SXEU31 DWAV 201800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 20.03.2023 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Zunächst ziemlich träges Vorfrühlingsgedümpel ohne besondere Vorkommnisse. Erst
ab Mittwoch zumindest in der Nordwesthälfte etwas mehr Pepp.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC

Aktuell … sind es nur noch wenige Stunden, bis der kalendarische Frühling
beginnt. Um 22:24 MEZ verabschiedet sich der Winter ganz offiziell und der
Frühling übernimmt. Inwieweit sich die Atmosphäre an den Wechsel halten wird,
müssen wir abwarten. Es wäre nicht das erste Mal, dass gerade zu Ostern oder
gerne auch etwas später noch mal ein Kaltlufteinbruch erfolgt, den so gut wie
kein Mensch mehr braucht. Auch Schnee bis in tiefe Lagen ist immer noch denkbar,
wenn man eigentlich schon damit abgeschlossen hat. Ob es auch in diesem Jahr so
kommt, wer weiß. Zurzeit und auch im weiteren Verlauf der Woche sieht es
jedenfalls nicht danach aus, womit wir bei der aktuellen Wetterlage wären.

Die sieht in erster Näherung nach Hochdruckeinfluss aus. Demnach befinden wir
uns auf der Vorderseite eines Höhenrückens, der sich bogenförmig von Südwest-
über Westeuropa bis nach Grönland erstreckt und dabei eine Bodenhochdruckzone
(KALI) stützt, welche von der Iberischen Halbinsel bis in den Alpenraum reicht.
Trotz dieser vermeintlich „günstigen“ Rahmenbedingungen ist und war es bei uns
am heutigen Montag nicht weit her mit Sonnenschein. Im Gegenteil, in den meisten
Gebieten zeigt sich der Himmel noch immer stark bewölkt bis bedeckt,
gebietsweise regnet oder nieselt es sogar. WLA, die den Rücken überläuft, ein in
die nordwestliche Höhenströmung eingelagerter KW-Trog sowie eine insgesamt
ziemlich feuchte maritime Luftmasse sind die Hauptgründe für das Überangebot an
Bewölkung und den leichten Regen.

Im Laufe der Nacht zum Dienstag geben sich KALI und ihr breiter Rücken viel
Mühe, etwas an der Situation zu ändern. Fortdauerndes Absinken drückt die
Inversion Stück für Stück nach unten und führt vornehmlich im Süden zu
Teilerfolgen, wie man bereits heute Abend schon erkennen kann. Dort reißt die
Wolkendecke gebietsweise auf, was allerdings in der feuchten Grundschicht
Nebelfelder auf den Plan ruft. Für Frost hingegen reicht es kaum, am ehesten
kühlt es am Alpenrand sowie in einigen Mittelgebirgstälern auf nahe 0°C oder
etwas darunter ab. Zur Mitte und nach Norden hin bleibt die Wolkendecke im
Wesentlichen geschlossen, hier und da fällt noch etwas Regen oder Nieselregen.
Dass es dabei frostfrei bleibt, ist evident.

Dienstag … wandert der mittlere Teil des Höhenrückens in aller Gemütlichkeit
über den Vorhersageraum ostwärts. Damit verlagert sich auch das Zentrum des
Bodenhochs in Richtung östliches Mitteleuropa, wobei es aber so gnädig ist,
zumindest Süddeutschland noch an seinem Wirken teilhaben zu lassen. Mit anderen
Worten, nachdem sich die Nebelfelder aufgelöst haben, scheint insbesondere in
den südlichen Regionen Bayerns und BaWüs recht häufig die Sonne.

Je weiter wir uns in diesem unseren Lande aber nach Norden orientieren, desto
wolkenreicher verläuft der Tag. Gründe dafür gibt es mehrere. Zum einen ist die
einfließende maritime Luftmasse (T850 um 4°C, im Süden etwas darüber) weiterhin
feucht und per se schon ziemlich wolkenreich. Hinzu kommen synoptische Faktoren.
Da wäre zunächst mal ein neuer KW-Trog zu nennen, der unmittelbar dem
scheidenden Rücken folgt und vorderseitig ein schön ausgeprägtes PVA-Maximum
aufweist. Dieses wiederum interagiert mit einer Kaltfront, welche zu einem
kleinen Randtief unweit von Schottland gehört (IAIN, 12 UTC). Im Grunde ist die
Kaltfront ein armes Würstchen, die ihren Namen kaum verdient hat. Baroklinität
respektive thermische Gegensätze sind ein Fremdwort, nur minimal gehen z.B. T850
oder auch die pseudopotenzielle Temperatur rückseitig zurück. Kurzum, die Front
kann froh sein, dass es den überlagerten PVA-Streifen gibt, der ihr etwas
Lebenselexier und Wetterwirksamkeit in Form leichter Regenfälle verleiht.
Nachdem am Morgen/Vormittag schon der Regen der vorgelagerten Warmfront über
Teile West- und Norddeutschlands gezogen ist, folgt im weiteren Verlauf der
Kaltfrontregen. Summa summarum kommen bis zum Abend aber keine 5 l/m² zusammen,
nur lokal sind es ein paar wenige Liter mehr.

Zwar zieht der Süd- bis Südwestwind im Nordwesten etwas an, von Warnschwellen
bleiben wir aber noch meilenweit entfernt. Lediglich auf Deutschlands Windhügel 1, dem Blocksberg, darf ab dem Nachmittag mit den ersten stürmischen Böen 8 Bft

gerechnet werden. Rechnen darf man auch mit frühlingshaften Temperaturen, die im
Süden mit Unterstützung direkter Strahlung auf 14 bis 18°C ansteigen (vereinzelt
konvergiert es gar gen 20°C). Im großen Rest des Landes stehen 10 bis 15°C auf
der Karte.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der KW-Trog über Deutschland hinweg ostwärts,
wobei er von WLA überlaufen und entsprechend immer mehr zugeschüttet wird. Die
dem Trog vorgeschaltete Kaltfront kommt in ihrem Nordteil ebenfalls zügig nach
Osten voran, während sie im Süden zurückhängt. Dort ist sie – wenn auch mit Mühe

  • zwar physisch existent, viel Wetter in Form von Regen produziert sie aber
    nicht mehr, weil mit Abzug des Troges ganz einfach der Support aus der Höhe
    versiegt. So regnet es in der ersten Nachthälfte vor allem noch im Osten und
    Nordosten, bevor dieser Regen nach Polen und Tschechien abzieht. Postfrontal
    lockert die Wolkendecke teilweise auf, örtlich bildet sich Nebel. Es bleibt
    frostfrei.

Mittwoch … beginnt sich die Großwetterlage allmählich umzustellen. Das
vorherige Auf und Ab mit abwechselnd durchschwenkenden Trögen und Keilen geht zu
Ende. Besonders deutlich wird das über dem mittleren Nordatlantik, wo sich knapp
südlich von 50° nördlicher Breite eine gut ausgeprägte, vor allem aber glatt
konturierte Frontalzone mit einem sehr soliden Jetmaximum (am Abend teils um 150
Kt auf 300 hPa) etabliert. Deutschland verbringt den Mittwoch am östlichen
Ausgang des Jets respektive der Frontalzone, wobei uns ein letzter, positiv
geneigter Kurzwellenrücken überquert.

Bodennah gelangen wir auf die Süd-Südostflanke einer ganzen Horde von
Tiefdruckgebieten (HILMAR und Konsorten), die sich auf der kalten Seite der
Frontalzone vom Seegebiet südöstlich Kap Farvels (Südgrönland) bis hinüber zur
norwegischen Westküste positionieren. Zwischen den Tiefs und einem etwas flauen
Hoch über dem westlichen Mittelmeer (nur wenig über 1015 hPa) baut sich ein
leidlicher Druckgradient auf, der den Südwestwind mit Hilfe des Tagesgangs vor
allem im Norden und Westen sowie in Teilen der Mitte spürbar aufleben lässt.
Böen 7 Bft, in freien Lagen sowie an der Nordsee 8 Bft, in exponierten Hochlagen
9 bis 10 Bft (Spitzenreiter einmal mehr der Brocken) erfordern Wind- bzw.
Sturmwarnungen, von denen Süddeutschland und Teile des Ostens weitgehend
verschont bleiben.

Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass die Südosthälfte unter leichtem
Hochdruckeinfluss einen trockenen und teils sonnigen Tag erlebt. Je weiter im
Süden, desto länger scheint die Sonne. Die wird nach Nordwesten hin wohl nur auf
Fotos zu sehen sein, nähert sich doch im Tagesverlauf die teilokkludierte
Kaltfront der o.e. Tiefdruckkette mit mehrschichtiger Bewölkung und leichtem
Regen (unter 5 l/m²). Dass der nicht stärker ausfällt, liegt an der KLA, die die
frontalen Hebungsprozesse sowie die PVA am diffluenten Ausgang der Frontalzone
teilkompensiert. Die Temperatur erreicht im Nordwesten Höchstwerte von 10 bis
15, sonst 14 bis 19, im Süden stellenweise um 20°C.

In der Nacht zum Donnerstag weitet sich die Frontalzone bis nach Mitteleuropa
aus, wobei ein Jetstreak mit bis zu 120 Kt auf 300 hPa über Norddeutschland
verläuft. Die Okklusion bzw. Kaltfront kommt noch ein Stück landeinwärts voran,
wo sie sich zunehmend strömungsparallel ausrichtet und somit ins Schleifen
gerät. Die Numerik reagiert darauf mit einer Intensivierung der frontalen
Regenfälle, die bei aller derzeit noch gegebenen räumlichen Toleranz vornehmlich
in einem von RP/Saarland über die Mitte bis nach BB reichenden Korridor fallen
sollen. Akkumuliert über 12 Stunden können gebietsweise 5 bis 10 l/m², in
Staulagen etwas mehr zusammenkommen. Während es weiter südlich meist trocken
bleibt, fällt im Norden und Nordwesten ein zweiter, vergleichsweise schmaler
Niederschlagsstreifen ins Auge, der abgesetzt vom frontalen Geschehen direkt
unter dem Jetstreak liegt. Zwar divergieren die Modelle hinsichtlich Lage und
Intensität noch, es scheint sich aber um schauerartige Regenfälle zu handeln,
die immer wieder auf gleicher oder ähnlicher Spur (straßenartig) durchziehen.

Der Südwestwind lässt außer im höheren Bergland tagesgangbedingt vorübergehend
nach, frischt zum Morgen hin über und an der Deutschen Bucht aber wieder auf mit
Böen 7 Bft.

Donnerstag … bleibt uns die hochreichend lebhafte West-Südwestströmung
erhalten. Über dem nahen Atlantik setzt eine leichte Austrogung an, die auf das
hiesige Geschehen aber noch keinen Einfluss hat. Hier streicht die Frontalzone
relativ glatt über den Vorhersageraum hinweg und überdeckt dabei einen soliden
Südwestfetch am Boden, der von der o.e., sich geringfügig nach Süden
verlagernden Tiefdruckkaskade sowie mittelhohem Luftdruck (etwas über 1015 hPa)
über Südeuropa angetrieben wird.

Mit anderen Worten, auch am Donnerstag zieht der Südwestwind wieder merklich an
mit Böen 7 Bft, in freien Lagen 8 Bft, auf exponierten Kämmen, Kuppen und
Gipfeln 9 bis 10 Bft (Brocken vielleicht 11 Bft). Weiterhin ausgenommen oder nur
partiell betroffen sind der der Osten und Süden des Landes, wobei es hier aber
noch Prognoseunschärfen gibt. Das gilt übrigens auch für den schleifenden
respektive wellenden Frontenzug, der sich irgendwo von West-Südwest nach
Ost-Nordost positioniert und weitere Regenfälle generiert. Erhalten bleiben auch
die konvektiven, teils gewittrigen Regenfälle im Norden und Nordwesten, wo
moderate Höhenkaltluft um -25°C auf 500 hPa eine weitere Labilisierung bewirkt
und zudem etwas CAPE generiert wird. Wie viel Regen wo genau am Ende des Tages
gefallen sein wird und ob vor dem Hintergrund weiterer Niederschläge an den
Folgetagen irgendwo eine 24-48-stündige Dauerregenwarnung vonnöten ist (z.B. in
einigen Mittelgebirgen), ist aus heutiger Sicht noch nicht belastbar zu
prognostizieren.

Etwas leichter fällt die Temperaturvorhersage, die Tageshöchstwerte von 13 bis
18°C (Küstenabschnitte mit auflandiger Windkomponente etwas darunter), an den
Alpen sowie im südlichen Vorland mit etwas Sonnenunterstützung bis zu 20°C auf
dem Programmzettel hat.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Basisfelder werden von den an dieser Stelle für gewöhnlich auf dem Prüfstand
stehenden Modellen sehr ähnlich simuliert. Von daher gibt es an der
grundsätzlichen Ausrichtung kaum etwas zu rütteln. Dass die
Niederschlagsprognose mit zunehmendem Prognosehorizont immer unschärfer wird und
auch bei der Windentwicklung noch ein paar freie Radikale vorhanden sind, ist
keine wirkliche Überraschung und muss so akzeptiert werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann