S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 07.12.2022 um 10.30 UTC

Zunächst unter Einfluss maritimer Arktikluft winterlich mit Frost und regionalen
Schneefällen. Mitte nächster Woche unsichere Entwicklung mit Potential für eine
Luftmassengrenze mit Schnee und gefrierendem Regen.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 14.12.2022

Am Samstag, zum Beginn des Mittelfristzeitraumes, bestimmt ein sehr
umfangreicher und im Norden auch mit in der Höhe recht kalter Luft
ausgestatteter Trog das Wettergeschehen. In ihn ist ein Höhentief eingelagert,
welches sich im Bereich Nordschwedens befindet und von dem aus eine Trogachse
nach Südwesten gerichtet ist. Wir liegen noch östlich dieser Achse auf der
Vorderseite, sie schwenkt aber allmählich nach Osten und kommt uns näher. Die
eigentliche Frontalzone verläuft weit südlich im Mittelmeerraum. Dort befindet
sich auch eine mehrkernige Tiefdruckzone, die sich ebenso langsam nach Osten
verlagert und in der Nacht zum Sonntag dann zwei Kerne über der Adria und über
Rumänien aufweist. Ein weiteres flaches Tief liegt nördlich unseres Landes,
während im hohen Norden Europas und vor allem über Grönland weiterhin hoher
Druck dominiert. Von der Druckverteilung her liegen wir zwischen den Stühlen in
einem windschwachen Umfeld und mit Temperaturen von -6 bis -8°C in 850 hPa im
Bereich maritimer Polarluft. In dieser kann es im Norden einzelne Schauer geben,
zudem greifen von den südlichen Tiefs her Schneefälle über die Alpen hinweg
nordwärts aus, die sich im Tagesverlauf am östlichen Alpenrand verstärken
sollen. In den übrigen Gebieten dürfte es ebenso vorwiegend bewölkt sein. Das
Temperaturniveau sollte tagsüber allgemein um 0°C liegen.

Am Sonntag schwenkt die Achse des Bodentroges nach Deutschland und bringt
Höhenkaltluft mit Temperaturen bis unter -35°C in 500 hPa nach Deutschland. In
850 hPa geht das Temperaturniveau weiter zurück auf vielfach -8 bis -10°C. Auf
der Vorderseite des Troges entwickelt sich über dem Osten Europas ein starkes
Tief, dessen intensive Schneefälle aber weitgehend außer Landes bleiben,
lediglich am östlichen Alpenrand schneit es weiter. Ansonsten bringt die
arktische Meeresluftmasse nur schwache Schauer. Es bleibt vielfach bewölkt und
kalt.

Am Montag bildet sich über dem östlichen Mitteleuropa ein Höhentiefkern, das
Bodentief vertieft sich weiter zum Sturm, während über Deutschland schwacher
Hochdruckeinfluss wetterwirksam wird, allerdings bleibt uns kalte Luft in der
Höhe erhalten. Schauer treten aber kaum noch auf und die Chancen auf
Wolkenauflockerungen steigen. Ganz im Osten kann etwas Schneefall von Polen her
übergreifen, zudem muss im Osten am Rande des Tiefs mit böigem Nordwestwind
gerechnet werden. In der Nacht zum Dienstag muss bei aufgelockerten Wolken über
Schnee strenger Frost einkalkuliert werden.

Am Dienstag schwenkt der Trog weiter nach Osten und von Westen her setzt sich
eine westliche Höhenströmung durch, wobei die Frontalzone wieder nordwärts
vorankommt. Tagsüber ändert sich das Wetter kaum im Vergleich zum Vortag, doch
dann tritt eine Tiefdruckrinne in Erscheinung, die sich von der Bretagne her
nach Osten ausweitet. Auf deren Südseite kommt wieder deutlich mildere Luft nach
Osten voran, so dass sich an ihr eine markante Luftmassengrenze ausbildet. Zum
Abend frischt in der Westhälfte Deutschlands der Südostwind deutlich auf, es
ziehen Wolken auf und in 850 hPa steigt die Temperatur wieder deutlich an. In
der Nacht zum Mittwoch ziehen dann im Südwesten massive Schneefälle auf, wobei
bei weiterer Warmluftzufuhr die Gefahr für starken gefrierenden Regen deutlich
zunimmt. Die Details sind freilich noch unsicher.

Am Mittwoch bohrt sich dann die Tiefdruckrinne immer weiter nach Deutschland
hinein, mit einer Achse in etwa auf Höhe des Mains. Dabei ziehen einzelne
Randtiefs ostwärts. An der Südflanke gelangt eine Luftmasse mit 0 bis 4°C in 850
hPa in den gesamten Süden des Landes. Dort ist bei frischem Westwind eine
markante Milderung zu erwarten. Die Niederschläge nehmen im Tagesverlauf etwas
ab, trotzdem muss entlang der Luftmassengrenze bis in den Osten mit
Niederschlägen gerechnet werden. Im Süden fällt dieser allgemein als Regen, der
noch gefrieren kann, so lange Kaltluftseen nicht ausgeräumt sind. An der
Nordflanke, also vor allem im Mittelgebirgsraum, kann es mitunter kräftig
schneien.

Der weitere Verlauf bleibt spannend. Mit einer Austrogung im Westen soll sich
die Luftmassengrenze im Osten deutlich nach Norden verlagern, so dass sie sich
allmählich dreht. In den Süden gelangt noch mildere Luft. Weiterhin sind
kräftige Niederschläge simuliert, die in unterschiedlichen Phasen auftreten
können. In Folge des weiteren Herannahens des Troges soll sich zudem ein Sturm
entwickeln, der direkt über Deutschland hinwegzieht und nachfolgend gelangt von
Westen rückseitig einer Kaltfront wieder die arktische Meeresluft zu uns.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des aktuellen Laufs mit seinen beiden Vorgängern ist grob bis
Dienstag gut. Es zeigen sich in erster Linie Unterschiede bei der Zugbahn und
Stärke des Tiefs östlich unseres Landes. So ließen die beiden Vorläufe an der
Westflanke des Tiefs mehr Schnee auf Deutschland übergreifen als der aktuelle.
Die beiden jüngeren Läufe zeigen dagegen am Dienstag mehr Wind im Osten
Deutschlands.

Die Entwicklung der Luftmassengrenze über der südlichen Mitte Deutschlands wurde
vom gestrigen 00-UTC-Lauf auch schon gezeigt, wenngleich der Warmluftvorstoß
gestern etwas langsamer erfolgen sollte. Beim gestrigen 12-UTC-Lauf erfolgt der
Warmluftvorstoß dagegen vollkommen kraftlos. Zwar soll sich am Mittwoch nach und
nach von Südwesten auch mildere Luft durchsetzen, aber eher als langsam
vorankommende Warmfront mit länger anhaltenden Schneefällen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Der Vergleich der aktuellen deterministischen Läufe zeigt bis zum Montag recht
ähnliche Entwicklungen. Der Teufel steckt aber im Detail: So lassen die Modelle
das Tief östlich unseres Landes durchaus auf unterschiedlichen Zugbahnen ziehen,
was auch unterschiedlich starke Windfelder im Osten des Landes zur Folge hat.
Zudem wird das Ausgreifen des Schneefallgebiets nach Westen recht
unterschiedlich simuliert, wobei IFS aktuell dem Osten am wenigsten Schnee
bringt. GFS lässt das Tief sogar wieder etwas nach Westen eindrehen, so dass es
zur südlichen Ostsee zieht und bis in den Westen Deutschlands kräftigen
Nordwestwind bringt. Zudem sollen sich die Schneefälle auf den Norden und später
sogar auf das ganze Land ausweiten.

Im weiteren Verlauf werden die Unterschiede dann richtig groß. Bei GFS zieht der
Trog nur sehr zögerlich nach Osten ab und somit kann die milde Luft von
Südwesten erst viel später und zögerlicher übergreifen. ICON zeigt ebenso ein
etwas langsameres Übergreifen milderer Luftmassen am Mittwoch. UK10 hat dagegen
eine besonders progressive Lösung mit einem Sturmtief, das Richtung Benelux
zieht und die milde Luft sehr massiv vordringen lässt. GEM zeigt eine Lösung mit
einer viel langsameren Entstehung der Luftmassengrenze, die zudem dann südlicher
ansetzt.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das IFS-EPS verteilt sich im Zeitraum von Montag bis Mittwoch auf insgesamt
sechs Cluster. Heute sei einmal die Bodendruckverteilung anstatt des Höhenfeldes
betrachtet, da erstere aussagekräftiger ist. Alle Cluster zeigen recht ähnliche
Zugbahnen für das Tief östlich unseres Landes zu Beginn der Woche, hier lassen
sich keine aussagekräftigen Unterschiede finden. C1 und C2 (in Summe 22
Mitglieder) zeigen in der Nacht zum Mittwoch Deutschland im Bereich eines
Hochkeils zwischen dem östlichen Tief und dem neuen von Westen heranziehenden
Tief. Die beiden Tiefs im Westen sind kräftig und noch weit weg, so dass diese
Situation weniger progressiv ist als beim Hauptlauf. C4 (mit 10 Mitgliedern,
Haupt- und Kontrolllauf) spiegelt die oben beschriebene Entwicklung wider. C3
(11 Mitglieder) zeigt eine prinzipiell ähnliche Entwicklung wie C4, allerdings
setzt die Tiefdruckrinne weiter südlich an, was Freunden der Kälte und des
Schnees (insbesondere wenn diese süddeutschlandaffin sind) gefallen dürfte. C5
(6 Mitglieder) hat das alte Tief weiter westlich in der Ostsee liegen und den
Hochkeil ebenso weiter westlich, so dass wir uns noch in einer Nordwestströmung
befinden und zunächst keine milde Luft von Südwesten übergreifen kann. C6 (6
Mitglieder) zeigt den Hochkeil noch weiter westlich als C5 (im Bereich der
Biskaya), dagegen ist das Tief im Osten immer noch sehr stark und liegt im
Bereich der östlichen Ostsee, so dass ganz Deutschland noch ein einer recht
kräftigen Nordwestströmung liegt. Das Übergreifen der milden Atlantikluft ist
bei diesem Szenario gar nicht absehbar.

Betrachten wir heute einmal die Rauchfahnen für das schöne Offenbach, wo sich
die Unsicherheiten nächste Woche recht deutlich abzeichnen: Bis zum Montag gehen
Temperatur und Potential langsam zurück bei sehr geringem Spread, die
850-hPa-Temperatur landet bei etwa -8°C. Danach nehmen die Unterschiede rapide
zu, vor allem bei der Temperatur, die in der aktuellen Lage auch
aussagekräftiger ist. Ein gebündelter Teil der Kurvenschar verbleibt um -8°C,
ein weiterer Teil steigt zum Mittwoch und Donnerstag etwas über 0°C. Es gibt
aber auch noch jede Menge dazwischen. Der Hauptlauf folgt erwartungsgemäß der
oberen Kurvenschar. Interessanterweise zeigen wenige Ensemblemitglieder die
Milderung sogar schon am Dienstag. Insgesamt bringen etwas mehr
Ensemblemitglieder eine deutliche Milderung. Es gibt aber auch jede Menge, die
tief bleiben, was also für die anhaltende Trog-/Nordwestlage bzw. eine südlicher
ansetzende Luftmassengrenze spräche.
Auffallend sind starke Niederschlagssignale in fast allen Läufen am Mittwoch.

Die GFS-Rauchfahnen verhalten sich bis Montag genauso wie jene des IFS. Auch bei
GFS nimmt danach die Streuung bei der Temperatur rapide zu und es zeigen sich
ebenso zwei Äste, einer bei etwa -7°C, der andere bei um 0°C. Diese treffen sich
zum Ende der nächsten Woche in der Mitte. Allerdings folgt der GFS-Hauptlauf dem
unteren Ast, dieser scheint in etwa gleich besetzt zu sein wie der obere. Dies
spricht für die etwas stärkere Dominanz der Trog-/Nordwestlage beim GFS.

Fazit: Es gibt große Unsicherheiten: Kommt die Milderung überhaupt, oder bleibt
es bei der Troglage? Wenn die Milderung kommt, wie schnell kommt sie, bildet
sich die stationäre Luftmassengrenze und wo setzt sie an? Bis dahin ist aber wie
winterliche Entwicklung mit maritimer Arktikluft sicher.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Sturm:
Das IFS-EPS zeigt am Montag und Dienstag im Bereich der östlichen Ostseeküste
eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Sturmböen, ebenso in den Hochlagen des
Erzgebirges. Im Flachland Ostdeutschlands ist die Wahrscheinlichkeit sehr
gering.

Schneefall:
Am Sonntag besteht nach Cosmo-LEPS im Alpenvorland eine geringe
Wahrscheinlichkeit für mehr als 10 cm Neuschnee in 12 Stunden, an den Alpen ist
die Wahrscheinlichkeit hoch. Am Montag zeigt Cosmo-LEPS im Osten Deutschlands
schwache Signale für mehr als 10 cm Neuschnee in 12 Stunden, im Erzgebirge sind
die Signale stärker.
In der Folge zeigt IFS-EPS keine signifikanten Schneefallsignale mehr, aber auch
für den Mittwoch müssen markante Schneefälle angenommen werden.

Gefrierender Regen: Ab der Nacht zum Mittwoch und am Mittwoch tagsüber muss vom
Südwesten her bis zur Mitte gefrierender Regen (und zwar durchaus
unwetterartig!) ins Kalkül gezogen werden.

Strenger Frost:
In den Nächten zum Dienstag und Mittwoch besteht in den teils schneebedeckten
Bergländern eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für strengen Frost.

Dauerfrost:
Ab Samstag besteht im östlichen und südlichen Deutschland gebietsweise die
Gefahr über mehrere Tage anhaltenden Dauerfrostes. Im höheren Bergland ist
Dauerfrost sehr wahrscheinlich.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, IFS-EPS; IFS-Hauptlauf bezüglich Schnees im Osten zum Wochenbeginn
etwas zurückhaltend.

VBZ Offenbach / Dipl.-Met. Peter Hartmann