S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 24.05.2023 um 10.30 UTC

Oft sonniges, trockenes und warmes Pfingstwochenende. Nächste Woche eventuell
etwas unbeständiger und kühler, allerdings unsichere Entwicklung.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 31.05.2023

Zu Beginn der Mittelfrist am Samstag befindet sich Deutschland am Rande eines
oval geformten Höhenhochs mit Schwerpunkt knapp westlich von Irland. In der
nordwestlichen Höhenströmung schwenkt ein Höhenrücken von der Nordsee herein.
Dieser stützt die Hochdruckbrücke zwischen den Hochs mit Kern westlich der
Britischen Inseln und über dem östlichen Mitteleuropa. Die Divergenzachse
verläuft über Norddeutschland, sodass es dort schwachwindig ist, während nach
Süden hin ein böiger Ostwind weht. Die Luftmasse hat einen maritimen, subpolaren
Ursprung, ist allerdings in großem Bogen um das nordwestatlantische Hoch
herumgeführt worden und kommt schließlich stark erwärmt und abgetrocknet zu uns.
So liegen die Temperaturen auf 850 hPa zwischen rund 5 °C im Nordosten und 10 °C
im Südwesten. Dieses seichte Südwest-Nordost-Temperaturgefälle schlägt sich bei
insgesamt sehr sonnigem und trockenem Wetter auch bei den Höchsttemperaturen
nieder: Am Oberrhein wird es mit 26 oder 27 °C sommerlich warm, im
nordostdeutschen Binnenland werden nur rund 20 °C erreicht, an der Küste ist es
bei auflandigem Wind noch etwas kühler.

Am Pfingstsonntag weitet sich das nordatlantische Höhenhoch in Form eines
Rückens weit nach Norden über das Nordmeer bis nach Spitzbergen aus. Folglich
kann sich der von der Norwegischen See nach Skandinavien schwenkende Trog weit
nach Süden ausdehnen und streckt seine Fühler bis nach Norddeutschland aus. Die
Kaltfront des damit verbundenen, zum Nordkap ziehenden Tiefs erreicht im
Tagesverlauf den Norden und Nordwesten. Sie läuft allerdings in die weiterhin
über Mitteleuropa liegende, sich nur wenig nach Süden verschiebende
Hochdruckbrücke, sodass ihre Wetterwirksamkeit stark limitiert ist. Dennoch wird
es im Norden und Nordwesten wolkiger, vielleicht reicht es auch für ein paar
Spritzer Regen. Mit Winddrehung auf Nord strömt in den Norden kühlere Luft (T850
auf 3°C sinkend), sodass kaum 20 °C erreicht werden. Ansonsten seht ein sonniger
und trockener Feiertag ins Haus, wobei die Höchsttemperaturen nochmal 1-2 K im
Vergleich zu Vortag ansteigen, sodass verbreitet ein Sommertag vermeldet werden
dürfte. An den Alpen labilisiert die Luft etwas stärker, sodass sich die
ansonsten eher inneralpin aufhaltenden Gewitter mit geringer Wahrscheinlichkeit
auf das südliche Vorland übergreifen. Dann ist lokal Starkregen möglich.

Ab Pfingstmontag beginnt die Vorhersage zunehmend unsicher zu werden. Das
einzige beständige ist das sich sogar noch etwas kräftigende Höhenhoch knapp
westlich oder nördlich der Britischen Inseln. Was in seiner Peripherie passiert,
ist allerdings nur sehr vage zu erfassen. Der o. e. Skandinavientrog, der durch
eine Blockade über Russland kaum mehr nach Osten vorankommt, neigt zum
Abtropfen. Nach dem neusten IFS-Lauf geschieht dies erst über dem östlichen
Mitteleuropa, sodass am Montag – mit Ausnahme des leicht gewittrigen Alpenrandes

  • verbreitet antizyklonales Wettergeschehen dominiert. Die kühlere Luft kommt am
    Rande des Hochs über der Nordsee mit nördlicher Strömung aber noch etwas nach
    Süden voran, sodass sich Sommertage wieder zum südlichen Oberrhein zurückziehen.
    Andere Modelle zeigen aber auf, dass der Abtropfprozess bereits über dem
    zentralen/westlichen Mitteleuropa passieren könnte, was schon am Montag zu mehr
    Schauern oder Gewittern führen könnte, vor allem in der wärmeren, feuchteren
    Luft nach Süden und Südosten zu.

Die Unsicherheiten setzen sich auch im weiteren Wochenverlauf fort. Allerdings
wird das Cut-Off-Tief am Rande des Höhenhochs langsam südwestwärts geführt. Die
Schauer und Gewitter, die aufgrund des eher limitierten Wassergehaltes der Luft
und nicht überbordend hoher Labilität und Scherung kaum Unwettergefahr entfalten
dürften, erfassen am ehesten die Südhälfte, nach Norden zu dominieren trockene
und stabilere Luftmassen. Während es dort etwas wärmer, aber nicht unbedingt
sommerlich wird, drückt die Konvektion das Temperaturniveau im Süden leicht.

Rückseitig des Tiefs könnte sich in der erweiterten Mittelfrist in der zweiten
Wochenhälfte von Osten her wieder wärmere Luft durchsetzen, die dann auch wieder
verstärkt unter Hochdruckeinfluss kommt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Im Hinblick auf das Geopotenzialfeld ist die Konsistenz der IFS-Modellläufe
schon zu Beginn der Mittelfrist eher mäßig. Der Trog, der sich über Skandinavien
in Stellung bringt, wird noch sehr unterschiedlich simuliert. Fraglich ist, wie
zügig und wie weit er bis nach Mitteleuropa vorstoßen kann und vor allem, wo er
seinen Abtropfvorgang vollzieht. Die gestrigen Läufe (00Z und 12Z) ließen den
Trog über dem Baltikum abtropfen, ohne nennenswerten Einfluss auf Deutschland.
Der heutige 00Z-Laufe dagegen zeigt den Abtropfvorgang über dem östlichen
Mitteleuropa, das resultierende Cut-Off würde südwestwärts geführt werden und
spätestens zur Wochenmitte dann auch Einfluss auf unser Wettergeschehen nehmen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Vergleicht man GFS, ICON und UK10 miteinander, ergibt sich ebenfalls eine im
Hinblick auf das Cut-Off-Tief nicht unerhebliche Bandbreite an möglichen
Szenarien. Bei GFS tropft der Trog über Südskandinavien Richtung Westeuropa ab,
bei ICON über der Ostsee nach Mitteleuropa, bei UK10 – ähnlich bei IFS – über
dem östlichen Mitteleuropa. Was aber auffällt, ist, dass alle Modelle einen mehr
oder weniger starken, nur zeitlich variablen und räumlich „Impact“ auf
Deutschland rechnen. Allen Unwägbarkeiten der „Höhenei-Vorhersage“ zu Trotz
könnte man also zumindest von einer erhöhten Neigung zu unbeständigerem Wetter
ab Wochenstart, insbesondere zur Wochenmitte sprechen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

IFS-EPS-CLUSTER:
Im Zeitraum +72-96 h werden 3 Cluster gebildet, die alle dem Regime ‚BLOCKING‘
angehören. Wesentliche Unterschiede zeigen mit Fokus auf Mitteleuropa nicht.
Im Zeitraum +120-168 h werden 5 Cluster gebildet, die ebenfalls alle dem Regime
‚BLOCKING‘ zugeordnet werden. Eine kräftige positive Geopotenzialanomalie bei
den Britischen Inseln haben alle Cluster gemein, sie unterscheiden sich im
Hinblick auf den Skandinavischen Trog und dessen Abtropftendenzen. Bei Cluster 1
und 3 (27/51 Member) zieht der Trog ohne Abtropfvorgang nach Osteuropa ab,
Deutschland verbliebe im Einflussbereich eines Hochkeils. Bei Cluster 2 und 4
(20/51, inklusive det. Lauf und Kontrolllauf) erfolgt der Abtropfvorgang über
dem östlichen Mitteleuropa, bei Cluster 5 (4/51) sogar über Mitteleuropa. Die
Member ohne signifikanten Höhentiefeinfluss sind also noch in der knappen
Mehrheit.

IFS-EPS-RAUCHFAHNEN:
Die Rauchfahnen sind bis Pfingstsonntag eng gebündelt und sowohl der
deterministische und der Kontrolllauf gut in die Memberschar eingebettet. Bei
der 850-hPa-Temperatur zeigt sich in der Südhälfte ein leichter Anstieg auf ein
durchaus nicht unsommerliches Niveau, das Geopotenzial sinkt nur unwesentlich.
In der Nordhälfte ist die Temperaturentwicklung gedämpft, am Sonntag zeigt sich
bereits ein leichter Rückgang (schwache Kaltfront!).
Ab Montag weiten sich die Rauchfahnen schlagartig und stark auf. Dies liegt
allerdings an verhältnismäßig wenigen Membern, die im Wochenverlauf, teilweise
um mehrere Tage zeitlich versetzt einen Absturz der 850-hPa-Temperatur und des
Geopotenzials simulieren (Höhentief!). Dazu gehört auch der deterministische
Lauf, der zu den Spätzündern gehört (Absturz erst zur Wochenmitte). Der Großteil
der Member vollzieht allenfalls eine leichte Schwingbewegung beim Geopotenzial,
bei der Temperatur sogar eine sich weiter fortsetzende Erwärmung.

FAZIT:
Das meist sonnige, trockene und recht warme Pfingstwochenende ist eingetütet.
Nur der Norden und Nordwesten hat das Nachsehen, eine schwache Kaltfront bringt
zum Sonntag mehr Wolken und kühlere Temperaturen. Derweil tut sich die
inneralpine Konvektion äußerst schwer, auf das südliche Vorland überzugreifen.
Ab Pfingstmontag, insbesondere aber zur Wochenmitte, könnte ein Höhentief für
einen herben Dämpfer sorgen und für vorübergehend unbeständigeres und kühleres
Wetter sorgen. Das betrifft am ehesten die Südhälfte. Diese, beispielsweise vom
deterministischen IFS-Lauf gerechnete Entwicklung, ist aber noch unsicher und
wird nicht von allen Modellläufen getragen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Trotz der etwaigen Einflussnahme eines Höhentiefs im Verlauf der nächsten Woche
zeichnet sich keine größere Warnlage ab. Bis auf Schauer und Gewitter mit nur
räumlich sehr eng begrenzten markanten Begleiterscheinungen stehen keine
signifikanten Wettererscheinungen auf der Agenda. Die Gewitter treten zunächst
(ab Sonntag) vornehmlich am unmittelbaren Alpenrand auf, zur Wochenmitte nimmt
dann – mit Ausnahme des Nordens – die Schauer- und Gewitterneigung generell zu.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS det. (mit etwas abgeschwächter Zyklonalität), IFS-EPS, MOS-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser