#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Dienstag den 22.11.2022 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 22.11.2022 um 10.30 UTC
Wahrscheinlich unbeständig mit zeitweiligen Regenfällen, dabei nicht besonders
kalt. Vor allem im Laufe der nächsten Woche aber noch Prognoseunsicherheiten.
Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 29.11.2022
Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Freitag überquert
die Okklusion eines Tiefs zwischen Island und Schottland mit überwiegend
leichtem Regen Deutschland von West nach Ost. Ihr folgen ein nicht allzu üppig
amplifizierter Höhentrog sowie ein Schwall tendenziell eher milder maritimer
Subpolarluft (T850 -2 bis +1°C), die für Schauer auf der einen, aber auch
Auflockerungen auf der anderen Seite gut sind.
Zum Wochenende folgen dem Trog und der Front ein Höhenrücken nach, der das
Produkt kräftiger WLA über Westeuropa ist. Absender ist ein sehr umfangreiches
Sturmtief über dem Ostatlantik, das auf seiner Vorderseite Subtropikluft bis
weit aufs Europäische Nordmeer schaufelt. Bei uns beginnt der Luftdruck von
Frankreich und Benelux zu steigen, woraus eine eigenständige
1030-hPa-Hochparzelle erwächst, die in der Nacht zum Sonntag mitten über
Deutschland zu liegen kommt. Bevor sich das Hoch so richtig entfalten kann, gilt
es am Samstag im Nordosten noch die Reste der Okklusion abzuarbeiten (zeitweise
leichter Regen). Außerdem können sich noch einzelne Schauer entwickeln, auch
wenn von Westen eine beginnende Abtrocknung erkennbar ist.
Im Laufe des Sonntags wandert der nach Südwesten zurückhängende Rücken langsam
über den Vorhersageraum hinweg ostwärts, wobei er das Bodenhoch vor sich
„herschiebt“. Mit anderen Worten, der Luftdruck beginnt schon wieder zu fallen
und noch vor Einsetzen der Nacht zum Montag greift das okkludierte Frontensystem
(erst die Warm-, später dann die Kaltfront) des o.e. Sturmtiefs auf den
äußersten Nordwesten über. Dabei setzt Regen ein, der sich bis zum Morgen auf
weite Landesteile ausbreitet. Trocken bleibt es demnach nur Richtung Alpen inkl.
Südostbayern sowie im Grenzbereich zu Polen. Vor allem auf und an der Nordsee
frischt der südliche Wind vorübergehend auf mit Böen 8 Bft, vereinzelt
vielleicht 9 Bft.
Zu Beginn der neuen Woche zieht das Tief unter deutlicher Abschwächung auf über
1000 hPa am Tagesende zur nördlichen Nordsee. Die inzwischen teilokkludierte
Kaltfront überquert zügig den Norden und die Mitte des Landes, während sie nach
Süden hin deutlich zurückhängt und von einer flachen Welle überlaufen wird. Dort
steht dann länger andauernder Regen auf der Agenda, während weiter nördlich in
wechselnder Bewölkung nur einzelne Schauer auftreten. Die einströmende
Meeresluft ist weiterhin mild mit 850-hPa-Temperaturen zwischen 0 und 3°C, im
ganz Süden (Präfrontal) bis zu 5°C.
Zum Dienstag greift dann der Höhentrog mit Drehzentrum über der Nordsee auf den
Vorhersageraum über. Im Südosten kommt es anfangs noch zu frontalen Regenfällen,
in höheren Lagen der Alpen schneit es. Ansonsten nehmen die Niederschläge
landesweit Schauercharakter an. Mit Winddrehung von Südwest auf westliche
Richtungen geht die Temperatur auf 850 hPa etwas zurück auf rund 0°C oder leicht
darunter. Dadurch kann sich in den höchsten Lagen der Mittelgebirge je nach
Intensität auch mal Schnee unter den Regen mischen oder sogar ganz in Schnee
übergehen. Trotzdem, richtigen Winter kriegt man auch in den Mittelgebirgen mit
einer solchen Luftmasse nicht hin, da brauchtŽs schon etwas andere Qualität.
Vielleicht – und damit wären wir schon beim kurzen Ausblick auf die erweiterte
Mittelfrist bis Freitag – tut sich ja im Laufe der weiteren Woche etwas, wenn
sich der Trog über Mitteleuropa manifestiert und vielleicht sogar in eine
Großwetterlage TM (Tief Mitteleuropa) mündet. Fakt ist, dass IFS weitere
Niederschläge simuliert, die bei kontinuierlicher Abkühlung der Luftmasse (T850
bis zu -5°C) ein Absinken der Schneefallgrenze zur Folge hätte. Noch ist es für
Details aber zu früh.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Nach Sichtung der jüngsten Läufe von IFS (ECMF) kommt die Modellkonsistenz nicht
über den Titel „mittelmäßig“ hinaus. Zwar sieht die Vorhersage zu Beginn der
Mittelfrist noch sehr einheitlich aus, doch bereits im Laufe des Wochenendes
fängt diese Einigkeit an zu bröckeln. Dabei zeichnet sich in den letzten beiden
Läufen (gestern 12 UTC, heute 00 UTC) ein deutlich schwächerer Höhenrücken über
Mitteleuropa und entsprechend auch schwächerer Hochdruckeinfluss ab. Stattdessen
kommen wir ziemlich flott in den Wirkungsbereich eines Höhentrogs und des
dazugehörigen Tiefs zwischen Island und Schottland, die dem gesamten
Vorhersageraum beginnend ab Sonntag mehr Regen bringen als gestern noch
prognostiziert.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Bestätigt wird dieses Szenario von den meisten anderen Globalmodellen. Einzig
GFS setzt auf Blockade und zum Ende hin (Tag 7 bis 10) auf das Comeback kalter
Festlandsluft in den Osten und Nordosten.
Bei aller Gemeinsamkeit der meisten Modelle hinsichtlich des
Witterungscharakters (unbeständig und normal bis leicht überdurchschnittlich
temperiert), im Detail nehmen die Unterschiede in der nächsten Woche schon zu.
So wird z.B. das IFS-Szenario mit der Welle im Süden nicht bestätigt.
Grundsätzlich hat jedes Modell in Bezug auf Intensität, Timing und räumliche
Verteilung der Niederschläge seinen eigenen Kopf, was in der offiziellen
Wettervorhersage mehr Allgemeinplätze erforderlich macht.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen bis einschließlich
Samstag einen eng gebündelten Verlauf, der keine Zweifel an der auf Basis des
deterministischen Laufs beschrieben Entwicklung keine Zweifel lässt. Beginnend
am Sonntag, fortsetzend in der nächsten Woche nimmt die Streuung zu. Trotzdem
lassen sich noch gewisse Trend erkennen. Nach einem Temperatur- und
Potenzialmaximum am Sonntag (im Osten und Nordosten teils erst am Montag) geht
es erst mal wieder leicht bergab, bevor das Ganze in eine leicht flatternde
Seitwärtsbewegung übergeht. Begleitet wird der Verlauf von einem permanenten
Grundrauschen auf der Niederschlagsskala. So gesehen gilt für die Ensembles die
gleiche Aussage wir im Kapitel zuvor: wahrscheinlich unbeständig und normal bis
leicht überdurchschnittlich temperiert. Zwar gibt es nach hinten raus auch ein
paar kalte Lösungen a la GFS, die Lösungen mit T850 unter -5°C sind aber an
einer Hand abzulesen. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass der Haupt- und
Kontrolllauf von GFS am unteren Rand ihres eigenen Ensembles rumturnen. Das Gros
der Lösungen liegt höher, schwerpunktmäßig in der Range 0 bis -5°C auf 850 hPa.
Von den Fahnen zu den Schubladen, zu den EPS-Clustern von IFS. Los gehtŽs mit
dem Zeitraum T+72…96h (Freitag/Samstag), wo – oh Wunder – satte sechs Cluster
angeboten werden, die für unseren Raum aber keine oder nur marginale
Unterschiede erkennen lassen. Von Sonntag bis Dienstag (T+120…168h) halbiert
sich die Anzahl der Cluster auf drei (22 + HL/KL, 17, 12 Fälle). Während uns CL
1 und CL 3 in ein zyklonales Umfeld abgleiten lassen mit einem mehr oder weniger
gut ausgeprägten Trog über Mitteleuropa, setzt CL 2 auf eine Regeneration des
Höhenrückens respektive am Boden für die Bildung einer Brücke zwischen dem
Azorenhoch und einem kräftigen Hoch über Russland. In diesem Cluster scheinen
sich auch die wenigen, in den Rauchfahnen beobachteten kalten Lösungen zu
finden. Immerhin sind insgesamt 17 Lösungen auf antizyklonal gepolt, woraus
geschlussfolgert werden kann, dass der Übergang zur Troglage und damit zu
unbeständigem Wetter keinesfalls ausgemachte Sache ist, auch wenn sich die
Mehrheit dafür ausspricht.
Kurz noch ein Blick ins Fenster T-192…240h (Mittwoch bis Freitag), wo recht
schnell klar wird, dass der Hauptlauf mit TrM oder TM (Trog oder Tief
Mitteleuropa) einen Außenseiterkurs besetzt (CL 4 von vier, nur 6 Fälle). Die
anderen drei Cluster sind von der Grundaufstellung antizyklonaler, wenn auch mit
Schwachstellen an den Rändern (vornehmlich im Osten und Norden).
Kurzum, auf Basis der EPS-Prognosen wirft die Vorhersage für die nächste Woche
noch ein paar Fragen auf. Mehrheitlich wird auf zyklonal und nicht besonders
kalt gesetzt. Gleichwohl kann auch ein eher hochdrucklastiges Szenario sowie ein
Zurückkommen kälterer Luftmassen nicht ausgeschlossen werden.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Viel gibt die Mittelfrist nicht her auf dem Sektor signifikanter
Wettererscheinungen. Mitunter wird der südliche Wind auf und an der Nordsee mal
etwas ruppiger (Freitag/Sonntag), eine wirkliche Sturmlage ist aber nicht
erkennbar.
Hinsichtlich der Niederschlagsentwicklung in der kommenden Woche sind derzeit
noch zu viele Unbekannte im Gleichungssystem. Das betrifft sowohl die Mengen, wo
sich derzeit aber nichts Signifikantes abbildet, als auch die Phase (Schnee in
den Mittelgebirgen oder im eher unwahrscheinlichen Fall mit KLA + Feuchte von
Osten sogar bis in tiefe Lagen).
Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS und IFS. Nächste Woche wird dabei auf einen eher
unbeständigen Wettercharakter gesetzt.
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann