SXEU31 DWAV 091800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 09.05.2023 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Winkelförmige Westlage, stationäre Front bringt länger anhaltenden Regen.
Dauerregen am Alpenrand. Lokal Starkregen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC

Aktuell … liegt ein Langwellentrog über Westeuropa, der gegen ein
blockierendes Hoch über Osteuropa anläuft. Dadurch ergibt sich eine
winkelförmige Westlage über Mitteleuropa. Der Nordosten Deutschlands wird dabei
vom Osteuropahoch beeinflusst. Dort ist es weitestgehend sonnig. Währenddessen
liegt der Westen Deutschlands auf der Vorderseite des Langwellentroges. Dabei
läuft ein okkludierendes Frontensystem eines Atlantiktiefs gegen den
Hochdruckblock an. Die Front kommt leicht ins wellen und verliert an
Geschwindigkeit. Die konvektiv durchsetzen Niederschläge der Front greifen
derzeit auf den Westen über. Bei etwa 100 – 200 J/kg MU-CAPE sind Gewitter
innerhalb der Front eher unwahrscheinlich. Präfrontal liegt eine schwache
Konvergenz in der sich bei MU-CAPE-Werten bis 300 J/kg kräftigere Schauer und
einzelne Gewitter gebildet haben, die in der südlichen Höhenströmung entlang der
Konvergenz nach Norden ziehen. Aufgrund der stärkeren Höhenströmung und der
daraus folgenden Verlagerung der Gewitter, wäre das Starkregenpotenzial wäre das
eher gering. Allerdings kam es durch linienparallele Verlagerung zu einem
verstärkten Training-Effekt der zu Starkregen führte. Sehr gute Signale dafür
lieferten vor allem ICON-D2 vom mittleren NRW bis ins Emsland. Zu bemerken ist
noch, dass die aus Radardaten ermittelten Niederschlagsmengen (RH) in diesem
Fall wegen dem fehlen von Hagel und einem hohen Anteil an warmen Regen als
realistisch und teilweise noch zu niedrige eingeschätzt werden können.

In der Nacht zum Mittwoch kommt der Höhentrog weiterhin nur sehr langsam nach
Osten voran und weitet sich über Ostfrankreich sowie dem westlichen Alpenraum
bis in den zentralen Mittelmeerraum aus. Auch die mittlerweile okkludierte Front
wird besonders in ihrem nördlichen Teil weiter verlangsamt, während sie im Süden
schneller vorankommt und somit die Achse des Niederschlagsgebietes weiter kippt.
In den Abendstunden und in der ersten Nachthälfte wird am Vorderrand des
Niederschlagsgebiets, das mit der vorlaufenden Konvergenz zusammen fällt, die
Auslösung von Gewittern vom Allgäu nach Mittelfranken, die Verlusten sollen.
Einige dieser Gewitter sind bereits im Radar zu sehen. ICON-D2 rechnet dabei
insbesondere im Allgäu mit Starkregen, der in den ICON-D2-ENS sogar mit
moderater Wahrscheinlichkeit in den Unwetterbereich mit >35 mm in 6 h geht. Zu
bemerken ist allerdings, dass die ICON-D2-ENS in solchen Fällen häufiger
unterdispersiv sind und im aktuellen Fall diese Mengen von anderen Lokalmodellen
(AROME und SuperHD) trotz stärkerer Verclusterung nicht bestätigt werden. Bis
Mittwochmorgen kommen die teils schauerartig verstärkten Niederschläge bis etwa
auf eine Linie Niederbayern bis zur Elbmündung voran.
Durch den näher rückenden Trog nimmt der Südostwind in der Lausitz und im
Bereich des Erzgebirges zu, wodurch sich dort ein schwacher Föhneffekt einstellt
und gerade an der Nordseite des Osterzgebirges und in anfälligen Tälern in der
Oberlausitz stärkere Böen simuliert werden. Die angebotenen Sturmböen von
ICON-D2 sind erfahrungsgemäß etwas zu groß.

Postfrontal ziehen von Westen her mit der langsam einsickernden Höhenkaltluft
Schauer in die Westhälfte.

Mittwoch … stößt der Trog über Ostfrankreich, der Schweiz bis über Oberitalien
vor, kommt aber gegen das Höhenhoch mit Zentrum über dem Baltikum kaum voran.
Die Front bleibt stationär mit ihrem Niederschlgsgebiet über der Mitte
Deutschlands liegen und erstreckt sich von Niederbayern über das Vogtland bis in
die Deutsche Bucht. Die Niederschlagsintensität wird im Laufe des Nachmittags
wieder etwas verstärkt.
Mit dem Trogvorstoß setzt über Italien verstärkt Druckfall ein, während sich
postfrontal ein flacher Hochkeil nach Südwestdeutschland schiebt. Dadurch ergibt
sich eine Gegenstromanalage am Alpenrand, wodurch die Niederschläge dort
nochmals intensiviert werden. Bis Donnerstagabend soll es dort regnen. Insgesamt
akkumulieren die Lokalmodelle am Alpenrand 35 bis 60 l/qm mit lokalen
Spitzenwerten von 80 l/qm. Auch im weiter nördlich angrenzenden Alpenvorland
könnte eventuell noch eine Dauerregenwarnung fällig werden.
Ansonsten labilisiert es im Westen mit einfließender Höhenkaltluft weiter. Sich
schmal anschmiegende MU-CAPE-Flächen (~400 J/kg) an fast gesättigte Prog-Temps
sprechen für einzelne Gewitter mit Starkregenpotenzial. Auch lokal Unwetter sind
nicht auszuschließen, zumal die ICON-ENS dafür schwache Signale liefern. Ganz im
Nordosten bleibt es unter Hochdruckeinfluss aufgelockert und trocken.

Donnerstag … tropft der Trog über Frankreich ab, die Achse des Cut-Offs
erstreckt sich immer noch über die Schweiz bis nach Oberitalien. An seiner
Nordwestflanke sinkt der Druck über Deutschland weiter, wodurch sich eine
konvergente Strömung über der Mitte Deutschlands liegt. Darin eingebettet liegt
das Niederschlagsgebiet der ehemaligen Front, dass sich auf Grund der Troglage
sogar noch etwas retrograd verlagert. An seinen Flanken werden wieder ein paar
100 J/kg CAPE aufgebaut, wodurch die Niederschläge konvektiv durchsetzt sind,
bzw. sich wieder Schauer und kurze Gewitter mit erhöhtem Starkegenpotenzial
bilden. Leicht bewölkt und trocken bleibt es im Südosten.

In der Nacht zum Freitag legt sich das Regengebiet an der Nordflanke des nach
Südfrankreich und Oberitalien abgetropften Höhentiefs über die Mitte
Deutschlands.

Freitag … liegt das Cut-Off-Tief mit seinem Zentrum über dem nördlichen
Mittelmeer und Oberitalien und beeinfluss die Südhälfte Deutschlands, wo es in
feuchter Luft zeitweise zu schauerartig verstärktem Regen kommt. Im Nordosten
wird etwas CAPE simuliert. Hier ist das Potenzial für Gewitter mit Starkregen am
größten. Ansonsten trocknet es in der Nordhälfte mit der aus Südosten
einfließenden Luft an der Südflanke des Skaninavienhochs weiter ab, sodass dort
häufig die Sonne scheint.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modellsimulationen unterscheiden sich etwas hinsichtlich der genauen
Position der Niederschläge und Niederschlagsspitzen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold