SXEU31 DWAV 310800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 31.03.2023 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
W s, Übergang zu NE z – ein April mit Kaltstart.

WIND/STURM:
In der Südwesthälfte Deutschlands auffrischender und auf Südwest drehender Wind
mit Wind- und stürmischen Böen (Bft 7 bis 8), in Schauernähe und in freien Lagen
auch mit Sturmböen (Bft 9). Auf exponierten Bergen schwere Sturmböen (Bft 10),
vereinzelt Orkanböen (Bft 11 bis 12, z.B. Feldberg).
In der Nacht zum Samstag in den Hochlagen stürmisch mit Sturm-, exponiert
schweren Sturmböen. In der zweiten Nachthälfte an den Küsten auffrischender Wind
aus Ost bis Nordost. Zunächst im Ostseeumfeld, Samstagfrüh auch an der Nordsee
an Küstenabschnitten mit auflandigem Wind bzw. über der offenen See stürmische
Böen. Im Laufe des Samstags auch etwas ins küstennahe Binnenland ausgreifend.
Außerdem im Südwesten und im Alpenvorland wieder auffrischender Wind mit
stürmischen Böen, im Bergland Sturmböen Bft 9, exponiert schwere Sturmböen. In
der Nacht zu Sonntag neben höheren Berglagen zunächst an der gesamten Küste,
später nur noch an der Ostsee stürmische Böen. Am Sonntag andauernd, zusätzlich
im östlichen Bergland stürmische Böen. In der Nacht zum Montag weiter abflauend.

GEWITTER:
Ab den Frühstunden, danach in Süddeutschland einzelne Gewitter, lokal eng
begrenzt mit kleinkörnigem Hagel sowie mit stürmischen Böen oder Sturmböen,
vereinzelte schwere Sturmböen nicht ausgeschlossen.

DAUERREGEN:
Von heute Früh bis in den Sonntag in Staulagen der westlichen und südwestlichen
Mittelgebirge, des Allgäu und des Bayerischen Waldes teils Dauerregen mit
Regenmengen zwischen 40 und 60 l/qm in 48 Stunden, in exponierten Staulagen im
Schwarzwald und im Allgäu auch deutlich mehr.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC

Freitag… gelangt Deutschland in den Einflussbereich eines sich von Südengland
nähernden Tiefs und des von diesem Tief ausgehenden Troges. Bis zum Abend
verlagert sich dieses Tief in die südwestliche Nordsee, so dass Deutschland an
dessen Südostflanke gelangt. Hierdurch legt der Gradient zu, was im Westen und
Süden Wind- und bis in tiefe Lagen stürmische Böen aufkommen lässt. Im Bergland
sind durchweg Sturm- und schwere Sturmböen, in exponierten Gipfellagen des
Schwarzwaldes orkanartige Böen zu erwarten. Zum Abend hin flaut der Wind
tagesgangsbedingt wieder etwas ab. Aufgrund der relativ weit südlich liegenden
Zugbahn dieses Tiefs treten im Norden und Nordosten Deutschlands vorerst keine
warnrelevanten Böen auf.
An der Südflanke dieses Tiefs wird von der Biskaya her milde und vor allem
feuchtlabile Luft eingesteuert, die den Süden und den östlichen
Mittelgebirgsraum erfasst. Die Schichtung ist hinreichend labil, etwas CAPE (KK,
MU bis ca. 200 J/kg) wird generiert, so dass sich einzelne und zum Teil kräftige
Gewitter entwickeln können. Als Argumente gegen eine sehr verbreitete
Gewittertätigkeit ist der geringe Flüssigwassergehalt, der kaum 15 mm erreicht,
anzuführen. Zudem mangelt es an Einstrahlung. Sollten sich jedoch konvektive
Umlagerungen entwickeln, können aufgrund der ausgeprägten Scherung, die
niedertroposphärisch bis 20 m/s erreicht, durchaus organisierte Strukturen
auftreten. Aufgrund der raschen Verlagerung der Konvektionszellen ist Starkregen
eher unwahrscheinlich, wogegen der Fokus aufgrund des Oberwindes, der im 850
hPa-Niveau 45 bis 50 kt erreicht, auf (schwere) Sturmböen zu richten ist.
Durch wiederholte Niederschlagsereignisse sind, wenngleich mit Unterbrechungen,
in den Staulagen der westlichen und süddeutschen Mittelgebirge bis Sonntagfrüh
40 bis über 60 mm Niederschlag zu erwarten. Am längsten verbleiben der
Schwarzwald und das Allgäu in der Warmluft, so dass dort mit 80 bis 100 mm (Q90,
COSMO-LEPS) durchaus höhere Niederschlagssummen vorstellbar sind. Entsprechend
lange laufende Warnungen sind bereits aktiv.
Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 12 und 17 Grad bzw. um 10 Grad an den
Küsten wird es noch einmal relativ mild.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich das o.g. Bodentief zu den Niederlanden.
Von diesem Tief ausgehend weitet sich eine Tiefdruckrinne bis nach Nordwestpolen
aus. An deren Nordflanke frischt zunächst an der Ostsee und später auch an der
Nordsee der Wind mit Böen Bft 7 und an der Ostsee vermehrt mit stürmischen Böen
aus Nordost auf. An der Nordsee ist der Wind ablandig, so dass dort stürmische
Böen auf Inseln sowie die offene See beschränkt sind. Im Südwesten und im Süden
flaut der Wind ab, was sowohl an der beginnenden Auffüllung dieses Tiefs als
auch aus der tagesgangsbedingten Windabnahme resultiert. Windböen treten in
tiefen Lagen nur noch vereinzelt auf. Im südwest- und süddeutschen Bergland muss
jedoch weiterhin mit Sturmböen Bft 8/9 gerechnet werden.

Samstag… liegt Deutschland weiterhin unter dem breiten Trog, der vom dem o.g.
Tief ausgeht. Dieses verlagert sich unter weiterer Abschwächung in die Mitte
Deutschlands. Mit diesem Tief verschiebt sich die Tiefdruckrinne etwas nach
Süden und erstreckt sich nunmehr über den östlichen Mittelgebirgsraum hinweg
ostwärts. An der Nordflanke dieser Rinne wird mit einer nordöstlichen bodennahen
Strömung zusehends kältere Luft in den Norden Deutschlands geführt. Bedingt
durch den kräftigen Gradienten legt der Wind noch etwas zu, so dass an der Küste
und bis ins küstennahe Binnenland hinein stürmische Böen und daran angrenzend
Windböen Bft 7 auftreten.
Auch an der Südflanke des Tiefs frischt bei gegenüber der Nacht zuvor annähernd
unverändertem Gradienten der Wind wieder auf, allerdings mit südwestlicher
Richtung. Die Schichtung ist dann deutlich stabiler, so dass es für Gewitter
nicht mehr reichen sollte. Das hat auch Auswirkungen auf die Böigkeit. Zwar
frischt der Wind wieder auf, bleibt aber um ca. 1 Bft unter den heutigen Werten.
Im Südwesten und Süden sind daher Wind- und in freien Lagen einzelne stürmische
Böen, im Bergland Sturmböen Bft 8/9 und exponiert schwere Sturmböen zu erwarten.

Wie bereits in der Nacht zuvor fällt der meiste Niederschlag im westlichen und
südwestdeutschen Bergland. Nahezu überall hält sich mehrschichtige Bewölkung.
Lediglich an der Küste können ein paar Auflockerungen zustande kommen. Gegenüber
heute erfolgt ein Temperaturrückgang. Am Nachmittag sind nur noch 6 bis 12 Grad
zu erwarten. In Küstennähe werden kaum 5 Grad erreicht.

In der Nacht zum Sonntag weitet sich der über Mitteleuropa liegende Trog noch
etwas nach Süden aus. Diesem Trog folgt ein Keil, dessen Nordteil eine
Doppelstruktur aufweist. Während dessen westlicher Anteil nach Westgrönland
gerichtet ist, erstreckt sich der für unser Wettergeschehen relevante Anteil ins
Nordmeer. Zwischen diesem und dem wetterbestimmenden Trog dringt mit einer
nördlichen Strömung arktische Polarluft nach Deutschland vor. Damit einhergehend
sinkt im Nordosten Deutschlands im 850 hPa-Niveau die Temperatur unter -5 Grad,
wodurch im östlichen Bergland und im Harz die Niederschläge oberhalb 600 m in
Schnee übergehen. Allerdings kommt in der trockenen Luft nicht mehr viel
Niederschlag nach, so dass kaum mehr als 5 cm Neuschnee zu erwarten sind.
Mit der Südostverlagerung des Bodentiefs und dessen gleichzeitiger Auffüllung
wird im Südwesten und im Süden Deutschlands der Gradient auseinandergezogen, so
dass zunächst in tieferen Lagen und ausgangs der Nacht dann auch im südwest- und
süddeutschen Bergland der Wind wahrscheinlich nicht mehr warnrelevant ist. Für
die Küste ergibt sich jedoch kaum eine Änderung. Zumindest in der ersten
Nachthälfte sind dort noch Wind- und stürmische Böen zu erwarten, bevor an der
Nordsee (aber nur dort) der Wind abflaut. Zumindest an der Vorpommerschen Küste
muss bis Sonntagfrüh mit stürmischen Böen gerechnet werden. In den Kamm- und
Gipfellagen der zentralen und östlichen Mittelgebirge sowie des Harzes sind die
gesamte Nacht hindurch Wind- und stürmische Böen und exponiert noch einzelne
Sturmböen zu erwarten.
Im Bergland gibt es leichten Frost, aber auch sonst stellen sich im Norden und
in der Mitte Deutschlands niedrige einstellige Temperaturminima ein. Der noch
vorhandene Gradient unterbindet ansonsten eine Abkühlung in den Bereich leichten
Frostes.

Sonntag… kräftigt sich der vom Seegebiet westlich der Iberischen Halbinsel bis
ins Nordmeer reichende Höhenkeil. Durch diesen Keil gestützt entwickelt sich
über Skandinavien ein ausgedehntes Bodenhoch, in dessen Bereich ein Druckanstieg
bis über 1035 hPa erfolgt. Damit ist der Übergang zu einer eher antizyklonal
geprägten Nordostlage vollzogen. Zwischen diesem Hoch und eine Tiefdruckkomplex
über Südosteuropa wird mit einer bodennahen nordöstlichen Strömung verstärkt
arktische Polarluft advehiert. In diese Strömung eingelagert läuft ein
kleinräumiger Kaltlufttropfen über den Nordosten Deutschlands hinweg südwärts
ab. Dies lässt die Niederschläge im Nordosten, die im östlichen Bergland
oberhalb 400 m durchweg als Schnee fallen, etwas aufleben. Aufgrund der
Trockenheit der Luftmasse kommen selbst im Nordstau des Erzgebirges kaum mehr
als 5 cm Schnee zusammen.
Am Alpenrand ergibt sich eine Stausituation, wobei mit der nach Süden
vorstoßenden Polarluft auch dort die Schneefallgrenze von etwa 1000 bis in Lagen
um 600 m absinkt. In Staulagen können dort 5 bis über 10 cm Schnee fallen.
Bedingt durch den weiterhin kräftigen Gradienten wird der Wind erneut etwas
auffrischen. Für warnrelevante Böen reicht es jedoch nur noch in den Kamm- und
Gipfellagen der nördlichen und östlichen sowie der zentralen Mittelgebirge
(exponiert Sturmböen Bft 8/9) sowie im äußersten Nordosten (dort im Binnenland
Windböen Bft 7 und an der Ostsee stürmische Böen). Zum Abend hin wird der Wind
schwächer, so dass dann warnrelevante Böen auf exponierte Gipfellagen der
östlichen Mittelgebirge und die Vorpommersche Ostseeküste beschränkt sind.
Gegenüber den Vortagen sind im Nordwesten und im Norden längere sonnige
Abschnitte zu erwarten. Aber auch bis in die Mitte hinein und im gesamten Westen
lockert die Bewölkung auf. Nahezu deutschlandweit sind nur einstellige
Höchstwerte zu erwarten.

In der Nacht zum Montag verlagert sich der Kaltlufttropfen nach Süddeutschland,
was die Schneefälle am Alpenrand bei einer bis in die Täler absinkenden
Schneefallgrenze andauern lässt. In Staulagen können dort um 10 cm Neuschnee
hinzukommen. Im Erzgebirge und im Bayerischen Wald lassen die Schneefälle dann
nach, so dass es dort nur noch wenige Zentimeter Neuschnee gibt.
Im Randbereich des sich von Skandinavien etwas nach Süden ausweitenden
Bodenhochs kommt die Luftmasse allmählich zur Ruhe. Anfangs sind an der Ostsee
noch Windböen, in den Kamm- und Gipfellagen der nördlichen und östlichen
Mittelgebirge noch stürmische Böen möglich; ausgangs der Nacht sollte aber auch
dort der Wind abflauen. Abgesehen vom Südosten klart es auf, so dass sich nahezu
deutschlandweit leichter, in den Hochlagen der Mittelgebirge auch mäßiger Frost
einstellt.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Prognoserelevante Unterschiede lassen sich nicht finden. Selbst der kleinräumige
Kaltlufttropfen, der am Sonntag und in der Nacht zum Montag den Osten
Deutschlands überquert, ist bei der Mehrzahl der Modelle zu finden. Eine
Ausnahme stellt hier UK10 dar, das diesen Kaltlufttropfen nicht im Programm hat.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann