SXEU31 DWAV 281800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 28.11.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Weitgehend grauer und trüber Novemberausklang und auch der meteorologische
Winterstart am Donnerstag keinen Deut besser.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC

Aktuell … präsentiert sich die Wetterlage so was von eingefahren, dass einem
fast die Worte fehlen. Undynamischer geht es kaum und so dümpelt das Wetter an
den letzten Novembertagen weiter lustlos und ohne nennenswerte Inspiration vor
sich hin. Bei weitgehend geringen Potenzialgegensätzen zählt man vom Ostatlantik
bis nach Osteuropa abwechselnd drei Tröge und drei Rücken, bei denen es weder
richtig vor- noch zurückgeht. Was also tun, wenn die Progression gestört ist
respektive geblockt wird. Ganz einfach. Nach oben oder unten ausweichen,
Amplitude vergrößern und/oder abtropfen.

Zur Lage bei uns, die Deutschland im Übergangsbereich eines stark
amplifizierten, von Ostgrönland bis hinunter nach NW-Afrika reichenden Trog (der
mittlere von den dreien) zu einem schmalen, vom zentralen Mittelmeer bis hoch
nach Spitzbergen verlaufenden Rücken (ebenfalls der mittlere) zeigt. Im Trog
selbst zeigt sich vor Tunesien ein abgeschlossenes Höhentief und über Frankreich
kommt in den nächsten Stunden ein zweites dazu, das in Richtung westliches
Mittelmeer rutscht. Im Bodendruckfeld verbleiben wir weiterhin im südlichen
(Trog)Bereich einer breiten, sich von der Grönlandsee bis nach Mitteleuropa
erstreckenden Tiefdruckrinne. Sie wird angeführt vom „Muttertief“ YUKI I dicht
vor der grönländischen Ostküste, dem sich weiter südlich noch ein paar kleinere
YUKIs anschließen, darunter YUKI II über der Nordsee. Eingelagert in die Rinne
ist eine – Verzeihung, aber es ist so – gammelige Okklusion, die eigentlich
keine richtige Front, sondern eher eine Frontalzone darstellt. Wie auch immer,
wichtiger als das ist die Tatsache, dass wir inmitten einer wolkenreichen
Luftmasse liegen, die – und das ist wirklich interessant – aus zwei Anteilen
besteht: in der unteren Troposphäre die von Osten eingeflossene modifizierte
Kaltluft, darüber die trogvorderseitige Atlantikluft. Die mitteltroposphärische
Aufgleitbewölkung hat inzwischen quasi den gesamten Vorhersageraum erfasst, und
gerade in den östlich Mittagsaufstiegen (Meiningen, Udo Lindenberg,
Kümmersbrück) lässt sich sehr schön die Aufgleitinversion auf 600/650 hPa
erkennen.

Bewölkung ist das eine, Niederschlag das andere. Im Radar konnten heute in
weiten Landesteilen Echos und somit auch Niederschlag detektiert werden,
allerdings kam davon nicht überall unten was an. In der gesamten Osthälfte
befand sich oberhalb der feuchten Grundschicht eine trockene bis etwa zur o.e.
Inversion reichende trockene Schicht, in der fallender Niederschlag verdunstete.
Im Verlauf der Nacht wird diese Schicht immer weiter angefeuchtet, was einer
Ausdehnung der Niederschläge nach Osten und Süden gleichkommt. Vor allem im
Süden zeichnet sich ein Schwerpunkt ab, der bis weit in den Dienstag andauert
und offensichtlich mit dem Abtropfen über Frankreich im Zusammenhang steht. Da
die 850-hPa-Temperatur – am Tage noch deutlich über dem Gefrierpunkt – auf 0°C
oder etwas darunter zurückgeht, sinkt auch die Schneefallgrenze bis auf etwa
1000 m ab. Vor allem in den Alpen bringt der Schneefall bis Dienstagabend bzw.
in die Nacht zum Mittwoch etwas Neuschnee. Die Rede ist nach Westen hin von 5
bis 10, in Staulagen lokal 15 cm. Etwa östlich des Inns sind es bis 5, maximal
und lokal bis 10 cm. In den ostbayerischen Mittelgebirgen, wo es stellenweise
leichten Frost gibt, ist etwas gefrierender (Niesel)Regen nicht ausgeschlossen,
was aber nur in situ abgewarnt werden kann.

Ansonsten lässt sich nur noch festhalten, dass in den übrigen Regionen Frost
aufgrund des hohen Wolkenanteils kaum ein Thema ist. Nebel spielt aus dem
gleichen Grund ebenfalls keine prominente Rolle. Wenn, dann bilden sich am
ehesten im Westen ein paar Felder (Auflockerungen vorausgesetzt). Außerdem fehlt
einigen Hochlagen der Durchblick wegen aufliegender Wolken. Und da sich der
Bodentrog beginnt aufzufüllen (aktuell Druckanstieg im Westen und Nordwesten),
weicht auch der Gradient auf ergo schwächt sich der Wind ab.

Dienstag … rutscht das abgetropfte Höhentief von Frankreich via Löwengolf auf
das westliche Mittelmeer, während im Bereich der nördlichen Nordsee das nächste
Abtropfen vorbereitet wird. Darüber hinaus tut sich herzlich wenig an der
großräumigen Strömungskonfiguration, die weiterhin so flau ist, dass man die
Auflösung schon deutlich hochfahren muss, um mehr als 1-2 Isohypsen über
Deutschland zu finden. Nicht groß anders sieht es bei den Isobaren aus, die
ebenfalls Seltenheitswert haben. Der Vorhersageraum bleibt dabei inmitten der
inzwischen aufgefüllten (etwas über 1015 hPa) YUKI-Rinne, die im Westen vom
schmalen Hoch GORDON und im Osten vom russischen Monumentalhoch ERIK eingegrenzt
wird.

Angesichts dieser Bedingungen verwundert es nicht, dass sich auch an der
Luftmasse nicht viel ändert. Feucht und wolkenreich liegt sie bleiernd über der
Nation, unfähig, größere Fenster zu öffnen, durch die die Sonne substanziell
hindurchscheinen könnte. Für mehr als ein paar sehr sporadische Auflockerungen
oder Aufhellungen wird es nicht reichen. Insbesondere im höheren Bergland bleibt
es zum Teil ganztägig neblig-trüb durch aufliegende Wolken. Außerdem fällt
weiterhin zeit- und gebietsweise leichter Niederschlag, schwerpunktmäßig im
Süden. Die Schneefallgrenze ändert sich kaum gegenüber der Nacht. Der Wind
stellt sein Wirken so gut wie ganz ein, lediglich an der Ostsee reichtŽs hin und
wieder noch für einen mäßigen Ost-Südostwind. Die Temperatur erreicht
Höchstwerte von 3 bis 9°C, wobei die Maxima im Westen gemessen werden.

In der Nacht zum Mittwoch tropft das nächste Höhentief über der Nordsee ab und
zieht nachfolgend in die Deutsche Bucht. Darüber hinaus ändert sich wenig bis
nichts an der statischen Wetterlage. Die Niederschläge werden etwas schwächer
bei gleichzeitig geringfügiger Verlagerung gen Westen. Dort, wo es mal aufgeht,
bildet sich Nebel, wobei die genaue räumliche Verteilung der Numerik noch Rätsel
aufgibt. Leichter Frost tritt am ehesten in den östlichen und südöstlichen
Mittelgebirgen sowie an den Alpen auf.

Mittwoch … schreiben wir den 30. November und damit den letzten Tag des
meteorologischen Herbstes. Und was soll man sagen, der Tag wird allen
landläufigen Erwartungen, die man gemeinhin an einen typischen Novembertag hegt,
mehr als gerecht. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Luftdruck bei
weiterhin sehr dürftigen Potenzialgegensätzen am Südrand des über der Deutschen
Bucht verweilenden Höhentiefs (dem mangels korrespondierendem Bodentief übrigens
der besondere Orden „Kaltlufttropfen“ verliehen werden kann) steigt. Grund ist
die weitere Ausdehnung des russischen Hochs bis nach Fennoskandien (=> GWL HFz
(Hoch Fennoskandien zyklonal)), die auch auf unseren Raum abfärbt.

Wettermäßig bleibt im Grunde aber alles beim Alten: stark bewölkter bis
bedeckter Himmel, teils auch neblig-trüb (vor allem in Hochlagen), gebietsweise
etwas Regen oder Nieselregen (Schwerpunkt im Norden durch WLA in der Peripherie
des KLT), wenig Wind. Die besten Chancen für etwas Sonne gibt es in den
Hochlagen der Alpen und des Bayerischen Walds sowie leebedingt von Ostsachsen
bis hoch zur Niederlausitz (südliche Windkomponente). Höchstwerte 2 bis 9°C.

In der Nacht zum Donnerstag zieht der KLT etwas nach Süden und schließt sich
einem weiteren Höhentief über Norditalien an. Vor allem in der Mitte und im
Nordosten fällt etwas Niederschlag, bei weiterer Abkühlung auf 850 hPa z.T. als
Schnee oder Schneeregen. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass die Modelle
noch erheblich divergieren hinsichtlich der Niederschlagsverteilung.
Auflockerungen bleiben in der Hinterhand, und wennŽs doch mal klappt, bildet
sich rasch Nebel. Die Frostwahrscheinlichkeit nimmt im Osten und Süden etwas zu,
wobei es dazu aber besagte Auflockerungen braucht. Gut möglich, dass MOS den
Frost etwas zu großflächig prognostiziert.

Donnerstag … dauert die GWL HFz an, wobei der KLT in der Höhe mehr und mehr zu
einem Randtrog mutiert, der in Richtung Benelux schwenkt. Der Gradient zieht
etwas an, was den östlichen Wind insbesondere an der Küste aufleben lässt. Böen
7 Bft drängen sich aus heutiger Sicht aber nicht auf. Im Übrigen tut sich nicht
viel. Rein formell feiern wir zwar den ersten Tag des meteorologischen Winters
(und am Abend hoffentlich noch was Anderes), wettermäßig sind die Unterschiede
zu den Vortagen aber gering. Wolken noch und nöcher, teils in hochnebelartiger
Form, dazu gebietsweise etwas Nieselregen oder Schneegriesel. Die Chancen auf
Sonne sind am ehesten an den Alpen gegeben. Mit 0 bis 7°C zeigt die
Temperaturkurve minimal nach unten.

Modellvergleich und -einschätzung

Auch die externen Modelle haben keine wirkliche Idee, wie der Gordische Knoten
der festgefahrenen Wetterlage kurzfristig gelöst werden kann. Dass bei den
schwachen Gradienten die Niederschlagsprognosen sehr individuell ausfallen,
liegt in der Natur der Sache.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann