S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 27.11.2022 um 10.30 UTC

Zunehmend ruhiges, teils auch trübes Spätherbstwetter, kühler.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 04.12.2022

Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums wird die europäische Wetterlage nach der
Klassifikation von James noch vom Hoch Nordmeer-Fennoskandien geprägt. Doch im
weiteren Verlauf macht sich gerade über Mitte- und Westeuropa die
Grenzwetterlage bemerkbar, indem neben besagter Lösung auch die Wetterlage
Südost antizyklonal in der Wetterküche mit größeren Anteilen mitmischt. Aber der
Reihe nach …!

Am Mittwoch zum Start in die Mittelfrist ist nach IFS über Mittel- und
Westeuropa noch ein Langwellentrog wetterwirksam, der vor allem zwischen
Sardinien und dem italienischen Festland ein stärkeres Drehzentrum aufweist.
Dazu wirbeln kleinere Höhentiefs über Deutschland, dem Baltikum sowie Norwegen.
Das niedrige Geopotential wird dabei von ausgeprägten Rücken flankiert.
Einerseits bäumt sich vom Atlantik ein Rücken größerer Wellenlänge mit seiner
Achse zwischen den Britischen Inseln und Island hindurch bis in den
Nordostatlantik auf. Auf der Ostseite des Langwellentroges amplifiziert sich ein
Rücken kürzerer Wellenlänge von der Türkei bis nach Polen. Beide in Kombination
stützen dabei eine großräumige und intensive Hochdruckzone über Skandinavien,
Nordosteuropa und Sibirien. Das Höhentief bei Italien korreliert gleichzeitig
mit einem Bodentief über Süditalien. Ausgehend von diesem zieht sich schließlich
ein okkludierter Frontenzug in einem Bogen bis in die Nordsee und tangiert dabei
auch den Westen Deutschlands. Ansonsten kann noch ein kleines, hochreichendes
Tief nordwestlich der Iberischen Halbinsel wirbeln. Durch diese großskaligen
Geopoential- und Luftdruckmuster wird die milde Atlantikluft schon vor Erreichen
der Britischen Inseln und Frankreich nach Norden umgeleitet und Richtung Island
und Spitzbergen geführt. Über dem Kontinent kann sich dagegen bodennah eine
östliche bis südöstliche Grundströmung einstellen. In der Höhe ist durch die
Rücken-Trog-Rücken Verteilung über weiten Teilen des Kontinents keine
signifikante Strömung zu verifizieren. Bei den Temperaturen macht sich in
Deutschland das Einsickern der kühleren Luft aus Osten aber schon bemerkbar,
indem die Werte auf 850 hPa in Deutschland zwischen 0 und -7 Grad liegen.
Hebungsantriebe für potentielle Niederschläge gibt es nach dem europäischen
Modell aber auch noch. Vor allem im Umfeld des okkludierten Frontenzuges sind
vom Hochrhein bis zur Ostsee frontogenetische Impulse am Werk, die vom kleinen
Höhentief über Westdeutschland noch Unterstützung erfahren. Mit Verlagerung der
Front nach Frankreich ziehen nach IFS die Niederschläge in der Nacht unter
Abschwächung ab.

Am Donnerstag hat sich bei der Zusammenstellung in der Küche nur wenig getan.
Nur die Verteilung und die Menge (Stärke) der Zutaten hat sich leicht verändert.
Entsprechend deckt in der Höhe weiter der Langwellentrog weite Teile Europas ab,
dessen Drehzentren unkoordiniert herumeiern. Bei den Rücken verändert sich bei
der Lage auch nur wenig, wenngleich sich bei dem Rücken über dem Atlantik eine
signifikante Verkürzung der Wellenlänge einstellt und mit einer weiteren
Amplifizierung einhergeht. Die Achse schiebt sich dabei nur wenig südostwärts
und erreicht etwa Irland. Der Rücken über Ost- und Südosteuropa durchläuft einen
gegenwärtigen Trend, indem dieser an Wellenlänge zulegt und dabei an Struktur
einbüßt. Am Boden bleibt die Luftdruckverteilung teilweise unverändert. Der
mächtigen Hochdruckzone über Skandinavien, Nordosteuropa und Sibirien stehen
weiter die Tiefs über Südeuropa gegenüber, wobei sich diese meist leicht nach
Osten bzw. Südosten verlagern. Über Mitteleuropa ist nach wie vor die östliche
bis südöstliche Strömung wetterbestimmend, wobei sich die Hebungsimpulse durch
PVA in Grenzen halten. Entsprechend gibt es nur gebietsweise, bevorzugt im
Mittelgebirgsraum, geringe Niederschlagsignale. Bei den Temperaturen wird vor
allem im Süden etwas mildere Luft eingesteuert, so dass dort die Temperaturen in
850 hPa mal über 0 Grad steigen. Ansonsten bleibt alles beim Alten.

Der Freitag ist zwecks fehlender Veränderungsbereitschaft der Troposphäre rasch
erzählt. Der Langwellentrog mit seinen Tiefs dominiert weiter. Die flankierenden
Rücken beginnen aber zu schwächeln. Im Westen wird der Rücken sogar von tieferem
Geopotential durchbrochen, im Osten wandert der Rücken nach Russland ab. Am
Boden duellieren sich nachfolgend die ausgeprägte Hochdruckzone im Norden und
Nordosten Europas und tiefer Luftdruck über Südwesteuropa. Hierzulande hat dies
aber wenig bis keine Auswirkungen. Mit der nun überwiegend südöstlichen Strömung
wird im Süden mit Temperaturen um 0 Grad in 850 hPa weiter etwas mildere Luft
eingesteuert, während sich im Norden die erwärmte sibirische Luft mit Werten -4
und -8 Grad einnistet. Hebungsantriebe und damit verbundene Niederschläge sind
kaum vorhanden. Allenfalls im Küstenumfeld simuliert das IFS nennenswerte
Mengen.

Am Wochenende gerät die Langwellentrog beim IFS in Schieflage, indem er sich vom
Atlantik bis nach Nordosteuropa einmal quer über den Kontinent erstreckt. Dabei
bildet der Trog zwei wesentliche Drehzentren aus. Ein Höhentief wirbelt bei
stetiger Verstärkung über Südschweden und kann wegen fehlender Bodenstrukturen
und gleichzeitiger Anreichung von sehr kalter Luft als Kaltlufttropfen
interpretiert werden. Der andere Höhentiefkomplex dreht westlich der Iberischen
seine Kreise, wobei es zeitweise auch zwei Drehzentren aufweist. Dabei
korreliert dieser mit einem großräumigen und intensiven Tiefdruckwirbel am
Boden. Beide Druckgebilde sind in der Höhe schließlich von einem schwachen
Rücken über Frankreich hinweg abgetrennt. Zudem kann sich auf der Vorderseite
des hochreichenden Tiefs westlich der Iberischen Halbinsel über dem westlichen
Mitteleuropa ein kleines Tief ausbilden, welches auch das Wetter in Deutschland
beeinflusst. Während auf der Nordflanke des Tiefs weiter kältere Festlandsluft
einsickert, schaufelt es auch in den Süden von Deutschland mildere Luft aus
Südwesteuropa. Die Folge ist eine Luftmassengrenze, die an Schärfe gewinnt.
Während am Samstag analog zum Freitag verbreitet Hebungsimpulse fehlen und
abgesehen vom Küstenumfeld kaum oder keine Niederschläge zu erwarten sind, kommt
zum Sonntag etwas Schwung in die Troposphäre. Demnach sorgen nach dem IFS
frontogenetische Prozesse sowie etwas PVA kurzwelliger Anteile bevorzugt im
Süden und Osten sowie Teilen der Mitte für Niederschläge. Auch bei den
Temperaturen wird der Gradient schärfer, indem die Werte in 850 hPa zwischen +5
im Süden und -9 Grad im Norden liegen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die großskaligen Strukturen werden von den betrachteten IFS-Läufen zwar
grundsätzlich vergleichbar wiedergegeben, im Detail besteht aber teils nur eine
geringe Konsistenz. In der Höhe dominiert über weiten Teilen Europas ein
Langwellentrog, dessen Drehzentren von den Läufen sowohl in der räumlichen
Einordnung als auch bei der Intensität verschieden abgebildet. Am Boden besteht
Klarheit über die zunehmend vom Nordostatlantik bis nach Russland reichende
Hochdruckzone sowie auch bezüglich der zahlreichen Tiefs über Südeuropa. Aber
auch dort werden die Druckgebilde sowohl räumlich als auch bim Timing und der
Stärke abweichend gezeigt. Resultierend werden potentielle Niederschlagsfelder
sehr variierend und somit nicht konsistent prognostiziert. Sicher ist über die
betrachteten Lösungen nur, dass mittelfristig ein leicht unbeständiger
Wettercharakter dominiert.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die Betrachtung weiterer Globalmodelle im Vergleich zum IFS (ICON, GFS, UKMO,
GEM) zeigt zunächst eine höhere Konsistenz als das IFS-Modell selber. Die
großskaligen Strukuren sowie teils auch kleinräumigere Verteilungen werden
vergleichbar abgebildet, wenngleich auch der Modellvergleich Abweichungen bei
der räumlichen Einordnung und der Intensität der Druckgebilde aufweist. Demnach
werden die potentiellen Niederschlagfelder sowie zeitweise auch die Temperaturen
leicht unterschiedlich in Phase, Timing und Lage prognostiziert. Entsprechend
können grundlegende Witterungsbedingungen beschrieben werden, ohne den genauen
Wetterablauf zu kennzeichnen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen verschiedener Städte in Deutschland zeigen am Mittwoch bei einem
recht geringen Spread bei der Temperatur in 850 hPa und dem Geopotential in 500
hPa noch eine hohe Vorhersagegüte. Doch schon ab Donnerstag spannt sich der
ENS-Raum stetig und signifikant auf. Am Sonntag erreicht die Temperatur schon
einen Spread von rund 16 Grad (Köln -7 bis +9) und das Geopotential von 25 hPa.
Dabei liegt der Haupt- und auch der Kontrolllauf bis einschließlich Samstag im
oberen Bereich des ENS-Raums und somit nicht auf dem Niveau der Mehrzahl an
Member. Ab Sonntag liegen beide schließlich vorübergehend unterhalb der größten
Auftrittswahrscheinlichkeit. Bei Betrachtung der sehr durcheinander laufenden
Einzelmember wird das beschriebene Chaos innerhalb des Langwellentroges
gestützt. Gleichermaßen werden auch die fehlenden bzw. regional begrenzten
Hebungsantriebe durch das ENS durch überwiegend niederschlagsfreie Tage von
Donnerstag bis Sonntag abgebildet. Auffällig bei Analyse der verschiedenen
Städte ist aber auch, dass im Süden über den gesamten Zeitraum eine deutlich
höhere Vorhersagegüte zu verzeichnen ist. Gleichermaßen zeigt die Temperatur im
Vergleich zu Geopotential signifikant größere Unsicherheiten.

Auch die Clusternalayse zeigt die gesamte Variabilität der Troposphäre indem im
Zeitraum +72 bis +96h insgesamt sechs Lösungen die Unsicherheiten im ENS-Raum
beschreiben, die jedoch alle dem Schema Blocking zugeordnet sind und großskalig
vergleichbare Strukturen aufweisen. Im Detail machen sich dann aber die
Unterschiede in der räumlichen und quantitativen Einordnung der Druckgebilde
bemerkbar. Der Hauptlauf wird dabei in Cluster 2 eingeordnet während sich der
Kontrolllauf im kaum abweichenden Cluster 1 befindet. Ähnlich verhält es sich
mit Cluster 3 und 4, die sich ebenfalls kaum unterscheiden und auch zu den
ersten Clustern keine signifikante Abweichung beschreiben, wenngleich die
kleinräumigen Unsicherheiten durchaus das Niederschlagsgeschehen sowie auch die
Intensität beeinflussen.
Im Zeitraum von +120 bis +168h werden die Lösungen auf drei Cluster
zusammengedampft. Dabei bleibt das Schema Blocking Clusterübergreifend
bestimmend. Die größten Unsicherheiten beschreibt der Höhentiefkomplex über
Südwesteuropa, indem die Lage, Ausrichtung und die Stärke abweichend gesehen
wird. Insgesamt bleibt aber die Struktur High over Low bestehen. Haupt- und
Kontrolllauf befinden sich nun beide im ersten Cluster mit 21 Member, Cluster 2
ist mit 19 Mitgliedern nur wenig schlechter aufgestellt, während Cluster 3 mit
11 Member etwas abfällt.
In der erweiterten Mittelfrist von +192 bis +240h sind es dann wieder fünf
Lösungen, welche die Unsicherheiten im ENS-Raum erklären. Alle Cluster bleiben
aber dem Schema Blocking untergeordnet. Abweichungen zwischen den Lösungen gibt
es vor allem durch eine potentielle Trogentwicklung über West- und Mitteleuropa
die verschieden oder gar nicht gesehen wird. Haupt- und Kontrolllauf bleiben im
ersten Cluster, wobei ale Lösungen mit 8 bis 12 Member recht gleich verteilt
sind.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Der EFI zeigt über den mittelfristigen abgesehen von lokal
unterdurchschnittlichen Temperaturen im Norden keine besonderen Auffälligkeiten.

Von der Probabilsitik gibt es ebenfalls kaum Hinweise für signifikante
Wetterereignisse. Allenfalls am Freitag und Samstag können an der Ostseeküste
von Schleswig-Holstein auflandig einzelne stürmische Böen auftreten.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON-EPS, bei TT auch MOSMIX, det. Läufe wegen Schwankungen weniger
geeignet.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel