S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 30.11.2022 um 10.30 UTC

Überwiegend trüb und mäßig kalt ohne signifikante Wettererscheinungen. Am
Samstag eventuell auch in tiefen Lagen gebietsweise etwas Schnee. „Spannendere“
Optionen wohl erst in der erweiterten Mittelfrist (wenn überhaupt).

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 07.12.2022

An der schon seit einer gefühlten Ewigkeit andauernden Blockadesituation über
dem nordeuropäischen Raum bzw. Nordwestrussland wird sich auch in den kommenden
Tagen nur wenig ändern. Allerdings dreht die niedertroposphärische Strömung
bereits in der Kurzfrist vorübergehend mehr auf östliche Richtungen und es
gelangt zu Beginn der Mittelfrist zumindest kurzzeitig mal etwas kältere
Festlandsluft in den Norden und in die Mitte des Landes.
Eventuell spannendere Optionen bietet dann aber erst die erweiterte Mittelfrist.
Dazu später mehr.

Am Wochenende befindet sich das blockierende Hochdruckgebiet mit seinem
Schwerpunkt (mit einer bis etwa Sonntagmittag noch geschlossenen 1050
hPa-Kernisobare) über dem Nordwesten Russlands, wobei es seine Fühler nach wie
vor bis nach Skandinavien und – unterbrochen durch eine flache Tiefdruckrinne
über dem Nordmeer – auch bis ins Seegebiet südwestlich von Island ausstreckt.
Die Zirkulation über dem europäisch-nordatlantischen Raum bleibt also komplett
gestört.
Im 500 hPa-Geopotenzialfeld wird dabei eine flache, aber breit aufgestellte
Potenzialrinne, die sich zwischen den beiden Höhenrücken (über dem mittleren
Nordatlantik bzw. über Osteuropa) von Skandinavien über Mittel- bis nach West-
bzw. Südwesteuropa erstreckt, durch einen von Nordwesten einlaufenden Höhentrog
sowohl über Skandinavien als auch über West- bzw. Südwesteuropa regeneriert,
während über Mitteleuropa und der Nordsee ein schwacher Geopotenzialgewinn zu
verzeichnen ist. Letztendlich zerfällt die Rinne bis Sonntag in mehrere
kleinräumige Höhentiefs über Finnland, Südengland und dem Seegebiet westlich der
Biskaya.
Im Bodenfeld strömt dabei von Osten her ein Schwall kalter Festlandsluft (T850
hPa zwischen -8 und -3 Grad) in die Nordhälfte Deutschlands, am Samstag auch
noch in die mittleren Landesteile. Der Süden befindet sich dagegen im
Einflussbereich etwas „höhenmilderer“ Luft (T850 hPa 0 bis +4 Grad) aus dem
südosteuropäischen Raum. Dabei etabliert sich innerhalb der Potenzialrinne
bereits in der Nacht zum Samstag ein kleinräumiges Höhentief über der südlichen
Nordsee bzw. den Niederlanden und verlagert sich zunächst südsüdwestwärts nach
Nordwestfrankreich, am Sonntag dann aber wieder eher westnordwestwärts über
Südengland nach Wales. An dessen Ostflanke wir etwas dynamische Hebung induziert
und führt in der Nacht zum bzw. am Samstag vor allem in den mittleren und
östlichen Landesteilen zu leichten Niederschlägen, die dort bis in tiefe Lagen
oft als Schnee fallen. Nennenswerten Neuschneezuwachs gibt es aber am Samstag
tagsüber nicht mehr.
Durch Lake Effekt kann es auch an der Ostsee bzw. in Schleswig-Holstein einzelne
Schneeschauer geben.
Am Sonntag gewinnt dann aber, da die immer schwächer werdende Höhenströmung über
dem Vorhersagegebiet mehr und mehr auf Südost bis Süd dreht, die mildere
Luftmasse über Süddeutschland weiter nach Norden an Raum. Bis Sonntagabend
steigt die 850 hPa-Temperatur auf Werte zwischen -4 Grad in Schleswig-Holstein
und +6 Grad im Süden. Bodennah bleibt es eher bei einer mäßig kalten Ost- bis
Südostströmung, nennenswerte Niederschläge werden aber keine mehr simuliert.

Bis Dienstag ändert sich dann an dieser Situation hierzulande nur wenig. Der
Höhentiefkomplex über dem Süden der Britischen Inseln bzw. westlich der Biskaya
zieht sich ganz langsam etwas nach Westen zurück, das Höhentief über Finnland
zieht als Randtrog nach Nordwestrussland, während im Laufe des Dienstags ein
markanter Höhentrog von Norden her auf Skandinavien übergreift. Übe Mitteleuropa
weicht die anfangs noch zyklonal konturierte, aber schwache südsüdöstliche
Höhenströmung bis Dienstag einer flachen, sich vor allem in der Nacht zum
Mittwoch vorübergehend etwas verstärkenden Potenzialbrücke, die dann vom
westlichen Mittelmeerraum über Mitteleuropa und die Nordsee nordwestwärts bis
nach Island reicht und dort in eine kräftige Höhenantizyklone mündet.
Im Bodenfeld wird das Hochdruckgebiet über dem Nordwesten Russlands etwas
abgebaut, während sich der Hochdruckeinfluss über Südostgrönland bzw. Island
verstärkt. Beide Druckgebilde sind weiterhin mit einer Hochdruckbrücke über
Skandinavien verbunden, die aber ab Dienstag mit dem Trogvorstoß von Norden her
rasch abgebaut und nach Süden abgedrängt wird.
Über dem Vorhersagegebiet kommt die höhenmildere Luftmasse noch etwas weiter
nach Norden voran, wobei dynamische Hebungsprozesse auf der Vorderseite des
Höhentiefs gebietsweise zu leichten Niederschlägen führen, die bei auf Werte
zwischen -2 Grad ganz im Norden und bis 6 Grad im Süden bzw. Südwesten
steigenden 850 hPa-Temperaturen allgemein als Regen fallen dürften. Eventuell
kann es dann in einigen „Kältelöchern“ vorübergehend auch Glatteis geben. Die
Niederschlagsmengen bleiben insgesamt aber sehr überschaubar, vielerorts bleibt
es auch komplett trocken. Auch temperaturtechnisch ändert sich trotz milderer
Luftmasse nur wenig, die Höchstwerte liegen meist zwischen 0 und 6 Grad, wobei
es in den Nächten vor allem bei vorübergehend aufgelockerter Bewölkung aber
Frost geben kann.

Am Mittwoch weitet sich der Höhentrog über Nordeuropa allmählich nach Süden aus
und erreicht auch Südskandinavien, wobei an dessen Westflanke ein Randtrog
Richtung Schottland vorstößt und ab der Nacht zum Donnerstag zunehmend mit dem
dann vom Norden der Iberischen Halbinsel bzw. von der Biskaya nach Frankreich
verlagernden Höhentiefkomplex interagiert.
Die Potenzialbrücke bzw. der Höhenkeil über Mitteleuropa wird dadurch rasch
abgebaut und es stellt sich eine allerdings nur recht flaue und zunächst noch
antizyklonal konturierte südwestliche Höhenströmung ein.
Im Bodenfeld kommt die Kaltfront eines Tiefs über der Barentssee bereits in der
Nacht zum Mittwoch bis zur nördlichen Nordsee, nach Südskandinavien und zum
Baltikum voran, wird aber durch ein sich über dem Skagerrak entwickelndes und
bis zur Nacht zum Donnerstag zum Baltikum ziehendes Teiltief eingebremst und
greift erst am Mittwochnachmittag auf den Nordwesten Deutschlands übe. Ihr folgt
in breitem Strome skandinavische Kaltluft, die in der Nacht zum Donnerstag dann
auch Norddeutschland mit -6 bis -10 Grad in 850 hPa erfasst, währen es im Süden
mit 0 bis +3 Grad noch verhältnismäßig mild bleibt.
Gleichzeitig kann sich das mit dem südwesteuropäischen Höhentiefkomplex
korrespondierende Bodentief über der Biskaya verstärken, so dass die in der
Nacht zum Donnerstag bis in die mittleren Landesteile vorstoßende Kaltfront dort
erneut eingebremst wird und in die Warmfront des Tiefs übergeht. Dynamische
Hebungsprozesse führen im Frontbereich nun verstärkt zu Niederschlägen, die auf
der kalten Seite als Schnee fallen dürften.

In der erweiterten Mittelfrist, am Donnerstag und Freitag, verlagert sich das
Tief von Frankreich nur allmählich über die Mitte und den Osten Deutschlands
hinweg ostnordostwärts und an dessen Nord- bzw. Nordwestflanke kann es nach
Lesart des IFS gebietsweise auch länger anhaltend und kräftig schneien. Erst
danach dringt die Kaltluft nach Passage eines weiteren Randtroges auch nach
Süddeutschland vor.

Die hier beschriebene Option, den Wetterablauf im erweiterten
Mittelfristzeitraum betreffend, klingt zwar durchaus vielversprechend und
spannend, steht aber, wie wir gleich im Modellvergleich sehen werden, relativ
isoliert da.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Aktuell kann den IFS-Läufen keine sonderlich gute Konsistenz bescheinigt werden.
Zwar werden die groben synoptischen Strukturen bis Mitte der kommenden Woche
ähnlich simuliert, dennoch ergeben sich im Detail Abweichungen, die insbesondere
die Niederschlagsprognosen, vor allem, was die räumliche Verteilung und Phase
der im Großen und Ganzen aber nur geringen Niederschläge angeht, deutlich
erschweren.
Vor allem das kleinräumige Höhentief, das sich im aktuellen Lauf am Samstag über
Finnland befindet, bereitet zunächst einmal Kopfzerbrechen. Der gestrige 12
UTC-Lauf hat es zunächst ähnlich auf der Agenda, lässt es allerdings bereits am
Montag bzw. Dienstag mit dem Richtung Nordmeer/Skandinavien vorstoßenden
Höhentrog interagieren, so dass zunächst einmal die etwas mildere Höhenluft
nicht so weit nach Norden vordringen kann, wie im aktuellen Lauf und bereits in
der Nacht zum Dienstag von Skandinavien her kältere Luft zunächst nach
Norddeutschland, in der Folgenacht dann auch in die Südhälfte vordringen kann.
Nennenswerte Niederschläge werden aber kaum simuliert.
Nach Lesart des gestrigen 00 UTC-Laufes befindet sich unser Höhentief bereits am
Samstag ganz woanders, nämlich über Südschweden und verlagert sich am Sonntag
und Montag nur sehr zögerlich über Dänemark zur Nordsee und von dort aus bis
Dienstagfrüh nach Südwestnorwegen. Nach Lesart dieser Variante kann die mildere
Luftmasse aus dem südosteuropäischen Raum lediglich vorübergehend nach
Süddeutschland vordringen und weite Teile des Landes verbleiben im
Einflussbereich recht kalter Festlandsluft mit gelegentlich, aber ebenfalls nur
wenig ergiebigen Niederschlägen, die aber auch in tiefen Lagen zeitweise als
Schnee fallen können.
Zu Wochenmitte münden beide gestrigen Varianten in eine nasskalte Nordwestlage.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die „Höhentiefeierei“ über Skandinavien bereitet auch beim Vergleich der aktuell
vorliegenden Globalmodelle untereinander Probleme. Grob lässt sich aber
konstatieren, dass IFS im Vergleich zu den restlichen Modellen die nördlichste
Variante, die Position des Höhentiefs betreffend, auf der Agenda hat. Alle
anderen Modelle simulieren es bis Montag entweder über dem mittleren (UKMO) oder
sogar über dem südlichen Skandinavien (ICON) bzw. sogar einen langgestreckten
Höhentrog, der Montagfrüh von den Lofoten bis zur südwestlichen Ostsee reicht
(GFS). Somit kann der Höhentiefkomplex über West- bzw. Südwesteuropa weniger
Einfluss auf das Wettergeschehen hierzulande gewinnen und nur der Süden des
Landes gelangt in den Genuss etwas höhenmilderer Luftmassen, während weite
Landesteile im Einflussbereich mäßig kalter Festlandsluft verbleiben. Dabei
werden aber modellübergreifend nur wenige Niederschläge simuliert, die in den
Niederungen teils als Regen, teils als Schnee fallen dürften, aber mengenmäßig
wohl kaum für eine Schneedecke reichen sollten.
Am Dienstag und Mittwoch kommt dann auch nach Lesart des ICON und GFS auf der
Vorderseite eines recht kräftigen Tiefs über der Biskaya bzw. Nordwestfrankreich
die mildere Luftmasse vorübergehend weiter nach Norden voran, ICON hat am
Mittwoch sogar eine Föhnlage an den Alpen auf der Agenda.
In der erweiterten Mittelfrist simuliert das GFS die Blockadewirkung des Hochs
über dem Nordwesten Russlands stärker als das IFS, so dass der Kaltluft- und
Trogvorstoß vom Nordmeer Richtung Skandinavien so nicht erfolgen kann.
Stattdessen etabliert sic erneut eine von Skandinavien bis nach West- bzw.
Südwesteuropa reichende Potenzialrinne, auf deren Vorderseite von Südosten her
relativ höhenmilde, bodennah aber mäßig kalte Festlandsluft zu uns gelangt. Das
kanadische GEM tendiert dagegen in der erweiterten Mittelfrist zumindest
vorübergehend Richtung IFS, mündet dann aber in einem Tiefdruckkomplex übe
Mitteleuropa, der ein nachhaltiges Vordringen kalter Luftmassen aus dem
skandinavischen Raum erst einmal wieder unterbinden würde.
Option auf Winter mit Schnee und Frost bis in die Niederungen bietet also
lediglich der aktuelle IFS-Lauf.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die 49 ENS-Member, der Haupt- und Kontrolllauf verteilen sich zu Beginn der
Mittelfrist (T+72 bis 96 Stunden) auf insgesamt 6 Cluster, die sich, die
Wetterentwicklung hierzulande betreffend, am ehesten noch bzgl. der Lage der
kleinräumigen Höhentiefs über Skandinavien bzw. Südwest- und Westeuropa und
bzgl. deren Einflussnahme auf unser Wetter unterscheiden. Dabei fällt beim Blick
auf die Kurvenschar der 850 hPa-Temperaturen der Rauchfahnen ausgewählter
Gitterpunkte über dem Vorhersagegebiet auf, dass sowohl Haupt- und Kontrolllauf
im Zeitraum Sonntag bis Dienstag eher im oberen Bereich der Member angesiedelt
sind. Vor allem die Gitterpunkte der mittleren Landesteile weisen im oben
genannten Zeitraum einen breiten Spread der 850 hPa-Temperatur auf zwischen etwa
+5 und -8 Grad (Gitterpunkt Offenbach), innerhalb dessen sich die Member recht
gleichmäßig verteilen. Im Norden bündeln sich die Member dagegen im Bereich
zwischen etwa 0 und -5 Grad, im Süden zwischen +5 und 0 Grad.

3 Cluster weist der nächstfolgende Zeitraum (120 bis 168 Stunden) auf. Cluster 1
(20 Member) lässt die mildere Luftmasse am Montag und Dienstag recht weit nach
Norden vorankomme, ähnlich wie der Hauptlauf, allerdings fehlt der markante
Trogvorstoß ab Dienstag Richtung Skandinavien, so dass sich auf der Rückseite
eines kleinräumigen und zur südlichen Ostsee ziehenden Tiefs eine leicht
zyklonale Nordwestlage einstellen würde, während gleichzeitig die Blockade über
Nordwestrussland nur langsam abgebaut wird, sich aber gleichzeitig ein markantes
Blockadehoch über Südgrönland/Island und umgebenden Nordatlantik aufbaut.
Cluster 2 (19 Member, inklusive Haupt- und Kontrolllauf) lässt den Trog dagegen
Richtung Skandinavien vordringen, wenngleich auch nicht so markant wie im
deterministischen Lauf, während gleichzeitig der Block über Nordosteuropa
abgebaut wird. Das Blockadehoch über dem Nordatlantik kann sich dagegen bis zu
den Britischen Inseln und zur Nordsee ausweiten und das Ganze mündet zumindest
vorübergehend in eine südliche Westlage inklusive Luftmassengrenze hierzulande.
Cluster 3 (12 Member) favorisiert dagegen eine ähnliche Variante wie vom GFS
simuliert mit einem noch recht kräftigen Blockadehoch über Osteuropa, der
Blockade über dem mittleren Nordatlantik und der langestreckten Potenzialrinne
dazwischen, auf deren Vorderseite relativ höhenmilde Luft nach Mitteleuropa
advehiert wird, während bodennah eher mäßig kalte Festlandsluft wetterbestimmend
bleibt.
Der letztendlich, nach Abzug der Luftmassengrenze, einen bis nach Süddeutschland
reichenden Kaltluftvorstoß simulierende Hauptlauf ist in den mit einem dann
äußerst breiten Spread der 850 hPa-Temperatur ausgestatteten Rauchfahnen
(teilweise zwischen +10 und -10 Grad) ab Mittwoch bzw. Donnerstag im unteren
Bereich angesiedelt.

FAZIT:
Bis Dienstag dominiert eher trübes, mäßig kaltes und zu nur geringen
Niederschlägen neigendes Spätherbstwetter, wobei es vor allem am Samstag
eventuell auch gebietsweise in tiefen Lagen mal schneien kann.
Danach werden die Modellunterschiede teilweise substanziell, wobei die
anhaltende Blockadesituation durchaus Chancen auf nachhaltiges Winterwetter auch
in den Niederungen bieten könnte. Nur wann – das ist die Frage.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Aktuell gibt es keine Hinweise auf signifikante Wettererscheinungen, zumindest
nicht bis zum Dienstag. Lediglich an den Küsten frischt der Ostwind vor allem am
Wochenende böig auf, an exponierten Küstenabschnitten kann dann eine stürmische
Böe nicht ausgeschlossen werden.
Sollte sich danach eine Luftmassengrenze etablieren, was aus aktueller
Modellsicht noch nicht sonderlich wahrscheinlich ist, kann es gebietsweise auch
in den Niederungen markante Schneefälle geben.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. *Jens Winninghoff