S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 24.12.2022 um 10.30 UTC

Zum Jahresende sehr mild und wiederholte Regenfälle. Vor allem im Nordwesten
windig, an der Nordsee und im Bergland stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 31.12.2022

Der gesamte Mittelfristzeitraum ist von einer milden Westwetterlage geprägt,
wobei der Einfluss anfangs tendenziell eher zyklonal ist. Zu Beginn, am Dienstag
nach den Weihnachtsfeiertagen, zeigt uns IFS aber zunächst einmal eine
antizyklonale Situation: In der flotten westlichen Strömung zieht ein Höhentrog
über Ostmitteleuropa ostwärts ab. Bei uns folgt ein flacher Rücken, in der Nacht
zum Dienstag nähert sich aber schon wieder ein Kurzwellentrog. Bodennah wandert
ein Hochdruckgebiet südlich unseres Landes ostwärts, während nördlich davon in
Tief in die nördliche Nordsee zieht. Dessen okkludierte Fronten erreicht uns mit
Regenfällen am Mittwochmorgen. Die Luftmasse ist am Dienstag verhältnismäßig
kalt, mit Werten in 850 hPa von -2°C an den Alpen und -5°C im Nordosten. Dabei
gibt es nur vereinzelt noch schauerartige Niederschläge und sogar
Wolkenauflockerungen. Anfangs ist es im Nordosten noch windig, in der Nacht
zieht ein neues Sturmfeld in der Nordsee auf.

Am Mittwoch schwenkt der Kurzwellentrog recht flott durch, mit ihm breiten sich
leichte bis mäßige Regenfälle von Nordwesten über die ganze Nordhälfte aus. Das
Temperaturniveau steigt wieder auf etwas über 0°C in 850 hPa. Ein weiterer,
längerwelliger Trog erreicht am Abend schon die Britischen Inseln und ein
Orkantief den Norden Schottlands. Das bekommen wir in der Nacht zum Freitag zu
spüren, wenn dessen Kaltfront (thermisch kaum aktiv) mit schauerartigen
Regenfällen übergreift, die von Nordwesten bis zur Donau vorankommen. Zudem gibt
es über der Nordsee wieder Sturm, ansonsten vielfach zumindest starke bis
stürmische Böen aus Südwest.

Am Donnerstag nimmt das Schottlandtief zunehmend Zentraltiefcharakter an und
nistet sich nahe der Shetland-Inseln ein. An seiner Südflanke gelangt der Trog
(mit Höhenkaltluft zumindest im Norden) weiter ostwärts und erreicht
Deutschland. Die Kaltfront zieht nach Südosten durch, ihr folgen weitere
schauerartige Regenfälle.

Am Freitag verlagert sich das Zentraltief etwas nach Norden, an dessen
Westflanke stößt aber schon wieder Kaltluft nach Süden und über dem Atlantik
entsteht ein neuer Langwellentrog. Auf dessen Vorderseite zieht ein weiteres
mehrkerniges Orkantief gen Schottland. Bei uns sorgt dagegen vorderseitige WLA
für den Aufbau eines sehr flachen Rückens. Wir bleiben aber auch bodennah in
einem starken Gradienten und einer dementsprechend flotten Strömung. In der
Nacht greift dann schon das Frontensystem des neuen Tiefs von Westen mit nur
wenig Regen (kaum PVA, WLA reicht anscheinend nicht), aber wieder einer
spürbaren Milderung über.

Am Samstag (Silvester) nähert sich der atlantische Trog rasch dem Festland und
auf seiner Vorderseite stößt sehr milde Luft nach Mitteleuropa vor, so dass auch
ein Rücken aus dem Mittelmeerraum sich immer weiter nach Mitteleuropa hinein
aufwölbt. Im Süden erreicht die Temperatur in 850 hPa bis zu 10°C, im Norden
schleift dagegen ein Frontensystem und es werden „nur“ 2°C erreicht. Dort bleibt
es auch bewölkt und es regnet mitunter recht kräftig, während im Süden sich im
Laufe des Tages die Sonne durchsetzt. Dort schwächt sich auch der Wind ab.

Zum Jahreswechsel ist nach den aktuellen Prognosen der Himmel vielfach nur
gering bewölkt und vor allem nach Norden zu bleibt es mit weiter recht kräftigem
Wind auch recht mild, während sich im schwächerwindigen Süden die Luft stärker
abkühlt. Für umfangreiche Nebelbildung ist es wahrscheinlich aber auch dort zu
windig.

An Neujahr simuliert IFS einen kräftigen Sturmwirbel, der über Jütland
hinwegziehen soll und dem Norden kräftigen Wind bringen könnte. Nachfolgend soll
sich wieder eine Hochdruckzelle durchsetzen. Es bleibt aber bei der Westlage,
auch wenn diese zunehmend mehr ins Antizyklonale tendiert.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des aktuellen IFS-Laufs mit seinen beiden Vorgängerläufen ist bis
zum Freitag recht gut, wenn man mal davon absieht, dass der gestrige 12-UTC-Lauf
am Donnerstag über dem Skagerrak ein kräftigeres Sturmtief simulierte, in dessen
Nachfolge zum Freitag etwas kältere Luft in den Nordosten Deutschlands gelangen
sollte.
Im weiteren Verlauf sind sich die drei Modellläufe dahingehend einig, dass es
eine von Süden her zunehmend antizyklonal geprägte West- bis Südwestlage geben
soll. Wie weit sich aber der Hochdruckeinfluss nach Norden durchsetzt, damit
auch wie windig es wird und wo die Frontalzone genau liegen soll und wie sie
sich bewegt, das alles wurde doch von Lauf zu Lauf sehr unterschiedlich
simuliert.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die vorliegenden Globalmodelle simulieren bis zum Freitag recht ähnliche
Entwicklungen für Deutschland. Allerdings liegt der Freitagsorkan bei den
unterschiedlichen Modellen schon recht unterschiedlich positioniert. Vor allem
UK10 und GEM zeigen eine sehr weit südliche Zugbahnen von Nordengland in die
nördliche Nordsee hinein, so dass wir stärker ins das Sturmfeld geraten könnten.

Nachfolgend laufen die Modelle stärker auseinander. Nach allen soll es aber eine
zunehmend antizyklonalere westliche bis südwestliche Lage geben, wobei aber
unterschiedlich simuliert wird, wie weit nach Norden sich der Hochdruckeinfluss
durchsetzen soll, wie weit dann auch die sehr milde Luft in Deutschland nach
Norden vordringt, wo stärkere Windfelder liegen und die Frontalzone, die
mitunter schleift und gebietsweise stärkere Regenfälle bringt. Sehr interessant
in diesem Zusammenhang der 00-UTC-Lauf des GFS, der an Neujahr die Frontalzone
nach Deutschland hineinziehen lässt und dort am Abend ein Wellentief mit einer
1028er-Kernisobare zeigt.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das IFS-EPS verteilt sich im Zeitraum Donnerstag, 00 UTC bis Samstag, 00 UTC auf
drei Cluster. Diese sind untereinander sehr ähnlich und werden an allen Terminen
dem Regime „positive NAO“ zugeordnet. Erst am letzten Tag sind signifikante
Unterschiede in Mitteleuropa auszumachen, nämlich bezüglich der Stärke, mit der
sich der Rücken von Süden her gen Mitteleuropa aufwölbt. C1 (20 Mitglieder,
Haupt- und Kontrolllauf) stellt dabei eine mittlere Variante dar. C2 (19
Mitglieder) zeigt sich etwas zyklonaler. C3 (12 Mitglieder) ist dagegen etwas
antizyklonaler als C1. Allerdings reicht auch bei C3 das Hoch nur bis in den
Süden Mitteleuropas, der Norden liegt im Bereich eines starken Gradienten.
Der Blick in die erweiterte Mittelfrist und damit ins neue Jahr offenbart wieder
drei Cluster. Auch diese zeigen wenig Unterschied. Von Süden drückt sich in
allen Varianten hohes Geopotential Richtung Mitteleuropa, das nach Norden hin im
Bereich der Frontalzone rasch abnimmt. Im Prinzip deutet alles auf eine Lage
„West (eventuell auch Südwest) antizyklonal“ hin. Beim dritten Cluster (11
Mitglieder) wechselt am letzten Tag (03. Januar) das Regime zu „Blocking“, das
entspricht der GWL „Hoch Mitteleuropa“.

Die Rauchfahnen für verschiedene Städte Deutschlands zeigen bei der Temperatur
und beim Geopotential zunächst ein Auf und Ab bei nur geringer Streuung, was
insbesondere verdeutlicht, dass die Ensemblemitglieder die Entwicklung ziemlich
synchron bringen. Zum Jahreswechsel geht es mit der Temperatur und mit dem
Potential deutlich nach oben, im neuen Jahr bleibt das Potential auch recht hoch
mit nur geringer Streuung. Bei den Temperaturen ist die Entwicklung nicht so
einheitlich, die Streuung wird größer. Vor allem im Norden zeigt sich eine
Bifurkation bei der Temperaturentwicklung. Dies deutet auf eine Positionierung
teils nördlich, teils südlich der Frontalzone hin.

Im Norden werden durchwegs Niederschläge simuliert, im Süden ist es durchwegs
weniger Regen, im neuen Jahr fast keiner mehr.

Die GFS-Rauchfahnen zeigen die gleiche Entwicklung. Allerdings fehlt im Norden
der warme „Ast“ bei der Temperaturkurve, was auf eine leicht südlichere Lage der
Frontalzone schließen lässt. Allerdings liegt der Schwerpunkt der
Geopotentialkurven genauso hoch wie im Norden.

Fazit: Alles deutet darauf hin, dass sich die zyklonale Westlage im neuen Jahr
zu einer antizyklonalen West- oder Südwestlage wandelt. Das ist wenig erfreulich
für Winterfans, dafür sind Wind im Norden und Sonne im Süden gut für die
Energieversorgung.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Der EFI zeigt am Mittwoch ein deutliches Sturmsignal im Nordwesten Deutschlands,
am Donnerstag dort noch einmal ein schwaches Sturmsignal.
In der Zeit ab Mittwoch gibt es zudem Signale für starke Wasserdampfflüsse nach
Deutschland hinein, was natürlich prinzipiell auch stärkere Regenfälle
ermöglicht. Bei den Niederschlägen schlägt der EFI aber nur am Mittwoch in
Schleswig-Holstein an.

Bei den Wahrscheinlichkeiten deuten sich derzeit keine
Schwellenwertüberschreitungen beim Niederschlag an. Nur Einzelläufe (also
jeweils 1 von 41) haben das auf dem Programm.

Sturm:
Cosmo-LEPS zeigt am Mittwoch und Donnerstag im Nordwesten leichte Signale für
stürmische Böen. Über der Nordsee sind die Signale stark, dort gibt es sogar
leichte Signale für schwere Sturmböen.
Im weiteren Verlauf zeigt IFS-EPS zunächst nur wenig Sturmsignale am Freitag,
erst am Samstag sind die Signale über der gesamten Nordwesthälfte wieder höher.
Über der Nordsee gibt es dann Signale für Sturmböen.

Für einen starken Sturm hierzulange gibt es derzeit keine deutlichen Signale.
Die generelle Wetterlage sowie die wiederholte Simulation kleiner und sehr
giftiger Sturmzentren im näheren Umfeld lassen aber einen kräftigen Sturm noch
im alten Jahr durchaus möglich erscheinen.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, IFS-EPS

VBZ Offenbach / Dipl.-Met. Peter Hartmann