S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 14.01.2023 um 10.30 UTC

Trog Mitteleuropa, kühl, mit leichten Schneefällen. Im weiteren Verlauf
zunehmend höhenwarmer Hochdruck.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 21.01.2023

Am Dienstag hat sich ein ausgeprägter Trog über Mittel- und Westeuropa
etabliert. Dabei ist verbreitet maritime Polarluft eingeflossen
(850hPa-Temperatur ~ – 7 °C). Das steuernde Zentraltief liegt mit seinem Zentrum
über der Nordsee. Über Nordfrankreich befindet sich ein flaches Randtief. Über
Deutschland ist das Bodendruckfeld antizyklonal konturiert. In der hoch
reichenden Kaltluft (bis -37 °C auf 500 hPa) bilden sich dennoch zwischen
größeren Auflockerungen einige Schauergebiete, deren Position sich kaum
vorhersagen lässt.
In der Nacht zum Mittwoch wird über dem Golf von Genua eine Zyklogenese
ausgelöst.

Am Mittwoch zieht das flache Tief über Frankreich in den Westen. Im Südwesten
wird dadurch die Schaueraktivität verstärkt. Der Höhenkeil wird nach Norden
verdrängt und sorgt dort für Auflockerungen. Gleichzeit zieht das ehemalige
Genuatief auf einer Vb bis Vc-artigen Zugbahn über Osttschechien nach Ostpolen.
Dadurch werden vom Bayerischen Wald über Niederbayern bis an den Alpenrand
kräftigere Schneefälle ausgelöst. Unwetterartige Schneemengen und ein
Übergreifen auf Sachsen werden durch die östliche Zugbahn aber nicht simuliert.
Weiter im Norden bleibt es abgesehen von Schneeschauern an der Küste meist
trocken.

Am Donnerstag zieht das Tief ostwärts ab. Deutschland verbleibt unter der
Trogachse in einem gradientschwachen Bereich. Im Süden kommt es in höhenkalter
Luft wiederholt zu schauerartigen Schneefällen. Während der Norden etwas
antizyklonaler geprägt ist.

Ab Freitag beginnt der erneute Umbau der Wetterlage: Vorderseitig eines
arktischen Kaltluftausbruchs über Grönland wird über Island Zyklogenese
angefacht. Vorderseitig stößt als Folge ein Atlantikkeil in nordöstlicher
Richtung über Großbritannien Richtung Skandinavien vor. Über dem Mittelmeer
kommt es erneut zur Zyklogenes. Durch beide Prozesse bildet der Trog einen
Cut-Off ins Mittelmeer. Währenddessen baut sich eine Hochdruckbrücke zwischen
dem Atlantikhoch und dem Hoch über Russland auf.

Am kommenden Wochenende setzt sich dann im weiteren Verlauf ein Hoch östlich des
Baltikums fest. Absinken sorgt in der Nordwesthälfte für etwas Erwärmung und
Wolkenauflösung. Der Süden wird jedoch noch vom Cut-Off-Tief über dem Mittelmeer
beeinflusst. Es führt auf seiner Nordostflanke warme Mittelmeerluft heran. Diese
beginnt von Nordosten her auf die Kaltluft aufzugleiten und sorgt für mäßige bis
kräftigere Schneefälle in der Südosthälfte.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Im Wesentlichen zeigt der neue IFS-Lauf wenige Änderungen gegenüber den
Vorläufen. Erst ab dem Wochenende zeigen sich Unterschiede. Im Wesentlichen
wurde der Cut-Off-Prozess auch in den Vorläufen gezeigt. Unterschiedlich wurden
die Intensität und die Position des Cut-Off-Tiefs berechnet. So sind die
verstärkten Aufgleitniederschläge am Wochenende im Südosten im neuen Lauf neu.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Andere Modelle zeigen eine ähnliche Entwicklung. ICON lässt die
Aufgleitniederschläge am Mittwoch weiter im Südosten. Sie sind demnach im
Bundesgebiet schwächer. GFS0z berechnet das Vb-Tief erst am Donnerstag. In
diesem Lauf würde der Schneefall bis zum Erzgebirge und bis zur Oberlausitz
ausgreifen. Auch zum Wochenende wird das Aufgleiten simuliert. Jedoch ist das
Cut-Off-Tief weiter nördlich, sodass die Warmluft nur den Nordosten erreicht.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die IFS-Rauchfahnen sind bis Freitag ziemlich stark gebündelt. Danach streuen
die Ensembles in der 850-hPa-Temperatur bei einheitlich ansteigendem
Geopotenzial erheblich. Wobei ein allgemeiner Erwärmungstrend zu sehen ist. Die
GFS-Ensembles zeigen den Erwärmungstrend zum nächsten Wochenende jedoch nur
schwach.
Einige Peaks in den Niederschlägen am Mittwoch und am Donnerstag in den Ensemles
zeigen, dass die Zugbahn des Vb- bzw. Vc-Tiefs und die damit verbundenen
Schneefälle im Südosten noch unsicher sind. Unwetterartige Mengen werden jedoch
nicht erwartet.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Troglage, lässt man einmal die
Unsicherheiten des potenziellen schwachen Vb-Tiefs außer Acht, bis Freitag
weitestgehend sicher. Auch der Cut-Off-Prozess scheint sehr wahrscheinlich. Vom
Wetterablauf her ist es ab Samstag jedoch unsicher. Das stärkere Aufgleiten ab
Samstag im Südosten gilt zumindest als plausibel, auch wenn es nicht von allen
Ensemblemitgliedern gestützt wird. Dabei fährt GFS eine deutlich kältere
Variante, mit einem kräftigeren Cut-Off-Tief, als IFS.
Auf die Frage, wie es danach weiter geht, geben auch die Cluster-Analysen keine
eindeutige Antwort. Am wahrscheinlichsten denkbar wäre eine Blockade über
Fennoskandien, bei uns antizyklonal, oder ein (höhenwarmes) Hoch über
Mitteleuropa.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Je nach Zugbahn des angesprochenen Tiefs sind markante Schneefälle am Mittwoch
und am Donnerstag im Südosten, insbesondere im Bayerischen Wald und an den Alpen
denkbar.

Zum nächsten Wochenende bestehen noch große Unsicherheiten. Es gibt allerdings
einige Optionen von stärkeren Schneefällen, eventuell sogar bis in den
Unwetterbereich im Südosten, sowie am Erzgebirge. Im Übergangsbereich zwischen
Warm- und Kaltluft wäre sogar eine stärkere Glatteislage möglich. Die
allermeisten Ensemblemitglieder sind diesbezüglich eher moderat. Zwar kann eine
Unwetterlage nicht ausgeschlossen werden, erscheint jedoch derzeit als weniger
wahrscheinlich.

Basis für Mittelfristvorhersage
Bis Mittwoch ICON, dann IFS-Hauptlauf; MOS-MIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold