SXEU31 DWAV 041800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 04.12.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Von Süden her Niederschläge, zunächst teils gefrierender Regen, später
Schneefall. Auch in den Folgetagen zeitweise Niederschläge, teils als Schnee.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC

Aktuell … zeigt der Blick auf die obere Troposphäre und die untere
Stratosphäre, dass eine Frontalzone respektive starke westliche Höhenströmung im
atlantisch-europäischen Raum praktisch überhaupt nicht vorhanden ist.
Stattdessen haben wir in 500 wie 300 hPa eine extreme positive
Geopotentialanomalie im Gebiet über Grönland und dem Nordmeer und infolgedessen
in unserem Raum ein ziemlich chaotisches Durcheinander von kleinräumigen
Geopotentialmaxima und Minima, die sich zudem auch noch in vollkommen
unterschiedliche Richtungen bewegen und im Detail nur schwer prognostizierbar
sind. Die eigentliche kräftige Westströmung findet sich im Bereich der
Polarfront am Rande eines in den genannten Höhen gespaltenen Polarwirbels (mit
Geopotentialminima über Hudson Bay und Ostsibirien) was sich aber nicht in die
höhere Stratosphäre durchsetzt, wo der Polarwirbel noch intakt ist. Zudem findet
sich noch ein schwacher Ast der Frontalzone weit im Süden über dem Norden
Afrikas und dem südlichen Mittelmeerraum. Bodennah gestaltet sich die Lage etwas
übersichtlicher, denn unter dem relativ hohen Potential nördlich unseres Landes
befindet sich in relativ kalter Luftmasse entsprechend eine umfassende
Hochdruckzone mit mehreren Zentren über Russland (Hoch Ilja), Skandinavien (Hoch
Horst) und neuerdings auch im Isländisch-Grönländischen Raum (noch namenlos).
Über dem Mittelmeerraum und südwestlich davon im Atlantik tummeln sich dagegen
Tiefs.

Unser Land befindet sich damit nach wie vor im Bereich einer nordöstlichen
Bodenströmung, die aber nur mäßig kalte Luft zu uns führt. Auf der Vorderseite
eines Höhentiefs über Frankreich, das sich zunehmend auch in tieferen Schichten
verstärkt, werden die Alpen überströmt, was zu einem erheblichen
Temperaturanstieg in der unteren Troposphäre geführt hat, die sich auch
zunehmend nach Norden durchsetzt und kräftige Inversionen zur Folge hat.
Lediglich am östlichen Alpenrand und hinüber zum Bayerischen Wald wurde die
Inversion durchbrochen und tagsüber haben sich teils Temperaturen um 10°C
durchgesetzt. Mit der Überströmung der Alpen geht auch Druckfall auf der
Nordseite einher, so dass sich im Alpenvorland ein flaches Tief gebildet hat.

Auf der Vorderseite des Höhentiefs hat sich durch WLA ein Regengebiet gebildet,
das den Südwesten Deutschlands beeinflusst. Dort müssen in den nächsten Stunden
die Belagstemperaturen in den höher gelegenen Regionen, in denen teils Luftfrost
herrscht gemonitort werden, denn sollten diese gegen 0 Grad sinken (was aufgrund
von „warmem“ Boden und Gegenstrahlung nicht leicht ist), müsste man gefrierendem
Regen rechnen. Über dem übrigen Land liegt weiterhin eine Hochnebeldecke, die in
höheren Lagen und über den Schneegebieten im Osten für schlechte Sichten sorgt
(im Osten der klassische Mischungsnebel, der bei der Advektion feuchtmilder Luft
über Schneeflächen besteht und durch besondere Ekligkeit besticht). Hier und da
fällt auch geringfügiger Niederschlag raus.

Der Wind ist nur an einigen nordostexponierten Küstenabschnitten ein Thema, wo
bisweilen steife Böen auftreten.

In der Nacht zum Montag zieht das französische Höhentief nordostwärts ins
Burgund. Über dem Südwesten setzt sich zunehmend Hebung durch PVA durch, was in
allmählich ausgreifenden Niederschlägen nach Norden resultiert. Somit zieht das
Niederschlagsgebiet von Baden-Württemberg nordwärts und erreicht bis zum Morgen
eine Linie NRW-Sachsen-Anhalt. Anfangs fällt bei Temperaturen in 850 hPa um etwa
4 Grad und schönen warmen Nasen meist Regen, wobei die Gefahr besteht, das vor
allem über der Mitte Deutschlands, nämlich vom westlichen Bergland bis zu den
Schneegebieten weiter im Osten, Eis auf den Straßen entsteht. Dort liegen die
Temperaturen nämlich jetzt schon in der Luft und auf den Belägen bei unter 0°C.
Entsprechend wurden Glatteiswarnungen ausgegeben (ocker, für Unwetter reicht die
Menge, Verbreitung und Vorgeschichte nicht. Im Laufe der Nacht wird die Warmluft
durch den Niederschlag zunehmend abgebaut, was allmählich zu Schnee führt, der
allenfalls in den mildesten Regionen Richtung Niederrhein noch zu Regen
schmilzt, ansonsten aber vor allem vom westlichen Bergland bis nach Thüringen
und Sachsen-Anhalt rüber bei Temperaturen nahe oder unter dem Gefrierpunkt für
Schneeakkumulation sorgen kann. Dabei werden je nach Modell vor allem in der
Eifel um 10 mm Niederschlag berechnet, die dort in den Hochlagen auch für bis zu
10 cm Neuschnee sorgen könnten, nach ICON können auch bis in den Norden
Thüringen hinüber über 5 cm Neuschnee fallen. Entsprechende Schneefallwarnungen
werden jetzt ebenso ausgegeben.

Auch weiter nach Norden hin kann zunehmend etwas Regen fallen, dort sind die
Temperaturen aber weiterhin im positiven Bereich. Fast landesweit bleibt es
bedeckt, Auflockerungen gibt es nur an und in den Alpen. Die Tiefstwerte liegen
wie die aktuellen Werte meist bei 4 bis 1°C, Frost gibt es nur in den bereits
genannten Regionen in der Mitte und im Süden (bis ins westliche Alpenvorland
rüber), wo dieser bereits jetzt auftritt bzw. nahe ist.

Nun noch zur Druckverteilung: Das flache Tief aus dem Alpenvorland weitet sich
aus und verlagert sich nach Norden, so dass eine flache Rinne entsteht, die in
der Früh etwa von Rheinland-Pfalz bis Sachsen reicht. In ihr ist es
schwachwindig. Etwas stärkerer Nordostwind weht noch ganz im Norden, wobei es an
den nordostexponierten Küstenabschnitten Schleswig-Holsteins, sowie auf
Helgoland und auf den Ostfriesischen Inseln noch steife Böen geben kann.

Am Montag … verlagert sich das Höhentief ostnordostwärts und gelangt in den
Süden Deutschlands. Gleichzeitig verlagert sich das Bodentief, das weiterhin
recht flach ist, bis in den Nordosten Deutschlands. Damit schwächt sich der
Nordostwind über dem Norden ab und auch an den Küsten können die Windwarnungen
im Laufe des Tages auslaufen, auch wenn es über der Nordsee noch leicht böig
bleibt. Ansonsten weht der Wind allgemein schwach und dreht in den meisten
Regionen auf ungewohnte westliche Richtung.

Das Niederschlagsgebiet weitet sich bis in den Osten aus und zieht dann im
Westen sehr langsam weiter nordwärts, im Osten schneller, so dass es sich an der
Nordflanke des Höhentiefs eindreht. Während im Osten und Norden meist Regen
fällt (ohne Glatteisgefahr), hält etwas stärkere Niederschlagstätigkeit nach
Westen zu (dort starke Vertikalbewegung durch Konvergenz in 700 hPa) die
Schneefallgrenze tief. Vor allem vom Niederrhein bis zum Harz werden zwischen 5
und teils über 15 mm Niederschlag simuliert, wobei es noch Modellunterschiede
gibt. Dort können sich teils bis in tiefe Lagen nasse Schneedecken um 5 cm
bilden, ansonsten kann vor allem in höheren Lagen in dieser Region durchaus noch
einmal 5 bis 10 cm Neuschnee fallen.

Auch im Süden zieht Niederschlag (wenige Millimeter) ostwärts, der in Lagen ab
600 bis 800 m als Schnee fällt und für leichte Schneeakkumulation sorgt. Sonne
ist dann auch den Alpen zunehmend kein Thema mehr und es bleibt fast wieder
landesweit bedeckt.

Die Temperaturen steigen im Flachland, auch in den Schneegebieten, wieder auf
Höchstwerte zwischen 2 und 5°C an, ganz im Nordwesten kann es auch noch etwas
milder werden. Dauerfrost ist nur noch im höheren Bergland ab 500 m ein Thema.

In der Nacht zum Dienstag bleibt uns das Höhentief im Südosten Deutschlands
erhalten, während das Bodentief zur Ostsee abzieht. Dort findet es Anschluss an
ein weiteres Tief, das aufgrund eines Trogvorstoßes (aus dem Nordpolarmeer) nach
Skandinavien über Nordskandinavien entstanden ist. Dort wird dann auch die
Hochdruckbrücke im Norden durchbrochen, so dass die arktische Polarluft nach
Süden ausbrechen kann. Bei uns kommt diese natürlich erst einmal noch nicht an,
aber der Wind dreht im Nordwesten schon auf Nord, sonst weht er weiter schwach
um West.

Nach wie vor befindet sich ein Niederschlagsgebiet über dem Nordwesten, das dort
aber immer schwächer wird, so dass allenfalls im Bergland noch geringe
Neuschneeakkumulation verzeichnet wird, in tiefen Lagen fällt Regen oder nasser
Schnee. Auf der Vorderseite des Höhentiefs wird ein weiteres Niederschlagsgebiet
über den Südosten gesteuert, dort dürfte die Schneefallgrenze um 600 m liegen.
In Lagen darüber können durchaus teils über 5 cm Neuschnee zusammen kommen.

Es bleibt wieder fast landesweit bedeckt. Lediglich im Süden können die Wolken
von den Alpen her auflockern. Dort, sowie im höheren Bergland, kann es leichten
Frost geben. Ansonsten liegen die Tiefstwerte über dem Gefrierpunkt.

Am Dienstag … stößt der skandinavische Trog mit arktischer Polarluft weiter
nach Süden vor. Diesem Trog ist eine schwache Kaltfront vorgelagert, die von
Kaltluftadvektion überlaufen wird und daher nur eine geringe Wetterwirksamkeit
aufweist. Daher sind nur geringe Niederschläge zu erwarten. Ähnliches gilt in
der ersten Tageshälfte noch für den östlichen Mittelgebirgsraum, wobei dort in
den Hochlagen noch ein paar Zentimeter Schnee hinzukommen können. Rückseitig der
Kaltfront sind ganz im Norden Auflockerungen vorstellbar.

Das einst wetterbestimmende Bodenhoch über Westrussland zieht sich unter
beginnender Abschwächung zum Ural zurück. Das Tief über der Ostsee schwenkt
weiter nach Osten, dies lässt im Norden die bodennahe Windkomponente auf West
bis Südwest drehen, wobei der Wind weiterhin keine Warnschwellen erreicht. Die
Rolle eines Aktionszentrums für Mitteleuropa übernimmt dann das sich weiter
kräftigende Bodenhoch im Raum Island-Südgrönland. Dieses Bodenhoch wird durch
ein blockierendes Höhenhoch gestützt. Zwischen diesem und dem sich über
Skandinavien hinweg südwärts ausweitenden Trog kommt bis weit in die Nordsee
hinein eine straffe nördliche Strömung in Gang. Diese kann sich noch nicht bis
nach Deutschland durchsetzen, so dass eine Luftmassenänderung ausbleibt. Daher
erfolgt gegenüber Montag keine wesentliche Temperaturänderung.

In der Nacht zum Mittwoch tropft der Trog über Skandinavien aus. Ein von diesem
Höhentief ausgehender Trog schwenkt in den Norden Deutschlands. Positive
Vorticityadvektion sowie Auspumpen durch Überströmung der südnorwegischen
Gebirge lassen über dem Skagerrak ein Bodentief entstehen, das sich unter
Intensivierung bis Mittwochfrüh über Jütland in die Ostsee verlagert. Da mit dem
Süden vorstoßenden Trog die Schichtung im Norden Deutschlands labiler wird,
kommt an der Küste eine rege Schauertätigkeit in Gang. Zur dänischen Grenze hin
ist die Labilität vielleicht sogar für kurze Kaltluftgewitter hinreichend.
Ansonsten sind nur vereinzelt geringe Niederschläge zu erwarten, die in den
Mittelgebirgen oberhalb von etwa 600 m in fester Phase fallen.

Die Gradientzunahme im Norden Deutschlands bewirkt auch ein Auffrischen des
Windes. An der Nordsee kommen bis Mitternacht erste Windböen und danach
stürmische Böen Bft 8 aus Nord bis Nordwest auf. Weiter im Binnenland ist der
Wind wahrscheinlich noch nicht warnrelevant, aber die Bildung von Nebel sollte,
abgesehen vom Südwesten und Süden Deutschlands, weitgehend unterbunden werden.
Oberhalb von etwa 400 m stellt sich leichter Frost ein, in tieferen Lagen dürfte
es meist frostfrei bleiben.

Am Mittwoch … erreicht aus ausgetropfte Höhentief den Bereich Dänemarks mit
Höhenkaltluft von unter -40°C in 500 hPa. In tieferen Schichten ist die
Luftmasse tatsächlich aber weiterhin nicht so kalt, mit weiterhin kräftigem
nordwestlichem Wind erreicht dort die Temperatur in 850 hPa gerade mal -9°C, so
dass sich aufgrund des warmen Meere (meist um +8°C rund um Dänemark) eine sehr
labile Schichtung einstellt und sich sehr zahlreiche und mitunter kräftige
Schneeschauer bilden. Auch wenn über Deutschland noch nicht das Zentrum der
Höhenkaltluft anlangt, so reichen im Laufe des Tages auch durchaus die starken
Schauer bis nach Deutschland, so dass sich ein schöner Lake-Effekt mit
Schauerstraßen ins Binnenland hinein einstellen kann, der sowohl an der Nordsee
als auch an der Ostsee gebietsweise für Neuschneeakkumulation sorgen kann. Nach
Süden hin ist es immer weniger labil, dementsprechend die Schauer weniger und
schwächer. In tieferen Lagen fällt dort bei nur etwa um -6°C in 850 hPa auch
noch Regen. Ganz im Süden bleibt es von einigen Tropfen oder Flocken aus der
dort immer noch liegenden tiefen Bewölkung weitgehend trocken.

Am Rande des Ostseetiefs weht der Wind durchaus frisch aus Nordwest, so dass es
bis ins Binnenland hinein steife Böen geben kann. An den Küsten kann es teils
stürmische Böen geben. Nach Süden hin weht der Wind noch schwächer um West.

Die zunehmende Durchmischung sorgt trotz kälterer Luftmasse bodennah für
tendenziell leicht ansteigende Temperaturen. So sollen die Höchstwerte vielfach
zwischen 2 und 6°C liegen, Dauerfrost gibt es nur noch auf den höchsten Bergen.
Allerdings muss man natürlich im Norden bei starken Schauern damit rechnen, dass
die Temperaturen vorübergehend deutlich zurückgehen können.

Modellvergleich und -einschätzung

Die synoptische Entwicklung ist unstrittig, bei den Details gibt es aber immer
noch größere Unterschiede. Dies gilt insbesondere auch für die
Niederschlagssummen und die daraus resultierenden Schnee- und Glättewarnungen.
Aufgrund der Temperaturen um den Gefrierpunkt ist auch wieder einmal das
Glättewarnmanagement nicht einfach uns muss teilweise im Nowcasting erfolgen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann