#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Mittwoch den 29.03.2023 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 290800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 29.03.2023 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
SW z
später Übergang zu W s
Am Mittwoch noch ruhig, danach zunehmend unbeständig mit reichlich Niederschlag,
einzelnen markanten Gewittern, teils starkem bis stürmischen Wind. Dabei aber
sehr mild.
Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
Mittwoch… findet sich ein stark amplifizierter und mit reichlich Kaltluft
angefüllter Trog mit Achse von Skandinavien über das östliche Mitteleuropa bis
zum östlichen Mittelmeer. In seinem Südteil tropft er über dem Schwarzen Meer
ab. Derweil hat sich über dem nahen Nordostatlantik der nächste, etwas breiter
angelegte Langwellentrog positioniert, wobei die Strömung an seiner Südflanke
stark zonalisiert und die recht weit südlich verlaufende Frontalzone über dem
mittleren Nordatlantik langsam an Fahrt aufnimmt. Der sich zwischen den Trögen
aufwölbende Rücken über Westeuropa bekommt damit Schub und erreicht zum Abend
die Westhälfte Deutschlands.
Im Bodenfeld hat sich bereits Luftdruckfall über Mitteleuropa durchgesetzt. Das
Zwischenhoch verabschiedet sich weiter nach Südosteuropa, sodass wir bereits auf
die Vorderseite des mit dem atlantischen Trog korrespondierenden
Tiefdruckkomplexes kommen. Ein erster kurzwelliger Anteil läuft aus dem Trog zu
den Britischen Inseln heraus und stützt ein kleines Randtief westlich der
Hebriden. Damit setzt sich bei uns eine süd- bis südwestliche Strömung durch,
mit der auch niedertroposphärisch schubweise mildere Meeresluft zu uns geführt.
Hinter einer ersten, nordostwärts schwenkenden Warmfront steigt T850 bereits auf
0 bis 5 Grad an. Mit der zweiten Warmfront des erwähnten Randtiefs, die den
Südwesten und Westen ab dem Mittag erreicht, gelangt subtropische Warmluft zu
uns, in der T850 sogar auf 7 bis knapp 10 Grad ansteigt.
Kräftige WLA, die den Rücken überläuft und schwache frontale Prozesse sorgen für
mehrschichtige Bewölkung, aus der es gebietsweise leicht regnet. Im östlichen
Bergland sowie an den Alpen halten sich anfangs noch Kaltluftreste und es
schneit recht weit runter mit entsprechender Glättegefahr. Die Schneefallgrenze
steigt im Tagesverlauf aber zügig auf 1500 bis 2500 m an, sodass diese
winterlichen Warnereignisse eher ein Auslaufmodell darstellen. Am meisten
Niederschlag gibt es durch leichte Staueffekte an den Alpen (anfangs noch mit
der Höhe auf Nordwest drehende Strömung auf der Vorderseite des Rückens), mehr
als 10 mm in 12 h werden es aber eher nicht. Sonst sind die Mengen geringer.
Zwischen der nordostwärts abziehenden Warmfront und der nächsten von Südwesten
bleibt es vor allem in Teilen der Mitte und des Ostens teilweise sogar trocken,
hier und da blinzelt auch die Sonne mal durch die Wolken. Längere heitere
Abschnitte gibt es im Südwesten im Warmsektor. Dort werden Höchstwerte zwischen
15 und knapp 20 Grad erreicht, auch sonst mit 9 bis 15 Grad deutlich mildere
Werte als zuletzt.
Der Gradient verschärft sich im Tagesverlauf von Südwesten etwas, warnrelevante
Böen bleiben aber die Ausnahme. Lediglich auf den Alpengipfeln sowie auf
exponierten Mittelgebirgsgipfeln sind stürmische Böen oder Sturmböen möglich.
In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der Höhenrücken über uns hinweg ostwärts
und die Höhenströmung dreht auf Südwest. Darin eingebettet greift der o. e.
Kurzwellentrog bis Donnerstagfrüh auf die mittlere und südliche Nordsee über,
ein weiterer, etwas breiter angelegter Trog erreicht morgens den Westen
Frankreichs. Im Bodenfeld zieht das Randtief nördlich von Irland weiter nach
Norden, am Okklusionspunkt des von ihm ausgehenden Frontensystem entwickelt sich
durch Interaktion mit dem Kurzwellentrog in etwa über der mittleren Nordsee ein
Teiltief. Die Warmfront erreicht im Laufe der Nacht den Nordosten des Landes,
während die (wenig barokline) Kaltfront ausgangs der Nacht Benelux und den
Nordwesten Frankreichs überquert hat.
Im Bereich der leicht wellenden Kaltfront setzt mit Übergreifen des
Kurzwellentroges auf den Westen Frankreichs verstärkt dynamische Hebung ein, so
dass sich die schauerartigen Regenfälle vor allem präfrontal etwas verstärken
und auch auf den Westen/Südwesten Deutschlands übergreifen (vor allem Saarland,
Rheinland-Pfalz, Südhessen und Nordbaden). Die instabile Luftmasse im Warmsektor
feuchtet deutlich an (PPWs bis 25 mm), sodass ein geringes Maß an MUCAPE
generiert wird. Ob es aber für eingelagerte Gewitter reicht, ist fraglich,
zumindest würden diese in gut gescherter Umgebung (DLS 20 bis 25 m/s) ausfallen
und könnten sich linienförmig organisieren. Markante Begleiterscheinungen sind
aufgrund des abgehobenen Charakters aber nur wenig wahrscheinlich. Auch im
Norden und Nordwesten nahe des Okklusionspunktes regnet es mitunter etwas
kräftiger (örtlich 5 bis 10 mm), ansonsten bleiben die Regenmengen überschaubar,
teils bleibt es sogar trocken (z. B. im Westen).
Der Gradient legt vor allem in der zweiten Nachthälfte (wenn die Teiltiefbildung
einsetzt) noch etwas zu und auch im Bereich der Kaltfront macht sich ein
Low-Level-Jet bemerkbar mit knapp 50 kt auf 850 hPa. Angesichts der zunächst
noch stabilen Grenzschicht macht sich das aber nur auf den Bergen bemerkbar, auf
exponierten Gipfeln reicht es dann wohl
häufiger für Sturmböen aus Südwest, auf dem Brocken gibt es morgens wohl erste
schwere Sturmböen. Morgens setzten mit Annäherung der Kaltfront ganz im Westen
sowie über der Nordsee eventuell erste steife Böen ein.
Unter den dichten Wolken bleibt es allgemein frostfrei, im Westen liegen die
Tiefstwerte oft im zweistelligen Bereich.
Donnerstag… zieht der Kurzwellentrog über der Nordsee weiter nach
Südskandinavien, während der Trog über Frankreich in der zweiten Tageshälfte auf
Deutschland übergreift, dabei aber deutlich an Kontur verliert. Insgesamt dreht
die Höhenströmung eher auf westliche Richtungen. Das Teiltief verlagert sich bis
zum Abend ins Kattegat und beginnt sich dort allmählich etwas aufzufüllen. Die
Kaltfront überquert die Nordhälfte des Landes zügig ostwärts, gerät aber über
dem Südosten mit Annäherung des Troges von Frankreich her vorübergehend ins
Schleifen.
Folglich regnet es im Süden und Südosten längere Zeit schauerartig verstärkt,
die Mengen liegen häufig zwischen 5 und 10 mm, in Staulagen des Schwarzwaldes
und der Alpen teils bei 10 bis 20 mm in 6 bis 12 Stunden. Durch Tauwetter in den
Alpen erhöht sich das Wasserdargebot noch etwas, warnwürdige Abflussmengen
sollten aber die Ausnahme bleiben.
Die präfrontale Luftmasse bleibt weiterhin instabil, es stellt sich aber die
Frage, ob es vor Ankunft der Kaltfront im östlichen Alpenvorland nochmal etwas
einstrahlen kann und ML-CAPE (wenige 100 J/kg) generiert werden kann. Dann sind
in weiterhin gut gescherter Umgebung auch kräftige, organisierte Gewitter
möglich, die entweder aus den Alpen herausziehen oder sich unmittelbar an der
Kaltfront bilden. Diese können mit Sturmböen (850-hPa-Wind bei 45 kt) und
kleinem Hagel einhergehen. Bei PPWs 20-25 mm ist trotz schneller Verlagerung
auch Starkregen nicht ausgeschlossen.
Postfrontal wird eine stark erwärmte Meeresluft ehemals subpolaren Ursprungs
herangeführt (T850 auf 5 bis 1 Grad sinkend). Auch diese ist hochreichend
instabil geschichtet, sodass sich Schauer und kurze Gewitter entwickeln. Den
Zellen steht 100 bis 300 J/kg ML-CAPE zur Verfügung und 15 bis 25 m/s DLS,
sodass sie sich linienhaft organisieren und den Oberwind (~40 kt)
heruntermischen können (stürmische Böen), auch kleiner Hagel ist möglich,
Starkregen in der weniger feuchten Luftmasse aber eher unwahrscheinlich. Auch
LLS ist stark erhöht, wobei kaum Richtungsscherung vorhanden ist. Die
Vergangenheit lehrt aber, dass diese durch orographische Modifikation durchaus
erzeugt werden kann, sodass kurzlebige, flache Superzellen und Tornados nicht
gänzlich ausgeschlossen werden können.
Der Gradient an der Südflanke des Tiefs verschärft sich vorübergehend noch etwas
und mit dem Tagesgang legt der Wind innerhalb der labilen, gut durchmischten nun
auch in den Niederungen deutlich zu. Auch außerhalb der Schauer und Gewitter
gibt es, vielleicht mit Ausnahme des Südostens und Nordostens, verbreitet
steife, vor allem im Lee einiger Mittelgebirge sowie im Westen und Nordwesten
vereinzelt auch stürmische Böen aus Südwest. In den Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge und der Alpen muss mit Sturmböen, exponiert mit schweren Sturmböen
gerechnet werden. Bereits zum Abend hin fächert der Gradient wieder auf und der
Wind beginnt etwas abzuflauen.
Es bleibt nach wie vor mild bis sehr mild, die Luftmasse ist gut durchmischt, so
dass Höchstwerte zwischen 10 und 14 Grad ganz im Norden und Nordosten und 14 bis
18 Grad sonst erreicht werden.
In der Nacht zum Freitag schwenkt der nur noch flache Kurzwellentrog rasch
weiter ostwärts, gefolgt von einem ebenso flachen Höhenkeil, der sich morgens
bereits über dem Vorhersagegebiet befindet. Derweil stößt die Frontalzone mit
dem Jetstream über die Biskaya nach Südwest- und Zentralfrankreich vor und ein
markanter Randtrog erreicht im Laufe der zweiten Nachthälfte den Süden der
Britischen Inseln. Vorderseitig setzt über Frankreich und Benelux markante
dynamische Hebung ein und unter dem linken Ausgangsbereich des Jets entwickelt
sich bereits am Donnerstag ein kräftiges Bodentief, das Freitagfrüh bereits den
Höhepunkt seiner Entwicklung überschritten hat und sich dann mit einem Kerndruck
von knapp über 980 hPa über Wales bzw. dem Südwesten Englands befindet.
Im Vorhersagegebiet setzt nach Abzug der Kaltfront mit Durchschwenken eines
flachen Hochkeils in der ersten Nachthälfte eine rasche, aber nur vorübergehende
Wetterberuhigung ein. Die Schauer klingen ab, auch der Wind lässt bereits abends
deutlich nach und ist dann nur noch in einigen exponierten Höhenlagen
warnrelevant. Die kräftige WLA und nachfolgende trogvorderseitige Hebung im
Vorfeld des Bodentiefs lassen dann im Laufe der zweiten Nachthälfte von Westen
und Südwestenwieder dichtere Wolkenfelder aufziehen, nachfolgend setzt dort
wieder Regen ein, der morgens in etwa bis zu einer Linie Emsland-Allgäu
vorankommt. Auch der Wind frischt ausgangs der Nacht wieder aus Süd bis Südwest
auf, im Lee der westlichen Mittelgebirge kann es eventuell erste steife Böen
geben. Mit Frost ist erneut nicht zu rechnen.
Freitag… zeigt der Höhentrog über dem Süden der Britischen Inseln
Abtropftendenzen und arbeitet sich allmählich nach Osten vor, das Cut-Off-Tief
befindet sich abends in etwa über der Doggerbank, die zugehörige Trogachse
überquert Deutschland im Tagesverlauf allmählich nordostwärts. Das sich etwas
auffüllende nördliche Trogresiduum befindet sich nach wie vor über dem mittleren
Nordatlantik knapp westlich von Island, während die Frontalzone auf südlicher
Bahn über
Frankreich Richtung Alpenraum/Oberitalien vorstößt. Gleichzeitig kann sich
zwischen dem nordatlantischen Trog und dem Höhentrog über Nordeuropa ein
Höhenhoch über dem Nordmeer noch etwas verstärken. Damit stellt sich über dem
Vorhersagegebiet eine südliche Westlage ein.Das Bodentief gerät zunehmend
achsensenkrecht unterhalb des Höhentiefs, füllt sich somit allmählich weiter auf
und erreicht nach Lesart des ICON-EU abends mit einem Kerndruck von knapp über
985 hPa den Ostausgang des Ärmelkanals. Die Modelle haben sich hinsichtlich
dieses Tiefs angeglichen, die Unterschiede sind nur noch marginal.
Das weitgehend okkludierte Frontensystem des Tiefs greift von Südwesten her mit
schauerartigen Regenfällen auf das Vorhersagegebiet über und kommt bis zum Abend
bereits nach Norddeutschland voran. Nachmittags stößt die um das Tief
herumgewickelte Okklusion von Benelux wieder in den Westen und Nordwesten vor
und sorgt erneut für Regenfälle. Dazwischen labilisiert die maritim erwärmter
Subpolarluft (um +2 Grad in 850 hPa) wieder hochreichend, sodass sich Schauer
und kurze Gewitter entwickeln. Den Zellen stehen rund 200 J/kg ML-CAPE und vor
allem niedertroposphärisch reichlich Scherung zur Verfügung. Mit Annäherung des
Troges nimmt auf die DLS wieder zu. Ein gewisser Organisationsgrad ist also
nicht von der Hand zu weisen, sodass als Begleiterscheinungen stürmische Böen
oder gar Sturmböen ins Kalkül gezogen werden müssen.
Bezogen auf die Niederschlagsmengen kommt einiges zusammen, vor allem im Westen
sowie in Weststaulagen der westlichen, südlichen und zentralen Mittelgebirge
sind 12-stündigen 10 bis 15 mm wahrscheinlich, nach Osten und Nordosten zu sind
die Mengen geringer.
Die Sonne zeigt sich zwischen den Schauern am ehesten im Süden und Osten mal
längere Zeit und innerhalb der gut durchmischten Luftmasse bleibt es mit
Höchstwerten zwischen 10 Grad an den Küsten und 16 Grad in der Lausitz bzw. am
Oberrhein relativ mild.
Der Gradient verschärft sich vor allem an der Südostflanke des Tiefs von
Südwesten her und mit Frontpassage legt dann bei guter turbulenter Durchmischung
der Wind deutlich zu. Vor allem im Westen und Süden, eventuell auch bis in die
mittleren Landesteile sind verbreitet steife bis stürmische Böen aus Südwest zu
erwarten. Im Bergland, eventuell auch in Teilen Oberschwabends (ICON6!) muss mit
Sturmböen gerechnet werden, in den Kamm- und Gipfellagen vor allem der
südwestdeutschen Mittelgebirge mit schweren Sturmböen, auf exponierten Alpen-
und Schwarzwaldgipfeln eventuell mit Orkanböen. Im Norden und Osten spielt der
Wind hingegen warntechnisch wohl keine Rolle.
In der Nacht zum Samstag erreicht das kleine, aber hochreichende Tief den
Nordwesten Deutschlands und schwächt sich noch etwas ab. Vor allem an der
Südflanke des Tiefs entlang der herumgewickelten Okklusion regnet es im Westen,
eventuell auch im Südwesten längere Zeit und es kommen erneut 10 bis 20 mm
zusammen, sodass zumindest in den Staulagen der westlichen/zentralen
Mittelgebirge und im Schwarzwald 24-stündig Warnschwellen gerissen werden können
(>30 mm). Ansonsten haben die Niederschläge eher schauerartigen Charakter ohne
Warnrelevanz, vor allem anfangs kann auch noch ein kurzes Gewitter mit dabei
sein. Die Luft kühl etwas ab (T850 auf Werte um 0 Grad absinkend), sodass sich
in den höchsten Kammlagen (z. B. Schwarzwald und Alpen oberhalb 1200 bis 1400 m)
wieder Schnee unter den Regen mischt.
Im Süden und Südwesten bleibt es windig bis stürmisch, auf den Gipfeln gibt es
orkanartige Böen und Orkanböen. Auch von der Küste her nimmt der Gradient
aufgrund des Luftdruckanstiegs über Skandinavien zu, sodass erste steife bis
stürmische Böen aus Ost bis Nordost möglich sind.
Frost steht – von den höchsten Kammlagen abgesehen – nicht auf der Agenda.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Modelle rechnen im Hinblick auf die synoptischen Basisfelder sehr ähnlich.
Die Unterschiede in den Wind- und Niederschlagsfeldern bewegen sich in einem für
den Prognosezeitraum üblichen Rahmen. Bezüglich des „T-Wortes“ am morgigen
Donnerstag (eventuell auch am Freitag) agieren wir in den Textprodukten heute
noch defensiv, die Situation wird morgen früh nochmal neu bewertet. Zum Freitag
deutet sich auch abseits der Konvektion für den Süden und Westen eine Sturmlage
an, was etwas flächigere markante Warnungen nach sich ziehen würde. Dahingehend
bestehen aber tatsächlich noch nennenswerte Modelldiskrepanzen.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser