S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 01.06.2023 um 10.30 UTC

Fortdauer der häufig trockenen und warmen Hochrandlage. Einzelne konvektive
Umlagerungen am ehesten im äußersten Süden, ab Montag evtl. bis in die Mitte
ausgreifend (noch unsicher).

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 08.06.2023

Heute ist der 1. Juni, Beginn des meteorologischen Sommers und was soll man
sagen. Seit Tagen bestimmt ein umfangreiches Hoch über den nordwesteuropäischen
Gewässern das Geschehen und es sieht nicht so aus, als würde sich in nächster
Zeit daran substanziell etwas ändern. Wie ein tiefzementiertes Bauwerk liegt die
hochreichende Antizyklone träge und scheinbar unverrückbar mit ihrem Zentrum
zwischen Island und UK/Irland, von wo aus sie ihre Fühler mal mehr, mal weniger
über Südskandinavien bis ins nahe Osteuropa ausstreckt. Deutschland verbleibt
auf der Südflanke der Hochdruckzone in einer nördlichen bis östlichen Strömung,
mit der relativ trockene sowie warme bis sehr warme, aber keine heißen
Luftmassen herangeführt werden. Je nach Windrichtung strömt direkt an der Küste
zeitweise sogar kühle Luft von der Nord- und Ostsee heran, die das Tragen eines
warmen Hoodies o.ä. zwingend erforderlich macht.

Wichtig für die Detailvorhersage ab dem kommenden Sonntag (offizieller Beginn
der Mittelfrist) ist aber nicht nur das Hoch, sondern zudem ein positiv
geneigter, von Fennoskandien über Mittel- bis nach Südwesteuropa reichender
Höhentrog, der spätestens am Montag über Süddeutschland abtropfen und den Status
eines Kaltlufttropfens (KLT) annehmen soll. Solch kleine Flummis sind in der
Regel unangenehme Zeitgenossen, weil sie die Vorhersage erschweren und sowohl
von Mensch (in dem Fall den Meteorologen) als auch von Maschine (in dem Fall
Computer + Modell) nur schwer in den Griff zu bekommen sind. Auf alle Fälle
zeigt die Simulation des heutigen 00-UTC-Laufs von IFS (ECMF) einen relativ
trägen KLT, der seinen Einfluss vorübergehend bis in die Mitte ausdehnt und erst
zum Donnerstag hin den Vorhersageraum in Richtung Frankreich verlassen soll.
Leichter Druckfall sorgt zu Wochenbeginn für eine zyklonale Eindellung der
Isobaren von Süden her, die mit einem Anstieg des Wasserdampfgehalts einhergeht.

Kurzum, die potenziellen Schauer und Gewitter, die sich am Sonntag noch auf den
Alpenrand, das südliche Vorland und vielleicht den Südschwarzwald konzentrieren,
breiten sich von Montag bis Mittwoch bis zur Mitte aus. Flächenmäßige
Niederschläge sind damit aber nicht verbunden, das Ganze ist stark konvektiv-
und tagesganggeprägt, freilich mit der Gefahr räumlich eng begrenzter
Starkregenfälle. Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass sich die trockene
Witterung fortsetzt und weiterhin häufig die Sonne scheint, auch wenn sich
tagsüber einige Quellungen bilden. Eine Schwachstelle im System verbleibt
weiterhin der Nordwesten des Landes, insbesondere zur Nordsee hin. Dort kann von
der Deutschen Bucht her immer mal wieder starke bis geschlossene Stratus- oder
Stratocumulusbewölkung heranziehen, die – sehen wirŽs positiv – immerhin vor
Sonnenbrand schützt.

Ab Donnerstag zieht sich die Zone potenzieller konvektiver Umlagerungen wieder
in und an die Alpen zurück, das inzwischen schon gewohnte Bild also. Daran
dürfte auch ein neuer, von Norden zu uns einrückender kleiner KLT nicht viel
ändern, der in der erweiterten Mittelfrist auf den Wetterkarten erscheint. Wenn
die Luftmasse zu trocken ist, kann das „Ei“ sich in der Höhe abrackern wie es
will, es bringt nichts.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Summa summarum kann die Konsistenz von IFS (ECMF) als gut bezeichnet werden,
zumindest was die Hochrandlage angeht. Die dauert weiter an. Unsicher ist
derzeit noch – und hier hapert es etwas mit der Konsistenz -, welche Rolle das
o.e. kleine Höhentief respektive Kaltlufttropfen an den ersten Tagen der
nächsten Woche spielt. Der heutige Lauf von 00 UTC simuliert Schauer und
Gewitter vom Süden bis in die mittleren Landesteile, was ein recht progressives
Szenario darstellt. Vorherige Simulationen zeigten die Niederschläge weiter
südlich, z.T. sogar nur auf den Alpenrand beschränkt. Allerdings rechnen auch
andere Modelle wie z.B. das deutsche ICON oder das amerikanische GFS eine teils
deutliche Ausdehnung der alpinen Schauer und Gewitter nach Norden, was das
Statement des aktuellen 00-UTC-Laufs von IFS stützt.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Wie bereits erwähnt sind auch andere Modelle daran interessiert, ab Wochenbeginn
den konvektiven und teils elektrischen Niederschlag aus dem äußersten Süden
weiter nordwärts ausgreifen zu lassen (GFS teils bis nach Niedersachsen, was die
offensivste Variante darstellt). Dazu braucht es nicht mal einer vollständig
kongruenten Lage des KLTs, der jeweils mit leichten Verrückungen simuliert wird.
An der Fortdauer der Hochrandlage als solche bestehen modellübergreifend keine
Zweifel.

FAZIT: Aus deterministischer Perspektive wird auf Persistenz der Großwetterlage
gesetzt. Unsicher ist derzeit noch, wie weit Schauer und Gewitter in der ersten
Hälfte der kommenden Woche aus dem Alpenraum nach Norden ausgreifen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Betrachtet man die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte, lässt
sich trotz im Laufe der nächsten Woche kontinuierlich anwachsender, aber nicht
ausufernder Streuung ein Trend ablesen, der im Großen und Ganzen den Hauptlauf
stützt. Allerdings fällt auf, dass sich der Haupt- und Kontrolllauf bei der
Temperatur auf 850 hPa ab Wochenmitte eher am unteren Rand der Kurvenschar
tummeln. Trotzdem, von wenigen Ausnahmen im Süden abgesehen verbleiben die Werte
unter der neuralgischen 15°C-Marke, was heiße Luft bzw. eine Hitzewelle
unwahrscheinlich erscheinen lässt. In Bezug auf mögliche konvektive
Niederschläge sticht der Süden erwartungsgemäß heraus, während in der Mitte der
Hauptlauf nur bedingten Support erfährt.

Wechselt man von den Rauchfahnen zu den Clustern, staunt man zunächst mal über
die hohe Zahl (nämlich sechs) für den ersten Zeitraum T+72…96h (Sonntag/Montag).
Wo da jetzt die großen Unterschiede liegen, offenbart sich dem Verfasser nicht,
vor allem nicht in unserem Raum. Von Dienstag bis Donnerstag (T+120…168h)
reduziert sich die Anzahl der Cluster auf nur noch ein einziges, das dem
Klimaregime „Blockierung“ zugeordnet ist. Wenig überraschend ähnelt das
Grundmuster den Feldern des Hauptlaufs, auch wenn der kleine KLT gar nicht
richtig aufgelöst wird. Nur ein einziger Cluster wird auch für das dritte
Zeitfenster (T+192…240h; Freitag bis Sonntag) angeboten, wobei ein Wechsel von
„Blockierung“ hin zu „Atlantischer Rücken“ erfolgt. Am Hochdruckeinfluss bei uns
würde das nur wenig ändern.

FAZIT: Siehe Fazit Kapitel „Modellvergleich“.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Sieht man von der andauernden Trockenheit ab, die ja gerade im Osten nach dem
vielfach deutlich zu trockenem Mai nicht ohne ist, passiert in der Fläche nicht
viel. Konvektive Umlagerungen treten vor allem im äußersten Süden auf, können
aber vorübergehend bis in mittlere Landesteile ausstrahlen (die Unsicherheit
wurde oben bereits hinlänglich gewürdigt). Aufgrund geringer
Strömungsgeschwindigkeit und entsprechend schleppender Verlagerung der Zellen
(Stehversuche inklusive) steht räumlich eng begrenzter Starkregen bis hin zu
lokalen Unwettern weit vorne auf der Skala potenzieller Begleiterscheinungen.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS und Modellmix.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann