S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 16.05.2023 um 10.30 UTC

Anfangs noch weitgehend störungsfrei, ab dem Wochenende zunehmend wechselhaft
mit Schauern und Gewittern, aber auch ansteigende Temperaturen.

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 23.05.2023

Zu Beginn der Mittelfrist am Freitag liegt Deutschland noch weitgehend unter
Hochdruckeinfluss. Eine umfangreiche Hochdruckzone erstreckt sich vom Hoch über
dem Atlantik bis zum Baltikum. Unser Vorhersagegebiet befindet sich südlich der
Divergenzachse in einer östlichen Strömung. Über Südeuropa und dem westlichen
Mittelmeerraum befindet sich hingegen eine Zone tiefen Luftdrucks, die sich
allmählich nordwärts und damit zunächst auch auf dem Alpenraum ausdehnt. Auch
von der Höhe gestaltet sich das Umfeld vor allem im Süden und Südwesten am Rande
eines Höhentiefs über Südwesteuropa leicht zyklonal, nach Norden und Nordosten
dominiert wohl der Einfluss eines flachen Keils. Das Wetter gestaltet sich
voraussichtlich noch weitgehend störungsfrei, nach Süden dominiert aber
wahrscheinlich eine bereits feuchtere Luftmasse, die aus dem Mittelmeerraum mit
einer südöstlichen bis östlichen Strömung zu uns geführt wird und so
insbesondere in der Südhälfte des Landes für mehr Bewölkung, im Alpenraum
(wahrscheinlich meist noch nicht in unserem Vorhersagegebiet, geringes Risiko
ganz im Süden) für Schauer und Gewitter sorgen kann. Der Temperaturtrend zeigt
leicht nach oben: die 850 hPa-Temperaturen steigen von 1 bis 5 Grad allmählich
auf 3 bis 5 Grad im Norden und bis zu (knapp= 10 Grad im Süden.

Im Verlauf des Wochenendes setzt sich der von Süden zunehmende Tiefdruckeinfluss
immer weiter nach Norden fort, bis das flache Bodentief über Westeuropa im Laufe
des Montags Verbindung zum Islandtief aufnimmt und so eine Tiefdruckrinne über
Westeuropa entsteht, die am Dienstag dann von Westen her auch auf ganz
Deutschland übergreifen soll. Im Norden und Nordosten kann sowohl am Boden als
auch in der Höhe zunächst noch höherer Luftdruck bzw. höheres Geopotenzial
dominieren, auch in 500 hPa setzen sich aber allmählich zyklonale Strukturen
durch. Insgesamt fehlt es aber an klaren, frontalen Strukturen oder klaren
Trog-Keil-Mustern. Die Lage lässt sich wie von meinem Kollegen gestern
beschrieben, als „Sumpflage“ bezeichnen. Daher lässt sich auch hinsichtlich der
Wetterentwicklung zwar festhalten, dass sich das Wochenende und der Beginn der
kommenden Woche eher wechselhaft mit gebietsweise auftretenden Schauern und
Gewittern gestalten dürfte, Schwerpunkte lassen sich allerdings aus heutiger
Sicht schlecht bzw. nicht ausmachen. Aufgrund relativ geringer
Verlagerungsgeschwindigkeiten besteht dann auch wieder lokales
Starkregenpotenzial.
Der Temperaturtrend zeigt im Laufe des Wochenendes weiter nach oben und bleibt
in der kommenden Woche verhältnismäßig hoch, so dass wir zu Wochenbeginn etwa
bei 850 hPa-Temperaturen von 10 bis 15 Grad liegen dürften. Daher könnten in der
kommenden Woche vor allem in dem noch länger weitgehend störungsfreien und
freundlicheren Osten bzw. Nordosten auch Sommertage anstehen…

Für die erweiterte Mittelfrist deutet sich im Nordwesten ein weiterer Keil des
Atlantikhochs an, fraglich ist aber, in wie weit dieser von der Höhe gestützt
wird. Es besteht also die Chance auf eine gewisse Wetterberuhigung von
West/Nordwest, klar ist dies aber noch nicht. Nach Süden und Südosten setzt sich
wohl die „Sumpflage“ ohne klare Strukturen, aber eher zyklonal geprägt, an.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz der vorliegenden IFS-Modellläufe ist durchaus gut, wonach die zu
Beginn der Mittelfrist dominierende Hochdruckbrücke durch die Ausdehnung der
Tiefdruckzone über Süd-/Südwesteuropa nach Norden (und auch der zunehmenden
Dominanz der zyklonalen Höhenstrukturen) relativ bald abgebaut wird und sich die
Wetterlage insgesamt wieder zunehmend zyklonal gestaltet.

Wie so oft werden die grundlegenden Strukturen relativ einheitlich simuliert,
die Details hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs und der Schwerpunkte der dann
erwarteten Niederschläge sind in Ermangelung frontaler Strukturen aber noch sehr
unsicher.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die Grundstrukturen werden von den anderen Globalmodellen wie ICON und GFS bis
einschließlich des Wochenendes sehr ähnlich simuliert, ab Beginn der kommenden
Woche tendiert ICON zu einer vor allem auch von der Höhe her etwas
antizyklonaleren Variante und zeigt dann kaum Niederschlagspotenzial über
Deutschland. Diese Variante scheint derzeit aber eher eine Außenseiterlösung zu
sein, GFS und auch UK10 gehen mehr in die IFS-Richtung, zu überwiegend zyklonal
geprägter Witterung, aber ohne klare, frontale Strukturen – die viel zitierte
„Sumpflage“ eben.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Clusteranalyse des IFS zeigt für den ersten Vorhersagezeitraum von Freitag
00 UTC bis Samstag 00 UTC (+72 bis +96 h) ganze fünf Cluster mit 15, 10, 9, 9
und 8 Membern, wobei der Hauptlauf in Cluster 3 und der Kontrolllauf in Cluster
1 einsortiert werden. Alle Cluster werden dem Regime Blocking zugeordnet und
unterscheiden sich leicht in der Ausrichtung, Stärke und Position des
blockierenden Keils über dem Atlantik, der gen Baltikum gerichtet ist. Leichte
Unterschiede gibt es ebenfalls in der Lage des Troges/Höhentiefs über
Südwesteuropa. Alles in allem sind diese kleineren Unterschiede aber für unser
Vorhersagegebiet wenig bzw. nicht relevant. Auch im Folgezeitraum von Sonntag 00
UTC bis Dienstag 00 UTC (+120 bis +168 h) werden fünf Cluster (14, 12, 11, 9 und
5 Member) angeboten, ebenfalls alle dem Blocking-Regime zugeordnet. Aufgrund des
bereits erwähnten Mangels an klaren, frontalen Strukturen fällt es auch hier
schwer, prognoserelevante Unterschiede zu erkennen. Die angebotenen Lösungen
sind weder deutlich zyklonaler noch deutlich antizyklonaler, der
Erkenntnisgewinn ist sehr limitiert. Für die erweiterte Mittelfrist ab nächstem
Mittwoch werden drei Cluster simuliert, deren Lösungen vom Weiterführen der
„Sumpflage“ über im Norden und der Mitte überwiegend antizyklonal geprägter
Witterung bis hin zu Trogvorstoß von Nordwesten/Norden reichen… Fazit: Die
weitere Entwicklung ist extrem unsicher.

Hinsichtlich der Rauchfahnen einiger Städte in Deutschland kann der deutliche
Trend hin zu wechselhafterem Wetter im Laufe des Wochenendes und zu Beginn der
kommenden Woche anhand der Niederschlagssignale bestätigt werden. Die
Geopotenzialkurve unterliegt nur geringen Schwankungen und ist recht gut
gebündelt, was als Hinweis auf insgesamt geringe Geopotenzialgegensätze gedeutet
werden kann – Stichwort: fehlende frontale bzw. klare Strukturen. Und auch der
im Hauptlauf und in den anderen Globalmodellen gezeigt Temperaturanstieg kann
anhand der Temperaturkurve in 850 hPa nachvollzogen werden. Hier nimmt der
Spread im Laufe des Wochenendes zu und man muss festhalten, dass sowohl der
Haupt- als auch der Kontrolllauf nach wie vor am oberen Rand der Kurvenschar zu
finden sind und somit die Temperaturentwicklung vielleicht etwas zu
„optimistisch“ ausfällt.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Das mittelfristige Wettergeschehen ist hinsichtlich der Warnparameter relativ
übersichtlich: Anfangs, vor allem am Freitag/Samstag weht der Ostwind an der
Südflanke der Hochdruckzone relativ lebhaft und teils böig, allerdinge deuten
sich kaum markante Böen an. Vereinzelt zeigen die EPS-Verfahren Bft 8 in
exponierten Berglagen, sonst werden zeitweise Böen Bft 7 im Bergland simuliert.
Der Gradient nimmt im Verlauf der Mittelfrist ab, so dass ab Sonntag auch im EFI
kaum noch, ab Montag keine Signale mehr im EFI zu finden sind.

Das Gewitterpotenzial nimmt im Verlauf des Wochenendes zu, der EFI springt zum
Sonntag leicht, vor allem aber am Montag deutlicher an. Im Zusammenhang mit der
Gradientabschwächung und den daher zunehmend geringen
Verlagerungsgeschwindigkeiten zeigt sich dabei vor allem ein Starkregenrisiko.
Dies wird auch durch den EFI gestützt: ab Montag deutliche Signale bei EFI CAPE,
kaum Signale bei EFI CAPE shear, daher ist ein eher geringer Organisationsgrad
der Schauer/Gewitter zu erwarten und der Fokus liegt somit eher auf dem
Starkregen oder vielleicht Hagel als auf Böen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOS-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger