SXEU31 DWAV 291800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 29.01.2023 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Kommende Nacht im nördlichen Mittelgebirgsraum, gegen Morgen bis zum Taunus und
zum Hunsrück leichter gefrierender Regen oder Sprühregen, der sich
Montagvormittag ins nördliche Süddeutschland ausbreitet. Am Nachmittag dann
meist nur oberhalb 400 m örtlich noch Glatteisregen. Warnung meist markant.

Zunehmend windig mit stürmischen gebietsweise im Tiefland. Auf den Bergen teils
schwere Sturmböen, auf exponierten Bergen mituner Böen Bft 11 bis 12.
Windhöhepunkt am Mittwoch (einzelne Sturmböen im Norden, an der See Böen Bft 10,
vereinzelt Bft 11). In Staulagen mitunter nennenswerter Neuschnee, vereinzelt
mit Verwehungen. Insgesamt milder als am Sonntag.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC

Aktuell … Die Warmfront des Sturmtiefs NICOLAS vor Mittelnorwegen hat das
deutsche Küstengebiet erreicht und verlagert sich langsam südwärts. In der Mitte
und im Süden sorgt noch der Keil des Hochs westlich der Biskaya für teils
geringe Bewölkung und es ist trocken. Im Verlaufe der Nacht schwenkt der zum
Bodenkeil gehörende Höhenkeil von der Mitte Deutschlands zu den Alpen. Dahinter
schwenkt der kräftige Höhentrog des Nordmeertiefdrucksystems von Schottland nach
Norddeutschland. Die vorgelagerte Kaltfront verlagert sich von der Nordsee zu
den nördlichen Mittelgebirgen, (06 UTC), wobei sie fast die Warmfront erreicht.
Von Nordwest nach Südost breiten sich damit Niederschläge aus, im Norden meist
als Regen, ab den nördlichen Mittelgebirgen teils als gefrierende Regen oder
Sprühregen. Dies passiert auch dadurch, dass die vorgelagerte tiefe Bewölkung
gehoben wird und somit dazu neigt, den Niederschlag als unterkühlte Tröpfchen
abzugeben. Der Modelltemp von ICON-D2 aus der Frühe (05 UTC) zeigt einen recht
isothermen Temp, mit kleiner warmer Nase (unter +1 Grad in der Spitze (bei 1000
m), der auch Schnee und vor allem Eiskörner zuließe. Die Mengen belaufen sich
meist auf 1 bis 4 mm, im nördlichen und westlichen Mittelgebirgsraum teils auch
nur auf 0,5 mm. Hier ist also in den Frühstunden eher eine markante Glatteislage
zu erwarten, da die Mengen klein sind und der Boden nur örtlich gefroren ist. In
der Südhälfte, meist auch im Raum Sachsen, ist es noch weitgehend trocken und
zumindest anfangs auch klar (mal abgesehen von den Restwolken ganz im Süden).
Der Wind frischt von Norden auf und bringt im Norden und Osten sowie in den
Mittelgebirgen oberhalb 400 m steife Windböen, an der See und auf den Bergen
Böen bft 8 bis 9.
Die Tiefstwerte liegen im Norddeutschen Tiefland bei 5 bis 1 Grad, am Nordrand
der Mittelgebirge um 0 Grad und sonst in der Mitte und im Süden zwischen -1 und
-5 Grad, im Süden örtlich bis -9 Grad. In der Mitte werden die Tiefstwerte
bereits abends erreicht.

Montag … wird die zunehmend teilokkludierte Kaltfront bis zum Abend rasch an
die Alpen geführt, wobei diese durch KLA überlaufene und mit Abtrocknung
oberhalb von 700 hPa gespickte Frontpassage bezüglich der Niederschlagsaktivität
immer unauffälliger wird. Das Niederschlagsband zerbricht über der Mitte und dem
Süden zunehmend, wobei besonders die Orografie die Verteilung der Niederschläge
bestimmt. Sprich, einige Regionen bekommen fast nichts ab, andere immerhin 1 bis
4 l/qm, wobei diese örtlich als Schnee oder Schneeregen fallen. In exponierten
Staulagen der östlichen und südöstlichen Mittelgebirge können auch 5 bis 10 cm
Schnee fallen. Gefrierender Regen spielt anfangs vor allem in der Mitte noch
eine Rolle, sollte aber später bei meist abstinenter warmer Nase keine
überregionale Rolle mehr spielen.
Am direkten Alpenrand stellt sich vorübergehend eine Staulage mit 4 bis 10 cm
Neuschnee ein.

Postfrontal kommt es mit Passage eines markanten Höhentroges (500 hPa
um -35 Grad) und einem leicht versetzten Bodentrog kaum zu einer
Wetterberuhigung. Wiederholt ziehen teils kräftige Schauer von Nordwest nach
Südost, die im Nordseeküstenbereich vereinzelt gewittrig durchsetzt sein können
und auch im Binnenland Nord- und Ostdeutschlands linienartig angeordnet sein
können (vielleicht auch mal von einem kurzen Gewitter begleitet). Die Schauer
fallen meist als Regen, je nach Intensität kann aber auch Graupel und in höheren
Lagen auch Schneeregen oder Schnee dabei sein.

Der Bodendruckgradient zwischen Freiburg und Rügen erreicht rund 28 hPa, sodass
deutschlandweit ein sehr windiger Tag zu erwarten ist. Im Süden weht der
Westwind meist stark böig (Bft 7), vereinzelt auch mal stürmisch (Bft 8),
während im Bergland voller Sturm erwartet wird (je nach Anfälligkeit Bft 9 bis
10).
Über der Mitte, dem Norden und Osten werden hingegen dank der verbesserten
Durchmischung verbreitet stürmische Böen Bft 8 aus West bis Nordwest erwartet,
was besonders die Zeit vom späten Vormittag bis Nachmittag betrifft. Dann liegen
die Höhenwinde in 850 hPa in diesen Bereichen bei 50 bis 60 kt, in 950 hPa bei
40 bis 55 kt. Besonders in Verbindung mit Schauern und besonders bei
linienhafter Anordnungen können in diesen Bereichen Sturmböen Bft 9 nicht
ausgeschlossen werden. ICON-D2 EPS hebt dies durch einen Flickenteppich aus
lokal erhöhten Wahrscheinlichkeiten für Bft 9 Böen hervor. Auf den Nordseeinseln
und vom Raum Rostock bis Rügen berechnet das ICON-D2-EPS mäßig erhöhte
Wahrscheinlichkeiten von Böen Bft 10! Auf exponierten Bergen treten Böen Bft 9
bis Bft 12 auf (mit den höchsten Werten auf dem Brocken, Fichtelberg und auf
exponierten Alpengipfeln).
Ein Tornado kann bei stark erhöhter Scherung im Norden und Nordosten nicht ganz
ausgeschlossen werden.

Die Höchstwerte liegen im Süden zwischen 1 und 5 Grad, im Rhein-Main-Gebiet 6,
sonst zwischen 5 und 9 Grad.

In der Nacht zum Dienstag dauert die nordwestliche Strömung an, wird aber
vorübergehend antizyklonal, da ein von Südwesteuropa ausgehender Höhenkeil den
Westen und Norden erreicht (06 UTC). Bedeutet, dass die Niederschläge insgesamt
weitgehend abklingen, im Westen und Nordosten komplett aufghören, jedoch in
einem Streifen von der Deutschen Bucht über Niedersachsen bis zum Erzgebirge
nicht ganz aufhören und im Binnenland allgemein in Schneeregen oder Schnee
übergehen. Im Stau vom Erzgebirge und Thüringer Wald sind dabei einige wenige
Zentimeter Neuschnee zu erwarten. Ähnliches gilt für die Staulagen am Alpenrand.
In Verbindung mit dem Wind sind in Lagen oberhalb von 600 bis 800 m regional
Schneeverwehungen möglich.
Der Westwind spielt besonders im Süden und Westen kaum eine warnrelevante Rolle
mit Böen Bft 6, lokal Bft 7. Anders sieht das im Norden und gesamten Osten aus,
wo der Höhenwind weiterhin Böen Bft 7, vereinzelt Bft 8 zulässt. Markante Böen
werden ebenfalls im Küstenumfeld / Bergland (dort exponiert bis Bft 12)
erwartet.

Die Tiefstwerte liegen dank guter Durchmischung meist zwischen +3 und +1 Grad
mit örtlichem Bodenfrost bei Aufklaren. Entlang und südlich der zentralen
Mittelgebirge gehen diese dank Abkopplung vom Wind auf +1 bis -2 Grad zurück, im
Bergland teils darunter.

Dienstag … verlagert sich der Höhenkeil zum südöstlichen Mitteleuropa und ein
neuer Höhentrog zieht von Schottland nach Nordostdeutschland. Das vorgelagerte
Frontensystem von Tief OLEG, das vom Raum Island zu den Shetland-Inseln zieht
und an der Okklusion ein Randtief über Südskandinavien entwickelt, erreicht
morgens den Nordwesten und zieht weiter nach Süddeutschland, wobei der
Warmsektor kleiner wird bzw. im Nordosten das Frontensystem okkludiert.
Damit setzten von Nordwest nach Südost skalige Niederschläge ein, die anfangs in
etwas höheren Lagen als Schnee fallen, vorübergehend unterhalb von 800 bis 1000
m in Regen übergehen und später wieder mit dem Einströmen subpolarer Meeresluft
oberhalb von 600 bis 700 m in Schnee übergehen. Die Kaltfront erreicht abends
etwa eine Linie Eifel, Lausitz. Im Süden kann die Bewölkung präfrontal mal etwas
auflockern.

Die Höchstwerte liegen zwischen 3 Grad im Vogtland und 9 Grad am Niederrhein.
Der Wind frischt mit Übergreifen der Fronten wieder auf. Im Süden sind es aber
nur örtlich mal steife Windböen. In der Mitte und im Osten verbreitet mit 7er
Böen und im Norden auch postfrontal 8er Böen. An der See sind 9er Böen möglich.
Auf exponierten Bergen Böen Bft 10 bis 11.

In der Nacht zum Mittwoch naht OLEG von Nordwesten, dessen eigentliches Windfeld
verbleibt jedoch die Nacht über noch nordwestlich von Deutschland. Ansonsten
ändert sich an dem Windfeld wenig mit stark böigem Wind im Tiefland sowie mit
einzelnen stürmischen Böen im Norden und Osten. Im Südwesten und Süden treten
wiederholt starke Böen aus Südwest auf. Im Bergland sowie im Küstenumfeld drohen
weiterhin markante Böen, exponiert auf dem Brocken unwetterartige Böen. Es
bleibt wechselhaft mit etwas Stau im Erzgebirge und am Alpenrand (einige
Zentimeter Neuschnee) und dies bei Tiefstwerten von +4 bis +1 Grad, im oberen
Bergland von 0 bis -3 Grad.

Mittwoch … zieht OLEG bis zum Abend zur Südspitze Schwedens und sein Windfeld
erreicht Deutschland. Dabei steht eine ausgewachsene Sturmlage auf dem Programm,
da der damit verbundene Höhentrog nach Deutschland zieht mit Temperaturen häufig
um -35 Grad in 500 hPa und Werten um -5 Grad in 850 hPa. Nach derzeitigem Stand
werden wir es verbreitet mit 8er Böen zu tun haben und im Norden teils mit 9er
Böen. An der See werden verbreitet schwere Sturmböen simuliert (was auch für die
Berge gilt). Eventuell ist auch eine Orkanlage möglich für den
Nordseeküstenbereich und das nordwestliche Schleswig-Holstein (UK10). UK10 hat
auch eine andere Lage des Tiefs: um 18 UTC wird es dicht nordöstlich von Fehmarn
simuliert. Mehr zur Sturmlage und zur Lage des Tiefs im morgigen Frühbericht.
Bei wechselnder bis starker Bewölkung treten immer wieder Regen- und
Graupelschauer auf, im Bergland oberhalb 400 bis 500 m auch Schneeschauer. Im
Norden ist auch ein kurzes Graupelgewitter möglich (Achtung: gefährlich
Straßenglätte). In den Hochlagen der Mittelgebirge sind oberhalb 800 m
Schneeverwehungen zu erwarten. Die Neuschneemengen oberhalb von 600 bis 700m
dürften zwischen 3 und 9 cm, in exponierten Staulagen vereinzelt auch 10 bis 15
cm liegen (Harz, Erzgebirge).
Die Temperaturen sind tendenziell etwas niedriger und liegen zwischen 2 Grad im
mittleren Bergland und 8 Grad im Rheinland.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modellergebnisse sind bis Dienstag recht ähnlich. Ab Mittwoch gibt es
Differenzen bei der Lage von Sturmtief OLEG (s. oben).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden