SXEU31 DWAV 291800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 29.04.2023 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Unspektakulärer Monatsausklang dank RIXTE. Mai- und Wochenstart vor allem im
Süden unbeständig. Am Dienstag – wieder mal – von Norden eine Portion Kaltluft.
Hier geht der Dank an WOLF und (wahrscheinlich) SIGRUN.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC

Aktuell … steigt der Luftdruck schon seit geraumer Zeit, was unweigerlich als
Zeichen für einen hochdruckbestimmten Sonntag gewertet werden kann. Und
tatsächlich schiebt sich von der Nordsee her ein Hochkeil zu uns rein, der sogar
einen Namen erhalten hat (RIXTE) und – wichtiger als der Name – von einem
kurzwelligen Rücken supportet wird, welcher sich von Westeuropa her nähert.
Kurzum, Absinken ist Trumpf, wodurch die Inversion, die heute Mittag bei rund
800 hPa lag, noch etwas nach unten gedrückt und die Grundschicht entsprechend
gestaucht wird. Zusätzlich trocknet sie immer mehr ab, weil sich trockene Luft
aus Norddeutschland (Taupunkte teils unter 5°C, tagsüber reichlich Sonnenschein)
sukzessive in Richtung Mitte vorarbeitet. Die Wolken lockern von Norden her auf
bzw. lösen sich auf, was gerade in der Mitte das eine oder andere Nebelfeld auf
den Plan ruft. Außerdem gibt es im Norden stellenweise leichten Luftfrost, im
Norden und Osten gebietsweise leichten Frost in Bodennähe. Nach Süden hin hält
sich vielerorts noch Restbewölkung, teils reißt es aber auch auf (wenn nicht
schon geschehen). Die anfänglich noch auftretenden konvektiven Zuckungen
zwischen Bodensee und Berchtesgadener Land fallen mehr und mehr dem Tagesgang
zum Opfer.

Sonntag … greift besagter Rücken auf Deutschland über, während sich das
Zentrum von RIXTE mit etwas unter 1025 hPa langsam in den Nordosten des
Vorhersageraums verlagert. Auf der Südflanke des Hochs stellt sich in weiten
Landesteilen eine schwache bis mäßige nordöstliche Grundströmung ein, mit der
thermisch limitierte Luftmassen advehiert werden (T850 um 12 UTC um 0°C im
Nordosten, bis zu 6°C im Süden). Im Südwesten setzt eine leichte Bise ein, die
aber keine Windwarnungen erforderlich macht.

So ist die Sonntagsgeschichte rasch erzählt. Von den Küsten bis hinunter in die
nördlichen Landesteile von Bayern und BaWü scheint häufig die Sonne, auch wenn
sich tagesgangbedingt ein paar Quellungen bilden werden. Im Süden, wo die
Luftmasse nach wie vor etwas feuchter ist als weiter nördlich, wird entsprechend
mehr Bewölkung generiert, aus der tagsüber aber kein oder nur sporadisch etwas
Regen in Form schwacher Schauer fällt. Zwischendrin gibt es auch mal mehr, mal
wenige große Auflockerungen, durch die die Sonne ein paar Botschaften nach unten
senden kann. Ob die Sonne am Nachmittag auch in der Münchener Allianz-Arena
scheint, wo ab 15:30 MESZ die „Alte Dame“ aus Berlin gastiert, bleibt
abzuwarten.

Thermisch hinkt der Norden (10 bis 15°C) den übrigen Landesteilen (14 bis 19, im
Rheintal teils um 20°C) auch am letzten Tag des Aprils wieder mal hinterher.

In der Nacht zum Montag wird zum Tanz in den Mai gebeten. Dabei sollte man im
Südwesten – sofern outdoor ansteht – auf der Hut sein. Zum einen wird fast
unmerklich etwas feuchtere Luft eingesteuert, zum anderen nähert sich von
Frankreich her der nächste Höhentrog, aus dem sich ein kleiner, vorlaufender
Sekundärtrog löst. Das genügt, um in der zweiten Nachthälfte schauerartige
Regenfälle aus der Schweiz nach BaWü zu locken, wo sie sich langsam nordwärts
ausweiten.

Der große Rest des Vorhersageraum verbleibt zunächst noch unter der Ägide des
nur langsam nach Osten abwandernden Hochs respektive Rückens. Zwar ziehen mit
der auf Süd bis Südwest drehenden Höhenströmung hohe Wolken bis in den Norden,
ansonsten passiert aber nicht viel. Im Osten und Nordosten, wo es am längsten
klar bleibt, muss stellenweise mit leichtem Luft- und gebietsweise mit leichtem
Bodenfrost gerechnet werden.

Montag … ist Feiertag und der präsentiert sich wettertechnisch zumindest im
Norden und Osten von seiner freundlichen Seite, wenn man das mal so subjektiv
ausdrücken darf. Zwar entfernen sich Bodenhoch und Höhenrücken immer mehr gen
Osten, trotzdem ist die gute RIXTE noch so gütig, den genannten Regionen ein
nicht zu unterschätzendes Quantum an Sonne zukommen zu lassen. Daran ändern auch
die durchziehenden, überwiegend hohen Wolken (teils bilden sich aber auch einige
Kumulanten) nicht viel. Auf alle Fälle wird es mit 15 bis 20°C (nur direkt an
der See sowie auf den Inseln etwas weniger) ein bisschen wärmer als tags zuvor.

Im Rest des Landes macht sich die Annäherung des o.e. Höhentrogs bemerkbar.
Dieser tropft zwar im Laufe des Tages in Richtung Balearen ab, was das Residuum
aber nicht daran hindert, einen wenn auch langsamen Ostkurs einzuschlagen.
Vorderseitig werden leichte Hebungsprozesse ausgelöst, die zunächst mal das
Regengebiet aus BaWü unter Abschwächung nach Bayern und später zur östlichen
Mitte lotsen. Dahinter gelangt mit schwacher Südwest- bis Westströmung mäßig
feuchte (PPW 15 bis 20 mm) und mäßig labile Luft in den Süden und Westen, in der
sich etwas CAPE bildet. Um dieses nachhaltig zu aktivieren, braucht es
wahrscheinlich etwas mehr als nur eine schwache Vorderseite (wenig Gradient =>
wenig Höhenströmung => geringe Advektionsprozesse), zumal der Wind am Nachmittag
beginnt, auf West bis Nordwest zu drehen (einsetzende KLA in der unteren
Troposphäre). Ein treuer Unterstützer in solchen Situationen ist die Orografie,
die mit diabatischer Hilfe (Auslösetemperatur mit 14 bis 18°C gar nicht mal so
hoch) auch am Montag eine zumindest halbwegs prominente Rolle einnehmen könnte.
Die Scherung ist allerdings ziemlich mau, so dass es wohl nur für ein paar
Einzel-, maximal Multizellen reicht. Dabei dürfte Starkregen (markant) ganz oben
auf der Begleitliste stehen, während Sturm und Hagel nur eine untergeordnete
Rolle spielen. Die Temperatur erreicht Maxima von 14 bis 19°C, bei längerem
Regen im Süden wohl nicht ganz.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt das Trogresiduum langsam ostwärts durch,
wobei es in der Mitte und im Süden zu weiteren schauerartigen Regenfällen,
anfangs auch noch dem einen oder anderen Gewitter kommt. Im Gegensatz zum Tage
schaltet sich nun zunehmend auch der Norden ins Geschehen ein, wo sich fast
unbemerkt ein bei den Hebriden gestartetes Tief (Sonntag 12 UTC, etwas unter
1015 hPa) durch den Skagerrak gemogelt hat (Montag 12 UTC, nahe 1010 hPa), um am
Dienstagfrüh mit knapp unter 1005 hPa im Süden Finnlands aufzuschlagen. WOLF
heißt das gute Stück, ein echter Wolf im Schafspelz. Klein und unscheinbar sieht
es aus, doch es hatŽs ganz schön in sich. Ausgestattet mit einer zünftigen
Kaltfront initiiert es im Nordwesten zunächst mal einige Schauer, die sich bis
zum Morgen ost-südostwärts ausbreiten und vereinzelt sogar gewittrig ausfallen
können. Dann frischt der Nordwestwind an den Küsten spürbar auf mit Böen 7 Bft,
an der Nordfriesischen Küste exponiert 8 Bft. Und zu guter Letzt wird auf der
Rückseite der Front der nächste Schwall polarer Kaltluft herangeschaufelt
(Rückgang T850 im Norden auf -1 bis -5°C), die es dem Frühling alles andere als
leicht macht, endlich mal richtig Fahrt aufzunehmen.

Dienstag … Das sieht am Dienstag tagsüber nicht anders aus, wenn zwar das Tief
über alle (finnischen) Berge ist, sich inzwischen über Westeuropa und dem nahen
Atlantik aber eine meridional exponierte Hochdruckzone aufgebaut hat
(wahrscheinlich SIGRUN). Sie hält bei uns die nordwestliche Strömung aufrecht
(Küste anfangs Böen 7 Bft, Tendenz im Tagesverlauf nachlassend), wodurch die
Kaltluft (T850 0 bis -5°C) bis in die mittleren Landesteile vorankommen kann.
Von Westen und Norden her trocknet es dabei immer mehr ab, so dass dort
lediglich von der Nordsee ein paar schlappe Schauer landeinwärts ziehen. Mehr
als 9 bis 14°C sind trotz einiger Auflockerungen nicht zu erwarten.

Ansonsten wird weiterhin recht feuchte und mäßig labil geschichtete durch die
nach Süden schwenkende Kaltfront aktiviert, was in Schauer und einzelne Gewitter
mündet. Viel CAPE wird nicht generiert, allerdings sind die Messen über die
genaue Tagesentwicklung auch noch nicht vollständig gelesen. Was man sagen kann,
dass das präfrontale Temperaturniveau Höchstwerte zwischen 14 und 18°C zulässt.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle unterscheiden sich heute Abend nicht wesentlich. Es sind
Kleinigkeiten, die die entscheidenden Faktoren der Prognose nur marginal
beeinflussen (die Unsicherheit hinsichtlich der Konvektion am Dienstag wurde
angerissen). Somit ist unstrittig, dass uns am Dienstag wieder mal ein Stück der
über Nordeuropa lauernden „Eistorte“ kredenzt wird.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann