S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 08.01.2023 um 10.30 UTC

Unbeständig und mild, in Staulagen teils kräftige Niederschläge. Weiterhin kein
Winterwetter in Sicht.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 15.01.2023

Im gesamten mittelfristigen Zeitraum liegt Mitteleuropa respektive Deutschland
im Einflussbereich einer ausgeprägten Westwinddrift, sodass sich das milde und
unbeständige Wetter fortsetzt. Ein Wintereinbruch bis ins Flachland rückt damit
in weite Ferne.

Zum Beginn des mittelfristigen Zeitraums am kommenden Mittwoch ist für
Deutschland ein Tief wetterbestimmend, das sich von den Shetlands zur
norwegischen Westküste verlagert, entlang dieser es in der Folge nach Norden
weiterzieht. Dass es nicht weiter nach Osten vorankommt, liegt unter anderem am
kräftigen Kältehoch über Russland mit einem Kerndruck von über 1055hPa. Die
Warmfront des Tiefs zieht bereits ostwärts ab. Ihr folgt von Nordwesten her die
Kaltfront mit teils schauerartigen Regenfällen. Vor allem im Schwarzwald und im
Allgäu kann es staubedingt auch kräftiger regnen. Hinter der Kaltfront fließt
zumindest mal etwas kühlere Luft ein, sodass bis Donnerstagfrüh in ganz
Deutschland die 850hPa-Temperatur auf -1 bis -4 Grad absinkt. In der Nacht zum
Donnerstag greifen von Westen her bereits neue Niederschläge auf Deutschland
über und breiten sich südostwärts aus. Aufgrund der eingeflossenen „Kaltluft“
gehen diese zumindest vorübergehend mal in höhere und mittlere Lagen der
Mittelgebirge und an den Alpen in Schnee über, bleiben aber bei Temperaturen im
Plusbereich kaum liegenbleiben.

Am Donnerstag wird das nach Norden abziehende Tief von einem neuen Tief
abgelöst, das von Westen her Richtung Hebriden zieht. Mit der dazugehörigen
Warmfront kommen von Westen her rasch neue Niederschläge auf. Die damit
verbundene kräftige WLA lässt die Temperaturen wieder auf 1 bis 4 Grad
ansteigen, sodass bis in höchste Lagen Regen fällt, der erneut im Weststau des
Schwarzwalds kräftig ausfallen kann. Bei Temperaturen zwischen 6 und 11 Grad
kommen daher weiterhin keine Wintergefühle auf.

Am Freitag zieht das Tief weiter zu den Shetlands und hinter der Kaltfront, die
uns südostwärts überquert, fließt zumindest in der Nordhälfte wieder etwas
kühlere Luft ein (T850hPa < 0°C). An und hinter der Kaltfront kommt es zu
schauerartigen Niederschlägen, wobei es gebietsweise auch für kurze Gewitter
reichen kann. Mit 7 bis 12 Grad bleibt es weiterhin für die Jahreszeit viel zu
mild. Schließlich befinden wir uns aktuell im Hochwinter.

Am Samstag sorgt ein Tiefdruckkomplex über Großbritannien, der Nordsee und der
Norwegischen See weiterhin für unbeständiges Wetter. Abwechselnd gelangt mal
sehr milde (T850hPa > 0°C), mal etwas weniger milde (T850hPa < 0°C) zu uns. Von
Winterwetter ist damit weiterhin keine Spur und es muss weiterhin bei milden 6
bis 12 Grad mit Regenfällen gerechnet werden.

Am Sonntag verlagert sich der Tiefdruckkomplex ostwärts. Da sich über dem
zentralen und westlichen Atlantik allmählich ein mächtiger Rücken mit einem
abgeschlossenen Höhenhoch nähert, beginnt die Höhenströmung wieder deutlicher zu
mäandrieren. An der Ostflanke des Rückens bzw. auf der Rückseite des
hochreichenden Tiefkomplexes kann erwärmte polare Meeresluft voraussichtlich
etwas nachhaltiger nach Süden vorstoßen.

In der erweiterten Mittelfrist gehen dadurch die Temperaturen voraussichtlich
allmählich etwas zurück, es bleibt dabei weiterhin unbeständig. Zumindest in den
Hochlagen der Mittelgebirge und in den Alpen steigen die Chancen auf
nennenswerte Schneefälle. Im Tiefland bleibt es allerdings meist bei Regen. Ein
durchgreifender Wintereinbruch bleibt also auch dann eher unwahrscheinlich.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Freitag ist dem IFS eine gute Konsistenz zu bescheinigen. Ab
dem kommenden Wochenende nehmen die Unterschiede dann zu. Die beiden Vorläufe
simulierten am Samstag die Ausbildung eines kräftigen Sturmtiefs, das rasch aus
Westen über Südengland zur Nordsee ziehen sollte und für West- und Mitteleuropa
eine Sturmlage zu Folge hätte. Der heutige 00UTC-Lauf hat dieses Sturmtief
allerdings nicht auf der Agenda bzw. das schwächere steuernde Tief schlägt eine
nördlichere Zugbahn ein. Das nachfolgende Aufwölben des mächtigen Rückens über
dem Atlantik wird vom gestrigen 12ZTC-Lauf gestützt, nicht aber vom gestrigen
00UTC-Lauf. Demnach sollte die Kaltluft über dem Atlantik weiter westlich nach
Süden vorstoßen.

Zusammengefasst kann die Vorhersage bis Freitag als relativ sicher eingeschätzt
werden. Danach nehmen die Unterschiede, wobei es am Samstag zunehmend windig bis
stürmisch wird (Entwicklung einer Sturmalge nicht ausgeschlossen). In der
erweiterten Mittelfrist gehen die Temperaturen voraussichtlich zurück, wobei
allenfalls in Hochlagen der Winter zurückkehrt.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Auch die Simulationen von ICON und GFS ähneln sich bis Freitag recht stark. Am
Samstag zeigt ICON ein Tief, das eine ähnliche Zugbahn wie in den IFS-Vorläufen
einschlägt, allerdings deutlich zahmer (höherer Kerndruck) daherkommt und daher
auch nach dieser Lösung keine ausgeprägte Sturmlage zur Folge hätte. GFS
unterscheidet sich deutlicher von ICON und IFS und lässt einen Rücken über
Westeuropa aufwölben. Auch am Sonntag und im weiteren Verlauf zeigen IFS und
ICON sehr ähnliche Strömungsmuster, während GFS deutlich meridionaler daherkommt
mit Rücken über dem zentralen Atlantik und West-/Mitteleuropa und Trögen über
dem nahen Ostatlantik und Osteuropa/östl. Mitteleuropa, wobei die Amplituden der
Tröge und Rücken sehr groß sind.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen stützen die beschriebenen synoptischen Muster. Über den gesamten
Zeitraum hinweg fallen die deutlichen Niederschlagssignale auf, was bei der
regen Westwinddrift allerdings nicht wirklich überrascht. Dabei ist der Spread
bis Freitag bei Geopotential und Temperatur relativ gering. Nachfolgend nimmt
der Spread zu, wobei ab Sonntag die Mehrzahl der (wenn auch nicht alle) Member
nachhaltig auf rund -3 bis -6 Grad zurückgehen. Daher ist von zurückgehenden
Temperaturen auszugehen. Eine Einwinterung bis ins Flachland bleibt aber
weiterhin eher unwahrscheinlich.

Bei den Clustern werden im Zeitraum t120h-168h vier Cluster angeboten, die alle
eine Fortdauer der Westwinddrift zeigen. Cluster 1 (15 Member) und 2 (14 Member
inklusive Haupt- und Kontrolllauf) zeigen zum Sonntag das Aufwölben des Rückens
über dem Atlantik, während die Wellen in den übrigen beiden Clustern (jeweils 11
Member) flacher simuliert werden.

Im Zeitraum t192h-240h werden 5 Cluster angeboten, wobei die Großwetterlagen
meist dem Strömungsmuster einer negativen NAO zugeordnet werden.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

WIND/STURM:
Bis Freitag sind nur an den Küsten und in Hochlagen zeitweise stürmische Böen
oder Sturmböen (Bft 8-9) möglich.
Am Samstag gibt es dann voraussichtlich verbreiteter starke bis stürmische Böen
(Bft 7-8) bis ins Tiefland, an der Küste und im höheren Bergland ist es
zunehmend stürmisch (Böen Bft 9-10). Eine Sturmlage mit Sturmböen bis ins
Flachland ist noch nicht vom Tisch, ist aber eher unwahrscheinlich.

REGEN:
Vor allem in West- und Nordweststaulagen der Mittelgebirge regnet es mitunter
kräftig mit Mengen teils über 30 l/qm in 24 Stunden. Akkumuliert kommen in
Staulagen der westlichen und südwestlichen Mittelgebirge bis zum kommenden
Wochenende 50 bis 100 l/qm zusammen, im Schwarzwald teils auch noch mehr.

SCHNEE:
Allenfalls in Hochlagen der Alpen (>1000m) sind vorübergehend mal
Neuschneemengen um 10 cm möglich, die aber auch dort nicht von Dauer sind, da es
wiederholt bis in höchste Lagen zu Tauwetter kommt.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, ICON, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dr. rer. nat. Markus Übel