SXEU31 DWAV 301800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 30.04.2023 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Im Nordosten Nachtfrost, tagsüber vor allem im Westen und Südwesten einzelne
Gewitter. Und am Dienstag von Norden her mal wieder ein Schluck Kaltluft.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland wettertechnisch in ruhigem Fahrwasser.
Zwar fällt der Luftdruck schon seit einigen Stunden, trotzdem haben das
wetterbestimmende Hoch RIXTE (eine echte Ostfriesin) und der korrespondierende
Höhenrücken derzeit noch alles im Griff. Vor allem im Norden und in der Mitte
bedeutet das weitgehend ungestörte Abendsonne, während der Süden diesbezüglich
wie tagsüber in der Hinterhand ist, aber auch nicht wirklich schlecht dasteht.

Wie auch immer, der Druck fällt nicht von ungefähr, und tatsächlich lassen sich
Gründe finden, wenn man die Analyse- und Vorhersagekarten etwas genauer
studiert. Zuerst wäre da ein Höhentrog zu nennen, der im Laufe des Tages von
Westen her Frankreich erreicht hat. Dieser Trog kommt in den nächsten Stunden
unter Verkürzung seiner Wellenlänge noch etwas dichter an den Vorhersageraum
heran, wodurch der Rücken gen Osten ausweichen muss. Die Höhenströmung dreht im
Westen und Süden auf Süd bis Südwest. Dabei löst sich aus dem Haupttrog ein vor
allem im unteren Troposphärenbereich recht gut ausgeprägter Sekundärtrog, der
von der Schweiz bzw. Ostfrankreich her auf den Südwesten übergreift. Der
Sekundärtrog ist nicht alleine, sondern bringt etwa ab Mitternacht auch noch
schauerartigen Regen mit, der von Helvetia weite Teile BaWüs sowie Schwaben
erfasst. Hier und da können durchaus 5 bis 10 l/m² in die Regentonnen fallen.

Ein korrespondierendes Bodentief sucht man über Frankreich übrigens vergebens.
Dort herrscht eine extrem flache Druckverteilung, die aber als breite Rinne
zwischen dem langsam ostwärts abwandernden Hoch RIXTE und einer sich über dem
nahen Atlantik etablierenden, meridional ausgerichteten Hochdruckzone (SIGRUN)
interpretiert werden kann. Ein „richtiges“ Tief gibt es auf der Wetterkarte
(WOLF) auch, allerdings übt das vorerst noch keinen großen Einfluss auf das
hiesige Geschehen aus. Es zieht vom Seegebiet knapp nördlich von Schottland in
Richtung Südspitze Norwegens, wo es am frühen Morgen mit etwas unter 1010 hPa im
Kern aufschlägt. Seine Stunde wird in nicht allzu ferner Stunde schlagen,
allerdings noch nicht in dieser besonderen Nacht („Tanz in den Mai“). Da bleibt
nur noch zu erwähnen, dass sich von Südwesten her hohe, später auch einige
mittelhohe Wolken nord-nordostwärts ausbreiten. Dort, wo sie zuletzt oder gar
nicht ankommen, nämlich im Nordosten, geht das Thermometer nicht selten auf 0°C
oder etwas darunter zurück. Außerdem muss im Norden und Osten vielerorts mit
leichtem Frost in Bodennähe gerechnet werden.

Montag … tropft der Höhentrog in der zweiten Tageshälfte im Bereich des
Löwengolfs ab. Das nördliche Residuum erreicht den Vorhersageraum und drückt den
vorlaufenden Rücken endgültig raus aus deutschem Hoheitsgebiet. Auch im
Bodendruckfeld ist bei uns nicht mehr viel zu sehen von Hochdruck. Stattdessen
rückt die o.e., meridional exponierte Rinne von Westen zu uns vor. Sie verbindet
ein Tief über dem Tyrrhenischen Meer (12 UTC) mit unserem Freund WOLF, der sich
unter leichter Intensivierung (Interaktion mit dem über Südskandinavien recht
scharf geschnittenen Trogresiduum + orografische Effekte) über Südnorwegen
hinweg gen Schweden bewegt, um am Ende des Tages den Südrand des Bottenbusens zu
erreichen.

Summa summarum also ein gegenüber heute deutlich zyklonaleres Setup, was sich
auch in der Wetterentwicklung widerspiegelt, insbesondere im Süden und Westen.
Zunächst mal verlagert sich das kleine Regengebiet von BaWü und bayerisch
Schwaben in Richtung „Restbayern“ respektive Thüringen und Sachsen, während der
treibende Sekundärtrog zur Mitte schwenkt. Dahinter schleicht sich kaum merklich
eine relativ feuchte (PPW 17 bis 22 mm) und leidlich labil geschichtete
Luftmasse in den Süden und Westen. Während dort, wo der Regen durchzieht, so gut
wie kein CAPE aufgebaut wird, reicht es im Westen und Südwesten sowie bedingt
auch am Alpenrand und im südlichen Alpenvorland mit Hilfe von etwas Einstrahlung
für ein paar wenige hundert Joule pro Kilogramm. Zwar halten sich auf der
konfluenten Trogvorderseite die synoptisch-skaligen Antriebe in Grenze, mit
Unterstützung der Orografie bei einer gleichzeitigen Auslösetemperatur von 14
bis 18°C wird es wohl aber für einige Überentwicklungen in Form von
Einzelzellen, vereinzelt vielleicht Multizellen reichen. Mehr Organisation ist
aufgrund schwacher Scherungswerte nicht drin, trotzdem können die Gewitter
markant ausfallen – vornehmlich wegen Starkregen, während Sturm und größerer
Hagel unwahrscheinlich sind. Die größten Mengen über den Tag verteilt sollen
übrigens am Alpenrand zusammenkommen, wo durchaus um 25 l/qm² oder etwas mehr
möglich sind. Auch ICON-D2-EPS setzt zwischen Werdenfelser Land und
Mangfallgebirge ein deutliches Zeichen, wobei aber eher mehrstündiger Stark- als
Dauerregen auf der Karte steht.

Ansonsten bleibt nur noch hinzuzufügen, dass der Nordosten im Schlepptau des
scheidenden Hochs die Region ist, wo am Feiertag die höchsten Sonnenanteile zu
erhaschen sind. Dabei steigt die Temperatur auf 16 bis 19, lokal knapp an die
20°C, was dort immerhin 3 bis 4 Grad mehr als heute sind. Im großen Rest des
Landes stehen 14 bis 19°C auf der Karte. Einzig im Süden bei längerem Regen
sowie an Küstenabschnitten mit auflandigem Wind (der von südlichen auf westliche
Richtungen dreht) bleibt es etwas frischer.

In der Nacht zum Dienstag meldet sich nun auch Meister WOLF auf dem Whiteboard
an, wobei weniger das Tief selbst (das entfernt sich ja), als vielmehr sein
Ausläufer in Form einer Kaltfront gemeint ist. Die erreicht uns von der Nordsee
her unmittelbar auf der Rückseite des langsam ostwärts schwenkenden
Trogresiduums. Präfrontal werden im Norden Schauer, evtl. auch kurze Gewitter
ausgelöst, die sich über der Nordhälfte ost-südostwärts ausweiten. Postfrontal
strömt ein Schwall maritimer Polarluft in den äußersten Norden und Nordwesten,
in der T850 auf -1 bis -6°C zurückgeht. Dazu frischt der auf Nordwest drehende
Wind insbesondere an der Nordsee (7, nordfriesische Küste exponiert 8 Bft),
etwas weniger stark auch an der Ostsee auf.

Während im Norden die Schauerei also erst in Gang kommt, ist sie weiter südlich
eher auf dem Rückmarsch. Am längsten regnet es an den Alpen bzw. im Südosten
Bayerns, wo noch mal bis zu 10, vereinzelt 15 l/m² zusammenkommen können.

Dienstag … gelangen wir vollständig auf die Rückseite des abziehenden
Trogresiduums unter eine weitgehend indifferente nordwestliche Höhenströmung.
Während das Tief WOLF über Finnland hinweg in Richtung Weißes Meer zieht,
verstärkt sich das Hoch SIGRUN mit Unterstützung eines veritablen Rückens, der
sich inzwischen über Westeuropa respektive dem nahen Atlantik aufgewölbt hat.
Die Hochdruckzone erstreckt sich über tausende von Kilometern von Grönland über
UK/Irland bis hinunter nach Nordwestafrika, wobei sie zusehends auch nach Osten
„ausbeult“. Entsprechend gelangt die Kaltfront auf ihrem Weg nach Südosten auf
eine immer antizyklonalere Spur, bis sie schlussendlich von der Wetterkarte
gestrichen werden muss.

Da der Wind aber landesweit auf Nordwest bis Nord dreht, wird die Kaltluft ganz
flach – wenn auch in abgemilderter Form – bis nach Süddeutschland transportiert.
Die 0°C-Isotherme auf 850 hPa erreicht bis zum Abend etwa die Mainlinie.
Dahinter kühlt es nicht nur bis zu -4°C ab, es trocknet auch mächtig ab, was
PPWs unter 10 mm und spezifische Grundschichtfeuchten von unter 5 g/kg
eindrucksvoll belegen. Von daher ist die von der Nordsee einfließende maritime
Polarluft zwar einigermaßen wolkenreich (am meisten Sonne gibt es an der
Ostseeküste, wo der Skandenföhn Zugriff bekommt), allzu viele Schauer dürfte es
unter einer bei etwa 800 hPa verorteten Inversion aber nicht geben. Die
entwickeln sich dafür präfrontal im Süden und Südosten, wobei sogar ein kurzes
Gewitter nicht ganz ausgeschlossen werden kann.

Der Nordwestwind lebt mitunter böig auf, verbleibt aber meist unterhalb der
Warnschwellen. Am ehesten tritt Windstärke 7 Bft anfangs noch an der Küste (am
längsten an der nordfriesischen) sowie für einige Stunden an der Unterelbe auf.
Thermisch gibt es erst mal wieder einen Tritt ans Schienbein angesichts magerer
9 bis 14°C im Norden bzw. Westen und 13 bis 17°C sonst. Nur ganz im Südwesten,
am Oberrhein und Peripherie, reicht es in Wolkenauflockerungen punktuell für 18
oder vereinzelt 19°C.

In der Nacht zum Mittwoch steigen Luftdruck und Potenzial noch etwas an, auch
wenn der Rücken westlich von uns verbleibt. Die eingeflossene Kaltluft kommt zur
Ruhe und die Wolken bilden sich mehr und mehr zurück bzw. lösen sich auf.
Schauerartig regnen tut es vor allem noch in Alpennähe, während sonst kaum noch
was passiert. Etwas überraschend fallen die von MOS-Mix apostrophierten
Temperaturminima aus, die lediglich in einigen Mittelgebirgen leichten Luftfrost
sehen. Hier ist Vorsicht geboten. Möglicherweise ist in den
Regressions-Gleichungen noch zu viel Bewölkung berücksichtigt, was den
vermeintlich kalten Bias erklärt. Vielleicht stimmt die Prognose, allerdings
sollte man Stand heute davon ausgehen, dass bei längerem Aufklaren auch im
Tiefland bzw. in den Niederungen örtlich leichter Frost auftreten kann (Frost in
Bodennähe sowieso).

Mittwoch … legt sich ein Ableger der großen SIGRUN (gemeint ist natürlich die
o.e. Hochdruckzone) mit etwas über 1025 hPa genau über Deutschland. Die
Divergenzachse reicht am Mittag etwa von der Deutschen Bucht bis hinüber zum
Erzgebirge. Nördlich davon kommt der Wind aus Nordwest bis West, wodurch mal
mehr, mal weniger dichte Wolken von der Nordsee hereindriften. Bis auf ein paar
wenige marginale Tropfen bleibt es aber trocken und vor allem zur Ostsee hin
stehen die Chancen auf längeren Sonnenschein nicht schlecht. Thermisch ist bei
11 bis 14°C Ende der Fahnenstange, an Küstenabschnitten mit auflandigem Wind
sowie auf den Inseln eher noch etwas früher.

Südlich der Divergenzachse, wo der Wind aus dem Sektor Nord bis Ost weht und im
Südwesten eine leichte Bise erzeugt, scheint häufig die Sonne. Einige Wolken
tummeln sich am ehesten im Südosten, während nach Westen hin der Himmel
teilweise wolkenlos bleibt. Die Temperatur steigt auf 14 bis 20°C.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle simulieren die Entwicklung sehr ähnlich.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann