#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Sonntag den 12.03.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 12.03.2023 um 10.30 UTC
Nach schaurigem Kaltstart im Wochenverlauf insbesondere im Süden ein Hauch vom
Frühling. Ab dem Wochenende erneute Abkühlung, voraussichtlich aber nicht
nachhaltig.
Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 19.03.2023
Viel los beim aktuellen Wetter und auch in der ab Mittwoch beginnenden
Mittelfristzeit ist dem EZMW-Modell zufolge kein durchgreifender
Hochdruckeinfluss zu erkennen. „Schuld“ daran ist eine hohe Rossbywellenzahl von
5 bis 7 mit schnell ostwärts propagierenden Trog-Keil-Mustern, insbesondere auch
über dem nordatlantisch-europäischen Raum. Letztlich ist dies wohl eine Reaktion
auf das Mitte Februar stattgefundene SSW, das für eine negative NAO und damit
zumindest in Teilen von Deutschland für den Märzwinter gesorgt hat. Der
NAO-Index bewegt sich nun zwar langsam in Richtung neutral, die
Großwetterlagen-Klassifikation des EZMW-Ensembles spuckt aber nach wie vor
gehäuft zyklonale Muster aus (vor allem Wz, SWz, HFz). Aufgrund der anhaltenden
Meridionalität könnten so einerseits sehr kalten Luftmassen polaren Ursprungs
(-10 bis -15 Grad in T850 hPa über dem Nordmeer), andererseits aber auch sehr
milde Luft subtropischen Ursprungs ( 10 bis 15 Grad in T850 hPa über Nordafrika
und dem Mittelmeer) den Weg zu uns finden.
Im Detail überquert uns am Mittwoch ein recht spitz nach Süden ausgebuchteter
Trog mit Drehzentrum über dem Bottnischen Meerbusen und achsensenkrecht
darunterliegendem und daher nicht mehr entwicklungsfähigem Bodentief. Mit
nordwestlicher Strömung wird die kältere Luft aus dem Norden angezapft, womit es
in T850 hPa bei uns -5 bis -8 Grad kalt ist. Da die Temperatur in 500 hPa sogar
unter -35 Grad liegt, reicht die Labilität für Konvektion aus, wobei die feste
Phase bis ganz nach unten fallen kann. Im Norden ist es durch den Gradienten
zudem windig.
In der Nacht zum Donnerstag und am Donnerstag gelangen wir unter dem
nachstoßenden Rücken, der ein Hoch über dem Alpenraum induziert. Damit beruhigt
sich das Wetter vorübergehend. Da der Rücken jedoch von kräftiger WLA überlaufen
wird, folgt, was folgen muss: Die Warmfront eines Tiefs bei den Britischen
Inseln greift ab dem Nachmittag auf den Norden und Nordwesten über. Sie bringt
nicht nur deutlich mildere Luft aus dem Südwesten mit sich, sondern auch wieder
Niederschläge. Diese dürften bei rasch auf 5 bis 9 Grad steigende T850 hPa
zumeist in flüssiger Phase fallen.
Am Freitag und Samstag wird der Rücken bereits nach Osten abgedrängt, sodass wir
auf die Vorderseite eines neuen, allerdings nicht gut ausgeprägten und in
Abtropfung befindlichen Trogs über den Britischen Inseln in einer südwestlichen
Strömung liegen. Diese versorgt uns mit sehr milder Luft mit T850 hPa von 4 Grad
im Norden bis 13 Grad im Süden. Im Warmsektor spielt sich das schleifende
Frontgeschehen vor allem im Norden und Westen ab, wobei die Kaltfront des Tiefs
bei den Britischen Inseln nur langsam in den Westen und Nordwesten vordringt.
Nach Süden und Südosten hin überwiegt sogar der Hochdruckeinfluss, sodass es
dort meist trocken ist. Da dort auch die wärmste Luftmasse lagert, dürften bei
Temperaturen bis nahe 20 Grad Frühlingsgefühle aufkommen.
Am Sonntag tropft der Trog ab und schickt ein Höhentief ins westliche
Mittelmeer, das Residuum erreicht in den Abendstunden den Norden Deutschlands.
Das verleiht der Kaltfront nun einen kleinen Schub, bis Montagmorgen soll sie im
Süden ankommen. Postfrontal setzt sich deutlich kühlere Luft mit T850 hPa von -2
bis -8 Grad durch, allerdings ist die Luftmasse auch deutlich trockener. Die
Niederschläge verlagern sich so immer weiter in den Süden und Südosten,
schwächen sich dabei aber immer weiter ab (Absinken, kaum Hebung).
In der erweiterten Mittelfrist ab Montag zieht das Trogresiduum rasch nach Osten
ab, es folgt ein flacher Rücken und Hochdruckeinfluss bei einfließender Luft
polaren Ursprungs. Die Kaltfront des nun nach Skandinavien gewanderten Tiefs
schleift unter Auflösung weiterhin über dem Süden, sodass sich die kalte Luft
dort nicht gänzlich durchsetzt (T850 hPa -6 Grad im Norden bis 2 Grad im Süden).
Ab Dienstag folgt dann der nächste Trog samt Bodentief von Westen her, sodass
die T850 hPa von Südwesten her wieder überall auf über 0 Grad steigen und mit
Tiefausläufern neue Niederschläge aufkommen.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz des heutigen Laufs des EZMW zu seinen beiden gestrigen Vorgängern
ist bis zum Samstag angesichts der eher vorherrschenden Zyklonalität erfreulich
hoch mit nur geringen Phasen- und Intensitätsunterschieden. Ab der Nacht zum
Sonntag fällt dann aber auf, dass die Trog-Keil-Muster wenigstens 24 Stunden
phasenverschoben sind zwischen gestrigem und heutigem 0 UTC-Lauf. Der gestrige
12 UTC-Lauf stellt eine Art Mittellösung dar. Am meridionalen Muster halten
jedoch alle 3 Läufe fest.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
In der Modellwelt herrscht bis Freitag ebenfalls weitgehend Einigkeit. Danach
scheiden sich die Geister vor allem am neuen Trog, der bei GFS, UK10, GEM und
ICON gar nicht zum westlichen Mittelmeer abtropft. Das hat unterschiedliche
Auswirkungen auf Temperaturen und Verteilung der zu erwartenden Niederschläge
bei uns. Nach GFS könnte sich die kalte Luft sogar nachhaltig durchsetzen
(nördliche Strömung hinter einem Skandinavientief).
NAVGEM geht ab Samstag eigene Wege und lässt mit dem Trogresiduum ein Tief über
Deutschland entstehen, dem am Sonntag ein Skandinavienhoch folgt. Dabei würde
vor allem der Nordosten mit sehr kalter Kontinentalluft versorgt werden, lokaler
Dauerfrost nicht ausgeschlossen.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
RAUCHFAHNEN:
Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles für verschiedene deutsche Städte zeigen bis
Samstag einen engen Verlauf und bestätigen mit dem Auf und Ab der Kurven oben
skizzierten Ablauf. Ab Sonntag spreizen wenige Ausreißer die Kurvenschar, es
bleibt jedoch ein gut erkennbarer Median mit eingebetteten Haupt- und
Kontrolllauf über. Dieser zeigt für T850 hPa eine leicht abfallende Tendenz,
ohne dabei stärker ins Negative abzugleiten. Das suggeriert eine nicht allzu
starke Abkühlung in der erweiterten Mittelfrist. Beim Geopot 500 hPa verlaufen
die Kurven ab dann eher horizontal bei rund 550 gpdam (kein starker Trog, kein
kräftiger Rücken). Niederschlagssignale sind an allen Tagen vorhanden, im Süden
fehlen diese zwischen Donnerstag und Samstag aber häufiger.
CLUSTER:
Zwischen Freitag (0 UTC) und Sonntag (0 UTC) wird nur ein Cluster benötigt, um
die Unsicherheiten im Ensembleraum zu beschreiben (Wechsel des Regimes von NAO-
über NAO+ zu Blocking). Das verleiht der Vorhersage zusätzliche Sicherheit.
Zwischen Montag (0 UTC) und Mittwoch (0 UTC) (erweiterte Mittelfrist) werden 4
Cluster ausgegeben mit unterschiedlichen Regimen und deutlich unterschiedlichen
Szenarien. Mit jeweils 15, 14, 12 und 10 Mitglieder sind diese fast
gleichverteilt. 3 davon zeigen einen Trog westlich von uns, der nur in C1 auch
abtropft, allerdings nach Frankreich. So gut die Vorhersagesicherheit im vorher
Zeitraum ist, so schlecht ist sie in diesem.
FAZIT:
Dem kalten Mittwoch mit Schneeschauern und Gewittern bis ins Tiefland folgt die
Erwärmung bis Samstag, die vor allem im Norden und Nordwesten zyklonal
daherkommt. Im Süden und Südosten gibt es dann unter vorherrschendem
Hochdruckeinfluss sogar einen Hauch vom Frühling. Bis Sonntag soll die warme
Luft durch die Kaltfront eines von den Britischen Inseln nach Skandinavien
ziehenden Tiefs wieder verdrängt werden. Dass die Kaltluft dann nachhaltig
einströmt, wird von den meisten Modellen negiert. Eher hält die Meridionalität
an, was neue Tröge und Tiefausläufer, dann wieder mit milderer Luft, für West-
und Mitteleuropa sowie für Deutschland erwarten lässt.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
WIND:
Am Mittwoch zeigt EFI erhöhte Signale für starken Wind im Norden Deutschlands.
Das lässt sich gut in Einklang bringen mit erhöhten Wahrscheinlichkeiten der
Ensembles für starke Böen Bft 7 und mit geringen Wahrscheinlichkeiten für
stürmische Böen Bft 8 in der Norddeutschen Tiefebene. Richtung Küste schlägt das
Wahrscheinlichkeitenpendel für Sturmböen Bft 9 aus, an der Ostsee gibt es
geringe Wahrscheinlichkeiten für schwere Sturmböen Bft 10.
GEWITTER:
Am Mittwoch liefert EFI zudem Signale für erhöhtes CAPE SHEAR. CAPE ist vor
allem im Norden vorhanden, die Numerik hält sich bezüglich Gewitter allerdings
arg bedeckt. Sollten Gewitter auftreten, könnten sie von stürmischen Böen Bft 8,
im Norden sogar von Sturmböen Bft 9 begleitet werden.
Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW-EPS
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler