S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 27.12.2022 um 10.30 UTC

GWL: SWz – Nass, windig und außergewöhnlich mild. Windig, teils stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 03.01.2023

In der Mittelfrist liegt Deutschland voll in einer südwestlichen Strömung auf
der milden Seite der Frontalzone (Jetstream), die von den Azoren über die
Britischen Inseln bis nach Südskandinavien verläuft. Dabei wird außergewöhnlich
milde Luftmassen zu uns advehiert. Mit einem markanten Jet-Streak nimmt zudem
eine potentielle Sturmlage zu. Erst in der erweiterten Mittelfrist deutet sich
eine Umstellung der Großwetterlage, mehr zu einer Hochdruckwetterlage.

Am Freitag bringt ein in die westliche Höhenströmung eingebetteter, flacher
Rücken eine vorübergehende Wetterberuhigung. Aber schon am Nachmittag wird der
nächste kurzwellige Trog zu uns gesteuert. Die Warmfront des dazugehörigen
Bodentiefs mit Kern (964 hPa) über dem Nordmeer überquert das Land rasch von
West nach Ost. Die Kaltfront hingegen liegt mehr parallel zur Höhenströmung und
schleift dann über der Mitte Deutschlands. Die länger anhaltenden Regenfälle
überschreiten in den Weststaulagen der Mittelgebirge mit geringer
Wahrscheinlichkeit die unteren Warnschwellen (>30 mm/24 h). Der Südwestwind
frischt erneut stark auf. Bevorzugt im Westen, Nordwesten und Norden sowie im
Mittelgebirgsraum sind stürmische Böen, exponiert Sturmböen 8-9 Bft
wahrscheinlich, an der Nordsee und auf exponierten Gipfellagen schwere Sturmböen
10 Bft nicht ausgeschlossen. Aufgrund der stabilen Schichtung können die starken
Oberwinde nicht ganz bis zum Boden durchgreifen.

Am Samstag (Silvester) steilt die Südwestströmung über Deutschland noch etwas
auf, sodass die schleifende Front mit länger anhaltenden Regenfällen tendenziell
wieder nach Norden geführt wird. Strichweise ist wieder mit signifikanten
Regenmengen zu rechnen, die durchaus auch mal die Warnschwelle von 30 mm/24 h
knapp reißen können (Eifel, Bergisches Land und Sauerland). Die Südwestströmung
ist im Süddeutschland etwas antizyklonal konturiert und durch die Leewirkung der
Alpen kann man auf einen freundlichen und außergewöhnlich milden Silvestertag
freuen (im Südwesten sind bis 20 Grad möglich). Auch sonst ist es sehr mild mit
Höchstwerten im zweistelligen Bereich. Der Gradienten bleibt über der Nordhälfte
des Landes in der Nähe der Frontalzone noch ziemlich stark, sodass neben dem
Regen auch weiterhin mit viel Wind gerechnet werden muss. Sturmböen 8-9 Bft sind
in den Mittelgebirgen und an der See am wahrscheinlichsten. Aber sonst dürfte
der Wind stark genug bleiben, um den Nebel durch die Silvesterböller zu
verhindern.

Am Sonntag (Neujahr) ändert sich kaum etwas, die Südwestströmung konturiert sich
vorderseitig des auf Westeuropa übergreifenden Troges noch etwas antizyklonaler,
die Regenfälle immer noch über dem Norden schleifende Frontalzone verlieren
somit an Intensität, nach Süden zu verstärkt sich der Hochdruckeinfluss. Es
bleibt ungewöhnlich mild mit bester Fernsicht auf den Bergen. Der Gradient lässt
etwas nach, sodass es nur auf einigen Gipfeln und in der Nähe der Frontalzone im
Norden noch einige stürmische Böen geben kann.

Am Montag gelangen wir in den Einfluss des westeuropäischen Troges und die
Kaltfront des korrespondierenden, über Südskandinavien ostwärts gesteuerten
Tiefs überquert uns mit Regen langsam südostwärts. Mit Durchgang der Kaltfront
wird einen Schwall kälterer Meeresluft nach Deutschland geführt. Einen
Wintereinbruch kann man allerdings nicht nennen. Abgesehen von ein paar wenigen
Schneeflocken im Bergland ist es nicht viel zu erwarten.

In der erweiterten Mittelfrist deutet IFS den Aufbau eines neuen Rückens an,
dessen Achse eher nordwestlich von uns liegt. Am Boden stellt sich
Hochdruckeinfluss ein. Aber es kann passieren, dass wir dann an der Südostflanke
des Hochs liegen (Schwerpunkt des Hochs wandert mehr Richtung Skandinavien).
Somit dreht die Strömung bodennah mehr auf östliche Richtungen und die kalte
Festlandluft sorgt dann für das jahreszeit-entsprechende Temperaturniveau,
allerdings ohne nennenswerte Niederschläge.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis Tag 5 (01.01. Neujahr) ist die Konsistenz der IFS-Modellläufe gut. Dabei
liegt Deutschland von in einer südwestlichen Strömung, wobei außergewöhnlich
milde Luftmassen advehiert werden. Während der Norden in der Frontalzone liegt,
profitiert der Süden mehr von der Nähe des Hochdruckgebiets im Mittelmeerraum.
Der Druckgradient ist zudem sehr stark ausgeprägt, es wird deswegen zu Beginn
der Mittelfrist sehr windig werden. Nämlich am kommenden Freitag greift das
Sturmfeld eines von Schottland zum Nordmeer ziehenden Orkantiefs auf Deutschland
über.

In der neuen Woche im Neujahr beginnen die Modellläufe auch im Hinblick auf das
grundsätzliche Muster auseinander zu laufen. Tendenziell mit der Trogpassage am
Dienstag (03.01.), der im neuen Lauf stärker gerechnet wird, gelangt kältere
Luft nach Deutschland, die dann unter Hochdruckeinfluss zu Ruhe kommt. Je
nachdem der Schwerpunkt des Hochs dann liegt, kann mehr oder weniger kältere
Luft nach Deutschland einströmen. Die Prognose ist allerdings noch eher
unsicher.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die zyklonale West- bis Südwestlage haben alle Modelle auf der Agenda. Die
mögliche schwere Sturmlage wird auch von den anderen Modellen wie GFS oder ICON
etwas zurückgerechnet. Es wird zwar sehr windig, im Bergland und an der See auch
stürmisch, aber die große Nummer mit Orkanböen bis in tiefere Lagen ist nicht
mehr zu erwarten. Im Neujahr gehen die Modelle stärker auseinander. IFS ist am
schnellsten mit dem Durchgreifen des Troges und der nachfolgenden Abkühlung.
Nach ICON und GFS bleibt Deutschland länger noch in der südwestlichen Strömung.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

RAUCHFAHNEN:
Im Großen und Ganzen bestätigt das IFS-EPS das Szenario des deterministischen
Laufes. Die Rauchfahnen sind der Mittelfrist bis Sonntag sehr eng gebündelt. Ab
Montag nimmt der Spread dann vor allem bei der Temperatur, mit Abstrichen auch
beim Geopotenzial zu. Die große Mehrheit der Member zeigt aber – genauso, wie
der deterministische und der Kontrolllauf – bei der 850-hPa-Temperatur einen
markanten Temperaturrückgang von 7 bis 10 Kelvin. Ab den 3. Januar (erweiterte
Mittelfrist) bleibt der Kontrolllauf bzgl. Temperatur und Geopotential im
unteren Bereich, während die meisten Members und der Hauptlauf wieder einen
Temperaturanstieg zusammen mit höheren Geopotential aufweisen. Das Ganze wird
mit der Abnahme der Niederschlagssignale konturiert, davor sind diese stark
ausgeprägt, vor allem im Norden und Westen des Landes.

CLUSTER:
Bis Zeitraum +168 h gibt es jeweils 3 Cluster und alle haben die Regime NAO+.
GWL ist SWz, wobei es am Ende der Mittelfrist die Tendenz zu SWa gibt.
Ab dem Zeitraum +192 h zeigt die Analyse einen Übergang zu einer Blockinglage.
Deutschland liegt am Rande einer umfangreichen, positiven Geopotenzialanomalie,
bekommt also zunehmend antizyklonalen Einfluss zu spüren (Wetterberuhigung).

FAZIT:
In der Mittelfrist stellt sich eine ungewöhnlich milde Südwestlage. Während nach
Süden zu antizyklonaler Einfluss an Dominanz gewinnt, sorgt die schleifende
Frontalzone ansonsten für nasses Wetter, wenngleich Dauerregen nur wenig
wahrscheinlich ist. Aufgrund der kaum mäandrierenden Höhenströmung bzw. der
ungünstigen Interaktion der Höhentröge mit den niedertroposphärischen Störungen
scheint eine schwere Sturmlage nach aktuellem Stand eher unwahrscheinlich.
In der erweiterten Mittelfrist geht der Trend derzeit eher in Richtung
Wetterberuhigung. Ein Wintereinbruch ist zunächst nicht in Sicht.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

STURM:
Am Freitag mit Ausnahme des Südostens zeitweise stark auffrischender
Südwestwind. Im Bergland und an der See Sturmböen (8-9 Bft) wahrscheinlich, im
west- und nordwestdeutschen Binnen- und Tiefland gering wahrscheinlich. Auf
Berggipfeln schwere Sturmböen (um 10 Bft).
Am Samstag in der Mitte und im Norden weiterhin teils noch stürmisch.

DAUERREGEN:
Gebietsweise länger anhaltende Regenfälle, zunächst vor allem im Süden und
Südwesten (Freitag), später dann auch über der Mitte und im Norden (Samstag).
Geringe Wahrscheinlichkeit für Dauerregen (>30 mm/24 h) vor allem in Staulagen
der südwest- und westdeutschen Mittelgebirge.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS det. + EPS, GFS, ICON, MOS-MIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Marco Manitta