SXEU31 DWAV 101800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 10.04.2023 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Umstellung der GWL läuft, jetzt kommt Ww (Winkelwest). Dabei unbeständig mit
Niederschlägen, zeitweise windig.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC

Aktuell … fällt der Luftdruck bei und wen wundertŽs? Niemanden, zumindest
niemanden, der sich auch nur ansatzweise mit der aktuellen Wetterlage oder den
Wetterberichten der vergangenen Tage beschäftigt hat. Wie berichtet steht uns
eine grundlegende Umstellung der Großwetterlage bevor, die aktuell – u.a. eben
auch durch den zitierten Druckfall – eingeleitet wird. Dabei sieht es in großen
Teilen des Landes derzeit (Stand 16 UTC) noch frühlingshaft-freundlich aus, was
viele als netten Osterausklang sicherlich begrüßen. Viel Abendsonne, dazu
verbreitet 14 bis 19°C, da kann man eigentlich nicht meckern. Allerdings sind
die Stunden des wetterbestimmenden Hochs OLDENBURGIA mit Zentrum über
Fennoskandien – genau genommen ist es bei uns der weit nach Süden reichende Keil

  • gezählt. Der Bodenkeil sowie der stützende schmale Höhenrücken wandern unter
    Abschwächung ostwärts ab und machen Platz für einen negativ geneigten Höhentrog,
    dem wiederum ein okkludierendes Frontensystem vorgeschaltet ist. Es gehört zu
    dem sich auffüllenden Sturmtief PETER, das inzwischen nicht mehr weit von Kap
    Farvel an der Südspitze Grönlands entfernt ist. Das ist übrigens so weit weg,
    dass uns der gute PETER auf direktem Wege nicht viel tun kann. Entlang des
    unendlich langen Frontenzuges sind inzwischen aber mindestens zwei Teiltiefs
    entstanden, die in Zusammenarbeit mit dem Höhentrog sowie der dahinter folgenden
    Frontalzone bei uns das Heft des Handelns in die Hand nehmen.

Weit nach Osten ausgreifende WLA vorderseitig des Troges bzw. der Okklusion hat
bereits tagsüber erste, anfangs noch transparente Cirren auf Deutschland
übergreifen lassen, die nun von Westen her aber immer dichter werden bzw. mehr
und mehr ins mittelhohe Stockwerk übergreifen (Altostratus). Das Ende vom Lied
sind dann noch tiefe Wolken und einsetzender leichter Regen. Letzterer ist auf
den frühen Abend terminiert und einen Streifen zwischen
Ostfries-/Emsland-Saarland lokalisiert. Dort, also im Westen und Nordwesten
sowie an der Nordsee hat sich heute auch schon ein recht flotter Südostwind mit
starke bis steifen Böen 6-7 Bft angemeldet, der ebenfalls anzeigt, in welche
Richtung der (Oster)Hase läuft.

In der Nacht zum Dienstag läuft er ganz klar nach Osten, sprich, Okklusion und
das zugehörige frontale Regenband überqueren weite Teile des Vorhersageraums,
wobei bis zu 5, in Staulagen der Mittelgebirge sowie teilweise auch im Norden
bis zu 10, selten mal bis zu 15 l/m² zusammenkommen. Während Front und Regen im
Süden etwas nach West-Südwest zurückhängen, gelangt rückseitig ein Schwall
subpolarer Meeresluft in die Nordwesthälfte, in der T850 auf bis zu -3°C
abkühlt. Mit Eintreffen des Potenzialtrogs kommt im Laufe der zweiten
Nachthälfte dann auch ein Portion Höhenkaltluft mit etwas unter -30°C auf 500
hPa im Westen und Nordwesten an, was eine erhebliche Labilisierung zur Folge
hat. Kein Wunder, dass sich trotz konvektionsunfreundlicher Tageszeit der eine
oder andere Schauer bildet. Ob es sogar für ein Gewitter reicht, ist hingegen
fraglich. Zwar reicht die Labilität weit rauf bis auf maximal 400 hPa, die
Labilitätsfläche selbst ist aber sehr schmal und stellt nur wenig CAPE zur
Verfügung. Die Ursache dafür ist zu einem Großteil im limitierten
Wasserdampfgehalt zu suchen, der mit PPWs nur wenig über 10 mm bzw. spezifischen
Grundschichtfeuchten kaum über 5 g/kg als Sparbrötchen auftritt.
Zusammengefasst, das große Blitz- und Donner-Spektakel ist nicht zu erwarten,
ein, zwei gewittrige Schauer mit Böen 7 Bft sind hingegen schon drin.

Noch ein paar Anmerkungen zum Wind, der mit Frontdurchgang und Winddrehung von
Süd-Südost auf Südwest bis West kurzzeitig etwas auffrischt, dabei im Tiefland
aber nur selten Spuren von mehr als Windstärke 5-6 Bft hinterlässt. Anders sieht
es in höheren Lagen aus, wo je nach Höhe und Exposition Böen 7-9 Bft, auf dem
Brocken und dem Schwarzwälder Feldberg sogar bis zu 10 Bft auf der Karte stehen.
Ach ja, nicht zu vergessen die Nordsee nebst Inseln und umgebener Küste, wo
ebenfalls 7er- bis 8er-Böen auftreten.

Zunehmende Bewölkung, zeitweise Regen, dazu noch etwas Wind sind keine guten
Ingredienzen, um Frost zu produzieren. So bleiben die Tempertaturen landesweit
im Plus. Lediglich dort, wo alles zuletzt ankommt, nämlich im Bayerischen Wald,
ist lokal leichter (Boden)Frost möglich.

Dienstag … schwenkt der Höhentrog unter Verkürzung seiner Wellenlänge
ost-nordostwärts über den Vorhersageraum hinweg. Im Norden und Nordosten wird er
es bis zum Abend aber nicht ganz schaffen, weil er dort von einem von der
Nordsee hineinlaufenden flachen Sekundärtrog regeneriert und damit etwas
ausgebremst wird. Ansonsten wölbt sich dahinter ein flacher Rücken auf
(downstream-development vor einer neuen Austrogung über dem Ostatlantik), der
sich von Westeuropa her langsam aber sicher unserem Land nähert. Zwischen Trog
und Rücken etabliert sich morgen ein Jetstreak mit Spitzen bis nahe 130 Kt auf
300 hPa, der diagonal von West-Nordwest nach Südost über den Vorhersageraum
verläuft.

Im Bodenniveau sieht die Sache so aus, dass eines der PETERSCHEN Teiltiefs gen
südnorwegische Westküste zieht. Front und zugehöriger Regen verlassen uns
bereits in den Morgenstunden bzw. am frühen Vormittag Richtung Polen und
Tschechien. Einzig im Süden, wo das Ganze nach wie vor zurückhängt, regnet es
noch einige Stunden länger, insbesondere südlichen der Donau. Ansonsten gilt es
sich schon früh der rückseitig einfließenden, sich rasch ausbreitenden
subpolaren Meeresluft zu widmen. Auf 850 hPa geht die Temperatur mit Ausnahme
des äußerten Südens auf 0 bis -3°C zurück, was jetzt nicht wirklich kalt ist und
bei guter bis sehr guter Durchmischung sowie gelegentlichem Sonnenschein
Tageshöchstwerte zwischen 11 und 16°C garantiert.

Wichtiger als das ist aber die enorme Labilität, die im Norden und in der Mitte
von der sich von West nach Ost verlagernden Höhenkaltluft (T500 zwischen -30 und
-34°C) getriggert wird. Dort entwickeln sich in wechselnder Bewölkung mit
Unterstützung des Tagesgangs zahlreiche Schauer und kurze Gewitter
(„Aprilwetter“), die mit Graupel/kleinem Hagel und/oder Böen 7 bis 8 Bft,
aufgrund der relativ trockenen Luft und der Mobilität der Zellen aber nicht
unbedingt mit Starkregen einhergehen können. Die Oberwinde auf 850 und 925 hPa
werden inzwischen bis zu 10 Kt schwächer simuliert als das gestern noch der Fall
war, was reine Sturmböen 9 Bft unwahrscheinlicher macht. Trotzdem, aufgrund
solider Scherung (=> Organisation) sowie einer leichten inversen V-Stellung T
vs. Td in der Grundschicht, wäre eine vereinzelte „9“ keine Megaüberraschung.

Apropos Wind, nicht nur konvektiv, auch gradientbedingt meldet der sich morgen
in weiten Teilen des Landes zumindest für ein paar Stunden an, wobei er
allgemein auf westliche Richtungen dreht. Böen 7 Bft können fast überall mal
auftreten, wenn auch nicht ständig. Etwas in der Hinterhand sind der Nordosten
sowie tiefe Lagen Süd- und Westdeutschlands, wo nicht überall eine Warnung nötig
ist. Dafür zeichnet sich in der nördlichen Mitte – quasi am Nordrand der
Mittelgebirge sowie in Teilen Niedersachsens – ein Gebiet mit etwas erhöhten
Wahrscheinlichkeiten für Böen 8 Bft ab. In höheren Lagen sind stürmische Böen
obligatorisch, in exponierten Kamm- und Gipfellagen reicht es für (schwere)
Sturmböen 9-10 Bft.

In Süddeutschland, wo die Höhenkaltluft gar nicht oder nur peripher
vorbeischaut, fällt die Schaueraktivität schwächer aus als weiter nördlich.
Außerdem sorgen überlappende KLA und NVA für merklichen Druckanstieg, der sich
in einem von Frankreich bis ins Alpenvorland ausbreitenden Zwischenhochkeil
widerspiegelt. Mit Annäherung des o.e. Rückens (einsetzende Stabilisierung)
sowie der Zufuhr sehr trockener Luftmassen (PPW unter 10 mm, spez. F. unter 5
g/kg) schwächt sich das konvektive Geschehen ganz allgemein im Tagesverlauf von
Westen her ab.

In der Nacht zum Mittwoch ist der Zwischenhocheinfluss nur von kurzer Dauer. Die
kleine 1025-hPa-Hochparzelle, die sich aus dem Zwischenhochkeil generiert,
wandert rasch nach Osten ab. Gleiches gilt für den überlagerten Rücken, der es
ebenfalls ziemlich eilig hat. Er wird zudem von kräftiger WLA überlaufen, die
sich auf den gesamten Vorhersageraum ausbreitet und die Annäherung des nächsten
Höhentroges respektive Frontensystems ankündigt. Mit am Start ist auch QUAX (der
„Bruchpilot“; Jüngere bitte googeln), ein Doppeltief im Raum UK/Irland, deren
Teilkerne sich gegen den Uhrzeigersinn um eine gemeinsame Achse drehen.

Wichtiger für uns ist die Tatsache, dass die Bewölkung von Frankreich und
Benelux her rasch wieder zunimmt und leichter stratiformer Regen einsetzt, der
sich auf die gesamte Südwesthälfte ausbreitet. Meist verbleiben die Mengen unter
der 5-l/m²-Marke, nur vereinzelt im Westen etwas darüber. Nach Osten und
Nordosten hin zeigt sich der Himmel noch längere Zeit gering bewölkt oder klar,
was bei windschwachen bis -stillen Verhältnissen gebietsweise leichten Frost in
Bodennähe, örtlich leichten Luftfrost und ein paar Nebelfelder zur Folge hat.
Vor allem auf der Nordsee frischt der Südostwind stark bis stürmisch auf. Wegen
der ablandigen Komponente dürfte es an der Küste bis zum Morgen bei 7er-Böen
bleiben. Am ehesten kommt Helgoland in den Genuss erster stürmischer Böen 8 Bft.
Darüber hinaus lebt der südliche Wind im westlichen Bergland (inkl. Leelagen)
noch etwas stärker auf.

Mittwoch … kreiseln die QUAX-Kerne bei UK/Irland weiterhin munter um sich
selbst, was das zugehörige Frontensystem – angetrieben durch den progressiven
Höhentrog – nicht daran hindert, Deutschland ostwärts zu überqueren. Dabei lässt
sich nach Süden hin ein gut geöffneter Warmsektor ausmachen, in dem T850 südlich
der Donau auf bis zu 7°C ansteigt. Der stratiforme, überwiegend leichte Regen
vor der Warmfront respektive der Okklusion breitet sich langsam ost-nordostwärts
aus, wird Oder und Neiße bis zum Abend wahrscheinlich aber nicht erreichen. Dort
darf man sich sogar noch einiger Sonnenstunden erfreuen, wenn auch etwas milchig
durch die aufziehende hohe Bewölkung.

Im Warmsektor hört der Regen vorübergehend mal auf oder es tröpfelt bzw. nieselt
nur schwach vor sich hin, bevor der Kaltfrontregen von Westen her übergreift.
Auch dieser Niederschlag ist nicht allzu intensiv ausgeprägt und geht zunehmend
in Schauerform über, was der Annäherung des Höhentrogs sowie höhenkalter Luft
und damit einhergehender Labilisierung geschuldet ist (am Abend im äußersten
Westen und Nordwesten T500 um -30°C über T850 um -1°C). Evtl. ist auch ein
Gewitter mit am Start, Hebung am linken Ausgang des trogvorderseitigen
Jetstreaks sowie Scherung wären ausreichend vorhanden. Dagegen sprechen die
beginnende Abtrocknung, die wenig CAPE und nur relativ schmale („skinny“)
Labilitätsflächen zulässt.

Der Wind lebt vor allem im Westen und Südwesten sowie in Teilen der Mitte
(Bergland/Lee) und ganz im Norden vor der Okklusion soweit auf, dass die eine
oder andere 7er-, an der Nordsee sowie in höheren Lagen 8er-Böe auftritt. In
exponierten Kammlagen ist sogar noch etwas mehr drin. Der Wind dreht von
Süd-Südost auf Südwest bis West. Thermisch stehen im größten Teil des Landes
Tageshöchsttemperaturen zwischen 9 und 14°C auf dem Zettel. Richtung
deutsch-polnischer Grenze sowie im Warmsektor ganz im Süden sind örtlich 15 oder
gar 16°C möglich.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich der Hauptkern von QUAX zur westlichen
Nordsee, während der Sekundärkern irgendwo zwischen Schottland und Hebriden ums
Überleben kämpft. Das Frontensystem schwenkt ostwärts durch, kommt im Süden und
Südosten aber ins Schleifen, da der Höhentrog von Westen her nur sehr zögerlich
nachrückt (und stattdessen lieber an der Vergrößerung seiner Amplitude werkelt).
Entsprechend kommt es insbesondere im Süden und Osten Bayerns zu länger
andauernden Regenfällen, die sehr wahrscheinlich aber unterhalb der
Warnschwellen bleiben. Der meiste Niederschlag fällt an den Alpen, wo aus
heutiger Sicht durchaus 10 bis 20 l/m² innert 12 h zusammenkommen können. Im
Zuge kontinuierlicher KLA inkl. Niederschlagsabkühlung sinkt die
Schneefallgrenze auf rund 1000 m, so dass oberhalb etwa 1200 bis 1400 m (Details
noch unscharf) um oder sogar über 10 cm Neuschnee gut möglich sind. Etwas Schnee
kann auch in den Hochlagen des Bayerischen Waldes sowie im Hochschwarzwald (dort
Schauer) fallen.

Darüber hinaus gilt es zu konstatieren, dass im Westen unter der höhenkältesten
und mithin labilsten Luft noch einzelne Schauer drin sind, auf der anderen Seite
aber auch größere Auflockerungen. Für Frost dürfte es kaum reichen, weil der
Wind nicht ganz einschläft, im höheren Bergland sogar mäßig bis frisch aus
Südwest bis Süd unterwegs ist. Windig bleibt es auch auf sowie an der Deutschen
Bucht mit Böen 7 bis 8 Bft um Süd.

Donnerstag … kommt der Höhentrog Schritt für Schritt ostwärts voran,
allerdings läuft er Gefahr, irgendwo im Grenzbereich zwischen Frankreich und
Italien abzutropfen. Bereits zuvor hat sich über dem Golf von Genua ein
Bodentief gebildet, das im Laufe des Tages nach Oberitalien zieht. Die davon
ausgehenden Aufgleitniederschläge erfassen auch den deutschen Alpenrand, wo es
zu weiteren Regen-, oberhalb rund 1000 m Schneefällen kommt. Wie viel Schnee
letztendlich fällt, steht noch nicht fest, weil sowohl die Position des Troges
als auch des Tiefs noch leicht unterschiedlich simuliert werden.

Während es im äußersten Süden und Südosten meist stark bewölkt bis bedeckt
bleibt, stellt sich im großen Rest wechselnde Bewölkung ein, in der sich
vornehmlich in der Westhälfte (also im Bereich der höhenkältesten und labilsten
Luft) Schauer und kurze Gewitter entwickeln. Das Bodentief zieht über der
Nordsee ein Stück nach Osten, wodurch im Westen und Nordwesten ein leidlicher
Gradient gegeben ist. Dort frischt der südwestliche Wind stark, an der Nordsee
sowie im Bergland auch stürmisch auf. In subpolarer Meeresluft (T850 um -1°C)
werden Tageshöchstwerte zwischen 8 und 14°C erwartet.

Modellvergleich und -einschätzung

Große Unterschiede fallen beim Modellvergleich nicht ins Auge. Es sind eher
Kleinigkeiten respektive mit zunehmendem Prognosehorizont Details, der der
Vorhersage etwas Unschärfe verleihen. Das große Ganze passt aber.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann