S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 06.03.2023 um 10.30 UTC

Turbulent. Wiederholt stürmisch und länger anhaltende Niederschläge, im
Südwesten durchweg als Regen mit markanten Summen. Nächste Woche auch im
Nordosten (vorübergehend) milder.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 13.03.2023

Am Donnerstag kommt die markante Luftmassengrenze über der Mitte Deutschlands,
die trocken-kalte Luft im Norden von feucht-milder Luft im Süden trennt,
vorübergehend unter schwachen Zwischenhocheinfluss. Dieser wird begünstigt durch
einen flachen Rücken, der sich in der strammen westlichen Strömung über
Westeuropa im Vorfeld eines neuen Sturmtiefs mit Zentrum westlich von Irland
aufwölbt.

So werden nach Abzug eines flachen Wellentiefs entlang der LMG aus der Nacht
wohl viele Mitbürger vom Rothaargebirge bis nach Sachsen beim morgendlichen
Blick aus dem Fenster eine weiße Winterlandschaft vorfinden. Die genaue Lage der
LMG ist dabei aber noch mit gewissen Unsicherheiten behaftet. Die Schneephase
wird sich voraussichtlich irgendwo zwischen Aller und Main abspielen. Tagsüber
ziehen sich die Niederschläge immer mehr in den Süden zurück und lassen
vorübergehend nach. Bereits zum Abend intensivieren sie sich von Westen
allerdings schon wieder mit Übergreifen einer neuen Warmfront. Auflockerungen
gibt es vor allem an den Küsten sowie direkt an den Alpen. Die Höchstwerte
liegen bei nasskalten 3 bis 8 Grad, im Süden bei 10 bis 13 Grad. Im höheren
Bergland klettern sie nur wenig über die 0 Grad Marke. Der Schnee wird also
vielerorts wieder dahinschmelzen. Erwähnenswert ist zudem noch der Wind, der im
Warmsektor mit Leitplankeneffekt vor allem vom Hochrhein bis zum Inn sowie auf
den Bergen stark bis stürmisch weht. In Gipfellagen treten Böen bis Orkanstärke
auf, Tendenz am Nachmittag nachlassend.

Am Freitag zieht das bereits erwähnte Sturmtief in die Nordsee. Dessen
vorgelagerte Warmfront, die gewissermaßen die reaktivierte LMG darstellt,
schwenkt von Südwest nach Nordost über Deutschland hinweg. Es besteht jedoch
modellübergreifend die Tendenz, dass dies abermals in Verbindung mit einer sich
ausbildenden Warmfrontwelle steht, die strömungsparallel Richtung Südpolen
gesteuert wird und die Milderung zumindest verzögert. So könnte es vor allem
Richtung Elbe noch längere Zeit die feste Niederschlagsphase geben, was tagsüber
aufgrund der fortgeschrittenen Jahreszeit aber kaum noch für Glätte sorgen
sollte. Mit dem stark böig auffrischenden von Südost auf Südwest drehenden Wind
wird es auch in den mittleren Landesteilen spürbar milder mit maximal 10 bis 13,
im Süden bis 16 Grad. Nordöstlich der Elbe bleibt es mit 3 bis 8 Grad noch
deutlich kühler. Dort sowie im Bergland kann es nachts wieder streckenweise
glatt werden.

Am Samstag zieht das Tief weiter zur Ostsee. Auf dessen Rückseite gelangt
vorübergehend wieder ein Schwall polarer Meeresluft zu uns mit T850 unter -5
Grad. Aufgrund der guten Durchmischung äußert sich das aber kaum in den 2m
Temperaturen. Sollte das Tief über Jütland ziehen, drohen den Küsten an dessen
Südflanke teils orkanartige Böen. Es gibt aber auch einige Lösungen mit Zugbahn
über Norddeutschland, wo der Mitte Sturmböen, den zentralen Mittelgebirgen Böen
bis Orkanstärke drohen würden. Es bleibt also spannend und turbulent. Zudem
fällt vor allem im Schleifbereich der Front im Süden weiterer Regen, der in den
Staulagen von Schwarzwald und Allgäu in die Nähe der Warnschwellen 30 l/m²
binnen 24 Stunden bzw. 50 l/m² binnen 48 Stunden vorstößen könnte.

Am Sonntag bleibt die Frontalzone über Mitteleuropa weiter sehr aktiv und nach
kurzer Wetterberuhigung wird die gerade erst zu den Alpen vorgestoßene Kaltfront
schon wieder als Warmfront rückläufig. Das dazugehörige Tief befindet sich dicht
nördlich von Schottland. Wind und Regen intensivieren sich also von Westen
erneut. Im Bergland und im Osten/Nordosten kann anfangs auch Schnee dabei sein.
Die Temperaturspanne bleibt mit 4 Grad im Nordosten und 16 Grad im Südwesten
weiterhin hoch.

Am Montag, spätestens jedoch zum Dienstag setzt sich die milde Atlantikluft mit
der kräftigen Südwestströmung auch an der Ostsee durch. In der Höhe baut sich
derweil ein gewaltiger Warmluftberg mit > -20 Grad in 500 hPa auf. Insgesamt
bleibt das Strömungsmuster aber weiter eher zyklonal, so dass es zu weiteren,
teils kräftigen Regenfällen kommt. Akkumuliert sollten somit binnen einer Woche
in der Südwesthälfte Deutschlands ergiebige Mengen zwischen 40 und 70, im
Bergland teils über 100 l/qm zusammenkommen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des IFS war schon mal deutlich besser, was angesichts der
Wetterlage mit scharfer Luftmassengrenze und immer wieder mal mehr oder wenigen
intensiven neuen Tiefdruckentwicklung an dieser auch nicht verwundert. Bereits
zum Freitag ergeben sich dadurch markante Unterschiede. So ist der Höhentrog
über der Nordsee deutlich schärfer ausgeprägt und hängt im aktuellen Lauf auch
etwas zurück. Die Folge ist eine deutlich markantere Zyklogenese mit einem stark
betonten Warmsektor, der die LMG gleich mal fast komplett aus Deutschland
verdrängt, wohingegen sie in den Vorläufen noch nahezu stationär über der
Landesmitte lag. Durch die neue Lösung ergibt sich zudem ein nicht unerhebliches
Sturm-/Orkanpotential für die Küsten.

In der Folge gleichen sich die Simulationen hingegen wieder ganz gut an mit der
Quintessenz, dass mild und zyklonal die Oberhand behält.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

ICON und GFS setzen die Niederschläge am Donnerstagmorgen ziemlich weit südlich
an, so dass sogar für das Rhein-Main-Gebiet eine weiße Überraschung möglich
wäre.

Das verbrüderte UK10, aber auch GEM tragen die Entwicklung vom IFS für Freitag
voll mit, wohingegen ICON, GFS die Lage der LMG unvermindert über der Mitte
Deutschlands sehen und auch nichts von einem Sturm an der See wissen wollen.
Gerade für einige Hochlagen der zentralen Mittelgebirge könnte bei dieser
persistenten Lage der LMG der Neuschneezuwachs nochmal immens sein (locker
20-30, exponiert sogar bis zu einem halben Meter).

Für Sonntag sieht die Mehrzahl der Modelle das Übergreifen der Warmfront aus
Westen verzögert und stellt den Tag eher in Zeichen des schwachen
Zwischenhocheinfluss, im Nordosten im Randbereich des Höhentroges sogar mit
etwas Kaltluftkonvektion.

Am finalen Mildausgang mit Beginn der nächsten Woche zweifelt keines der
vorliegenden Modelle – mit Ausnahme GEM, dass die Milderung erst zur Wochenmitte
berechnet.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen sind bereits zum Ende der Kurzfrist mitunter chaotisch mit
riesigen Spreads versehen, daher beschränken wir uns erstmal auf die Aussagen,
die vergleichsweise sicher sind:

Im Süden findet sich bei T850 eine gewaltige Mehrheit inklusive HL/CL für milde
Temperaturen zwischen um die +5 Grad. Zum Dienstag nächster Woche tendieren sie
sogar einheitlich zur +10 Grad (um in der Folge allerdings wieder markant
abzufallen).

Das Geopotential steigt landesweit über den gesamten Mittelfristzeitraum
deutlich an und erreicht am kommenden Montag seinen vorläufigen Höhepunkt.

Niederschlagssignale finden sich zuhauf mit Schwerpunkt im Westen und Süden.

Wo nun aber beispielsweise die LMG am wahrscheinlichsten liegt und wie sie bis
nächsten Montag nord- und südwärts schwankt, lässt sich aus den Ensembles beim
beten Willen nicht herauslesen. Vielmehr verdeutlichen sie die großen
Unsicherheiten.

Da wirkt doch lediglich 1 Cluster für +120-168 h (Sa-Mo) recht überschaubar und
auch überraschend auf den ersten Blick. An der Großwetterlage West zyklonal (Wz)
gibt es allerdings auch keine Zweifel. Im Detail können sich daraus dennoch
große Unterschiede ergeben.

Die Cluster der erweiterten Mittelfrist deuten eine rasche Abkühlung
(Winddrehung auf Nordwest) nach dem Mildeinschub vom Montag an sowie
Druckanstieg von Westen mit nachfolgender Wetterberuhigung.

FAZIT:
Bezüglich der genauen Lage der LMG kann es vor allem im Norden, der Mitte und im
Osten bis nächste Woche noch die ein oder andere weiße Überraschung geben, da
die genaue Position kaum zu prognostizieren ist. Im Süden bleibt es definitiv
mild und vielfach regnerisch. Vor allem in der Südwesthälfte werden durch die
anhaltenden Regenfälle kleinere Flüsse sicher an ihre Grenzen kommen. Zudem ist
es zeitweise stürmisch. Ein ganz großes Sturmevent droht aber akut (noch) nicht.
In der neuen Woche setzt sich auch im Nordosten zumindest mal vorübergehend
deutlich mildere Luft durch.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

DAUERREGEN:
Die akkumulierten Mengen wurden bereits oben im Text angesprochen und sind in
der Tat bemerkenswert. Vor allem im Südwesten findet sich über Tage hinweg ein
ernst zu nehmendes EFI-Signal. Von daher ist markanter Dauerregen zumindest für
die Weststaulagen des Schwarzwaldes fast schon „gebongt“. Im schlimmsten Falle
läuft es dort sowie im Allgäu und den westlichen Mittelgebirgen sogar auf ein
mehrtägiges Unwetterereignis hinaus mit mehr als 100 l/qm akkumuliert.

SCHNEE:
Vor allem in den zentralen Mittelgebirgen können je nach Lage der LMG
beträchtliche Neuschneemengen zustande kommen. Das betrifft zwar vornehmlich den
Kurzfristzeitraum, kann aber trotz spärliche EPS Signale zumindest nach dem
GFS/ICON Szenario zum Thema werden. Im „worst case“ sind Neuschneemengen bis zu
einem halben Meter in den Hochlagen möglich. Aber auch im Flachland können über
Nacht ohne weiteres mal 10 Zentimeter fallen.

STURM:
Latente Signale im EFI gibt es zuhauf, es betrifft aber meist den Warmsektor mit
Böen Bft 8 bis 9, auf den Bergen auch mehr. Die Lösung mit orkanartigen Böen in
der Nacht zum Sa an der See findet im EPS (noch) keine Berücksichtigung und ist
daher (Stand jetzt) eher unwahrscheinlich.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen