S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 02.01.2023 um 10.30 UTC

Wechselhaft, für die Jahreszeit zu mild und zeitweise windig, am Freitag im
Norden und in der Mitte Deutschlands Gefahr von Sturmböen. Am Samstag im
Nordosten etwas Schnee nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 09.01.2023

Am Donnerstag liegt Deutschland auf der Vorderseite eines flachen Rückens.
Dessen Achse überquert im Tagesverlauf die Britischen Inseln und ist am Abend
über der Nordsee zu finden. Das durch den Rücken induzierte schwache Absinken
limitiert die Hebungsprozesse, die unterhalb des Rückens an einer von Westen
hereinschwenkenden Warmfront zu beobachten sind. Diese erreicht bis zum Abend
etwa eine Linie Münsterland – Südostbayern, das zugehörige Tief greift
rückseitig des o.e. Rückens im Tagesverlauf auf Irland und die Irische See über.
Damit liegen die Schwerpunkte der insgesamt schwachen Niederschläge im Süden und
Westen, wenngleich leichter Regen auch im Norden und Osten nicht ausgeschlossen
werden kann. Mit der Warmfront steigt im Süden das Temperaturniveau in 850 hPa
von 2 bis 3°C auf etwa 4 bis 5°C an, dazu weht im Frontbereich sowie auch im
Vorfeld ein lebhafter Wind mit steifen und stürmischen Böen im Bergland. Im
Nordosten sinkt das Temperaturniveau dagegen etwas ab auf abendliche Werte um
-4°C, was einem Tief über der Ostsee geschuldet ist, welches auf seiner
Rückseite von Norden kältere Luft heranrührt. Entsprechend sind die Höchstwerte
im Nordosten mit 7°c auch am niedrigsten, im Südwesten werden lokal bis 14°C
erreicht.
In der Nacht zum Sonntag überquert die Achse des Rückens große Teile
Deutschlands von West nach Ost. Auf seiner Rückseite kann sich das
Westeuropatief auf seinem Weg von der Irischen See bis zur Nordsee deutlich auf
unter 995 hPa vertiefen und somit Sturmtiefcharakter annehmen, was im Nordwesten
steife bis stürmische Böen zur Folge hat. Durch die Intensivierung des Tiefs
kräftigen sich auch die auf den Nordosten ausgreifenden Regenfälle, nach
aktuellem Stand können im Norden durchaus 10 l/qm in 12 Stunden zusammenkommen.
Die Tiefstwerte liegen im Nordosten teils nur um 3°C, im Südwesten dagegen lokal
bei 9°C.

Am Freitag vertieft sich das Sturmtief vorderseitig eines scharf geschnittenen
Kurzwellentroges weiter auf knapp unter 990 hPa, allerdings soll der
Kurzwellentrog nach dem deterministischen Lauf von IFS das Tief allmählich
überlaufen, so dass es beginnt sich aufzufüllen und am Abend schon wieder einen
Kerndruck von 995 hPa aufweisen soll. Zu diesem Zeitpunkt soll es die westliche
Ostsee erreichen, und während die Warmfront bis nach Polen vorankommt, greift
insbesondere in der zweiten Tageshälfte von Nordwesten her die Kaltfront auf
Deutschland über. Sie nimmt zum Abend Kontakt zur Mittelgebirgsschwelle auf, da
sie aber eher Katacharakter aufweist und die Niederschläge folglich überwiegend
präfrontal fallen, greifen diese bis zum Abend bis zum Main und in die Pfalz
aus. Schneefall ist bis dahin auch in den hohen Lagen kein Thema, und auch wenn
es im Norden mitunter kräftiger regnet, steht auch Dauerregen nicht auf der
Agenda. Stattdessen richtet sich der Blick auf den Wind, der in der
Norddeutschen Tiefebene und in den nördlichen Mittelgebirgen steif bis stürmisch
unterwegs ist. An der Küste, insbesondere an der Nordsee, ist mit Sturm oder
schwerem Sturm, anfangs aus West, später aus Nordwest zu rechnen. Da sich im
Warmsektor des Tiefs insgesamt milde Luft durchsetzt, liegen die 850er
Temperatur am Abend zwischen -2°C im Norden und +4°C im Süden, was Höchstwerte
von 6 bis 15°C zu Folge hat.
In der Nacht zum Samstag zieht das Tief rasch nach Südosten bis ins Grenzgebiet
von Polen und der Ukraine, womit auf seiner Rückseite aus Ost bis Nordost
nochmals kurzzeitig ein Schwall Kaltluft in den Nordosten gesteuert wird (T 850
hPa am Morgen auf Rügen laut IFS deterministisch bis -12°C), was dann mit
Anfeuchtung durch die Ostsee eventuell im Nordosten etwas Schnee bringen könnte.
Da der Kurzwellentrog durchglättet und stattdessen ein von Westen auf
Mitteleuropa übergreifender Rücken für Absinken sorgt, steigt der Druck im Tief
bis auf etwa 1006 hPa in den Morgenstunden. Der Rückenachse unmittelbar
vorauslaufend schiebt sich von Westen eine von Nord nach Süd orientierte
Hochdruckbrücke nach Deutschland, die nicht nur für ein Aufweichen des
Druckgradienten, sondern auch für ein Nachlassen des südwärtigen
Verlagerungsimpulses an der Kaltfront führt. Stattdessen wird die Front im
Westen vorderseitig eines neuen großräumigen Tiefs als Warmfront rückläufig.
Mithin erreicht die Kaltluft den Süden nicht, dort bleiben die 850er Werte in
einer Spanne von 2 bis 4°C. Während im Nordosten Frost bis -3°C erwartet wird,
bleibt es in den übrigen Gebieten frostfrei mit bis zu +7°C im Westen und
Südwesten.

Am Samstag und in der Nacht zum Sonntag verlagern sich sowohl die
Geopotentialmuster wie auch die Druckgebilde allmählich ostwärts. Der von
Westeuropa übergreifende Rücken überquert Deutschland, seine Achse ist am
Sonntagmorgen etwa im Bereich von Oder und Neiße zu finden. Die Hochdruckbrücke
schiebt sich ebenfalls weiter nach Osten, aus ihr entwickelt sich bis zum
Sonntagmorgen ein Hoch mit Schwerpunkt über dem südlichen Baltikum. Damit dreht
im Norden die Strömung auf Ost, sie bringt eventuell ein paar Schneeflocken mit,
ansonsten eher auf Süd bis Südost, was an den Alpen zu einer föhnigen Situation
führt. Dies ist auch an den 850er Temperaturen im Alpenvorland zu erkennen, die
auf 8°C steigen sollen. Aber auch im Nordosten liegen sie am Sonntagmorgen nur
noch lokal (Vorpommern) bei bis zu -2°C. Die rückläufige Warmfront wird im
Tagesverlauf über den Nordosten bis zur Nordsee geschoben, verbunden mit zumeist
geringem Regen. Die nachfolgende Kaltfront kann allerdings auch in der Nacht zum
Sonntag noch nicht auf Deutschland übergreifen, da sie durch Wellenbildung an
einer Verlagerung nach Osten behindert wird. Somit bleibt es abgesehen von den
schwachen Regenfällen im Nordwesten zumeist trocken, ei Höchstwerten zwischen
1°C im Nordosten und 15°C im föhnigen Süden. Nachtliegen die Minima bei 7 bis
-3°C.

Am Sonntag und Montag ist Trogeinfluss dominierend, wobei das mit dem Trog
korrespondierende nordatlantische Tief bis zu den Britischen Inseln vorankommt.
Nachdem sich im 850er Niveau die nördlich der Alpen liegende Warmluftblase
abgelöst hat und unter Abschwächung bzw. Abkühlung nach Nordosten gewandter ist,
stellt sich im 850er Niveau bezüglich der Temperaturen wieder eine
Einheitsspanne von zumeist -2 bis +3°C ein, nur im Süden ist es lokal etwas
wärmer. Dazu greift von Westen ein schwaches Frontensystem auf Deutschland über,
das bis zum Montag den Osten erreicht und nur wenig Niederschlag bringt –
immerhin reicht es in den höchsten Lagen eventuell für etwas Schnee. Erst am
Montagnachmittag und in der Nacht zum Dienstag deuten sich im Modell von Westen
mit einer neuen Warmfront kräftigere Regenfälle an. Dies führt auch zu einem
allmählich wieder anziehenden Wind. Die Höchstwerte liegen bei 3 bis 13°C, wobei
der Montag aus jetziger Sicht etwas kühler ausfällt, nachts bei 5 bis -3°C.

Im Verlauf der erweiterten Mittelfrist dominiert weiter tiefer Luftdruck. Über
Westeuropa stellt sich ein zonales Strömungsmuster ein, eine zunächst winklige
Westlage geht dabei allmählich in eine Westlage über. In dem Zusammenhang kommt
es immer wieder zu Niederschlägen bei zögerlich zurückgehenden Temperaturen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bezüglich der Konsistenz des aktuellen IFS-Laufs mit den Vorläufen zeigen sich
teils deutliche Unterschiede. Auffällig ist, dass die Übereinstimmung des
aktuellen Laufes mal mit dem gestrigen 12-UTC-Lauf, mal mit dem gestrigen
00-UTC-Lauf besser ist.

So liefern in der Nacht zum Freitag sowohl der aktuelle 00-UTC-Lauf wie auch der
gestrige 00-UTC-Lauf ein kräftiges Tief (Sturmtief) über der Nordsee, welches
sich über Dänemark und Polen hinweg zur Ukraine verlagern soll. Damit ist auch
eine markante Windentwicklung über der Nordhälfte verbunden. Der gestrige
12-UTC-Lauf simuliert dagegen nur eine schwache Welle über Norddeutschland. Dies
ist letztendlich auch damit zu erklären, dass im 500 hPa-Niveau die 00-UTC-Läufe
einen markanten Kurzwellentrog simulieren, während der gestrige 12-UTC-Lauf eine
„klassische“ Trogrückseite vorschlägt.

Im weiteren Verlauf kommt es immer wieder zu solchen Abweichungen. Ein weiteres
Beispiel wäre am Samstag um 12 UCT auszumachen. Während zu diesem Zeitpunkt die
Warmfront des allmählich auf Westeuropa zusteuernden Tiefs beim aktuellen wie
auch beim direkten Vorlauf den Nordwesten Deutschlands erreicht und die
Temperaturen über der zentralen Nordsee im 850er Niveau bei 0°C liegen, greift
die Front im gestrigen 00-UTC-Lauf deutlich langsamer über und die Temperaturen
über der Nordsee liegen etwas 5K niedriger.

Für den Sonntag zeigt sich dann wieder eine bessere Übereinstimmung zwischen dem
aktuellen Lauf und dem gestrigen 12-UTC-Lauf beim Langwellentrog über
Westeuropa, wo der gestrige 00-UTC-Lauf noch einen Rücken simulierte. Ein
entsprechend gegenläufiges Muster zeigt sich dann auch über dem nahen Osteuropa.

Insgesamt zeigen sich recht deutliche Unterschiede zwischen den letzten
IFS-Läufen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die Übereinstimmung des IFS mit ICON und UKMO ist bis zum Freitag sehr gut. Das
Sturmtief über der Nordsee haben alle genannten Kandidaten im Programm, bis um
18 UTC soll es bei den genannten Modellen bis zur deutsch-dänischen Grenze
vorangekommen sein. Dass ICON mit der Lage des Tiefs eine Nuance weiter nördlich
ist als IFS und UKMO, fällt kaum ins Gewicht – eher schon die Tatsache, dass
ICON im weiteren Verlauf die Verlagerung nach Osten schwächer einschätzt als IFS
und UKMO.

Eine Sonderrolle nimmt GFS ein, denn dieses Modell lässt ein nur recht
schwaches, flaches Tief über die Norddeutsche Tiefebene nach Osten ziehen. Die
Konsequenz wäre ein Wintereinbruch auf der kalten Seite des Tiefs, den die
erstgenannten Modelle nicht auf der Agenda haben.

Im weiteren Verlauf gleichen sich die Modelle über Mitteleuropa wieder an, um
dann mit dem am Samstag und in der Nacht zum Sonntag über Westeuropa
hereinschwenkende Trog wieder auseinander zu laufen. Diesbezüglich präsentiert
sich ICON am progressivsten, bis um 00 UTC am Sonntag soll die Trogachse schon
über Ostfrankreich sein. Laut IFS befindet sich die Trogachse dagegen noch über
der Biskaya, was etwa auch der UKMO-Lösung entspricht, laut GFS sogar noch
weiter westlich. In der Folge präsentieren sich auch die Temperatur- du
Feuchtefelder deutlich unterschiedlich.

Im weiteren Verlauf bleiben Unterschiede erhalten. Das verbindende Element: Es
geht unter Trog- und Tiefdruckeinfluss in die kommende Woche.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Für den Zeitraum +72 bis +96 Stunden werden die IFS-Ensembles in 3 Cluster
eingeteilt mit 22, 16 und 13 Mitgliedern. Im größten Cluster liegen auch der
Haupt- und Kontrolllauf, er wechselt von der Kategorie „Positive NAO2 in eine
Blockierungslage. Der zweitgrößte Cluster bleibt durchweg in der
„Blockierungslage“, wobei seine 500 hPa Blockierungsmuster deutlicher ausgeprägt
sind als dies beim größten Cluster der Fall ist. Der kleinste Cluster bewegt
sich derweil durchgehend in der Kategorie „Positive NAO“, einen flachen Rücken
über Westeuropa in 500 hPa deutet aber auch dieser Cluster an.

Im Zeitfenster +120 bis +168h werden zwei Cluster angeboten. Der mit 27
Mitgliedern größere wechselt von der Kategorie „Positive NAO“ in die Kategorie
„Negative NAO“, der mit 24 Mitgliedern nur unwesentlich kleinere, in dem auch
der Haupt- und Kontrolllauf liegen, wechselt dagegen von der Kategorie „Positive
NAO“ in die Kategorie „Blocking.“ Letztendlich zeigt sich aber bei beiden
repräsentativen Geopotentialmustern ein Rücken über dem östlichen Mitteleuropa
und Trogeinfluss über Westeuropa.

Die IFS-Rauchfahnen für Offenbach zeigen im Mitelfristzeitraum bis zum kommenden
Sonntag ein Temperaturniveau in 850 hPa von 2 bis 3°C an. Dabei ist die Streuung
insgesamt gering, es zeigen sich aber hier und da von Einzellösungen kleinere
Ausreißer nach unten. Erst am Sonntag, wenn das Temperaturniveau zögerlich zu
sinken beginnt, wird auch die Streuung etwas größer. Demgegenüber zeigen die
Rauchfahnen des Geopotentials im Mittelfristzeitraum bis zum kommenden Sonntag
ein leichtes, aber recht gleichmäßiges Absinken des Geopotentials, erst danach,
mit stärkerem Rückgang, beginnt die Streuung zuzunehmen.

Die GFS-Ensembles bestätigen die Aussagen der IFS-Ensembles. Insgesamt scheint
aber die Streuung der GFS-Ensembles etwas größer zu sein als die Der
IFS-Ensembles.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

WIND:
Der EFI deutet am Donnerstag punktuell im Osten starke Böen an.

Nach COSMO-LEPS am Donnerstag in den Hochlagen der Mittelgebirge (insbesondere
der östlichen) mittlere bis hohe Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen und
Sturmböen (Brocken, Fichtelberg bis 100%). An den Küsten und im Nordosten
Wahrscheinlichkeiten von um 30% für stürmische Böen.

Am Freitag nach COSMO-LEPS an den Küsten mittlere Wahrscheinlichkeiten für
stürmische Böen und Sturmböen, ebenso in einigen höheren Mittelgebirgslagen
(östliche Mittelgebirge).

TEMPERATUR:
Bezüglich der Temperaturen liefert der EFI am Donnerstag im Süden teils
deutlich, am Freitag und Samstag im Süden und der Mitte moderat über dem
Klimamittel liegende Höchstwerte an.

NIEDERSCHLAG:
EFI bringt am Freitag im Norden Signale für deutlich über dem Klimamittel
liegende Niederschläge. In die Richtung deutet auch COSMO-LEPS, die angebotenen
Wahrscheinlichkeiten sind mit bis zu 10% aber sehr gering.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas