#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Dienstag, den 27.06.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 27.06.2023 um 10.30 UTC
Überwiegend wechselhaft, gebietsweise Schauer, lokale Gewitter. Mäßig warm, im
Süden warm, aber nicht heiß.
Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 04.07.2023
Insgesamt dominiert in der Mittelfrist eines zyklonale geprägte West- bis
Südwestströmung, in der immer wieder Ausläufer des nordwesteuropäische,
steuernden Tiefdruckkomplexes auf Deutschland übergreifen und das Wetter
wechselhaft gestalten. Dabei sind die beteiligten Luftmassen hinsichtlich
Temperatur und Feuchtegehalt gemäßigt, so dass sich weder extreme Temperaturen
noch (großflächig) markante oder gar unwetterartige Niederschläge andeuten.
Und nun im Detail:
Zu Beginn der Mittelfrist am Freitag liegt Deutschland auf der Vorderseite eines
Troges über Westeuropa, der sich mit seiner Achse im Tagesverlauf weiter
ostwärts verlagert und sich dabei südwärts in den zentralen Mittelmeerraum
streckt. Der Luftdruck sinkt etwas, insgesamt sind die Luftdruckgegensätze
relativ gering, über Deutschland dominiert aber eher tiefer Luftdruck und das
darin eingebettete Frontensystem des Tiefs bei Island überquert unseren
Vorhersagegebiet. Dabei gelangt vor allem der Nordwesten recht bald auf die
Rückseite der Kaltfront, so dass dort der Druck wieder ansteigt, von Nordwesten
eine kühlere, trockenere Luftmasse (5 bis 8 Grad in 850 hPa) einsickert und eben
auch die Niederschläge abklingen. Vorderseitig des Frontensystems und auf der
Trogvorderseite sorgt die südliche bis südwestliche Höhenströmung für den
Zustrom feucht-labiler Luftmasse (850 hPa bei 10 bis 13 Grad, ppws bei 30 bis 35
mm, im Tagesverlauf im Süden/Südosten CAPE bis etwa 1000 J/kg), daher dürften
sich in etwa in der Südosthälfte im Tagesverlauf vermehrt Schauer und Gewitter
auftreten. Diese können dann lokal auch von Starkregen und Hagel sowie
stürmischen Böen begleitet werden. Hinsichtlich Starkregen sind einzelne
Unwetter nicht ausgeschlossen, insgesamt sollte der Organisationsgrad aber
beschränkt sein (Scherung hält sich in Grenzen). Im Nachtverlauf überquert die
Trogachse auch die östlichen Landesteile, die Luftmasse stabilisiert, de
Schauer/Gewitter klingen – mit Ausnahme des Alpenrandes – weitgehend ab. Am
Alpenrand kann es noch weiter regnen, ob dabei in einschlägigen Staulagen
Dauerregenschwellen überschritten werden, bleibt abzuwarten, die Signale hierfür
sind nicht sehr groß: Lt. IFS-EPS im Allgäu vereinzelt um 30 % für mehr als 30
l/qm in 24 Stunden, sonst am Alpenrand eher um 20 % und wurde gegenüber den
gestrigen EPSen auch zurückgenommen. Außerdem sind die 12-stündigen
Wahrscheinlichkeiten durch das Starkregenpotenzial tagsüber höher als nachts.
Am Samstag verlagert sich der Südteil des Troges ein wenig zögerlich, am Boden
hat sich über Norditalien auch ein Bodentief entwickelt, so dass die
Ostverlagerung der Luftmassengrenze (Frontensystem) besonders an den Alpen
verzögert wird. Es kann dort anfangs noch etwas regnen. Im restlichen
Deutschland kann sich aber auch sich der Zwischenhocheinfluss nicht halten, im
Tagesverlauf nähert sich von Nordwesten rasch das Frontensystem des nächsten
Tiefs bei Island. Mit Annäherung des Tiefs nimmt der Gradient zu, so dass im
Norden und Nordwesten vor allem in exponierten Lagen wie den westlichen und
zentralen Mittelgebirgen und dem Küstenumfeld der Südwestwind böig auflebt.
Bereits in der Nacht zum Samstag verdichten sich die Wolken im Nordwesten und
Westen, in den Frühstunden setzt dann auch Regen ein. Der Regen breitet sich
tagsüber ostwärts aus, im Norden folgt die Vorderseite des recht flachen,
westeuropäischen Langwellentroges und ein Bodentrog, dort sind dann postfrontal
Schauer zu erwarten und der Wind lebt im Nordseeumfeld noch etwas stärker auf.
Im Südosten bleibt es dann länger trocken. Insgesamt dreht die Strömung auf
West, die Luftmasse mit unter 10 Grad in 850 hPa wird nordostwärts abgedrängt,
das Temperaturniveau liegt dann allgemein bei 9 bis 12, im Südosten bei bis zu
14 Grad in 850 hPa. Die Höchstwerte liegen daher im Norden um oder nur leicht
über 20 Grad, im Süden eher bei 25 bis 27 Grad.
Am Sonntag liegt Deutschland an der diffluenten Vorderseite des Troges über
Nordwesteuropa, das vorgelagerte Frontensystem liegt zunächst von Südwest nach
Nordost diagonal über dem Land und erreicht im Tagesverlauf auch die Alpen mit
zeitweiligem, meist leichtem Regen. In der im Süden feuchteren, wärmeren
Luftmasse kann es durch orografische Hebungsprozesse teils auch zu schauerartig
verstärktem Regen kommen – insbesondere im Alpenraum. Im Norden dominiert unter
der etwas höhenkälten Luftmasse und unter etwas stärkerer zyklonaler Krümmung
der Isohypsen eine labilere Luftmasse bzw. leicht dynamische Hebung, daher
treten im Tagesverlauf von der Nordsee und deren Umfeld über Schleswig-Holstein
und in den Ostseeraum Schauer auf, das Gewitterrisiko ist allerdings relativ
gering. Der Wind weht weiterhin teils frisch mit gelegentlich steifen Böen im
Küstenumfeld.
Nach vorübergehender Zonalisierung der Strömung nach Durchgang von Front und
Bodentrog, kommt es im Laufe des Montages zu einer erneuten Austrogung über
Westeuropa. Die Strömung dreht von West auf Südwest. Die wärmere, leicht
instabile und feuchtere Luftmasse ist im Süden nicht ausgeräumt bz. Kann in der
auf Südwest drehenden Strömung wieder Boden ach Nord/Nordost gut machen. Im
Tagesverlauf lebt zum einen im Norden die Schauertätigkeit wieder auf, aber auch
im Süden entwickeln sich Schauer und einzelne Gewitter. Während im Norden ein
gewisser dynamische Hebungsantrieb zu erwarten ist (Trogvorderseite, Bodentrog,
etwas höhenkältere Luft) muss im Süden wahrscheinlich vor allem das Bergland bei
der Auslöse „unterstützen“.
Am Dienstag teilt die Strömung weiter auf, da der Trog über Westeuropa peu à peu
noch etwas weiter nach Süden in Richtung Iberischer Halbinsel ausgreift. Die
wärmere Luftmasse mit 10 Grad in 850 hPa oder auch mehr kann bis in den
Nordosten ausgreifen. Wir befinden uns weiterhin trogvorderseitig, so dass
entsprechende Hebung im Norden und Nordwesten im Tagesverlauf für eine
auflebende Schauertätigkeit sorgt. Ebenso bilden sich im Süden vor allem vom
Bergland ausgehend Schauer und lokale Gewitter. Aufgrund meist geringer
Verlagerungsgeschwindigkeiten ist lokal Starkregen nicht ausgeschlossen, im
Norden sollte das keine Rolle spielen, da der Gradient hier etwas stärker
ausgeprägt ist. Für warnwürdige Böen reicht es aber voraussichtlich nicht. In
der Nacht zum Mittwoch wird zudem ein kurzwelliger Troganteil im Nordwesten
simuliert, der dann gebietswese weiteren, schauerartigen Regen bringen kann und
sich nachts Richtung Ostsee verlagert.
Für die erweiterte Mittelfrist stehen die Zeichen aktuell auf Fortsetzung der
zyklonal geprägten Wetterlage. Dabei soll die Strömung noch etwas mehr auf
Südwest drehen, was zu einem etwas höheren Temperaturniveau führen dürfte.
Potenziell dürfte es zu einer Anfeuchtung der Luftmasse und damit einem von
Süden ansteigenden Gewitterrisiko kommen. Ob das damit eine erhöhte
Unwettergefahr einhergeht, ist möglich, bleibt aber abzuwarten.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz der vorliegenden IFS-Modellläufe ist bis einschließlich des
Wochenendes gut, auch wenn sich bereits zu Beginn der Mittelfrist zeigt, dass
die aktuelleren Modellläufe gegenüber dem gestrigen 00 UTC-Lauf des IFS etwas
progressiver aufgestellt sind. Diese Unterschiede setzten sich fort: die
aktuelleren Läufe simulieren eine zeitlich zügigere Entwicklung und vor allem
eine etwas ausgeprägtere Trog-Keil-Struktur bzw. eine etwas weiter südlich und
damit mehr über unserem Vorhersagegebiet verlaufende Frontalzone.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Beim Vergleich des IFS mit anderen Globalmodellen wie ICON und GFS zeigen sich
zunächst nur geringe Unterschiede im Timing, bis einschließlich des Wochenendes
dürften diese kaum prognoserelevant sein. Nachfolgend sind sich die Vorhersagen
von ICON und IFS relativ ähnlich, wobei ICON ein wenig wärmer und minimal
zyklonaler aufgestellt zu sein scheint. GFS zeigt ab Beginn der kommenden Woche
ein Trog-Keil-Muster, dass ähnlich in der Ausprägung, aber ostwärts verschoben
ist und somit würden sich für unseren Vorhersageraum vorübergehend etwas
antizyklonalere Strukturen und aufgrund der weniger „nachhaltig“ aufsteilenden
Strömung am Montag/Dienstag ein allgemein etwas geringes Temperaturniveau
ergeben. Der Grundtenor einer überwiegend zyklonal geprägten West- bis
Südwestlage wird aber dennoch von allen betrachteten Modellen simuliert, so dass
daran, dass ein tendenziell wechselhafter, normal temperierter
Witterungsabschnitt ansteht, keine Zweifel bestehen. Dennoch ist der zeitliche
Ablauf mit den entsprechenden Niederschlagsschwerpunkten natürlich mit
Unsicherheiten behaftet.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Clusteranalyse des IFS zeigt für den ersten Mittelfristzeitraum von Freitag
00 UTC bis Samstag 00 UTC (+72 bis +96 h) sechs Cluster mit 13, 11, 11, 7, 5 und
4 Membern, wobei Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 3 eingruppiert werden. Es
fällt mal wieder schwer, prognoserelevante Unterschiede zu finden. Allen gemein
ist die gewisse Kräftigung bzw. Ausdehnung des
nordatlantischen/nordwesteuropäischen Troges, so dass die meisten Cluster auf
das Regime NAO positiv wechseln und für große Teile Europas eine zyklonale
Westlage ansteht. Im Folgezeitraum von Sonntag 00 UTC bis Dienstag 00 UTC sind
drei Cluster im Angebot (26, 13, 12 Member). Die Unterschiede sind letztlich
nicht groß, nur der Trog wird unterschiedlich stark und unterschiedlich weit
nach Süden ausgreifend simuliert. Die Frontalzone liegt daher teilweise recht
weit nördlich, so dass unsere südlichen Landesteile davon sogar verschont
bleiben könnten, teilweise aber auch recht weit südlich. Überwiegend wird aber
der zyklonale Einfluss, heißt überwiegend wechselhafte Witterungscharakter,
betont. Haupt- und Kontrolllauf werden in Cluster 1 einsortiert und damit in den
Cluster, der in etwa die „mittlere“ Position der Frontalzone zeigt und mit 26
Membern auch recht stark besetzt ist.
In der erweiterten Mittelfrist dominiert weiterhin der zyklonale Einfluss mit
mehr oder weniger auf Südwest drehender Strömung (etwas geringeres
Temperaturniveau) und teilweise leicht verschobenem Trog-Keil-Muster.
Die Betrachtung der Rauchfahnen einiger Städte in Deutschland zeigt eine recht
unruhige Kurvenschar der Niederschläge mit einem Schwerpunkt für erhöhte
Niederschläge am Freitag vor allem im Süden und Südosten, nachfolgt bleibt es
wechselhaft mit geringerem Starkregenpotenzial. Der Spread der Temperaturkurven
in 850 hPa weitet sich im Verlauf des Wochenendes, die Mehrzahl der Member
bleibt in einem Niveau um 6 bis 10 Grad im Norden und 10 bis 14 Grad im Süden
und auch wenn der Haupt- und Kontrolllauf zur erweiterten Mittelfrist hin noch
ansteigen, bleibt die Mehrheit der Member im genannten, normal temperierten
Bereich. Die Kurvenschar des 500 hPa Geopotenzials spannt sich im Laufe des
Wochenendes ebenfalls weiter auf, der Spread nimmt also zu, der Schwerpunkt der
Kurvenschar verbleibt allerdings bis in die erweiterte Mittelfrist auf ähnlichem
Niveau, so dass ein Fortbestand der zyklonal geprägten Witterung auch im Süden
wahrscheinlich ist.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Am Freitag in der Südosthälfte im Tagesverlauf vermehrt Schauer und Gewitter
auftreten. Diese können dann lokal auch von Starkregen und Hagel sowie
stürmischen Böen begleitet werden. Hinsichtlich Starkregen sind einzelne
Unwetter nicht ausgeschlossen (ppws bei 30 bis 35 mm, im Tagesverlauf im
Süden/Südosten CAPE bis etwa 1000 J/kg), insgesamt sollte der Organisationsgrad
aber beschränkt sein (Scherung hält sich in Grenzen). Am Wochenende im Norden
nur sehr geringes Gewitterrisiko. Zunehmende Gewitterwahrscheinlichkeit wieder
zum Montag und Dienstag, vor allem in den südlichen Landesteilen und häufig vom
Bergland ausgehend, dabei aufgrund geringer Verlagerungsgeschwindigkeiten auch
wieder lokales Starkregenrisiko.
Dauerregen am Alpenrand von Freitag bis in den Samstag ist gegenüber den
gestrigen EPS-Läufen geringer geworden und wird als eher unwahrscheinlich
erachtet. Der Fokus liegt voraussichtlich eher beim Starkregen tagsüber.
Von Samstag bis Montag vor allem im Nordwesten und Norden stärkerer Gradient und
zeitweise starke Böen, vor allem an den Küsten (vor allem Nordsee) und in
exponierten Lagen der westlichen und zentralen Mittelgebirge. Meist aber wohl
„nur“ Böen Bft 7. Der EFI liefert dort auch leichte Signale.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOS-MIX
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger