S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 01.02.2023 um 10.30 UTC

Anfangs im östlichen Bergland und an den Alpen Schneefall, Unwettergefahr teils
durch Neuschnee und starke Verwehungen. Ab Wochenmitte Übergang zu ruhigem
Winterwetter.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 08.02.2023

Am Samstag liegt Deutschland am Rande eines Höhenkeils, der sich von der Biskaya
über Norwegen und das Nordmeer hinweg in Richtung Ostgrönland erstreckt. Dieser
Keil wird durch einen Langwellentrog flankiert, der sich über Osteuropa hinweg
bis in den Schwarzmeerraum reicht. Hieraus ergibt sich eine nördliche Strömung.
In diese läuft schleifend die Warmfront eines Randtiefs über dem Nordmeer
hinein, wodurch in den östlichen Mittelgebirgen zeitweise und an den Alpen
staubedingt länger andauernde Schneefälle zu erwarten sind. Innerhalb von 12
Stunden sind am Alpenrand 10 bis über 20 cm Neuschnee vorstellbar. Da dieses
Ereignis in der Folgezeit andauert, können insgesamt durchaus unwetterartige
Neuschneemengen zusammenkommen, was eine entsprechende Warnung erfordern würde.
In der Nacht zum Sonntag läuft in der steilen keilvorderseitigen, nahezu
nördlichen Strömung ein Kurzwellentrog nach Süden ab. Vorübergehend lassen die
Schneefälle im östlichen Bergland vorübergehend etwas nach und schwächen sich an
den Alpen etwas ab. Von Nordwesten kommt, bedingt durch trogvorderseitige
Hebung, erneut Niederschlag auf, der abseits der Mittelgebirge durchweg als
Regen fällt. Am Sonntag tropft dieser Kurzwellentrog aus, das Cut-Off-Tief
verlagert sich über den Osten Deutschlands hinweg südwärts. In dessen Bereich
intensivieren sich die Niederschläge, die Schneefallgrenze sinkt von 800 auf
unter 400 m. In den östlichen Mittelgebirgen kommen 10 bis über 15, an den Alpen
zum Teil mehr als 25 cm Neuschnee hinzu. Der Wind erreicht dann in höheren
Berglagen in Böen sowie an der Küste Sturmstärke, wodurch in den Mittelgebirgen
und an den Alpen zudem die Gefahr von Verwehungen besteht. Stürmische Böen sind
auch bis in das nördliche Binnenland hinein möglich.
In der Nacht zum Montag stellt sich an der Nordflanke des sich nach Oberitalien
verlagernden Cut-Off-Tiefs eine nordöstliche Strömung ein, was die starken
Schneefälle am Alpenrand andauern lässt. Aber auch in den östlichen und
südwestdeutschen Mittelgebirgen können 5 bis über 10 cm Neuschnee hinzukommen.
Allerdings wird der Wind schwächer, so dass dann keine Verwehungen mehr drohen.
Im Laufe des Montags kräftigt sich von Westen her der Hochdruckeinfluss. In den
südwestdeutschen Mittelgebirgen kommt kein weiterer Neuschnee hinzu, im
östlichen Bergland gibt es nur noch wenige, in Staulagen um 10 Zentimeter
Neuschneezuwachs. Auch an den Alpen erfolgt tendenziell eine Abschwächung der
Schneefälle, wobei noch einmal vor allem nach Osten hin die Schneedecke um mehr
als 10 cm anwachsen kann.
In der Nacht zum Dienstag lässt ein über Polen hinweg schwenkender
Kurzwellentrog die Schneefälle im östlichen Bergland und an den Alpen noch
einmal aufleben, aber selbst in Staulagen sollten dann nicht wesentlich mehr als
10 cm Neuschnee hinzukommen. Diese Schneefälle dürften sich im Laufe des
Dienstags noch einmal verstärken, so dass dann in den Staulagen der östlichen
Mittelgebirge deutlich mehr als 10, an den Alpen 10 bis 20 cm weiterer Neuschnee
zu erwarten sind. Ansonsten setzt sich Hochdruckeinfluss durch, wobei es
weitgehend niederschlagsfrei bleibt. Die relativ weit nördlich liegende
Frontalzone erstreckt sich zunächst zonal, am Mittwoch vermehrt antizyklonal
gekrümmt über Skandinavien hinweg bis nach Westrussland. Ausgehend von der
Biskaya reicht dann ein Keil über die südliche Nordsee und die Ostsee hinweg zur
Ukraine. Durch diesen Keil wird ein ausgedehntes Bodenhoch gestützt, dessen
Schwerpunkt sich über Polen hinweg allmählich ostwärts verlagert. In dessen
Bereich kommt die Luftmasse zur Ruhe. Im Osten und Süden sowie zum Teil auch in
der Mitte stellt sich zumindest gebietsweise leichter Dauerfrost ein. In den
Nächten ist nahezu durchweg leichter bis mäßiger, bei Aufklaren über Schnee
strenger Frost zu erwarten.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum verlagert sich das Bodenhoch
nur wenig nach Osten, so dass sich eine Inversionslage ergibt. Ein mit Zentren
über Süditalien und der Ägäis liegender Höhentiefkomplex verleiht dem Hoch
Stabilität, so dass ein sich den Britischen Inseln nähernder Trog noch keine
Wetterumstellung herbeiführen kann und das ruhige spätwinterliche Wetter
andauert.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Unterschiede im Vergleich mit dem gestrigen 00 UTC-Lauf zeigen sich bereits ab
Sonntag. Die beiden nachfolgenden Modellläufe lassen den Trog wie oben
beschrieben über Deutschland hinweg nach Süden austropfen, was die Schneefälle
in den östlichen Mittelgebirgen und an den Alpen aufleben lässt. Zudem ist die
Gefahr einer Sturmlage am Montag nach den beiden aktuelleren Modellrechnungen
nicht mehr gegeben.
Bis Mittwoch gelangt Deutschland in den Bereich eines Bodenhochs, das vom
gestrigen 00 UTC-Lauf (ähnlich wie beim aktuellen GFS-Lauf) über Skandinavien
erwarten wird. Demnach würde mit einer nordöstlichen bodennahen Strömung
kontinentale arktische Polarluft advehiert. Von den beiden nachfolgenden
Modellrechnungen wurde dieses Szenario entschärft.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum gleichen sich die drei
neuesten Modellläufe etwas an, wobei nach der gestrigen Simulation von 00 UTC
das Hoch nicht so rasch nach Südosten verlagert wird wie nach den aktuelleren
Rechnungen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Wie bereits bei der Konsistenzbetrachtung ergeben sich auch bei den verfügbaren
Modellen ab Sonntag zunehmende Unterschiede. Den oben beschriebenen
Austropfprozess haben alle Modelle im Programm. Die amerikanischen Modelle
zeigen diesen am weitesten im Westen. Das korrespondierende Bodentief wird von
UK10 und ICON etwas weiter östlich gerechnet als von EZMW und erst recht von GFS
und vom kanadischen Modell. Während sich dieses Tief nach ICON am Montag noch
über Polen hält und zumindest im Osten, an der See und im Bergland die Gefahr
von Sturmböen besteht, sind nach EZMW und ICON warnrelevante Böen wahrscheinlich
auf höhere Berglagen und die Küste beschränkt.
Am Dienstag kommt nach ICON und UK10 eine Hochdruck(rand)lage zustande. Nach
EZMW und dem Modell des kanadischen Wetterdienstes wird dieser Prozess durch
einen über Polen südwärts schwenkenden Trog hinausgezögert, GFS lässt an der
Südflanke des über Skandinavien liegenden Hochs einen Kaltlufttropfen auf
Mitteleuropa übergreifen. Die Folge wären an den Alpen erneut einsetzende
Schneefälle und ein tieferes Temperaturniveau, wogegen nach den anderen Modellen
durchweg Hochdruckeinfluss zu erwarten ist. Allerdings wird auch vom kanadischen
Modell das Hoch weiter nördlich positioniert als von EZMW und ICON.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum gleichen sich EZMW und das
Modell des kanadischen Wetterdienstes einander an, wogegen GFS einen über
Mitteleuropa liegenden Höhentiefkomplex im Angebot hat.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das EPS des GFS stützt hinsichtlich der Druck- und Geopotentialverteilung
weitgehend das hauseigene deterministische Modell. Dabei zeigt sich ab Montag
eine signifikante Zunahme des Spreads, was nahezu alle Parameter betrifft. In
Bezug auf das Temperaturniveau stellt der deterministische Lauf ein
Extrem-Szenario dar und bewegt sich zumindest tageweise außerhalb der Verteilung
der Einzellösungen. Ein ähnliches Bild bot bereits der gestrige 12 UTC-Lauf.
Das EPS des EZMW folgt weitgehend dem deterministischen Lauf, wobei zum Ende des
Vorhersagezeitraumes hin das Bodenhoch nicht so rasch nach Osten verlagert wird
als dass dies beim Hauptlauf der Fall ist. Demzufolge kommt eine schwache
südliche bis südwestliche bodennahe Windkomponente deutlich verzögert in Gang.
Hinsichtlich der Clusterung ergeben sich keine Indizien, die die Variante des
GFS stützen könnten. Vielmehr könnte sich im Norden eine etwas ausgeprägtere
westliche Strömung (West antizyklonal oder Südwest antizyklonal gemäß
Großwetterlagen-Clustering) durchsetzen.
Ein mit dem GFS vergleichbares Szenario wird nur von Einzellösungen (meist Hoch
Fennoskandien) geboten, deren Anzahl sich gegenüber dem gestrigen 12 UTC-Lauf
reduziert hat. Im Vergleich zum EPS des GFS markieren die ungestörten
Modellrechnungen kein extremes Szenario, sondern sind etwa in der Mitte der
Verteilung der Einzellösungen zu finden. Auch nimmt der Spread beim EPS des EZMW
nicht so rasch zu wie beim EPS des GFS.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Samstag sind an den Alpen 10 bis 15, in Staulagen wahrscheinlich um 20 cm
Neuschnee innerhalb 12 Stunden zu erwarten. Im Westerzgebirge fallen nur mit
geringer Wahrscheinlichkeit mehr als 10 cm Neuschnee. Zudem besteht Samstagfrüh
und am Vormittag in Teilen der Mitte örtlich Gefahr von gefrierendem
Niederschlag. In der Nacht zum Sonntag kommen vor allem am östlichen Alpenrand
weitere 5 bis 10 cm Neuschnee hinzu.
Am Sonntag fallen im Erzgebirge und im Lausitzer Bergland 10 bis 20 cm und am
Alpenrand bis über 20 cm Neuschnee innerhalb von 12 Stunden, in freien Hochlagen
muss wahrscheinlich mit teils starken Verwehungen gerechnet werden, wodurch zum
einen durch Neuschnee und zum anderen infolge von Verwehungen Unwettergefahr
besteht. Außerdem sind an der Küste sowie auf höheren Berggipfeln Sturmböen Bft
8/9 nicht auszuschließen. Mit geringer Wahrscheinlichkeit muss auch mit
stürmischen Böen bis ins nördliche Binnenland hinein gerechnet werden. In der
Nacht zum Montag gibt es in den Staulagen der östlichen Mittelgebirge weitere 5
bis 10, an den Alpen 10 bis 15 und in den Berchtesgadener Alpen um 20 cm
Neuschnee, aber kaum noch Verwehungen.
Am Montag sind mit hoher, am Dienstag mit geringer Wahrscheinlichkeit in den
östlichen Mittelgebirgen und an den Alpen erneut 5 bis 10, im Westerzgebirge und
am östlichen Alpenrand auch mehr als 10 bis über 15 cm Neuschnee jeweils
innerhalb von 12 Stunden zu erwarten. Die Schneefälle lassen wahrscheinlich in
der Nacht zum Mittwoch allmählich nach. Bis dahin kommen aufakkumuliert, aber
ohne Berücksichtigung des Zusammensackens der Schneedecke in den östlichen
Mittelgebirgen 40 bis 70 und an den Alpen zum Teil mehr als 100 cm Schnee
zusammen. Für die Alpen hat dies eine Zunahme der Lawinengefahr zur Folge.

Basis für Mittelfristvorhersage
EPS, anfangs MOS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann