#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Samstag, den 10.12.2022 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 101800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 10.12.2022 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Winterlich mit Dauerfrost (nicht überall) und meist leichten regionalen
Schneefällen.
Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
Aktuell … befindet sich Deutschland inmitten unter einem riesigen Höhentrog,
der von Skandinavien über Mittel- und Westeuropa bis hinunter nach Algerien und
Tunesien reicht. Eingelagert sind mehrere Drehzentren, darunter eines über
England, eines über dem südlichen Bottenbusen und eines direkt über Deutschland
(500 hPa). Dagegen ist die Druckverteilung am Boden bei uns eher antizyklonal
aufgestellt durch eine schwache, südwest-nordost-exponierte Hochdruckzone, die
im Grunde ein Anhängsel des über Skandinavien positionierten Hochs JULIAN
darstellt. Ähnlich einer Brücke trennt die Zone zwei Tiefdruckgebiete
voneinander: zum einen das relativ einfach gestrickte Tief ANNIKA über der
Nordsee, zum anderen das weitaus komplexere, weil mehrkernige System BIRGIT
(int. Gaia) rund um Italien sowie über dem Balkan. Letzteres ist gerade dabei,
sich als Vb-Tief anzumelden, indem der Hauptkern vorderseitig des vor allem in
seinem Südteil progressiven Trogs im Laufe des Sonntags beginnt, nordwärts zu
ziehen. Diese Wetterlage wurde mittelfristig übrigens schon frühzeitig erkannt.
Allerdings – und da sieht man mal, wie schwierig mittelfristige
Detailvorhersagen sind – deutet sich eine etwa um 200 bis 300 km weiter nach
Osten verschobene Zugbahn an mit der Konsequenz, dass a) im Osten weniger Schnee
fällt als ursprünglich angenommen und b) auch der der Wind schwächer ausfällt.
Zunächst aber mal die Abläufe der kommenden Nacht, die von hochreichender
Kaltluft geprägt sind (T500 in der Westhälfte -35°C oder etwas darunter, T850
landesweit -6 bis -11°C). Da verwundert es nicht, dass die Temperatur trotz der
vorherrschend stark bewölkten bis bedeckten Verhältnisse (gebietsweise geht die
Nacht auch klar über die Bühne) verbreitet in den negativen Bereich zurückgeht,
sofern sie tagsüber überhaupt im Plus war. -1 bis -8°C lautet die Spanne, in den
Mittelgebirgen und bei Aufklaren lokal auch noch etwas darunter (aktuell um 18
UTC in Baruth (MV) schon stolze
-10°C). Ansonsten schneit es vor allem zwischen Alpenrand und den ostbayerischen
Mittelgebirgen sowie vom zentralen Mittelgebirgsraum bis hinüber zur Neiße
leicht und locker vor sich hin. Gebietsweise kommen dabei weitere 1 bis 5 cm,
direkt an den Alpen lokal vielleicht 10 cm Neuschnee dazu. In den übrigen
Regionen sind eher wenig Schneeschauer unterwegs. Am ehesten geht der Blick
diesbezüglich in Richtung vorpommersche Ostseeküste nebst angrenzenden
Binnenland, wo von der See zunehmend Schauer angelockt werden und örtlich bis
zum Morgen etwas Neuschnee bringen. Dagegen zeigt sich die rege konvektive
Aktivität über der Nordsee ein wenig landscheu, was größtenteils der ablandigen
Windkomponente geschuldet ist. Schnee oder kein Schnee, dort, wo vom Tage noch
Restnässe auf Straßen und Wegen vorhanden ist, besteht die Gefahr gefrierender
Nässe. Und dort, wo es für längere Zeit klar ist, können sich Reif oder Nebel
bilden, ebenfalls mit Glättepotenzial.
Sonntag … verbringen wir den 3. Advent unter dem o.e. Höhentrog, dessen
Südteil im Tagesverlauf Südosteuropa überquert und dort (vor allem Albanien und
Griechenland) für z.T. kräftige Regenfälle sorgt. Bei uns läuft das Ganze
weitaus ruhiger und vergleichsweise unspektakulär ab. Das Höhentief zieht
langsam über die Mitte des Landes ostwärts und erreicht in den Abendstunden den
Westen Tschechiens. Derweil bleiben wir im Bodendruckfeld weitgehend
antizyklonal aufgestellt mit einem von Skandihoch JULIAN südwärts gerichteten
Keil. Die Aufgleitprozesse der über Rumänien und die Westukraine nach Belarus
ziehenden Vb-Zyklone BIRGIT tangieren den Vorhersageraum nur peripher. In der
östlichen Mitte, etwa von Thüringen bis hinüber zur Lausitz, sowie im Südosten
(Bayern) schneit es mitunter leicht, ohne dass daraus eine nennenswerte
Neuschneeakkumulation resultiert. Die könnte tatsächlich in Teilen Vorpommerns
am höchsten ausfallen, wenn sich nämlich von der Ostsee her Schauerstraßen
einstellen, in denen konvektive Umlagerungen landeinwärts bis ins nördliche BB
transportiert werden. Lake-Effekt plus ausgeprägte Küstenkonvergenz (N-NO auf
See vs. W-NW auf Land) sind hier die treibenden Kräfte, die strichweise durchaus
rund 5 cm aufs Parkett zaubern können.
Wer sich statt für Schnee eher für aufgelockerte Bewölkung und sogar
zeitweiligen Sonnenschein interessiert, der sollte entweder im Norden die
Regionen zwischen SH und das östliche NDS ansteuern oder – wenn zu weit weg – in
den Südwesten (vor allem BaWü) reisen, sofern man dort nicht ohnehin schon
wohnt. Temperaturmäßig verbleiben weite Landesteile unter dem Gefrierpunkt, in
den Mittelgebirgen herrscht gar mäßiger Dauerfrost. Frostfrei bleibt es am
ehesten in den Tieflagen Westdeutschlands sowie direkt an der See.
In der Nacht zum Montag tut sich nicht allzu viel an der Großwetterlage. Im
Osten herrscht auf der Westflanke des gen östliches Baltikum steuernden Vb-Tiefs
leichte WLA, die von Vorpommern bis hinunter zum Erzgebirge sowie im östlichen
Bayern etwas Schneefall generiert. Viel ist es nicht, was da runterkommt,
gemessen an einigen Mittelfristprognosen der vergangenen Woche sogar eine
regelrechte Enttäuschung. Vielleicht reicht es im Stau des Osterzgebirges mal
für 5-7 cm, mit etwas Glück 10 cm, ansonsten liegen die Neuschneemengen darunter
oder es passiert gar nichts.
Für den großen Rest der Nation gilt es festzuhalten, dass es neben starker
Bewölkung und einigen Schneekrümeln – die Luft ist nach wie vor hochreichend
kalt (T500 -34 bis -38°C, T850 -7 bis -11°C), was der unergiebigen „Krümelei“
sehr förderlich ist – auch größere Wolkenlücken auf den Plan treten. Das
erklärt, warum die Wahrscheinlichkeit für mäßigen Frost zwischen -5 und -10°C
gegenüber den Vornächten zunimmt und nicht nur mehr auf die Mittelgebirge und
den Alpenrand beschränkt bleibt. Dort, wo es längere Zeit aufklart und eine
Schneedecke vorhanden ist, droht stellenweise sogar strenger Frost unter -10°C.
Montag … nimmt der Hochdruckeinfluss bei uns zu. Zum einen verbreitert sich
die meridionale Hochdruckzone, die genau zwischen dem Vb-Tief über Litauen und
einem Tief (int. Efrain) über dem Ostatlantik verläuft. Zum anderen verbinden
sich ein kleines Höhenhoch über der Nordsee und ein sich von Ostfrankreich nach
Norden aufwölbender schwacher Rücken. Kein Meisterwerk, das Ganze, aber
insgesamt gibt es dem antizyklonalen Konstrukt ausreichend Substanz, um bei uns
spürbare Akzente zu setzen. Während nach Osten hin noch periphere, aber immer
schwächer werdende Hebungsprozesse am Werke sind (=> stark bewölkt bis bedeckt
und anfangs noch gebietsweise leichte Schneefälle), macht sich weiter westlich
Absinken bemerkbar. In Folge offenbart die Wolkendecke mal mehr, mal weniger
große Lücken, ganz im Westen und Südwesten scheint gebietsweise sogar für
längere Zeit die Sonne. Dort sowie an der See steigt die Temperatur in tiefen
Lagen ins leichte Plus, während sonst Tageshöchstwerte von -4 bis 0, im höheren
Bergland um oder etwas unter -5°C auf der Karte stehen. Der West-Nordwestwind
weht im Osten mitunter mäßig, rund um Rügen und Usedom vielleicht auch mal
frisch, wahrscheinlich brauchtŽs aber keine Windwarnung.
In der Nacht zum Dienstag bleibt die GWL konservativ, was für uns weiterhin
einen stark antizyklonalen Einschlag bedeutet. Vielerorts lockert oder löst sich
die Bewölkung auf, örtlich bildet sich Nebel. Im Osten und Nordosten allerdings
hält sich noch starke oder geschlossene Bewölkung, aus der hier und da ein paar
Flocken fallen. Die Temperatur geht zurück auf rund -4°C unter den dichten
Wolken im Nordosten und um oder unter -10°C über den Schneeflächen
Süddeutschlands sowie in einigen Mittelgebirgen. Direkt an der See um 0°C.
Abschließend noch ein kurzer, aber richtungsweisender Exkurs in Richtung
Biskaya, wo sich vorderseitig des ostatlantischen Haupttiefs (int.: Efrain) ein
kleines Teiltief gebildet hat, von dem aus sich eine Rinne bis nach
Zentralfrankreich erstreckt. Diese ist geprägt von einer starken Baroklinität
und weist auf der Nordflanke Aufgleitprozesse auf, deren hohe und mittelhohe
Wolken in den Morgenstunden auch den äußersten Süden und Südwesten unseres
Landes erreichen könnten…
Dienstag … …, um dort die Ouvertüre zu einer möglichen spannenden Entwicklung
zu geigen, die aber noch mit vielen Fragzeichen versehen ist. Fakt ist, dass wir
in der Höhe aus der Troglage heraus mehr in eine Zonalisierung übergehen. Die
Hauptfrontalzone verläuft weit südlich über die Iberische Halbinsel und das
westliche Mittelmer hinweg, während bei uns ein abgeschwächter, nach Norden
abgesetzter Sekundärast zu finden ist. Das kleine Teiltief verlagert sich in
Richtung Zentralfrankreich, wobei es sich aber nicht richtig weiterentwickelt,
sondern tendenziell eher auffüllt. Schuld daran könnte die Entwicklung eines
zweiten Tiefs über dem westlichen Mittelmeer sein, welches dem nördlichen Tief
etwas die Show stiehlt. Wie auch immer, die o.e. Aufgleitprozesse setzen sich
weiter fort, verstärken sich dabei und greifen mehr und mehr auf den Süden bzw.
die Mitte des Landes über. Die große Frage ist nun, wie sieht es
niederschlagstechnisch aus, womit wir auch gleich beim Thema „Modellunterschiede
und -inkonsistenzen wären. Vielleicht beginnt es im äußersten Südwesten und
Süden im Tagesverlauf aus der Schweiz und Ostfrankreich heraus zu schneien (ICON
00/06 UTC, IFS 00 UTC, UK 12 UTC). Gut möglich, dass das Ganze aber auch erst in
der Nacht zum Mittwoch startet. Unsicher ist auch noch, wie weit sich der
Schneefall nordwärts ausbreitet. Tendenziell lässt sich in den letzten Läufen –
leider aus Sicht eines sich Schnee wünschenden Rhein-Main-Gebietlers – aber eine
recht weit südlich ansetzende Entwicklung feststellen, auch wenn die Messen noch
nicht final gelesen sind.
Im Rest Deutschlands lautet das Motto „teils aufgelockert bewölkt mit Sonne,
teils hochnebelartig bedeckt oder neblig, weitgehend niederschlagsfrei“ bei -4
bis 0°C, am Rhein sowie direkt an der See bis +1°C, in den Mittelgebirgen
weiterhin teils unter -5°C.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Abspeckung der Schneefälle durch die etwas weiter östlich ansetzende
Vb-Entwicklung hat inzwischen auch das letzte Modell intus. Nun gilt es, sich
auf den nächsten, am Dienstag oder später einsetzenden Schneefall im Südwesten
zu konzentrieren. Auch da ist zu befürchten (zugegeben, das Verb ist subjektiv
gefärbt), dass die Schneefälle im Süden verbleiben und nicht die Mitte
erreichen. In beiden Fällen hätten die mittelfristigen Prognosen z.T. deutlich
mehr versprochen, als kurzfristig am Ende eingehalten wird. Aber wie heißt es so
schön im (Fußball)Volksmund: „Am Ende kackt die Ente“ oder etwas seriöser „die
Hoffnung stirbt zuletzt“…
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann