S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 06.06.2023 um 10.30 UTC

HNz -> HFNa und „Einsommerung“: Vorübergehend weniger Schauer und Gewitter, mehr
Sonne und sehr warm, im Westen und Südwesten erste „30er“.

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 13.06.2023

In der Mittelfrist setzt sich die Blockadelage weiter fort, allerdings geht das
blockierende Hochdruckgebiet auf Wanderschaft. Zu Beginn der Mittelfrist am
Freitag liegt es mit Schwerpunkt noch über dem Nordmeer, am Wochenende verlagert
es sich über Skandinavien ostwärts und erreicht am Montag Nordwestrussland. Es
erfolgt also der Übergang von der Großwetterlage „Hoch Nordmeer“ (HN) zu „Hoch
Nordmeer Fennoskandien“ (HNF). Gestützt wird das Hoch von einem Rücken, der
sich, eingeklemmt zwischen zwei Trögen, über dem Nordmeer beginnt aufzuwölben
und in der Folge über Skandinavien ostwärts schwenkt. Auch über Westeuropa liegt
ein Rücken, der sich durch WLA vorderseitig des sich nordwestlich der Iberischen
Halbinsel eindrehenden Cut-Off-Tiefs zunehmend verstärkt. Im Laufe des
Wochenendes schwenkt er nach Mitteleuropa und nimmt dabei Verbindung mit dem
Rücken über Skandinavien auf. Eventuell bildet sich gar ein neues Höhenhoch über
der Nordsee oder Südskandinavien.

So oder so gelangt Deutschland zumindest großräumig betrachtet in ein zunehmend
antizyklonales Umfeld, weswegen der IFS-„Forecasttree“ von Freitag bis Montag
nachvollziehbarer Weise die antizyklonale Ausprägung „HNF a“ favorisiert. Im
Detail ist die Lage allerdings nicht ganz störungsfrei. Zum einen ist dem Rücken
ein Kaltlufttropfen (KLT) vorgelagert, der sich am Freitag mit Kern unweit des
Dreiländereckes Österreich-Slowakei-Ungarn befinden, allerdings rasch nach
Südosten abgedrängt wird. Zum anderen bleibt die Osthälfte wahrscheinlich auch
danach noch vorderseitig der Rückenachse bzw. südlich eines etwaigen Höhenhochs
und damit anfällig gegenüber Randtrögen des nordosteuropäischen Troges oder
abtropfender Höhentiefs.

Im Norden und Nordosten kann dieser leicht zyklonale Einfluss aus der Höhe aber
nicht viel ausrichten, dort fließt am Rande des Blockadehochs mit recht
kräftiger Nordostströmung trockene Kontinentalluft ein. Vielleicht reicht es
entlang einer Küstenkonvergenz am Freitag und Samstag für lokale Schauer, meist
bleibt es aber niederschlagsfrei, sodass sich die Trockenheit und
Waldbrandgefahr – nicht zuletzt auch aufgrund des böigen Windes – signifikant
verschärfen dürfte! Im östlichen Mittelgebirgsraum sowie im Südosten dagegen, wo
die ohnehin hochreichend instabile Luft noch deutlich feuchter ist, können sich
etwas häufiger Schauer und Gewitter entwickeln, die aber im Laufe des
Wochenendes seltener werden dürften. Bei schwacher Strömung und Scherung ist
lokal Starkregen wahrscheinlich.

Ansonsten hemmt das zunehmende Absinken und die damit einhergehende Abtrockung
der Luftmasse die Konvektion, sodass es am Wochenende meist trocken bleibt und
die Sonnenanteile zunehmen.

Das Absinken und die zunehmende Einstrahlung sorgt zudem für eine
niedertroposphärische Erwärmung. T850 steigt auf 10 Grad im Nordosten und 16
Grad im Südwesten. Im Westen und Südwesten stehen damit die ersten heißen Tage
(>30 °) an, aber auch sonst wird es fast überall sommerlich warm.

Zur Mitte der kommenden Woche gilt des den Blick zum einen nach Westen zu
richten, wo vorderseitig des o. e., zur Biskaya ziehenden Cut-Off-Tiefs über
Westeuropa stärkerer Luftdruckfall einsetzt. Ob und wie schnell die
resultierende Rinne respektive das Tief von Frankreich her auf die Südwesthälfte
Deutschlands übergreifen kann, ist aber unklar. Das steht und fällt mit der Lage
und Kontur des Rückens und der Frage, ob sich ein neues blockierendes Höhenhoch
über Skandinavien bilden kann, dass das Ostwindregime über Deutschland
aufrechterhält. In jedem Fall besteht die Möglichkeit, dass in den Westen und
Südwesten langsam wieder feuchtere Luft einsickert, in der die
Gewitterwahrscheinlichkeit zunehmen wird. Zum anderen könnte in den
Randtrog/Kaltlufttropfen von Osten feuchtere Luft eingebunden werden, was zu
schauerartigem Regenfällen im Osten und Südosten führen würde.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Zu Beginn der Mittelfrist kann dem IFS eine recht gute Konsistenz bescheinigt
werden, Unterschiede ergeben sich nur im Detail und haben nur bedingt
Prognoserelevanz.
Der zuvor wetterwirksame Kaltlufttropfen zieht in den beiden neusten Läufen
wieder etwas schneller nach Südosten ab als im gestrigen 0Z-Lauf. Die Schauer-
und Gewittertätigkeit zieht sich somit zügiger in Richtung Südosten zurück.
Am Wochenende ist der zyklonale Einfluss in den beiden jüngsten Läufen durch
Randtröge respektive durch kleine Kaltlufttropfen im Nordosten und Osten etwas
stärker ausgeprägt als im gestrigen 0Z-Lauf. Aufgrund meist trockener Luftmasse
hat dies aber kaum Auswirkungen.
Nächste Woche unterscheiden sich die IFS-Läufe deutlich stärker. Die beiden
0Z-Läufe rechnen ein neues blockierenden Höhenhoch über der Nordsee (heutiger
Lauf) bzw. über Südskandinavien/dem Baltikum (gestriger Lauf). Der 12Z-Lauf
dagegen beließ es bei einem Rücken mit Achse über Mitteleuropa. Während
Deutschland in den 0Z-Läufen zunächst zumeist in einem Ostwindregime verblieb
(trockene Luft, kaum Gewitter), konnte sich im 12Z-Lauf von Südwesten feuchte
und gewitterträchtige Luft durchsetzen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

In ICON und GFS stehen die Randtröge/Kaltlufttropfen, die ab Sonntag Teile der
Osthälfte erfassen, mit feuchterer Luft in Verbindung, sodass auch dort mit
stärkerer Schauer- und Gewittertätigkeit zu rechnen wäre.
In der nächsten Woche unterscheiden sich die Modelle im Hinblick auf
Position/Ausprägung des Rückens/des Höhenhochs. Je nach dem kann sich von
Südwesten mal mehr, mal weniger tieferer Luftdruck bzw. feuchte und
gewitterträchtige Luft durchsetzen (GFS, mit Abstrichen auch UK10 sind eher auf
der „Gewitterseite“, ICON weniger).

FAZIT: IFS scheint im 0Z-lauf ein besonders antizyklonales Szenario zu fahren.
Sowohl im Osten (ab Sonntag) als auch im Südwesten und Westen (ab Montag) sollte
man ein etwas zyklonaleres Wettergeschehen mit vermehrter Konvektion bzw.
Niederschlagstätigkeit nicht ausschließen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

CLUSTER:
Bis in die erweiterte Mittelfrist hinein dominiert ausschließlich das
BLOCKING-Regime. Während im Zeitraum +72-96 h nur 1 Cluster gebildet wird, sind
es im Zeitraum +120-168 h 3 Cluster. In C1 (20/51, inkl. HL und CL) findet sich
die stärkste positive Geopotenzialanomalie wieder eher über dem Nordmeer und
Südskandinavien, in C2 (18/51) verschiebt sie sich sogar noch weiter raus auf
dem Nordatlantik. In beiden Fällen dominiert am Boden ein Ostwindregime und
trockene Luft. In C2 (13/51) findet sich das Höhenhoch weiter östlich eher über
dem Baltikum, sodass am ehesten in diesem Szenario von verstärktem Einfluss
feuchterer und gewitterträchtiger Luft von Südwesten zu rechnen wäre.

RAUCHFAHNEN:
Die Rauchfahnen ausgewählter Städte sind bis Sonntag recht eng gebündelt und der
IFS-Lauf gut eingebettet. In der Südwesthälfte zeigt sich noch ein leichter
Geopotenzial- und Temperaturanstieg (verstärktes Absinken), während nach
Nordosten zu bereits ein Plateau erreicht ist. Die einem starken Tagesgang
unterliegenden Niederschlagssignale beschränken sich meist auf nur wenige
Member, vor allem im östlichen Mittelgebirgsraum (einzelne Schauer und Gewitter
über dem Bergland). Nach Norden und Nordosten zu sind sie sogar
vernachlässigbar.
Ab Montag wird der Spread deutlich größer. Der deterministische Lauf zeigt einen
verhältnismäßig deutlichen Temperaturrückgang (Ostwindregime: Advektion kühlerer
Luft aus Osten). Viele Member zeigen den Rückgang nicht oder abgeschwächt. Im
Gegensatz zum deterministischen Lauf, der erst ab Wochenmitte im Osten und
Südosten Niederschläge rechnet (Höhentief + Advektion feuchter Luft aus Osten),
nehmen die erneut meist tagesgangbedingten Niederschlagssignale in den
EPS-Member schon ab Sonntag/Montag generell, vor allem aber im Westen und
Südwesten, wieder deutlich zu (feuchte, gewitterträchtige Luft aus Südwesten).

FAZIT:
Am Wochenende dominiert recht sonniges, trockenes und sehr warmes Wetter. Die
ersten heißen Tage im Westen und Südwesten mit Temperaturen knapp über 30 Grad
sind ziemlich sicher. Eine gewisse Neigung zu Schauern und Gewittern bleibt aber
besonders im Osten und Südosten bzw. über dem dortigen Bergland bestehen.
Unsicherer wird es dann in Richtung nächster Woche. Sowohl von Osten (KLT) als
auch von Südwesten (Rinne mit schwül-heißer, gewitterträchtiger Luft) nehmen die
zyklonalen Drohgebärden zu.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

GEWITTER:
Am Freitag über dem östlichen und südöstlichen Bergland, mit geringerer
Wahrscheinlichkeit auch über die zentralen bis zu den westlichen Mittelgebirgen
sowie am Alpenrand einzelne Gewitter. Dabei lokaler Starkregen bis 25 l/qm in
kurzer Zeit, kleiner Hagel und Sturmböen nicht ganz ausgeschlossen.

Am Samstag im Südosten sowie entlang einer Küstenkonvergenz im Norden einzelne
Gewitter nicht ausgeschlossen.

Am Montag über dem west- und südwestdeutschen Bergland leicht zunehmende
Gewitterneigung.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS EPS, MOS-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser