#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Mittwoch den 01.02.2023 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 011800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 01.02.2023 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht im Osten teils Sturm, an der Ostsee schwerer Sturm. An den Alpen
und teils im Bayerwald Unwetter Dauerschneefall und starke Schneeverwehungen.
Nach kurzer Pause bei ansteigender Schneefallgrenze, zum Ende der Kurzfrist
neuerliche (unwetterartige) Staulage ab der Nacht auf Samstag.
Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
Aktuell … befindet sich Deutschland in einer strammen nordwestlichen
Höhenströmung. Darin eingelagert ist ein markanter kurzwelliger Anteil, der bis
zum Abend von Niedersachsen südostwärts über Deutschland hinwegzieht. In der
Nacht zieht dieser rasch aus Deutschland ab. In Zusammenhang mit dem Antrieb aus
der Höhe hat sich ein kleines Komma gebildet. Die Westflanke des Kommas stellt
eine Art konvektive aktive Linie dar, man könnte sie auch als kleine Kaltfront
bezeichnen. Rückseitig dieser Gewitterlinie steigt der Luftdruck an und die
Temperatur fällt zwischenzeitlich auf unter 2 Grad. Bei Ausbildung einer dünnen
Gaupeldecke wird es kurzzeitig auch einmal glatt. Begleitet wird die Linie zudem
von Sturmböen und schweren Sturmböen, was sich gut mit dem Maximum der Winde in
850 hPa deckt, die bei bis zu 65 kn liegen (ID2). Auch unter Berücksichtigung
der starken vertikalen Windscherung können einzelne orkanartige Böen nicht
ausgeschlossen werden.
Zudem ist die Scherung in der unteren Troposphäre deutlich erhöht, in Verbindung
mit hohen SRH-Werten und niedrigen HKN’s sind einzelne Tornados nicht
ausgeschlossen. Aktuell (16:30 Uhr) zeigt auch eine Zelle im östlichen Westfalen
deutliche Rotation und eine Spur in der LL-Rotation.
Auch sonst gibt es in der hochreichend labilen Schicht im Norden und Osten
Schauer und einzelne Gewitter mit Sturmböengefahr.
In der Nacht auf Donnerstag verlagert sich das Boden(rand)tief von der
westlichen Ostsee bis nach Polen. Dieses Tief findet sich auch in 850 hPa
wieder. Auf seiner Rückseite legt der Gradient nochmal ordentlich zu und ein
weiteres Maximum bei den 850 hPa Winden wandert von Schleswig-Holstein über
Mecklenburg-Vorpommern bis nach Sachsen-Anhalt und Brandenburg, ehe es zum
Morgen Sachsen erreicht. Damit legt der Wind im Nordosten und Osten nochmal
deutlich zu. Es muss vor allem in Verbindung mit Schauern und vereinzelten
Gewittern mit starken bis stürmischen Böen, sowie vereinzelten Sturmböen
gerechnet werden. Von der Ostseeküste ausgehend bis zur Uckermark dürften recht
häufig Sturmböen dabei sein. An der See sind in den auflandigen Gebieten schwere
Sturmböen wahrscheinlich und einzelne orkanartige Böen nicht ausgeschlossen.
Im Laufe der Nacht lässt der Wind an der Nordsee nach. Sonst betreffen starke
bis stürmische Böen, exponiert Sturmböen, allgemein die höheren Berglagen.
Neben dem Wind stehen noch winterliche Warnkriterien im Fokus. Die
Schneefallgrenze liegt meist um 500 m, bei stärkeren Schauern kurzzeitig auch
einmal mit Konvektion bis in tief Lagen. In den westlichen und südwestlichen
Mittelgebirgen steigen Nullgrad- und Schneefallgrenze im Laufe der Nacht an,
sodass Schnee eher kein Thema ist. Eine Ausnahme bildet der Hochschwarzwald
(>1000 m) wo durchaus 5 bis 10 cm fallen können, exponiert sind einigen
hochauflösenden Modellen folgend auch bis 20 cm möglich. In den restlichen
Mittelgebirgen muss oberhalb von 600 m mit wenigen Zentimetern Neuschnee
gerechnet werden. Mit dem bereits vorhandenen Schnee und dem stürmischen Wind,
kann es oberhalb etwa 800 m markante Schneeverwehungen geben. An den Alpen
setzt mit dem abziehenden Kurzwellentrog eine länger andauernde und ergiebige
Schneefalllage ein. Die Höhenströmung dreht dann stärker auf nordwestliche
Richtung, sodass der Alpenstau in Gang kommt. Zudem verstärkte sich mit der sich
nähernden Warmfront die Warmluftadvektion. Bis zum Morgen können vom
Werdenfelser Land bis zum Berchtesgadener Land in den prädestinierten Staulagen
durchaus schon 15 bis 30 cm Neuschnee zusammenkommen. Die Schneefallgrenze liegt
zwischen 600 und 800 m, wobei die großen Mengen vor allem Lagen >1000 m
betreffen. Auch im Bayerischen Wald nehmen die Niederschläge im Laufe der Nacht
zu, die Schneefallgrenze liegt dort zwischen 400 und 600 m (leicht steigend).
Die Mengen werden meist zwischen 5 und 10 cm bis Donnerstagmorgen gerechnet, in
Staulagen bis 20 cm. Insgesamt sind die Mengen in Vergleich zu früheren Läufen
aber zurückgerechnet worden.
Donnerstag … dreht die Höhenströmung noch stärker auf Nordwest und die WLA
gekennzeichnet durch eine schöne Rechtsdrehung des Windes in den
Prognosehodographen, verstärkt sich noch. Damit intensivieren sich auch die
Stauniederschläge an den Alpen. Nun sind auch Teile des Allgäu mitbetroffen. In
12 h werden meist 10 bis 25 cm vorhergesagt, im Berchtesgadener Land vereinzelt
auch über 30 cm. Dabei steigt die Schneefallgrenze weiter leicht an (auf über
800 m).
Im Bayerischen Wald liegt diese noch ein wenig niedriger. Allerdings ist
fraglich, ob noch wirklich viel Niederschlag auftritt. Die Mehrzahl der Modelle
sieht den Schwerpunkt etwas weiter westlich. Ein wenig Neuschneezuwachs sollte
es aber noch geben. Auch in den östlichen Mittelgebirgen fällt in den Hochlagen
oberhalb etwas 800 bis 1000 m in wenig Schnee.
In den westlichen Mittelgebirgen liegt die Schneefallgrenze noch höher, sodass
Schneefall kein Thema ist. Stattdessen liegt dort der Fokus auf markantem
Dauerregen bis Donnerstagabend im Anstau von Sauer- und Siegerland.
Länger freundlich mit Sonne gestaltet sich das Wetter im Nordosten, während es
im Rest des Landes grau in grau ist.
Der Wind spielt anfangs in den östlichen Bundesländern noch eine Rolle. Die
starken bis stürmischen Böen werden aber bis zum frühen Nachmittag von Westen
her rasch weniger. Am längsten halten sich diese noch in Richtung Erzgebirge.
Anders schaut es im Südwesten und Süden aus. Dort gibt es vor allem im Bergland
sowie im Alpenvorland durch Leitplankeneffet noch starke bis stürmische Böen. In
höheren Lagen (bzw. Gipfellagen) der Alpen weht der Wind mit Sturmböen, bis hin
zu orkanartigen Böen. Im Bayerischen Wald gibt es Bft 8/9. Damit treten dort
weiterhin Schneeverwehungen auf.
Mit weiter ansteigender Schneefallgrenze auf um 1000 m tritt ein teilweises
Abschmelzen der Schneedecke auf. Zudem gibt es im Tagesverlauf noch weitere
Niederschläge, sodass lokal die Warnkriterien gerissen werden.
In der Nacht auf Freitag halten die Dauerschneefälle an den Alpen an. Auch am
Erzgebirge fallen vor allem in den Hochlagen noch nennenswerte Schneemengen. Im
Westerzgebirge können durchaus mal 10 bis 20 cm. fallen. Auch auf den
Bayerischen Wald greifen nochmal Niederschläge über, in ähnlicher Größenordnung.
Im Osten und Nordosten ist der Himmel zu Beginn noch aufgelockert oder gering
bewölkt, sodass vorübergehend leichter Frost zu erwarten ist. Nicht
ausgeschlossen, dass beim Übergreifen der Niederschläge von Westen vorübergehend
an der Grenz zu Polen auch mal nasser Schnee dabei ist. Eine größere
Glättesituation sollte sich aber aus heutiger Sicht nicht ergeben.
Der Wind ist vor allem noch im höheren Bergland ein Thema. Zudem verstärkt sich
im Warmsektor der Gradient wieder, sodass im Norden die Möglichkeit für Windböen
wieder zunimmt, an der Nordsee dann stürmisch.
Freitag … greift in der weiterhin bestehenden Nordwestlichen Höhenströmung ein
Kurzwellentrog von Nordwesten auf Deutschland über und zieht bis zum Abend nach
Tschechien ab. Dahinter bekommt die Höhenströmung eine noch stärkere
Nordkomponente.
Mit dem Kurzwellentrog wird auch die Kaltfront des von Südschweden nach Polen
ziehenden Bodentiefs südostwärts geführt. Mit Kaltfront und Kurzwellentrog
frischt der Wind erneut stark bis stürmisch auf, wobei der Wind umso stärker
ist, desto weiter man nach Nordosten schaut. Von Schleswig-Holstein bis nach
Brandenburg können auch wieder Sturmböen mit dabei sein.
Letztlich ist die Situation vergleichbar wie zum heutigen Mittwoch. Die
Höhenwinde sind ähnlich mit 60 kn in 925 hPa und noch etwas mehr in 850 hPa.
Insgesamt ist aber weniger Labilität im Spiel und die Situation läuft etwas
weiter östlich ab. Ganz ausschließen kann man Böen Bft 10 bei stärkeren
konvektiven Entwicklungen aber nicht.
Die Stausituation an den Alpen und im Bayerwald kommt vorübergehend zum Erliegen
und die Nullgradgrenze steigt auf über 1000 m, sodass für die Lagen darunter
Tauwetter einsetzt.
In der Nacht auf Samstag zieht die Kaltfront südwärts ab und Deutschland liegt
rückseitig in einer nördlichen Strömung von der mittleren bis höheren
Troposphäre. Damit setzt an den Alpen eine neuerliche Dauerschneefalllage ein,
die vom Berchtesgadener Land bis zum Allgäu reicht. Je nach Lage können erneut
10 bis 30 cm in 12 h fallen, im Berchtesgadener Land gibt es auch Andeutungen
von Mengen bis nahe 50 cm. Entsprechend könnt eine neue Unwetterwarnung drohen.
Die Schneefallgrenze sinkt auf 800 m.
Zu erwähnen ist auch noch das Erzgebirge, dass bei Nordstaulagen häufig
anspringt. Die Schneefallgrenze sinkt bis in mittlere Lagen. Die Mengen sind
noch etwas unsicher. Es sind aber 5 bis 10 cm, in Staulagen bis 20 cm durchaus
realistisch. Ein wenig Schnee könnte auch noch der Bayerwald bekommen.
Der Wind ist vor allem noch in der ersten Nachthälfte aktiv und die vor allem im
Osten und Südosten. Dort noch starke bis stürmische Böen. In der zweiten
Nachhälfte sind dann vor allem noch die höheren Berglagen betroffen. Mit dem
Wind muss in den Schneefallgebieten auch wieder mit Schneeverwehungen gerechnet
werden.
Samstag … verstärkt sich von Westen her das Geopotential. Der Gradient der
nördlichen Höhenströmung nimmt ab. Vor allem an den Alpen gibt es noch
Dauerschneefälle mit abnehmender Tendenz. Es sind aber nochmal 5 bis 15 cm
möglich, lokal mehr. Auch im Westerzgebirge lassen die Schneefälle nach.
Von Westen her schiebt sich eine schwache Warmfront mit nur geringen
Niederschlägen nach Deutschland (der Höhenrücken hält dagegen). Am
freundlichsten dürfte es von Vorpommern bis zur Lausitz werden.
Der Wind weht nur noch auf den Alpengipfeln stürmisch und ist sonst kein Thema
mehr.
Warnkriterien gibt es sonst keine zu berücksichtigen. Am wärmsten wird es
entlang des Rheins mit Werten um 10 Grad. Am kältesten bleibt es an der Grenze
zu Polen mit nur 4 Grad.
Modellvergleich und -einschätzung
Unterschiede bestehen noch im Detail, was die genaue Lage der stärksten
Anstaugebiete betrifft. Sonst sind sich die Modelle bezüglich der Kurzfrist
einig.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer