S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 29.03.2023 um 10.30 UTC

Im Laufe des Wochenendes ein neuer Schwall nordosteuropäischer Kaltluft, die zu
Wochenbeginn unter Hochdruckeinfluss gelangt.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 05.04.2023

Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Samstag beginnt ein
neuer Monat. Und es ist kein Aprilscherz, dass quasi wie vor Wochenfrist
abermals eine Portion polarer Kaltluft – dieses Mal aus Nordosteuropa – bei uns
vorstellig wird. Ganz zu Anfang wird die Kaltluft zunächst aber noch von einem
elliptisch konfigurierten Tief zurückgehalten, das am Samstag auf der kalten
Seite der sehr weit im Süden (Mittelmeerraum) verlaufenden Frontalzone über die
Nordhälfte ostwärts zieht. Dabei kommt es verbreitet zu teils kräftigen
Regenfällen, die sich bis Sonntagmorgen bei allmählich sinkender
Schneefallgrenze in den Süden zurückziehen.

Am Sonntag wölbt sich über dem nahen Atlantik ein veritabler Höhenrücken auf. Er
stützt ein umfangreiches und potentes Hochdruckgebiet, das sich zur Mittagszeit
mit über 1030 hPa vom Seegebiet westlich Portugals bis weit in den Norden
Skandinaviens erstreckt. Als Gegenspieler fungiert ein schier endlos langer
Höhentrog, der von der Karasee über das östliche Mitteleuropa bis hinunter zum
westlichen Mittelmeer reicht. Der Trog korrespondiert mit einer umfangreichen
Tiefdruckzone, in die auch das von Norddeutschland kommende Tief integriert
wird. Kurzum, ein Setup, das wie geschaffen ist, Mitteleuropa respektive
Deutschland mit Kaltluft zu versorgen und tatsächlich. Die Strömung dreht auf
Nordost und T850 geht bis Tagesende auf Werte um -4°C im Westen und -9°C im
Osten zurück. Zwar ist die advehierte Kaltluft tendenziell trocken, trotzdem
könnte ein kleines, in die nördliche Höhenströmung eingebettetes Tief schon ab
der Nacht zum Sonntag im Osten und Süden für Schneeschauer bis in tiefe Lagen
sorgen. An den Alpen stellt sich vorübergehend eine Staulage mit Schneefällen
bis in die Täler ein.

Zu Beginn der neuen Woche steigt das Potenzial von Westen her etwas an,
allerdings bleibt die nördliche Höhenströmung erhalten. Darunter etabliert sich
bei uns – ausgehend von der o.e. Hochdruckzone – ein nach Osten gerichteter
Keil, so dass sich mindestens für zwei Tage ein weitgehend niederschlagsfreies
(an den Alpen sowie im Osten am Montag anfangs noch ein paar Schneeschauer) und
relativ kühles (T850 im Osten anfangs bei -10°C) Zeitfenster mit verbreitetem
Nachtfrost einstellt.

Am Mittwoch versucht sich das nächste Tief, das mit Hilfe eines ausgeprägten,
den Rücken umlaufenden KW-Trogs von der Nordsee her zu den Niederlanden zieht.
Das zugehörige okkludierende Frontensystem erfasst den äußersten Westen, wo T850
auf knapp 0°C steigt und es zudem anfängt leicht zu regnen. Derweil hält sich
nach Osten hin noch schwacher Hochdruckeinfluss.

Trend für die erweiterte Mittelfrist bis Samstag:
Am Boden Hochdruck-, in der Höhe Trogeinfluss => leicht unbeständig und kühl mit
Nachtfrostgefahr.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Betrachtet man die Entwicklung im Großen und Ganzen, was mittelfristig primär
immer der Fall sein sollte, ist die Konsistenz von IFS (ECMF) als gut zu
bezeichnen. Demnach ist es unstrittig, dass im Laufe des Wochenendes von
Nordosten her eine Portion relativ kalter und zunehmend trockener Polarluft den
Weg zu uns findet, die zu Wochenbeginn vorübergehend unter Hochdruckeinfluss
gelangt (=> verbreitet Nachtfrost). Laut dem heutigen Lauf von 00 UTC ist die
Luftmasse allerdings etwas kälter als gestern noch simuliert. Außerdem sind der
genaue Niederschlagsverlauf am Sonntag sowie die Wirkungsdauer des nachfolgenden
Hochs noch mit Unsicherheiten behaftet. Von daher muss zwar an der einen oder
anderen kleinen Schraube gedreht werden, eine grundsätzliche Änderung des
gestrigen Vorhersagekonzepts ist aber nicht erforderlich.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die wunderbare Welt der Globalmodelle ist sich in Bezug auf die großräumigen
Strukturen zumindest im ersten Teil der Mittelfrist relativ einig. Etwas aus dem
Rahmen fällt ICON, bei dem die KLA am schwächsten ausfällt. Außerdem lässt in
dieser Version der Hochdruckeinfluss zu Wochenbeginn länger auf sich warten bzw.
fällt schwächer aus, wodurch sich die samstäglichen Niederschläge deutlich
später nach Süden/Südosten zurückziehen (dauert z.T. bis Dienstag). Summa
summarum eine Außenseiterlösung, mit der sich die Externen nicht so recht
anfreunden wollen.
Zum Ende der Mittelfrist nehmen die Modellunterschiede allgemein zu.
Exemplarisch sei hier GFS angesprochen, das am Mittwoch ein fettes und kaltes
Höhentief von Osten her übergreifen lässt. Zwar führt auch IFS ein Höhentief in
seiner Sammlung, jedoch fällt dieses weit schwächer aus und ist zudem weiter
nordöstlich positioniert (Mittwoch, 12 UTC über dem Baltikum).

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte lassen kaum Zweifel dran,
dass sich die Lage zunächst in etwa so entwickelt wie vom Hauptlauf
vorgeschlagen. Was allerdings noch nicht ganz klar ist, wie kalt es zu Beginn
der neuen Woche tatsächlich wird. So nimmt die Streuung bei T850 schon im Laufe
des Sonntags zu, wobei aber alle Lösungen nach unten zeigen. Insbesondere im
Süden bleiben viele Ensemblemitglieder über dem Haupt- und Kontrolllauf. Im
weiteren Verlauf der Woche macht das Gros der Kurven eine Seitwärtsbewegung, bei
T850 mit ganz leichtem Trend nach oben. Wirklich milde Lösungen (5°C und mehr)
sind aber nicht zu erkennen. Nach einem niederschlagsarmen (-freien) Wochenstart
nimmt das Niederschlagsrauschen im Wochenverlauf wieder zu, ohne aber die ganz
großen Peaks nach oben.

Für den Zeitraum T+72…96h (Samstag/Sonntag) werden fünf Cluster angeboten, die
sich aber sehr ähneln. Mit etwas Fantasie lässt sich vielleicht CL 2 (10 Fälle)
extrahieren, der am Sonntag noch einen relativ weit nach Westen reichenden Trog
anbietet und damit der ICON-Lösung am nächsten kommt. Ab Montag reduziert sich
die Clusteranzahl auf drei (24 Fälle, 22 + HL/KL, 5). CL 1 repräsentiert dabei
die Variante mit dem nachhaltigsten Hochdruckeinfluss (weil der Trog östlich von
uns über dem zentralen Mittelmeer abtropft). Drei Cluster sind es auch in der
erweiterten Mittelfrist ab Donnerstag (T+192…240h), aus denen man nur bedingt
schlau wird. CL 1 (18 + HL/KL) tendiert wenn auch langsam in Richtung
Hochdruckeinfluss, wohingegen CL 3 (15) Tiefdruckeinfluss favorisiert. CL 2 (18)
liegt irgendwo dazwischen. So oder so, bezogen auf das Klimaregime überwiegen
mittelfristig entweder Blockierungslagen oder die Variante „Atlantischer
Rücken“.

FAZIT:
Sowohl aus deterministischer (Modellvergleich) als auch aus probabilistischer
Sicht ist der neuerliche Kaltlufteinbruch ab Sonntag sicher. Unsicher ist
derzeit noch, wie stark und wie nachhaltig er ausfällt sowie die zugehörigen
Begleiterscheinungen. Hochdruckeinfluss Anfang nächster Woche scheint sicher,
danach wird es unscharf.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am meisten „Wetter“ spielt sich Kurzfristzeitraum Donnerstag/Freitag ab. Aber
auch am Samstag wird noch was geboten. So gibt es vermehrt Signale für
überdurchschnittlichen Regen insbesondere im Schwarzwald und im Allgäu. Außerdem
frischt der Südwestwind auf der Südflanke des über Norddeutschland ziehenden
Tiefs im Süden so weit auf, dass zumindest Böen 8 Bft, vereinzelt 9 Bft bis in
tiefe Lagen möglich sind (im höheren Bergland entsprechend mehr). Je nach
genauer Zugbahn kann der Wind auch an der Küste in Böen stürmisch auffrischen,
dort allerdings aus nordöstlicher Richtung.

Am Sonntag sind es vor allem die Kamm- und Gipfellagen der östlichen und
südöstlichen Mittelgebirge sowie der Alpen, wo der nördliche Wind stürmisch
auffrischt (Böen 8-9 Bft). Außerdem stellt sich an den Alpen eine Nordstaulage
ein, die bei bis in die Täler absinkenden Schneefallgrenze 10 bis 20, lokal
vielleicht 25 cm Neuschnee bringt.

Ab Montag kommt die frisch eingeflossene Kaltluft unter Hochdruckeinfluss, was
verbreitet leichten bis mäßigen Nachtfrost zur Folge hat.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS mit MOS-ECMF.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann