S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 03.02.2023 um 10.30 UTC

Ruhige, zumeist auch sonnige Mittelfrist mit teils strengem Nachtfrost über
Schneeflächen Süd- und Ostdeutschlands.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 10.02.2023

Die nun anstehende Mittelfrist vom Montag, den 6. Februar bis zum Freitag, den

  1. Februar gestaltet sich unter antizyklonal geprägtem Einfluss vergleichsweise
    ruhig.

Dabei dauern die vom 24. Januar angesprochenen tropischen Einflüsse weiter an.
Die am 24.1. bis heuer erwartete Dominanz der NAO+ spiegelt sich in den
Beobachtungen des NAO Index wider, ebenso ein Ruck in Richtung NAM+ sowie PNA-.
Letztere hätte ich jedoch beständiger erwartet, wechselt deren Vorzeichen nun
bereits wieder, was einhergeht mit einem Wechsel des Nordpazifik Jets im
Phasendiagramm in Richtung „polwärtige Verlagerung“. Im Grunde ein Zeugnis
dieses Winters, dass Blockierungen in den für den Polarwirbel interessanten
Positionen nur transiente Lebenszeiten aufwiesen. Die bei uns angenommene
staulastige Anströmungskomponente für die östlichen Mittelgebirge und Alpen
wurde letztendlich sehr effektiv umgesetzt (teils WU-artige Schneefälle).

Viel hat sich nun seitdem nicht verändert. Die Madden-Julian-Oszillation liegt
weiterhin mit vergleichsweise großer Amplitude in Phase 3. Dabei half die in den
letzten Monaten abgeebbte negative Phase des „Indian Ocean Dipols, IOD“ in
Verbindung mit einem ausgeprägten „westwind burst“ die Wassertemperatur im
Bereich des Maritimen Kontinents in einer Tiefe von 100-200 m unter der
Meeresoberfläche deutlich zu erwärmen, was u.a. die niederfrequente
Hintergrundoszillation ENSO (Stand weiterhin im Bereich der La Nina) „noch“
weiterhin positiv moduliert. In diesem Umfeld amplifizierte die MJO Welle auch
über die Vorhersagen hinaus, wobei wir mit lag 10-15 mittlerweile im
Wirkungsbereich angekommen sind.

Deren Einfluss war in den jüngsten Tagen auch sehr schön zu sehen, wo die
Numerik immer deutlicher auf eine Blockierung im skand. Sektor ansprang (MJO 3
bei La Nina) bei gleichzeitig niedrigem Geopotenzial über dem
kanadisch-arktischen Archipel/Grönland (besonders der Einfluss von La Nina). GFS
z.B. brachte innerhalb der letzten 16 Modellläufe die blockierende Antizyklone
immer weiter retrograd verlagernd in Richtung Nordsee. Das daraus resultierende
recht klassische „Skandinavien – Grönland Muster, S-G Muster“ ist wiederum bei
entsprechender Persistenz auch interessant für die Stratosphäre, wobei es aus
aktueller Sicht aber wieder an eben dieser Persistenz zu mangeln scheint. Die
Numerik, je nach Kopplung und Auflösung, zeigte die antizyklonale Anomalie
jedoch recht beständig, wobei jedoch der „Kampf“ zwischen ENSO und MJO Einfluss
auf synoptisch–skaliger Ebene weiterhin ausgeführt wird. Das Resultat sind
anhaltende Unsicherheiten in der Numerik, inwieweit eine häufig aus dem S-G
Muster resultierende retrograde Verlagerung der skandinavischen Antizyklone in
Richtung Grönland erfolgt, oder ob ein durch NAO+ Überhang Abdrängen der
Antizyklone nach Ost das Ergebnis sein wird. Dieser „Kampf“ ist auch in den
jüngsten Vorhersagen der Wetterregime-Wahrscheinlichkeitsverteilung zu erkennen,
die zwischen „Blockierung“ und „NAO+“ schwanken. Da zudem die MJO Amplitude am
27/28. Januar überschritten wurde und ein Wechsel zur Phase 4 erwartet wird,
lassen auch die förderlichen Bedingungen für eine skand. Blockierung allmählich
nach.

Ein Blick in Richtung Polarwirbel in der Stratosphäre zeigt, wie unsicher die
Vorhersagen in diesem Höhenbereich auch in der heutigen Zeit noch sind. Anstatt
eines Ende Januar noch vorhergesagten zonalen Mittelwindes unterhalb des
klimatologischen Mittels wird nun aktuell ein Wert deutlich darüber analysiert,
sodass die Auswirkungen der jüngsten Störung deutlich marginaler ausfielen, als
numerisch vorhergesagt wurde (was jedoch aus synoptischer Sicht bereits erwartet
wurde dank der ungünstigen bzw. zu kurzlebigen Verteilung der blockierenden
Zentren auf nordhemisphärischer Ebene). Auch weiterhin wird vom IFS-ENS sowie
vom GEFS eine erneute Abschwächung des Polarwirbels angedeutet, wobei jedoch
deren auslösenden Protagonisten noch unsicher vorhergesagt werden (wie z.B. das
S-G Muster). Zwar deutet vor allem GEFS eine schöne Kopplung zwischen
Stratosphäre-Troposphäre an, so muss aber noch weiter abgewartet werden,
inwieweit sich die Anzeichen in der Folge weiter erhärten/abschwächen.

Kommen wir nun zur aktuellen Mittelfrist, zu der es jedoch nicht viel zu sagen
gibt. Unter Hochdruckeinfluss bestimmt die Grenzschichtproblematik, inwieweit
regional mal Glätte- und/oder Nebelwarnungen ausgegeben werden müssen (Nebel vor
allem im Norden und Westen dank etwas feuchterer Grenzschicht).
Tagsüber liegen die Höchstwerte im Osten und Süden nur wenig über dem
Gefrierpunkt (DMO ähnlich MOSMIX) mit leichtem Dauerfrost im Bergland sowie ggf.
in zähen und nur örtlich auftretenden Dunst-/und Nebelgebieten im Süden, während
nach Westen und Norden die Werte auf 4 bis 8 Grad steigen.
In den Nächten herrscht ein deutliches Gefälle von Nordwest nach Südost. Die
Werte liegen im Westen und Norden meist im leichten Frostbereich und sacken im
Süden und Osten in den leichten bis mäßigen Frostbereich ab. Strenger Frost über
Schneeflächen ist dabei vom Erzgebirge bis zum Thüringer/Bayerischen Wald und
bis an den Alpenrand wahrscheinlich.
Dank der zügigen Ostverlagerung der Bodenantizyklone tritt zwar anfangs ein
schwacher bis mäßiger Ost-/Nordostwind auf, der jedoch zum Ende der Mittelfrist
bereits mehr auf südliche Richtungen kippt. Von daher sollte die gefühlte
Temperatur nicht so weit absacken („lasche“ und kurzlebige Bise).
Das Positive an dieser Lage ist aber vor allem die Advektion trockener
Luftmassen aus Ost, sodass im Gesamten gesehen mit viel Sonnenschein zu rechnen
ist, sieht man zum Ende der Mittelfrist von mehr Gewölk im Westen ab.
Niederschläge werden ab Dienstag keine mehr erwartet, nachdem am Montag noch
letzte Schneeschauer bzw. leichte Stauniederschläge über der Mitte und dem
Süden/Südwesten auftreten sollen.

In der erweiterten Mittelfrist bleibt abzuwarten, wo die Blockierung über
Osteuropa erneut ansetzt (ggf. wieder in Richtung Skandinavien vorstoßend und
somit den Hintergrundbedingungen folgend), oder ob sich stromab des tiefen
Geopotenzials über Grönland ein Keil in Richtung Nordmeer aufwölben kann. Bei
dem insgesamt dominanten NAO+ Muster erscheint mir der Überhang zu dominantem
Einfluss vom Atlantik etwas höher, aber bei den aktuellen Umstellungen und
Einflüssen muss sich die Numerik erstmal einpendeln, bevor man seriösere
Aussagen treffen zu können (vor allem in Bezug auf die Entwicklung in der
Stratosphäre).

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bei der Entwicklung einer umfangreichen Antizyklone über Mitteleuropa weisen die
jüngsten Modellläufe vom IFS nur geringe Diskrepanzen auf. Innerhalb der letzten
4 Läufe wurde das Zentrum der Antizyklone immer östlicher und somit immer näher
nach Deutschland gelegt. Von daher erwartet uns eine wettertechnisch ruhige
Mittelfrist mit dem vorherrschenden Thema der Grenzschichtproblematik (Nebel,
regionale Glätte, Frost).

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Beim Blick auf die internationale Modellwelt ergeben sich beim synoptischen
Ablauf keine Unterschiede zum angesprochenen IFS. Zwar deuten sich leicht
unterschiedliche Verlagerungen des Zentrums der Höhenantizyklone an, sodass
peripher bei der Geometrie der Antizyklone gewisse Unsicherheiten zu erkennen
sind, die jedoch bisher keine Auswirkungen auf unser Wetter haben. Im
schlimmsten Fall könnte nach GFS zum Ende der Mittelfrist bei tieferem
Geopotenzial von Westen etwas feuchtere Luft mit dichten Wolkenfeldern und ggf.
etwas Niederschlag in den Westen und Süden Deutschlands einsickern. Dies ist
jedoch noch eine Außenseiterlösung im IFS-ENS (wenngleich auch im GEFS mit
leichtem Überhang in der Memberverteilung hinterlegt).
Alle Modelle weisen (entsprechend ihres Vorhersagehorizontes) auch modellintern
eine gute Konsistenz auf (GFS/ICON), die sogar etwas besser wie bei IFS
ausfällt.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Analyse der Cluster (C) beginnt mit vier Clustern sowie einem durchweg
vorherrschenden klimatologischen Regime „Blockierung“. C 1-4 heben dabei das
typische Druckmuster eines „lag 10-15 im MJO3/La Nina“ hervor und zeigen eine
hohe Geopotenzialanomalie im skandinavischen Sektor (zusammen mit dem Trog über
Grönland das Skandi-Grönland Muster bildend). Unter Hochdruckeinfluss bei
vorherrschender östlicher Strömung beginnt die Mittelfrist daher in Deutschland
ruhig (nach Auflösung letzter Feuchtefelder).

In der Folge (Dienstag bis Donnerstag) zeigen 6 Cluster durchweg das klimat.
Regime der Blockierung und somit Beibehaltung des Antriebs aus dem (tropischen)
Hintergrund. Zunehmend variabler wird die Geometrie der Antizyklone berechnet,
was z.B. nach C4 ab Donnerstag fallendes Geopotenzial über Deutschland als Folge
hätte, was in etwa GFS ähnelt (im GEFS mit rund 16 Membern hinterlegt / 52%).
Alle anderen Cluster stützen dies im IFS-ENS jedoch „noch“ nicht, sodass
weiterhin antizyklonaler Einfluss dominiert. Diese Konstellation sollte ein
Ausfließen polarer Luftmassen in Richtung Russland als wahrscheinlich erscheinen
lassen.

Zum Ende der Mittelfrist/Beginn der erweiterten Mittelfrist beginnen die Cluster
allmählich auseinander zu laufen. Bei berechneten 3 Clustern versucht C1 das
grundsätzliche Muster beizubehalten (wenngleich eine Verschiebung der Wellen
eine Einstufung NAO+ fördert, bei uns jedoch mit einer klassischen NAO+ Lage
nichts zu tun hat), während sonst versucht wird die häufig beobachtete
retrograde Verlagerung der blockierenden Antizyklone von Skandinavien in
Richtung Grönland durchzuboxen und das beim vorherrschenden Regime der
Blockierung. Zur Monatsmitte sollte insgesamt dann aber NAO+ dominieren.

Die Meteogramme in ausgewählten Städten Deutschlands heben die antizyklonal
geprägte Witterung mit hoher Temperaturamplitude und trockenen Verhältnissen
recht homogen hervor. HRES und Kontrolllauf liegen meist recht gut eingebettet
in den Rauchfahnen des 500 hPa Geopotenzials und der 850 hPa Temperatur, wobei
ein temporäres Überschießen am Mi/Do auf die variable Handhabung des
Einbeziehens milder Atlantikluft von Westen in die Antizyklone hindeutet. Die
eng gebündelten T2m Memberverteilung zeigt jedoch, dass dieses Höhenniveau
inversionsbedingt abgekoppelt ist und somit abseits der Temperaturvorhersagen
fürs Bergland keine größere Rolle spielt.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Während dieser Mittelfrist ist die einzige signifikante Wettererscheinung das
regionale Auftreten strenger Nachtfröste über Schneeflächen des Südens und
Ostens (zaghafte Anzeichen im EFI 2m Tmin).

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-ENS, IFS, GEFS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy