S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 31.12.2022 um 10.30 UTC

Unbeständig und windig bis stürmisch, lokal Dauerregenpotential, mild.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 07.01.2023

Bei den dominierenden Wetterlagen im mittelfristigen Zeitraum ist West Trumpf.
Nahezu alle Mitglieder des IFS-Ensembles zeigen von Dienstag bis Samstag
Westwetterlagen. Ob die Strömung nun eher aus Südwest oder Nordwest kommt und
eine zyklonale oder antizyklonale Krümmung aufweist, ist dagegen noch nicht
abschließend geklärt. In dieser Hinsicht gibt es innerhalb des IFS-ENS noch
viele Optionen. Vor allem zu Beginn der Mittelfrist von Dienstag bis Donnerstag
überwiegt derzeit der Buchstabe a für antizyklonal. Inwieweit dieser auch
nachhaltig Einfluss auf das Wetter in Deutschland hat, wird gleich genauer unter
die Lupe genommen. Zum kommenden Wochenende ist dagegen wieder das z für
zyklonal dominierend. Schauen wir mal, wo und wann entsprechende Niederschläge
auf dem Programm stehen.

Zu Beginn des Mittelfristigen Zeitraums am Dienstag überquert der Kurzwellentrog
eines Höhentiefs über Finnland Deutschland ostwärts. Rückseitig kann sich ein
schwacher Rücken geringer Wellenlänge ins Land schieben. Zudem wirbelt noch vor
Marokko ein Höhentief, welches auf durch WLA auf der Vorderseite einen kräftigen
Rücken stützt. Dieser reicht von Tunesien zum Balkan, wobei er auf der
Nordflanke zunehmend abgehobelt wird. Am Boden korreliert der Kurzwellentrog mit
einem Bodentrog, in dem eine teils okkludierte Kaltfront eingelagert ist. Diese
gelangt über Deutschland allerdings unter Hochdruckeinfluss und verliert an
Aktivität. Unter besagtem Zwischenhocheinfluss kann sich vorübergehend auch
kühlere Luft polaren Ursprungs im Land breit machen, sodass die Temperaturen in
850 hPa meist zwischen +1 und -7 Grad liegen. Doch über den Britischen Inseln
steht schon ein neuer Kurzwellentrog in den Startlöchern auf Deutschland
überzugreifen. Dieser harmoniert am Boden ebenfalls mit einen Frontensystem. Die
auf der Vorderseite der Warmfront liegende WLA soll demnach in der Nacht den
Norden des Landes erreichen und dort für Regen sorgen. Ansonsten sind tagsüber
vor allem vom Westen in den Osten auf Basis frontaler Hebung geringe
Niederschlagssignale gegeben. Auch an den Alpen werden noch Regenfälle, im
Bergland auch Schneefälle simuliert. Nachts soll es dann abgesehen vom Norden
weitgehend niederschlagsfrei bleiben.

Am Mittwoch trumpft dann das hochreichende Tief nordöstlich von Schottland auf,
indem es die Warmfront über die Nordhälfte Deutschlands hinweg schiebt. Der dazu
gehörende Trog unterstützt noch mit PVA, ist allerdings nur im Norden
signifikant. Ansonsten kann sich eine recht zonale westliche Strömung
durchsetzen, mit der in der Nacht schließlich auch die Kaltfront auf das Land
übergreift und dieses ostwärts überrollt. Rückseitig des Kurzwellentroges kann
sich über Westeuropa und die Britischen Inseln ein Rücken aufbäumen, der
bodennah mit einem Hoch über der Iberischen Halbinsel und Südfrankreich
einhergeht. Vor allem in den nördlichen und westlichen Mittelgebirgen, wo WLA,
Warmfront, PVA und schließlich auch die Kaltfront zuschlagen kann des im Stau
gebietsweise zu länger anhaltenden Niederschlägen bis an die Dauerregenschwelle
kommen. Durch die stramme Westströmung bleibt auch der Wind lebhaft. Vor allem
im Küstenumfeld und im Bergland wird es stürmisch, in Hochlagen auch fegt auch
schwerer Sturm. Auch sonst sind häufig steife, im Lee der Berge auch stürmische
Böen zu erwarten. Dabei steigen in 850 hPa auch die Temperaturen wieder an und
erreichen Werte zwischen 0 und 5 Grad.

Am Donnerstag liegt Deutschland im Bereich eines Rückens, dessen Achse von der
Iberischen Halbinsel bis nach Schweden reicht und am Boden mit einem Hoch West-
und Südwesteuropa korreliert. Dieses kann sich schließlich auch bis in den
Südwest Deutschlands ausweiten. Grundsätzlich stellt sich bei nur leicht
antizyklonalen Strömungsbedingungen hinter Kaltfront typischen Rückseitenwetter
mit Schauern ein. In Nordweststaulagen kann es auch länger regnen. Die
Temperaturen in 850 hPa sinken bei Zufuhr kühlerer Meeresluft von Nord nach Süd
wieder auf -4 bis +4 Grad.
In der Nacht zum Freitag nähert sich aber schon der nächste Kurzwellentrog eines
Höhentiefs nordwestlich von Norwegen an. Auf der Vorderseite stützt die PVA des
Troges ein Bodentief über der Nordsee. Dessen Warmfrontwelle greift dabei auch
auf den Norden Deutschlands über und versorgt die Regionen erneut mit
Niederschlägen. Bei dem Weg über den Norden von Schleswig-Holstein soll es auch
kräftiger und länger regnen. Selbst Mengen bis an die Dauerregenschwelle sind
dort möglich. Ausgangs der Nacht erreicht die Kaltfront des Tiefs Ostfriesland.
Neben den Niederschlägen im Umfeld des Tiefs, gestützt von PVA sowie
frontogenetischen Prozessen, sind auch im Warmsektor teils bis zur Donau
ausgreifend Regenfälle zu erwarten. Die Temperaturen steigen unterdessen südlich
des Tiefs wieder auf sehr milde 0 bis +5 Grad, nördlich davon werden es nur 0
bis -5 Grad.

Am Freitag zieht der Kurzwellentrog sowie das korrelierende Bodentief nach Osten
ab. Rückseitig induziert ein sich aufbauender Rücken erneut ein Bodenhoch,
welches von den Britischen Inseln nach Deutschland wandert. Allerdings bleibt
uns auch noch die Kaltfront des abziehenden Tiefs erhalten, die sich bei quasi
strömungsparallelen Verhältnissen nur zögerlich südlich verschiebt. Entsprechend
stehen in der Mitte regional auch länger anhaltende Niederschläge auf dem
Programm, welche vor allem im Stau der Berge wieder bis an die
Dauerregenschwelle von 30 l/qm/24h heranreichen. In der Nordhälfte trocknet es
bei Absinken dagegen vorübergehend ab. Auch direkt an den Alpen bleibt es nach
IFS noch weitgehend trocken. Die Temperaturen in 850 hPa erreichen in der
Nordosthälfte 0 bis -5 Grad, sonst -1 bis +3 Grad. Der Wind fegt weiter mit
starken bis steifen, an der See und im Bergland mit stürmischen Böen oder
Sturmböen, exponiert herrscht schwerer Sturm oder Orkan.

Am Samstag grüßt das Murmeltier. Denn wieder sorgt ein zu den Vortagen
vergleichbares Muster für Niederschläge. Ein markanter Trog zieht nach und über
Deutschland hinweg. Das korrelierende Bodentief nimmt allerdings eine etwas
nördlichere Bahn über die Nordsee und Dänemark hinweg. Insgesamt ist die
Verlagerung aber langsamer, sodass das Frontensystem zunehmend okkludiert und
die von PVA und frontogenetischen Prozessen gestützten Niederschläge kräftiger
und teils länger anhaltend ausfallen. Entsprechend muss auch am Samstag das Wort
Dauerregen im Kopf bleiben. Im Warmsektor des Tiefs erreichen die Temperaturen
in 850 hPa Werte zwischen 0 und +5 Grad, hinter der Kaltfront sinken diese
wieder auf 0 bis -5 Grad.

Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass das a für antyzyklonal
eigentlich nur am Dienstag und in teilen des Landes auch am Mittwoch
wetterwirksam ist. Ansonsten dominiert zumindest unter Berücksichtigung des
deterministischen IFS Lauf das z für zyklonal mit seinem unbeständigen und
windigen bis stürmischen Wettercharakter. Bei den Geopotential- und
Luftdruckstrukturen wechseln sich entsprechend Kurzwellentröge samt
korrelierender Bodentief mit schwachen Rücken inklusive Zwischenhocheinfluss ab.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die großskaligen Geopotential- und Luftdruckstrukturen werden vom IFS konsistent
abgebildet. Geringe Abweichungen gibt es allerdings bei der Phasenverlagerung
der Kurzwellentröge sowie der Amplitude dieser bzw. der nachfolgenden, meist
schwachen Rücken. Dies führt schließlich dazu, dass bei dem anhaltenden,
unbeständigen Wettercharakter das Timing des Niederschlags leicht verschieden
ist und zudem die die räumliche Einordnung der Niederschlagsschwerpunkte
geringfügig abweichen kann. Insgesamt weist der aktuelle IFS-Lauf vor allem im
Vergleich zum gestrigen 00-UTC-Lauf zunächst eine etwas raschere, ab Donnerstag
zunehmend eine etwas langsamere Verlagerung auf.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Auch andere Globalmodelle (ICON,GFS, UKMO, GEM, …) zeigen bis einschließlich
Freitag zum IFS vergleichbare Geopotential- und Luftdruckverteilungen. Am
Dienstag und Mittwoch sind sogar ähnliche Verlagerungsgeschwindigkeiten und
Amplituden zu verzeichnen. Am Donnerstag und Freitag bleibe zwar die
Grundstrukturen stimmig, allerdings weisen die Modelle zunehmend eine
Phasenverschiebung und auch abweichende Amplituden auf. Das GFS zeigt dabei die
schnellste Verlagerung, IFS durch eine stärkere Austrogung über dem Atlantik die
langsamste. Bezüglich der Amplitude kann es vor allem das ICON auszeichnen,
während auch hier das IFS am schwächsten ausfällt. Entsprechend weist das IFS im
vergleich zum ICON und GFS flachere Strukturen auf. Ab Samstag geht dann vieles
durcheinander, wobei ICON und IFS zumindest im Umfeld von Deutschland noch
vergleichbare Geopotential- und Luftdruckverteilungen haben. Die Unterschiede
zeigen sich schließlich auch bei der räumlichen und quantitativen Einordnung der
Niederschläge. Zeigten dies bis Freitag nur geringe Timing-Unterschiede, so
werden am Samstag teils völlig verschiedene Niederschlagsschwerpunkte gesetzt.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Beobachtungen beim Modellvergleich lassen sich gleichermaßen für das IFS-ENS
übernehmen. Bis einschließlich Mittwoch zeigen die Rauchfahnen verschiedener
Städte in Deutschland bei einem recht geringen Spread für Temperatur in 850 hPa
und Geopotential in 500 hPa noch eine hohe Vorhersagegüte. Ab Donnerstag beginnt
sich das ENS zu spreizen, sodass die Unsicherheiten signifikant zunehmen.
Allerdings wird der ENS-Raum meist durch Ausreißer hin zu kälteren Temperaturen
oder tieferem Luftdruck aufgespannt. Die Mehrzahl der Member bleibt bei einem
gleichmäßigen, also moderatem Zick-Zack-Kurs, in dem auch der det. IFS-Lauf
eingebettet ist. Der Kontrolllauf wird am Freitag von einem kälteren
Mitgliederschwerpunkt angezogen und weicht somit vorübergehend vom Hres ab.
Sowohl am Freitag als auch am Samstag lässt der Spread von bis zu 14 Grad bzw.
35 hPa viel Spielraum für andere Lösungen.

Auch die Clusteranalyse ist sich in den ersten beiden Tagen der Mittelfrist noch
überwiegend einig und zeigt nur zwei Lösungen bezüglich der Geopotential- und
Luftdruckverteilung. Dabei wird das ENS vom ersten Cluster mit 32 Mitgliedern
sowie Haupt- und Kontrolllauf geprägt. Dieses startet dabei mit dem Schema einer
positiven NAO, um Schließlich in ein Blocking zu wechseln. Das zweite Cluster
bleibt dagegen bei der positiven NAO. Die Unterschiede sind allg. gering und
beziehen sich überwiegend auf die Regionen außerhalb von Mitteleuropa.
Im Zeitraum von +120 bis +168h werden dann schon drei Cluster benötigt, um die
Unsicherheiten ausreichen zu beschreiben. Dabei sind zunächst alle Cluster im
Schema Blocking zu Hause. Erst zum Ende des Zeitraums schwenken Cluster 1 und 3
wieder zurück zur positiven Nao. Vor allem ab Freitag weisen die drei Lösungen
durchaus signifikante Abweichungen auf. Cluster 1 mit Haupt- und Kontrolllauf
zeigt dabei recht zonale Verhältnisse mit überdurchschnittlich hohem
Geopotential über Südwest- und Südeuropa. Cluster 2 stärkt dagegen hohes
Geopotential über dem Atlantik, was schließlich die Meridionalisierung fördert.
Am Samstag würde dabei in Deutschland eine Nordwestströmung einsetzen, wobei die
Luft vom milden Nordatlantik kommt. Cluster 3 würde uns wieder ein
Südwestdröhnung bieten. Kräftiger Südwestwind würde erneut sehrt milde
Temperaturen von der Iberischen Halbinsel anzapfen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Von Mittwoch bis Samstag gibt es sowohl an der See als auch im Bergland
durchgehend mehr oder weniger starke Hinweise für stürmische Böen oder
Sturmböen. Am Mittwoch sind in einigen Leelagen sowie im Nordwesten und Norden
weiter ins Binnenland ausgreifend stürmische Böen gering wahrscheinlich. In
einigen Gipfellagen können im genannten Zeitraum auch schwere Sturmböen bis hin
zu einzelnen Orkanböen auftreten.

Am Mittwoch und Donnerstag gibt es im Norden Schleswig-Holsteins, sonst Mittwoch
und Freitag in einigen Staulagen der Mittelgebirge geringe Hinweise für
Dauerregen über 30 l/qm in 12 bis 24h. Die überdurchschnittlichen Niederschläge
im Norden werden auch durch einen EFI zwischen 60 und 80% gestützt.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON-EPS, anfangs det. ICON/IFS, für TT auch MosMix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel