SXEU31 DWAV 221800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 22.12.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Zyklonale Westlage. Wie üblich um Weihnachten herum.

DAUERREGEN (teils UNWETTER):
Wiederholt Durchzug von kräftigen Regengebieten. Dabei in Staulagen der
Mittelgebirge anhaltend bis in die Nacht zum Samstag mit 30 bis 50 l/qm Regen in
36 bis 48 Stunden. Im Weststau des Schwarzwaldes und im westlichen Oberallgäu
vor allem ab heute Abend in 24 bis 36 Stunden 50 bis 90 l/qm möglich, vereinzelt
(vor allem in den Staulagen des Schwarzwaldes) mehr. Unwetter!

WIND:
Heute Abend in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen
Sturmböen (Bft 8/9), auf exponierten Gipfeln schwere Sturmböen (Bft 10) aus
Südwest. Auf dem Feldberg vorübergehend orkanartige Böen (Bft 11). In freien
Lagen, insbesondere im Alpenvorland stürmische Böen (Bft 8). Am Abend zumindest
in den Niederungen abnehmender Wind.

In der Nacht zum Freitag in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und der
Alpen weiterhin Sturmböen Bft 8/9, auf exponierten Gipfeln auch schwere
Sturmböen aus Südwest. Freitagfrüh und am Vormittag vorübergehend abflauend und
lediglich auf exponierten Gipfeln noch stürmische Böen.
Freitagnachmittag von Südwesten her und an den Alpen wieder auffrischender
Südwestwind mit Sturm- bzw. schwere Sturmböen in den Gipfellagen, in der Nacht
zum Samstag andauernd. Am Samstag und Sonntag dann wahrscheinlich nur noch auf
exponierten Berggipfeln einzelne stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC

Aktuell … liegt Deutschland unter einer zonalen und mäandrierenden Strömung.
Ein darin eingelagerter Trog wird rasch ostwärts gesteuert, wodurch noch
schauerartige Niederschläge zustande kommen. Mit dieser Strömung hat sich
deutschlandweit sehr milde Luft mit Temperaturen durchweg und auch in den Kamm-
und Gipfellagen der Mittelgebirge im positiven Bereich durchgesetzt. Bedingt
durch den kräftigen Gradienten, der aus der über Mitteleuropa hinweg ostwärts
verlaufenden Frontalzone resultiert, gibt es in Kamm- und Gipfellagen der
meisten Mittelgebirge Sturmböen Bft 8/9 und auf exponierten Gipfeln auch schwere
Sturmböen. In freien Lagen Süddeutschlands treten zudem einzelne, im
Alpenvorland, bedingt durch den Leitplankeneffekt, vermehrt Windböen Bft 7 auf.

In der Nacht zum Freitag nähert sich die Warmfront eines kräftigen Tiefs, dessen
Kern über dem mittleren Nordatlantik liegt. An dieser Warmfront, die mit der
kräftigen westlichen Strömung ostwärts gesteuert wird, deutet sich die Bildung
einer Welle an. Bereits weit abgesetzt vorderseitig setzt Warmluftadvektion ein,
resultierende Hebung verstärkt die Niederschläge, die dann zunächst auf den
Westen und Südwesten und bis Freitagfrüh auf ganz Deutschland übergreifen. In
den westlichen, südwestdeutschen und zum Teil auch in den zentralen
Mittelgebirgen erfolgt staubedingt eine Verstärkung der Niederschläge; pro
Stunde können durchaus mehr als 5 mm Niederschlag zusammenkommen. Da es sich
hierbei nicht um ein Einzelereignis handelt, sind für diese Mittelgebirgslagen
bis Freitagabend bzw. (nach Osten hin) bis Samstagvormittag laufende
Dauerregenwarnungen aktiv. Für den Schwarzwald und das Allgäu werden bis
Samstagvormittag von den verfügbaren Modellen Signale für mehr als 60 mm, von
hochauflösenden Modellen (ICON-D2, ICON-EU, UK) bis über 100 mm simuliert, so
dass für die dortigen Staulagen eine Unwetterwarnung in Kraft ist.
Bedingt durch die sich annähernde Warmfrontwellen wird der Gradient
auseinandergezogen, so dass allenfalls noch auf exponierten Berggipfeln mit
stürmischen Böen zu rechnen ist.
Winterliche Parameter spielen vorerst (wie üblich um die Weihnachtszeit herum)
keine Rolle mehr. Es bleibt durchweg frostfrei; auch Glättegefahr besteht nicht
mehr.

Freitag … arbeitet sich die Warmfront des über dem mittleren Nordatlantik
liegenden Tiefs leicht schleifend bis in den Mittelgebirgsraum vor. Nach der
Passage der nicht sehr entwicklungsträchtigen Warmfrontwelle erfolgt mit dem
schleifenden Übergreifen der Warmfront eine erneute Verstärkung der
Niederschläge; 6-stündig sind dann zum Teil 10 bis 15 mm zu erwarten. Der meiste
Niederschlag fällt ohnehin in den Gebieten, die bereits bewarnt sind, d.h. in
den Mittelgebirgen und im Allgäu.
Im Bereich des Warmsektors, d.h. über West- und Süddeutschland, frischt dann
auch der Wind wieder auf. In freien Lagen sind Windböen Bft 7, im Bergland
Sturmböen Bft 8/9 und in exponierten Kann und Gipfellagen schwere Sturmböen zu
erwarten; auch einzelne orkanartige Böen können nicht ganz ausgeschlossen
werden.
Bis zum Abend erfasst dann auch die Kaltfront dieses Tiefs den Westen
Deutschlands. Wobei rückseitig weiterhin Meeresluft vom mittleren Nordatlantik
einfließt, d.h. eine typische Kaltluft ist das nicht und ein Temperaturrückgang
bleibt demzufolge aus. Das Frontensystem dieses Tiefs ist bereits in einem weit
okkludierten Zustand, der Okklusionspunkt ist am Abend wahrscheinlich über den
Benelux-Staaten zu finden. Mit dem Übergreifen der Kaltfront nehmen dann die
Niederschläge einen schauerartigen Charakter an.
Abgesehen vom nördlichen Schleswig-Holstein bleibt die Wolkendecke meist
geschlossen. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen im Norden und Osten 5 bis 9
Grad, im Westen und Süden sind 9 bis 14 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Samstag schiebt sich, wie die Warmfront zuvor, leicht
schleifend auch die Okklusion des Atlantik-Tiefs von Benelux ausgehend in den
Nordosten Deutschlands. Am Okklusionspunkt erfolgt eine schwache Zyklogenese;
zudem neigt diese Okklusion zur Wellenbildung, so dass sich mit dieser Okklusion
eine flache Tiefdruckrinne in den Nordosten Deutschlands ausweitet. Mangels
dynamischer Unterstützung sind diese flachen Tiefs nicht sonderlich
entwicklungsfähig. Mit dieser Struktur verschiebt sich das
Niederschlagsgeschehen in den Norden und Nordosten, wobei die
Niederschlagssummen in diesen Gebieten nicht mehr warnrelevant sind. Selbst in
den Staulagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge kommen nicht wesentlich
mehr als 15 mm zusammen.
Als weiterer Schwerpunkt der Niederschlagstätigkeit lässt sich der Alpenrand
ausmachen, was durch die dort schleifende schwache Kaltfront bedingt ist. Dort
und auch im Schwarzwald ist ja nach wie vor eine Warnung vor ergiebigem
Dauerregen aktiv.
Der Wind flaut dann wieder etwas ab, so dass warnrelevante Böen bis Bft 7 auf
das Bergland und einige Leelagen beschränkt sind. In Kamm- und Gipfellagen
können dann noch vereinzelt Sturmböen Bft 8/9 auftreten. Wie bereits in der
Nacht zuvor bleibt es durchweg frostfrei.

Samstag … beginnt die Strömung etwas mehr zu mäandrieren als bisher. Während
sich über dem mittleren Nordatlantik ein Trog bildet, der bis in den Azorenraum
hinein reicht, wölbt sich stromab, d.h. über West- und Mitteleuropa, ein flacher
Rücken auf. Durch diesen gestützt weitet sich ein schwaches Bodenhoch vom
Alpenraum etwas nach Norden aus. Hierdurch weicht der Gradient auf, so dass in
der ersten Tageshälfte Wind- und stürmische Böen auf exponierte Kamm- und
Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen beschränkt sind. Später am Tag
sollten derartige Böen selbst auf höheren Berggipfeln kaum noch auftreten.
Zudem sollte die Niederschlagstätigkeit im Tagesverlauf weitgehend nachlassen.
Bis dahin können aber im Nordosten, im Mittelgebirgsraum und an den Alpen noch
einmal einige bis etwa 10 mm Niederschlag zusammenkommen. Eine Verlängerung der
aktuell gültigen Warnungen ist somit nicht mehr erforderlich; ggf. bietet sich
sogar eine vorzeitige Aufhebung an.
Vor allem in den Leegebieten der Mittelgebirge können im Tagesverlauf ein paar
Wolkenlücken zustande kommen. Ansonsten hält sich noch meist geschlossene und
mehrschichtige Bewölkung. Gegenüber Freitag ändern sich die Temperaturen nur
unwesentlich.

In der Nacht zum Sonntag, wölbt sich, gestützt durch sich verstärkende
Warmluftadvektion, der Rücken über Mitteleuropa noch etwas nach Norden auf. Die
bis dahin über dem Alpenraum liegende schwache Kaltfront wird als Warmfront
rückläufig, was im Südwesten und Westen erneut, wenn auch geringe Niederschläge
aufkommen lässt. Der Gradient schwächt sich weiter ab, so dass selbst in
exponierten Kamm- und Gipfellagen dann keine warnrelevanten Böen mehr auftreten
sollten. Eine Abkühlung in den Bereich negativer Temperaturen wird jedoch durch
die meist mehrschichtige, im Norden und Nordosten tiefe, aber relativ kompakte
Bewölkung unterbunden, so dass es wie in den Nächten zuvor frostfrei bleiben
dürfte.

Sonntag … verschiebt sich das gesamte Zirkulationsmuster ein wenig nach Osten,
was über dem gesamten Vorhersagegebiet die Strömung auf Südwest drehen lässt. In
dieser entwickelt sich eine zunächst flache Welle, die in entwicklungsgünstige
Lage zu einem nach Nordosten ablaufenden Kurzwellentrog gelangt. Diese Welle
wird daher unter Intensivierung von der Biskaya nordostwärts bis etwa zu den
Westfriesischen Inseln gesteuert. Allerdings ist die genaue Zugbahn dieser Welle
noch etwas unsicher. UK10 sieht diese Welle Sonntagabend bereits im Bereich der
Emsmündung, EZMW zeigt dagegen weiter westlich eine relativ flache Struktur,
aber keinesfalls eine gut ausgeprägte Welle wie die anderen Modelle.
Mit Annäherung dieser Welle kommen im Nordwesten und mit geringerer
Wahrscheinlichkeit auch im Westen und in den mittleren Gebieten erneut kräftige
Niederschläge auf, die wahrscheinlich nicht warnrelevant sind.
Zudem wird der Wind im Tagesverlauf wieder warnrelevant. Zuerst, d.h. um die
Mittagszeit, treten in exponierten Kamm- und Gipfellagen vor allem der
nördlichen und westlichen Mittelgebirge Wind- und stürmische Böen auf. Bis zum
Abend legt der Gradient weiter zu, so dass dann generell in den Mittelgebirgen
Wind- und stürmische Böen auftreten und auch in einigen Leegebieten mit Windböen
Bft 7 gerechnet werden muss. In exponierten Berglagen kommen dann Sturm- und
auch schwere Sturmböen zustande.
Mit der Drehung der Strömung auf Südwest und der gleichzeitig erfolgenden
leichten Gradientzunahme ergibt sich ein, wenn auch schwacher, föhniger
Einfluss, der sich vor allem an den Nordrändern der östlichen Mittelgebirge und
in Süddeutschland in Form von größeren Auflockerungen und zum Teil auch sonnigen
Abschnitten bemerkbar macht. Daher bleibt das Temperaturniveau gegenüber den
Vortagen nahezu unverändert.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Das betrifft sowohl die Dauerregenlage, für welche sich auch aussagekräftige
Signale von Seiten der Probabilistik finden lassen als auch die weitere
Entwicklung.
Auf die Unsicherheiten hinsichtlich der Welle am Ende des Vorhersagezeitraumes
ist bereits weiter oben hingewiesen worden. Das hat dann auch Auswirkungen auf
die Verteilung der Niederschläge. Die Unterschiede resultieren aus
unterschiedlichen Ergebnissen von Seiten der vorliegenden Modelle in Bezug auf
den nach Nordosten ablaufenden Kurzwellentrog. Dieser wird z.B. von EZMW nicht
simuliert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann