#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Donnerstag den 04.05.2023 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 041800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 04.05.2023 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Vor allem am Freitag und am Sonntag gebietsweise teils starke Gewitter mit
lokalem Unwetterpotenzial durch heftigen Starkregen.
Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
Aktuell … hat uns ein negativ geneigter Rücken zumindest im Südwesten, Teilen
der Mitte und im Süden einen frühlingshaft sonnigen oder heiteren und warmen Tag
am Rande des sich kräftigen Hochs TINA über der Nordsee und dem westlichen
Skandinavien beschert. Der Norden und Osten hingegen wurden von einigen Wolken
behelligt, die sich etwas feuchteren Luftmassen in mittelhohen und hohen
Stockwerken zwischen 600 und 200 hPa zuordnen lassen. Da mit ageostrophischer
Komponente zudem kältere Luft in den Osten und Norden eingeflossen ist (T850 hPa
1 bis 5 Grad), schafften es die Temperaturen meist nicht über die 20 Grad
hinaus, was den frühlingshaften Eindruck neben den Wolken schmälerte.
Wie auch immer erreicht uns die Achse des Rückens in der Nacht zum Freitag.
Gleichzeitig kommt dadurch ein Trog über dem nahen Nordostatlantik bis morgens
bis zu den Britischen Inseln, Benelux und Nordostfrankreich voran. Er
interagiert mit dem achsensenkrechten und steuernden Bodentief XAVER I im
Seegebiet nordwestlich der Britischen Inseln und mit dem Randtief XAVER 2,
dessen Zentrum Freitagmorgen über Irland liegt. Sein Frontensystem dringt in der
zweiten Nachthälfte in den Westen und Südwesten Deutschlands mit zunehmend
feuchter Luft ein (PPW’s steigen auf über 20 mm). Zudem ist diese Luft
potenziell instabil (Lapse Rates -0,65 bis -0,7 K/100 m) und da ein wenig
MU-CAPE bis etwa 300 J/kg generiert wird, sind lokal Gewitter möglich. Ein wenig
Scherung ist durchaus vorhanden, SRH jedoch nicht. Weil die Gewitter allerdings
von der Grundschicht abgehoben sind („elevated“), stehen zunächst kaum stärkere
Auswirkungen auf dem Zettel. Selbst Starkregen mit mehr als 15 l/qm in einer
Stunde wird von den Ensembles nur sehr zurückhaltend gerechnet, lässt sich aber
lokal nicht völlig ausschließen. Ebenso bleibt die Windentwicklung gedämpft, die
Modelle und Ensembles prognostizieren maximal starke Böen bis 60 km/h (Bft 7).
Damit dürften die meisten Gewitter bis zum Morgen mit einer gelben Warnung
ausreichend bedacht sein. Die Schauer und Gewitter ziehen bis dahin bis auf eine
Linie südliches Emsland – Siegerland – Schwarzwald voran.
Im Rest des Landes überwiegt dagegen der Einfluss von Hoch TINA und es bleibt
trocken. Im Südosten ist es dabei gering bewölkt, im Nordosten wie schon am Tage
wolkiger (nun zunehmend auch durch den Rücken überlaufende WLA).
Mit dem Heranrücken des Tiefs bzw. seiner Ausläufer wird der Gradient an der
Südwestflanke von Tina gestaucht, was den östlichen Wind über Norddeutschland
aufleben lässt. Das macht sich vor allem an den Küsten bemerkbar, dort treten ab
der zweiten Nachthälfte starke Böen bis 60 km/h (Bft 7), lokal stürmische Böen
um 65 km/h (Bft 8) auf. In der Mitte und im Süden ist es dagegen meist nur
schwachwindig, der Wind dreht postfrontal allerdings von Südost auf Südwest.
Die Tiefsttemperaturen liegen zwischen 14 und 7 Grad unter den Wolken im Westen
und Südwesten, sonst zwischen 9 und 3, im Bergland teils nur bei 1 Grad.
Freitag … wird der Rücken durch den weiter herannahenden Trog abgehobelt und
bis abends nach Ostdeutschland abgedrängt. Das Frontensystem des Tiefs XAVER II
verlagert sich dadurch bis in die Abendstunden bis auf eine Linie
Schleswig-Holstein – Sachsen-Anhalt – westliches Sachsen. Schauer und Gewitter
der Nacht verlagern sich mit der okkludierenden Front nach Osten, treffen dort
aber auf einen „kalten Fuß“, sodass sie nur als leichter Regen bis etwa zur Elbe
vorankommen. Nordöstlich davon bleibt es unter Hochdruckeinfluss trocken und die
Sonne scheint noch zeitweise.
Südwestlich der Front breitet sich dagegen die feuchte und instabile Luftmasse
(PPW’s 20-26 mm, Lapse Rates -0,65 bis -0,7 K/100 m) auf weite Teile des Landes
aus, generiert ML-CAPE von 250-500, in Bayern bis 750 J/kg und hat zumindest
etwas Scherung zwischen 0 und 6 km zur Verfügung. SRH und Scherung zwischen 0
und 1 km hingegen sind dürftig. Alles zusammen lässt Schauer und Gewitter mit
Starkregen, (schweren) Sturmböen und Hagel erwarten. Da die Zellen nicht
großartig schnell unterwegs sind (20-30 km/h), steht vor allem der Starkregen im
Mittelpunkt. Dieser kann den Ensembles zufolge lokal unwetterartig mit Mengen
über 25 l/qm in einer Stunde ausfallen, vereinzelt werden sogar geringe
Wahrscheinlichkeiten für mehr als 40 l/qm in einer Stunde gezeigt.
Gewitterschwerpunkte ergeben sich laut Numerik durch Hebungsimpulse des Troges
vor allem im Nordwesten und im Süden Deutschlands. Im Westen dagegen sind die
Signale schwächer, was neben der fehlenden Hebung auch am rückseitigen
Einfließen schon wieder etwas trockener Luft liegen dürfte.
Neben den Gewittern steht weiterhin der Wind im Norden im Mittelpunkt, da der
Gradient dort weiter stark bleibt. Das bringt der Küste anhaltend starke bzw.
lokal stürmische Böen. Exponiert sind Sturmböen um 85 km/h (Bft 9) aus Ost nicht
ausgeschlossen. An der ostfriesischen Küste hingegen lässt der Wind nach, weil
dort der Gradient bereits wieder auseinandergezogen wird.
Die Temperaturen steigen auf 10 bis 17 Grad an der See und im Nordosten, sonst
auf 18 bis 23 Grad.
In der Nacht zum Samstag erreicht der Trog, der mehr und mehr zu einem falschen
Randtrog mutiert, den Norden Deutschlands. Nachfolgend zieht ein Rücken heran,
der sich mit Resten des ehemaligen Rückens verbindet. Am Boden ändert das nicht
viel. So bleibt Hoch TINA über Skandinavien, während das Frontensystem über dem
Nordosten und Südosten Deutschlands quasistationär wird, als Luftmassengrenze
fungiert und beginnt, sich aufzufüllen.
Schauer und Gewitter verlagern ihren Schwerpunkt somit in den Nord- und
Südosten, wobei sie bei wenig geänderten Rahmenbedingungen zunächst noch die
Qualitäten bzw. Begleiterscheinungen des Tages innehaben. In der zweiten
Nachthälfte werden die Niederschläge auf dem Weg in den Osten jedoch zunehmend
stratiform, sodass dann höchstens punktuell noch Blitz und Donner bzw.
Starkregen mit von der Partie sind. Die Abschwächung lässt sich einerseits durch
den fehlenden Tagesgang, andererseits aber auch durch die zunehmend ungünstigen
konvektiven Bedingungen (trockenere Luft, sinkende Lapse Rates, kaum MU-CAPE)
begründen. Einzig die noch vorhandene Hebung forciert die Niederschläge, die
dadurch nicht komplett nachlassen. Im äußersten Nordosten (Rügen bis Uckermark)
bleibt es bis zum Morgen sogar noch trocken.
Trocken ist auch das Stichwort für die anderen Gebiete vom Nord- bis in den
Südwesten, in denen Schauer und Gewitter mit Tagesende bald in sich
zusammenfallen. Lokal kann sich dann jedoch Nebel bilden, insbesondere dort, wo
es noch länger in den Abend hinein geregnet hat.
Der Wind an den Küsten (außer der ostfriesischen) hält zunächst an mit starken
bis stürmischen Böen und exponiert Sturmböen. In der zweiten Nachthälfte
schwächt er sich von Westen her langsam ab.
Im Binnenland weht meist nur schwacher bis mäßiger Südwestwind, im Nordosten
noch Ostwind.
Die Temperaturen sinken auf 11 Grad im Süden bis 4 Grad im Nordosten.
Samstag … wird der Randtrog zugeschüttet, sodass sich der Rücken wieder
stärker Richtung Skandinavien aufwölben kann. Damit wird Hoch TINA weiter
gestützt, ihr Schwerpunkt verlagert sich allmählich Richtung Baltikum.
Reste des kaum noch vorwärts ziehenden Frontensystems über Nordostdeutschland
gelangen damit in ein frontolytisches Umfeld. Damit wird nur noch etwas Regen
von der Ostsee bis in den Berliner Raum und zur Lausitz simuliert.
Im restlichen Land ist es zunächst trocken bei wechselnder Bewölkung. Am
Nachmittag können sich vereinzelte Schauer oder Gewitter bilden, insbesondere
orografisch begünstigt und im Süden. Lokal ist dabei Starkregen denkbar.
Vielerorts bleibt es jedoch trocken.
Der Wind weht schwach bis mäßig, meist aus Ost bis Südost. An der Ostsee treten
noch einzelne starke Böen auf.
Die Temperaturen steigen auf 10 bis 17 Grad an der See und im Nordosten, sonst
auf 18 bis 24 Grad.
In der Nacht zum Sonntag gelangen wir bereits auf die Rückseite des Keils und
von den Britischen Inseln nähert sich ein neuer Randtrog. Dieser hat ein Tief im
Schlepptau, dessen Ausläufer den Südwesten und Westen Deutschlands erfassen.
Mit Hebung durch PVA des Randtrogs ziehen schauerartige Regenfälle auf, die
morgens bis auf eine Linie südliches Emsland – Siegerland – Schwarzwald
vorwärtskommen und damit eine Doublette zum freitagmorgendlichen Ausgreifen der
Konvektion darstellen. Lokale Gewitter werden bei ähnlichen Rahmenbedingungen
(PPW’s 20 bis 27 mm, MU-CAPE 100-300 J/Kg, Lapse Rates -0,65 bis -0,7 K/100 m,
geringe Scherung) erneut simuliert, vorherrschende Warnfarbe dürfte abermals
Gelb sein.
Weiter nach Osten hin bleibt es unter Hochdruckeinfluss trocken, auch ganz im
Nordosten im Bereich des ehemaligen Frontensystems aka Luftmassengrenze.
Gebietsweise lockern die Wolken auf, vereinzelt bildet sich Nebel.
Der Wind an den Küsten lässt bei nachlassendem Gradienten weiter nach,
produziert allerdings noch einzelne starke Böen. Im Binnenland weht häufig nur
schwacher Ostwind, im Südwesten dreht er auf südwestliche Richtungen.
Es kühlt sich auf 14 bis 7 Grad im Westen und Südwesten, sonst auf 10 bis 4 Grad
ab.
Sonntag … spaltet sich aus dem Randtrog ein kleines Höhentief ab, das Richtung
westlichen Alpenkamm zieht. Das Trogresiduum schwenkt nach Nordosten Richtung
Nordsee und füllt sich dort auf.
Das Bodentief über den Britischen Inseln füllt sich im Zuge dessen ebenfalls
auf, die Ausläufer dringen über Deutschland aber noch nach Osten und Südosten
vor. Bis Sonntagabend erreichen sie eine Linie Schleswig-Holstein –
Sachsen-Anhalt – westliches Sachsen. Moment, das hatten wir doch schon mal? Ja,
im Prinzip sehen die Vorhersagekarten ähnlich wie am Freitag aus. Damit erwarten
uns am Sonntag erneut gebietsweise teils kräftige Schauer und Gewitter, mit
ähnlichen Begleiterscheinungen wie am Freitag. Vor allem hinsichtlich Starkregen
drohen dann also wieder lokale Unwetter.
Der Wind weht schwach bis mäßig, im Südwesten aus Südwest, im Nordosten aus Ost.
An der Ostsee kommt es zu vereinzelten starken Böen.
Die Höchsttemperaturen liegen zwischen 14 und 20 Grad im Norden und Nordosten,
sonst zwischen 18 und 24 Grad.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Modelle simulieren sehr ähnlich, Unschärfen in den konvektiven
Niederschlägen sind handelsüblich. Damit sind am Freitag und Sonntag lokal
Unwetter hinsichtlich Starkregen zu beachten.
Am Sonntag sind sich die Modelle allerdings noch nicht ganz einig bezüglich der
Ausbreitung der Konvektion Richtung Osten. UK10 und GFS hängen im Vergleich zu
den anderen Modellen etwas hinterher.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler