S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 09.04.2023 um 10.30 UTC

Wechselhaft und für die Jahreszeit etwas zu kühl. Wahrscheinblich erst zu
Wochenbeginn freundlicher und zögernder Temperaturanstieg.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 16.04.2023

Am Mittwoch gelangt Deutschland an die Vorderseite eines breiten Troges, der auf
die Britischen Inseln und die Iberische Halbinsel übergreift. Das vorgelagerte
Frontensystem, das einen geöffneten Warmsektor aufweist, erfasst mit zeitweisen
Niederschlägen ganz Deutschland. Innerhalb 12 Stunden kommen in Staulagen und in
Nordseenähe bis 15 mm Niederschlag zusammen. Mit dem Übergreifen der Kaltfront
sind von Westen und Südwesten her einzelne Gewitter, die mit Böen bis
Sturmstärke einhergehen können, nicht auszuschließen. In der Nacht zum
Donnerstag zieht das okkludierende Frontensystem nebst Niederschlägen rasch nach
Osten und zu den Alpen ab. Im Bergland erfolgt oberhalb etwa 1000 m ein Übergang
in Schnee, kurz danach lassen die Niederschläge nach. Das mit dem Trog
korrespondierende Bodentief verlagert sich in die mittlere Nordsee, der an
dessen Südostflanke zunehmende Gradient lässt die Luftmasse nicht zur Ruhe
kommen. Vielmehr setzen an und über der Nordsee sowie im westlichen Bergland
stürmische Böen ein.
Am Donnerstag gelangt Deutschland in den Randbereich des sich bis in die Nordsee
vorarbeitenden und ins westliche Mittelmeer ausweitenden Troges. Abgesehen vom
Osten setzt eine lebhafte Schauer- und Gewittertätigkeit ein, wobei im
Nordwesten stürmische Böen nicht auszuschließen sind. Oberhalb 800 bis 1000 m
sollte die feste Phase überwiegen. An und in den Alpen fällt dann zeitweise
Schnee. In der Nacht zum Donnerstag schwenkt die Hauptachse des Troges nach
Deutschland, was die Schauertätigkeit nicht so recht zur Ruhe kommen lässt. Von
den Westalpen weitet sich, gestützt durch Kaltluftadvektion, ein Bodenhochkeil
nach Süddeutschland aus. Sollte es in diesen Gebieten aufklaren, muss mit
leichtem Frost gerechnet werden.
Am Freitag wird in der von Grönland nach Südeuropa verlaufenden Frontalzone ein
Tief südostwärts gesteuert und erreicht Freitagabend Nordfrankreich.
Vorderseitig macht sich leichter antizyklonaler Einfluss bemerkbar, der jedoch
nicht ausreicht, die Schauertätigkeit gänzlich zu unterdrücken. Im Norden und
Osten stellen sich vermehrt Auflockerungen ein, wogegen im Westen und Südwesten
im Tagesverlauf rasch wieder mehrschichtige Bewölkung und nachfolgend Regen
aufzieht. In der Nacht zum Samstag gelangt dieses Tief in Bezug auf den rasch
nachfolgenden Trog in entwicklungsgünstige Position und erreicht unter leichter
Intensivierung den Westen Deutschlands. An dessen Südflanke, d.h. im westlichen
Bergland und im Südwesten, erreicht der Wind zumindest in höheren Lagen in Böen
Sturmstärke. In Verbindung mit diesem Tief erfassen zeitweise und teils
schauerartig verstärkte Niederschläge weite Teile Deutschlands. Wahrscheinlich
bleibt es dann nur noch im Nordosten weitgehend trocken.
Am Samstag tropft der Trog über Deutschland aus, wodurch sich das o.g. Tief,
noch die Mitte Deutschlands erreichend, rasch auffüllt. An dessen West- und
Südflanke sind weitere Regenfälle zu erwarten. Zusammen mit den Niederschlägen
aus der Nacht zuvor ergibt sich für die Staulagen der westlichen und
südwestdeutschen Mittelgebirge mit hoher Wahrscheinlichkeit ein
Dauerregenereignis. In der Nacht zum Sonntag verlagert sich das über Deutschland
liegende Cut-Off-Tief in Richtung Alpen. Hebungsprozesse lassen die
Niederschläge im Westen und Südwesten noch andauern, wobei sich deren
allmähliche Abschwächung abzeichnet. Nach wie vor liegt die Schneefallgrenze bei
800 bis 1000 m.
Bis Sonntag hat sich, bedingt durch eine von Westgrönland nach Süden gerichtete
Austrogung, die Frontalzone umorganisiert und setzt sich, von Südwesten nach
Nordosten gerichtet, über Schottland hinweg nach Skandinavien durch.
Warmluftadvektion und der hieraus resultierende Geopotentialgewinn lässt einen
Rücken entstehen, der sich bis in die Nordsee ausweitet. Durch diesen Rücken
gestützt entwickelt sich über Frankreich und Mitteleuropa ein ausgedehntes
Bodenhoch. Letzte Niederschläge zeichnen sich noch im Süden und dort vor allem
in Alpennähe ab, großräumiges Absinken lässt ansonsten die Bewölkung zusehends
auflockern. Ein Temperaturanstieg wird noch hinausgezögert.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum weitet sich der Keil bis nach
Lappland aus. Die Frontalzone setzt sich dann bis in die Karasee durch. Im
Bereich einer Hochbrücke, die ausgehend von einem Hoch über Nordrussland bis zur
Iberischen Halbinsel reicht, stellt sich trockenes Wetter mit deutlich
ansteigenden Temperaturen ein. Im Westen und Südwesten kann es dann
frühsommerlich warm werden.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Freitag stützen die beiden gestrigen Modellläufe die oben
beschriebene Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis dahin
nicht finden.
Beginnend ab der Nacht zum Samstag beginnen die Prognosen zu divergieren. Das
Tief, das sich nach dem neusten Lauf von Nordfrankreich über Benelux in den
Westen Deutschlands verlagert, wurde von den beiden gestrigen Läufen über der
Nordsee erwartet.
Der ab Sonntag zunehmende antizyklonale Einfluss zeichnete sich ab dem gestrigen
12 UTC-lauf ab, nicht aber beim 00 UTC-Lauf des Vortages. Im erweiterten
mittelfristigen Vorhersagezeitraum setzen auch die beiden gestrigen Modellläufe
auf eine Hochdruckrandlage, wobei sich nach der neuesten Simulation der
Temperaturanstieg etwas rascher einstellt als nach den beiden Modellrechnungen
des Vortages.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis einschließlich Donnerstag wird die oben beschriebene Version weitgehend von
den verfügbaren Modellen gestützt. Danach ergeben sich signifikante
Unterschiede. So wird das Tief, das sich am Freitag nach EZMW über
Nordfrankreich hinweg ostwärts verlagern soll, von den anderen Modellen weiter
nördlich positioniert, was der Version der gestrigen EZMW-Läufe entspricht. ICON
und das Modell des kanadischen Wetterdienstes lassen am Samstag dieses Tief über
der Nordsee verschwinden, lediglich GFS hat dort eine kräftige Zyklogenese zu
bieten. UK10 setzt auf eine Vb-artige Entwicklung über Polen.
Bis Sonntag zeigt ICON bereits einen vom Hoch über Westrussland ausgehenden und
in die Biskaya gerichteten Keil. An dessen Nordflanke sickert in Deutschland
mildere Luft ein. GFS hat am Sonntag über Deutschland einen Kaltluftkörper zu
bieten, der beim kanadischen Modell schwächer ausgeprägt ist. Durchweg stellt
sich nach den externen Modellen noch keine Erwärmung ein.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum zeichnet sich an der
Vorderseite eines vom Raum Grönland zu den Azoren reichenden Troges eine
Blockierung ab. Gegenüber EZMW wird von GFS und auch vom kanadischen Modell das
Hoch über Polen erwartet, wodurch sich zwar auch sonnenscheinreiches Wetter
einstellen würde, aber gegenüber EZMW nur ein leichter und eher verzögerter
Temperaturanstieg in Gang käme.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das EPS des GFS stützt weitgehend die Version des hauseigenen deterministischen
Laufes, lässt aber im Gegensatz zu diesem die Blockierung eher etwas weiter
westlich ansetzen. Das würde den sich zu Wochenbeginn abzeichnenden
Temperaturanstieg eher noch etwas ausbremsen. Ein bis Samstag auf relativ weit
südlich nach Deutschland ziehendes Tief, wie es EZMW zeigt, ist immerhin bei 4
Membern zu finden, einige weitere Läufe zeigen ein schwächeres Tief mit
ähnlicher Zugbahn. Der Spread ist über den gesamten Vorhersagezeitraum hinweg
relativ gering. Auch nach dem EPS des GFS verzögert sich ab dem Beginn der
dritten Aprilwoche die Erwärmung. Während sich im Westen und Südwesten bis
Mittwoch Maxima um 20 Grad abzeichnen, werden nach Nordosten hin nur bei
entsprechender Einstrahlung Werte um oder etwas über 15 Grad erreicht.
Das EPS des EZMW lässt an der im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum
einsetzenden Blockierungslage keinen Zweifel. Zwar werden die Einzellösungen in
drei Cluster gruppiert, die sich jedoch nur in Details unterscheiden. So zeigt
das am schwächsten besetze Cluster die Blockierung etwas weiter westlich, d.h.
über Mitteleuropa. Das Clustering gemäß Großwetterlagen zeigt bis einschließlich
dem drittem Aprilwochenende eine Dominanz zyklonaler Westlagen (eher Trog
Mitteleuropa – Winkel-West als straff West zyklonal) und danach einen Übergang
zu Hochdruck(rand)lagen, wobei immerhin etwa ein Drittel der Einzelläufe die
Blockierung weiter nördlich ansetzen lassen (ähnlich wie GFS), was den
Temperaturanstieg hinauszögern würde. Ansonsten ergibt sich ein ähnliches Bild
wie beim EPS des GFS, d.h. ab Beginn der dritten Aprilwoche kaum noch
Niederschlagssignale und im Norden und Nordosten nur schwacher, nach Südwesten
hin deutlicher ausgeprägter Temperaturanstieg. Bleibt die Frage zu klären, wie
das EPS mit dem kräftigen Tief umgeht, das am Samstag auf Deutschland
übergreifen soll. Hier finden sich nur 7 Member, die dieses Tief vergleichbar
simulieren – und einige weitere mit einer schwächeren Entwicklung. Das erklärt
auch, warum der EFI auf dieses Szenario nicht anspricht, vielmehr jedoch auf die
vorherigen Schauerlagen. Demnach ist die Wahrscheinlichkeit einer Dauerregenlage
für die westlichen und südwestdeutschen Mittelgebirge vorerst als gering
anzusehen und die Lage weiter zu monitoren.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Mittwoch frischt im Westen der Wind wieder auf, daher setzen im Tagesverlauf
im westlichen und südwestdeutschen Bergland, über der Nordsee und an der
Nordfriesischen Küste Sturmböen 8/9 Bft ein, auf exponierten Gipfeln der
nördlichen Mittelgebirge besteht dann ebenfalls Gefahr von Sturmböen. Außerdem
kommen in Verbindung mit einer Kaltfront von Westen und Südwesten her einzelne
Gewitter auf, dabei sind ebenfalls Sturmböen 8/9 Bft nicht auszuschließen.
Darüber hinaus gibt es in der Nacht zum Donnerstag im Lee der nördlichen und
westlichen Mittelgebirge mit geringer Wahrscheinlichkeit stürmische Böen.
Am Donnerstag ist typisches Aprilwetter zu erwarten, d.h. abgesehen vom
Nordosten und Osten wiederholt kräftige Schauer und kurze Gewitter, im
Nordwesten und Westen zum Teil mit Graupel und stürmischen Böen. Abseits von
Gewittern gibt es nur an der Nordsee sowie auf exponierten Gipfeln der
nördlichen Mittelgebirge Sturmböen 8/9 Bft.
Am Freitag sind im Nordosten und Osten noch Schauer zu erwarten, Gewitter sind
nur noch wenig wahrscheinlich, aber nicht ganz auszuschließen. Ansonsten
bestehen zunächst keine markanten Wettergefahren. Ab dem Abend setzt im Westen
und Südwesten Regen ein, der bis in den Sonntag hinein andauern kann. Im
westlichen und südwestdeutschen Bergland fällt mit erhöhter Wahrscheinlichkeit
Dauerregen, dort sind in Staulagen 40 bis über 50 l/qm Niederschlag nicht
auszuschließen. Gleichzeitig frischt im westlichen Bergland und am Samstag auch
an der Nordsee wahrscheinlich der Wind mit Sturmböen 8/9 Bft in exponierten
Lagen wieder auf.

Basis für Mittelfristvorhersage
EPS, anfangs MOS (wird zu schnell warm)

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann