S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 05.01.2023 um 10.30 UTC

Wechselhafter, durch atlantische Tiefausläufer geprägter Wetterabschnitt. Dabei
mal mehr, mal etwas weniger milde Meeresluft wirksam.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 12.01.2023

Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Sonntag thront ein
dickes fettes Zentraltief (wahrscheinlich CONSTANTIN) über dem nahen Atlantik.
Genau genommen liegt es mit seinem Zentrum zur Mittagszeit dicht bei den
Hebriden, wobei im Kern ein Luftdruck zwischen 965 und 960 hPa simuliert wird.
Das umfangreiche Tief korrespondiert mit einem breiten Höhentrog, der leicht
progressive Tendenzen aufweist. Deutschland verbringt den Sonntag aber noch auf
seiner Vorderseite, wo eine teilokkludierte Kaltfront vielerorts für
wechselhafte und milde Verhältnisse sorgt. Trocken und auch etwas kälter bleibt
es im Südosten in der von der Nacht noch entkoppelten Grundschicht. In den Alpen
herrscht Südföhn.

Anfang der neuen Woche greift der Höhentrog unter leichter Amplifizierung und
Verkürzung seiner Wellenlänge auf Mitteleuropa respektive Deutschland über. Mit
Winddrehung von südlichen Richtungen auf Südwest bis West gelangt eine Portion
erwärmter Meereskaltluft polaren Ursprungs in den Vorhersageraum, in der T850
bis Dienstag auf Werte um -3°C zurückgeht. Damit steigen die Chancen, dass die
troginduzierten, konvektiv geprägten Niederschläge im Bergland in Schnee
übergehen. Je nach Intensität dürfte die Schneefallgrenze auf 1000 bis 700 m
sinken. Ansonsten gilt noch festzuhalten, dass sich das Zentraltief über dem
Seegebiet nördlich Schottlands merklich auffüllt (Dienstag 12 UTC
voraussichtlich nur noch um 985 hPa Kerndruck). Über dem mittleren Nordatlantik
stehen aber schon mehrere Exemplare zur Nachfolge bereit.

Und so kommt es wie es kommen muss. Am Mittwoch erreicht eines dieser Tiefs die
Inselgruppen nördlich von Schottland. Inzwischen ist der o.e. Höhentrog
weitergezogen in Richtung östliches Mitteleuropa, wo er sehr wahrscheinlich über
dem Balkan abtropft. Der nachfolgende Rücken, der am Dienstagabend Deutschland
erreicht und nachfolgend rasch überquert, wird von der Warmfront des neuen Tiefs
überlaufen. Sie führt wieder mildere Luftmassen vom Atlantik heran, in denen
T850 auf leicht positive Werte steigt. Damit ist das kurze Bergwinterintermezzo
auch schon wieder vorbei und der wechselhafte und milde, mitunter auch windige
Alltag nimmt seinen Lauf sehr wahrscheinlich bis in den erweiterten
Mittelfristzeitraum hinein.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Dem IFS vom ECMF kann derzeit eine gute Konsistenz attestiert werden. So werden
die wesentlichen wetterbestimmenden Strukturen mit nur geringen Unschärfen vom
heutigen 00-UTC-Lauf bestätigt. Von daher ist eine grundlegende Überarbeitung
des gestrigen Vorhersagekonzepts nicht nötig. Erst zum Ende hin, schon in die
erweiterte Mittelfrist nach dem nächsten Donnerstag hineinreichend, nehmen die
Unterschiede zu. Allerdings betrifft das im Wesentlichen die Phasen und die
Konfiguration der vom Atlantik übergreifenden Systeme. Der wechselhafte
Witterungscharakter als solcher mit mal mehr, mal etwas weniger milder
Meeresluft steht eigentlich erstmal nicht in Frage.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die Grundmuster der an dieser Stelle für gewöhnlich auf dem Prüfstand stehenden
Modelle – namentlich sind das ICON (DE), UK10 (UK), GFS (U.S.) und GEM (CAN) -,
sehen sich verdammt ähnlich und weichen kaum von denen des IFS ab. Von daher
spricht aus rein deterministischer Perspektive Vieles für eine belastbare
Vorhersage. Dass zum Ende hin die Differenzen zunehmen, ähnlich wie bei der
Konsistenzbetrachtung, ist unter mittelfristigen Aspekten nichts
Außergewöhnliches. Tatsache ist, dass GFS und GEM wie IFS auch in der
erweiterten Mittelfrist den Einfluss des atlantischen Regimes zunächst
aufrechthalten.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die IFS-EPS-Rauchfahnen (und übrigens auch die von GFS-EPS) verschiedener
deutscher Städte zeigen bis etwa Mitte nächster Woche erfreulich enge
Kurvenverläufe ohne nennenswerte Ausreißer. Darin spiegeln sich die wesentlichen
Features – „Kühlphase“ zu Wochenbeginn mit nachfolgendem Warmfrontpeak –
deutlich wider. Erst nach hinten raus wird die Entwicklung unklarer, der Spread
der verschiedenen Lösungen nimmt zu. Tendenziell zeigen die Temperaturkurven
eher wieder nach unten, allerdings mit unterschiedlichen Steigungen und auch
nicht bei allen Ensembles. Was konstant erhalten bleibt ist ein permanentes
Grundrauschen bei den Niederschlagssignalen.

Von den Rauchfahnen zu den Clustern, die mit drei Schubladen für den Zeitraum
T+72…96h (Sonntag/Montag) starten. Für unseren Raum sind dabei aber keine
Unterschiede auszumachen und auch großräumig sind die Differenzen marginal. Von
Dienstag bis Donnerstag (T+120…168h) bleibt es bei drei Clustern, die ebenfalls
sehr ähnliche Muster aufs Tableau bringen. Dabei läuft zum Ende alles auf eine
zyklonale Südwestlage (SWz) innerhalb des Klimaregimes „NAO positiv“ hinaus. Ab
Freitag (T+192…240h) wird es diffus. Nicht nur dass jetzt vier verschiedene
Cluster angeboten werden. Auch die Klimaregime nehmen zu, von „NAO positiv“ über
„NAO negativ“ bis hin zur „Blockierung“ ist alles vertreten, wobei aber
zumindest anfangs eine atlantische Prägung nicht wegzudiskutieren ist.

FAZIT: Die probabilistischen Vorhersagen stützen die Aussagen der Hauptläufe
zumindest bis Mitte nächster Woche. Danach wirdŽs unsicher.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Die Wahrscheinlichkeit für das Reißen markanter Warnschwellen hält sich im
Mittelfristzeitraum in Grenzen. Sowohl beim Niederschlag als auch beim Wind
deuten sich keine außergewöhnlichen Ereignisse an. Das heißt aber nicht, dass
nicht in irgendeiner Staulage lokal mal das Dauerregenkriterium knapp gerissen
wird. Und das heißt auch nicht, dass nicht zeitweise insbesondere im höheren
Bergland oder auf/an der Nordsee der Wind in Böen stürmisch daherkommt. Die ganz
großen Nummern zeichnen sich auf Basis der Modellprognosen inkl. der
probabilistischen Anschlussverfahren aber nicht ab.

Basis für Mittelfristvorhersage
Modellmix mit MOS-Mix und IFS-EPS.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann