S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 21.12.2022 um 10.30 UTC

Mild bis sehr mild, erst am Montag Kaltlufteinbruch und nachfolgend in den
Hochlagen etwas Schnee sowie zunehmende Nachtfrostgefahr. Zeit- und gebietsweise
stark böiger, lokal auch stürmischer Wind.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 28.12.2022

Am Heiligabend ist die Höhenströmung in 500 hPa eine weitgehend westliche, die
im Tagesverlauf und in der Nacht zum ersten Weihnachtsfeiertag aber zögerlich
eine antizyklonale Kontur annimmt. Grund dafür ist ein flacher Rücken, der sich
von Westen nach Mitteleuropa schiebt. Im Süden macht sich der Rücken zumindest
gebietsweise durch längere sonnige Abschnitte bemerkbar. Über dem Norden liegt
dagegen morgens eine Luftmassengrenze, die zu einem Tiefdruckkomplex westlich
der Britischen Inseln gehört und etwa von der Deutschen Bucht bis zum Oderbruch
verläuft. Dabei simuliert der deterministische Lauf des IFS am Tagesbeginn ein
kleiräumiges Teiltief über der Nordsee, dass innert 24 Stunden über
Schleswig-Holstein ins nördliche Polen zieht. Vor allem rückseitig schiebt sich,
speziell in der Nacht zum Sonntag, die Luftmassengrenze etwas nach Nordosten,
was letztendlich dem nachfolgenden, deutlich kräftigeren steuernden Tief
geschuldet ist. Die Niederschläge, die an der Front simuliert werden, fallen
durchweg als Regen, die Mengen liegen am Tage meist um 5 l/qm, in der Nacht
lassen die Niederschläge dann nach. Mit der nordöstlichen Verlagerung der Front
liegen die 850er Temperaturen ausgangs der Nacht nur noch im unmittelbaren
Ostseeumfeld knapp unter 0°C, im äußersten Süden werden dann 6°c erreicht. Mit
dem durch den Rücken bedingten Druckanstieg im Süden lassen die anfänglich an
den Alpen noch aktiven Regenfälle nach. Dauerregen ist anfangs (mit den
Niederschlägen aus den Vortagen) im Allgäu noch ein Thema, Schnee fällt
allerdings nur noch in Hoch- und Gipfellagen. Darüber hinaus fächert in der
Südhälfte der Gradient auf, so dass die steifen bis stürmischen Böen, die dort
tagsüber noch in den Hochlagen auftreten, abschwächen. Dafür greift ausgangs der
Nacht der leicht angeschärfte Gradient des Zentraltiefs auf den Nordwesten über,
was dann dort ein auffrischen des Windes zur Folge hat. Im Vorfeld kann es auf
dem Brocken schon Sturmböen geben. Im äußersten Norden ist bei den
Höchsttemperaturen lokal schon bei 5°C Schluss, im Südwesten können es bis zu
14°C werden. Dazu ist die Nacht zum ersten Weihnachtsfeiertag frostfrei,
abgesehen von einzelnen ungünstigen Höhenlagen im Südosten und Süden, wobei
lokale Nebelfelder nicht ausgeschlossen sind.

Am ersten Weihnachtsfeiertag überquert uns der Rücken nach Osten. Das steuernde
Tief steuert aus dem Seegebiet westlich von Schottland in Richtung Nordmeer.
Allerdings zieht es in seinem Schlepptau ein kleinräumiges Randtief mit, welches
im Tagesverlauf und in der Nacht zum Montag von der südwestlichen Biskaya bis
zur südlichen Nordsee schafft (wiederum IFS deterministisch, jetzt schon mit
deutlicheren Unterschieden beispielsweise zu ICON). Damit bleiben der Westen und
Norden unseres Landes ganztägig im Randbereich des nordwest- und
westeuropäischen Tiefdruckkomplexes. Entsprechend ist es dort teils windig, der
Druckgradient sorgt für böigen Südwestwind mit exponiert steifen und
insbesondere an der nordfriesischen Küste eventuell auch stürmischen Böen
(Brocken Sturmböen). Aus einer meist dichten Wolkendecke fällt gebietsweise
etwas Regen. Über der Mitte und dem Süden präsentiert sich der Wind bei relativ
hohem Luftdruck (Südostbayern bis 1020 hPa) zurückhaltender, für stürmische Böen
sollte es dort nur auf den Gipfeln der leicht föhnigen Alpen reichen. Darüber
hinaus fällt dort kaum Regen, und es sollte auch mal längere freundliche
Abschnitte geben. Mit dem Tiefkomplex und dem in der Folge südwestlichen Wind
steigen auch die 850er Temperaturen weiter. Im Süden sollen es in der Spitze
über 10°C werden, im Norden dagegen kühlere 1-3°C. Das sollte am tage für 8 bi
14°C reichen, vielleicht wird es im Süden mit Föhnunterstützung etwas mehr. Und
auch die Nacht zum zweiten Weihnachtstag bleibt frostfrei mit einzelnen
Nebelfeldern im Süden, eventuell kann im äußersten Südosten die Temperatur lokal
knapp unter 0°C sinken.

Am zweiten Weihnachtstag tropft der über Westeuropa liegende, mit dem
beschriebenen Tiefkomplex verbundene Langwellentrog in Richtung Seegebiet
westlich Portugal ab. In der Folge kann das nördliche Trogresiduum rasch über
den Norden Deutschlands hinweg nach Osten schwenken. Mit Werten von bis zu -35°C
sorgt der Langwellentrog für eine erhebliche Labilisierung. Allerdings sinkt
auch niedertroposphärisch die Temperatur deutlich. Ursache hierfür ist das
kleinräumige Tief, welches am Tage rasch über die südliche Nordsee hinweg nach
Südschweden zieht und in der Nacht von dort weiter nach Nordosten wandert. Auf
seiner Rückseite greift die mit dem Tief korrespondierende Kaltfront auf
Deutschland über und überquert uns bis zum Dienstagmorgen auch komplett, und
damit stürzen die 850er Temperaturen in die Tiefe. Von 0°C bis 10°C am Morgen
(Nord-Süd) bis auf -6°C bis 0°C am Dienstagmorgen. An dieser Stelle sei
allerdings schon darauf hingewiesen, dass der IFS-Hauptlauf einen stärkeren
Temperaturrückgang andeutet als das Ensemblemittel. Aber wie auch immer: An der
Kaltfront ziehen von Nordwest nach Südost Niederschläge durch, wobei es in der
Nacht zum Dienstag mit sinkender Schneefallgrenze in den Höhenlagen der
Mittelgebirge wieder für etwas Schnee reichen sollte. Im Norden könnte sich –
insbesondere in der Nacht – ein kurzes Gewitter unter die dort zunehmend in
Schauer übergehenden Regenfälle mischen. Und an den Alpen stauen sich die
Niederschläge, so dass im Allgäu auch 10 bis 20 l/qm an Regen fallen können.
Während am Tag 6 bis 14°C als Maxima realistisch erscheinen, werden es nachts
wohl 5 bis 0°C, wobei in höheren Mittelgebirgslagen Frost wieder ein Thema wird.
Der Wind ist lebhaft und frischt insbesondere mit Frontpassage stark böig auf.
Dann sind durchaus stürmische Böen, in höheren Algen auch Sturmböen möglich.
Aber auch dieses Szenario ist alles andere als sicher. Laut GFS soll es am
Montag für Deutschland eher eine Hochdruckrandlage geben.

Am Dienstag und Mittwoch setzt sich laut IFS wieder Hochdruckwetter durch – am
Dienstag deutschlandweit, am Mittwoch streifen dagegen schwache Tiefausläufer
mit Regen den Norden. Mit der einsetzenden, insgesamt westlichen bis
südwestlichen Strömung wird mildere Luft advehiert, so dass die 850er
Temperaturen zum Donnerstagmorgen schon wieder um 0°C liegen sollen. Dazu
frischt der Wind im Norden leicht böig auf, ansonsten sollte er kein Thema sein.
Dafür droht nachts wieder verbreiteter Frost.

In der erweiterten Mittelfrist insgesamt Hochdruckeinfluss, von Süden wieder
deutlich milder.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des aktuellen Laufs mit den Vorläufen ist insgesamt leider nicht
zufriedenstellend. Das Gute: Zu Beginn des Mittelfristzeitraums ist man sich
zumindest bezüglich der Temperaturen einig, die durchweg eine milde bis sehr
milde Witterungsperiode andeuten.

Am Montag steht als markantes Ereignis eine Trog- und Kaltfrontpassage an. Dabei
eilt der aktuelle Trog den Trögen aus den Vorläufen deutlich voraus, nach
aktueller Lesart soll die Trogachse am Dienstagmorgen über Westpolen liegen, die
beiden jüngsten Vorläufe dagegen deuteten eine Trogachse von Benelux zu den
Pyrenäen an. Diese deutliche Diskrepanz zwischen dem aktuellen Lauf und dem
gestrigen 12-UTC-Lauf zeigt sich bei der Frontpassage selbst. Während die Front
nach dem aktuellen Lauf am Montagabend etwa die Donau erreichen soll, liegt sie
laut Vorlauf noch am Main. Und auch beim Temperaturniveau in 850 hPa gibt es
deutliche Unterschiede in den Mustern der Felder sowie bei den absoluten
Temperaturwerten (Mo 12 UTC im Nordosten laut IFS-aktuell +5°C, laut gestrigem
12-UTC-Lauf -3°C).

Im weiteren Verlauf lassen sich zumindest gewisse Ähnlichkeiten ausmachen. So
soll sich postfrontal allmählich Hochdruckeinfluss durchsetzen. Während die
Vorläufe aber antizyklonale Verhältnisse bis in den Norden vorhersagten, ist
laut aktuellem Lauf die Nordflanke des Hochs leicht zyklonal geprägt mit der
Folge, dass Tiefausläufer den Norden steifen können. Das hatten die Vorläufe für
den Dienstag und Mittwoch nicht auf der Agenda. Und während sich nach der
jüngsten Prognose im weiteren Verlauf das Hoch über Osteuropa einnistet und es
zu einer Blockierungslage kommt, greifen in den Vorläufen von Westen neue Tröge
und Tiefausläufer auf uns über.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Im internationalen Vergleich (IFS, GFS, ICON, UKMO) ist man sich am Samstag über
die Luftmassengrenze über dem Nordosten Deutschlands, die in Richtung Ostsee
„herausgedrückt“ wird, einig.

Und dann gibt es schon größere Unterschiede, als da z.B. wären:
Den Höhenrücken am Sonntag (18 UTC) zeichnen ICON und GFS deutlich zyklonaler
als IFS genau genommen handelt es sich bei ICON und GFS schon um die
Vorderseiten der nachfolgenden Tröge.
Im Bodendruckfeld simuliert ICON einen markanten Trog über dem Ärmelkanal
(Montag, 18 UTC), während der Bodentrog bei IFS noch über der Irischen und
Keltischen See liegt: Im Vergleich dazu wirkt das Bodendruckfeld von GFS
grundsätzlich geglätteter, es bietet keine markante Trogstruktur über
Westeuropa.
IFS ist am Montag bis zu 5K wärmer als ICON oder GFS, teils sind die
Temperaturunterschiede noch höher.

Und das ist nur der Sonntag. Während laut IFS am Montag eine Kaltfront von
Nordwest nach Südost über Deutschland hinweg ziehen soll, schiebt ICON einen
Hochkeil vom nahen Nordatlantik über Frankreich hinweg bis nach Süddeutschland.
Das über dem nahen Nordatlantik von ICON simulierte 1035er Hoch findet bei IFS
eine Ähnlichkeit in Form eines 1030er Hochs etwas weiter westlich. Aber GFS ist
komplett anders gebürstet mit einem Tief zwischen Irland und der Iberischen
Halbinsel. Und während bei ICON am Main die -5°C-Isotherme zu finden ist, greift
bei IFS vorderseitig der Kaltfront die +5°C-Isotherme bis zum Stettiner Haff
aus.
Am Dienstag und Mittwoch sind IFS und ICON recht ähnlich aufgestellt mit einem
großräumigen Hoch, das von Frankreich über die Alpen nach Osten zieht, während
GFS erstmal auf Tiefdruck setzt, am Boden, aber auch in der Höhe. Und so stehen
sich am Dienstagmittag über Westeuropa der Trog aus GFS und die Rücken von ICON
und IFS gegenläufig gegenüber.

Insgesamt ergibt sich kein klares Bild. Die internationalen Modelle liefern für
dem Mittelfristzeitraum teils deutlich unterschiedliche Lösungen ab.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die IFS-Ensembles werden im Zeitfenster +72 bis +96 Stunden in 4 Cluster
aufgeteilt, der mit 20 membern größte sowie einer der mit 10 membern kleinsten
bleiben durchweg in der Kategorie „Positive NAO, die anderen Cluster wechseln
von der Kategorie „Positive NAO“ in die Kategorie „Negative NAO“. Die
Unsicherheit über Mitteleuropa ist aber gering, alle zeigen für Deutschland den
schwachen Rücken.

Im Zeitfenster +120 bis +168 Stunden werden 2 Cluster errechnet. Der mit 30
membern größere liegt durchweg in der Kategorie „Positive NAO“, der mit 21
membern kleinere wechselt von „Positive NAO“ zu „Atlantischer Rücken“. Insgesamt
nehmen die Modellunsicherheiten zu, zum Ende der betrachteten Periode stehen
sich die Cluster über Westeuropa fast gegenüber: Hier ein flacher Trog, dort ein
kräftiger Rücken. Hier zeigt sich deutlich die Modellunsicherheit.

Im weiter Verlauf (+192 bis +240 Stunden deuten 4 Cluster, die alle der 4
Wetterkategorien zumindest einmal aufgreifen, auf die die schon mehrfach
angedeutete Prognoseunsicherheit hin. Auch die Betrachtung der synoptischen
Muster der repräsentativen Felder lässt einiges am Interpretationsspielraum.

Die Rauchfahnen des IFS zeigen bei allen Ensemblemitgliedern am 26.12. einen
deutlichen Rückgang der 850er Temperaturen – wobei der Rückgang beim Hauptlauf
(von +6 auf -7°C für Offenbach) deutlicher ausgeprägt ist als im Ensemblemittel.

Die GFS-Rauchfahnen zeigen als markantesten Unterschied zu den IFS-Ensembles
keinen starken Temperaturrückgang an den Weihnachtstagen. Die Ensemblemitglieder
bleiben insgesamt wärmer als bei IFS.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

FROST:
COSMO-LEPS liefert sehr geringe Wahrscheinlichkeiten für Frost am Sonntagmorgen
im äußersten Norden und am Montagmorgen im Nordosten sowie in den
Mittelgebirgen.

WIND:
Für die Hochlagen simuliert COSMO-LEPS am Samstag Wahrscheinlichkeiten von 30
bis 70% für stürmische Böen oder Sturmböen. Im Norden liegen die
Wahrscheinlichkeiten bei bis zu 30%. Am Sonntag und in der Nacht zum Montag
liegen die Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen im Harz nochmal bei bis zu
60%, an der Nordsee dagegen bei bis zu 30%.

DAUERREGEN:
Die abklingende Dauerregensituation im Süden (Allgäu) deutet der EFI für den
Samstag noch an.
COSMO-LEPS weist auf die Dauerregensituation ebenfalls mit geringen und rasch
sinkenden Wahrscheinlichkeiten für 6-stündige Niederschlagsmengen >20mm oder
12-stündige Niederschlagsmengen >25mm im Allgäu hin.

TEMPERATURNIVEAU ALLGEMEIN:
Der EFI deutet von Samstag bis zur Kaltfrontpassage am Montag deutlich über dem
Klimamittel liegende Temperaturen an.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas