicklungen möglich. Ob es für eine Schwergewitterlage am Ende der Woche
reicht, bleibt abzuwarten.

Basis für Mittelfristvorhersage
Bis Mittwoch ICON und IFS-Hauptlauf/MOS-MIX, ab Mittwoch IFS-ENS-Mittel

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold