#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Sonntag, den 20.11.2022 um 2018 UTC
SXEU31 DWAV 201800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 20.11.2022 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
In einem breiten Streifen über der Mitte sowie im Bergland teils leichter
Schneefall, dort verbreitet, sonst gebietsweise Glätte. Örtlich gefrierender
Regen nicht ausgeschlossen. Im Süden teils steife Böen.
Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
Aktuell … zeigt sich in 500 hPa ein gegliederter Langwellentrog über großen
Teilen Europas und dem Nordostatlantik. Eine Achse verläuft zum Abendtermin,
ausgehend von einem Höhentief über der Ostsee, in Richtung Mittelitalien und
Sizilien, jene eines kurzwelligen Anteils von Benelux in Richtung
Nordfrankreich. Das Höhentief stellt gleichzeitig auch einen markanten
Kaltlufttropfen dar, in 500 hPa weist dieses unter -40 Grad auf. In der Nacht
zum Montag verlagert sich das Höhentief in Richtung Südschweden, während der
Kurzwellentrog im Höhentrog über Mitteleuropa aufgeht. Etwas spannender ist der
Blick ins Bodendruckfeld. Ausgehend von einem Bodentrog über Großbritannien
koppelt sich im Laufe des Abends ein flaches Bodentief ab, das in der Nacht über
das Grenzgebiet von Belgien und den Niederlanden hinweg in Richtung Westfalen
zieht und ausgangs der Nacht Sachsen erreicht (die genaue Zugbahn unterliegt
prognostischen Schwankungen, wird aber beispielsweise bei ICON-D2 von Lauf zu
Lauf ein wenig nördlicher gerechnet). Dieses aktiviert die quer über Deutschland
lagernde Luftmassengrenze deutlich und führt dort zu leichten, örtlich sowie in
den Mittelgebirgen auch etwas stärkeren Schneefällen. In einem breiten Streifen
von Westfalen über die mittleren Regionen bis nach Sachsen ergeben sich im Laufe
der Nacht gebietsweise 1 bis 5, besonders im Bergland durchaus auch bis 10 cm
Neuschnee mit Glättebildung. Auch im Nordosten kann es durch Schneeschauer zu
Glätte durch etwas Schnee kommen, in den südlichen Bundesländern sind
wahrscheinlich nur die Lagen oberhalb von 800 bis 1000 m durch 1 bis 5 cm
Neuschnee und Glätte durch Schnee betroffen (gute Durchmischung, in 850 hPa um 0
Grad). Ansonsten gibt es in der erweiterten Nordosthälfte gebietsweise Glätte
durch überfrierende Nässe. Nicht unerwähnt sollte aber auch noch eine weitere
Gefahr bleiben: örtliches Glatteis durch gefrierenden Regen. Nachdem die mildere
Luft aus dem Südwesten ganz leicht Raum gewinnt in Richtung Nordosten, ist in
Thüringen, Sachsen und eventuell auch dem nordöstlichen Oberfranken sowie im
südlichsten Sachsen-Anhalt bei einer negativ temperierten Grundschicht und
leicht negativen Belagswerten zumindest vorübergehend gefrierender Regen mit
Glatteisbildung durchaus möglich (rückseitig des Tiefs wird es ausgangs der
Nacht wieder vermehrt die Schneephase sein). Während die DMOs der deutschen
Modellkette überwiegend auf die feste Phase setzen (dementsprechend sind auch
die Prognosesoundings simuliert), gibt es externe Modelle, die mehr die
gefrierende Phase betonen (u.a. SuperHD). In den neuesten Läufen sieht nun auch
die deutsche Modellkette etwas mehr „Schlangen“. Daher wird dies auf nächtliches
Nowcasting hinauslaufen, man sollte aber in diesen Regionen nicht überrascht
sein, wenn die Straßen Montagfrüh sehr glatt sind. Zudem frischt der Wind auf
der Südflanke des Tiefs im Laufe der Nacht deutlich auf. Bereits am Abend kommt
es im Hochschwarzwald zu ersten stürmischen Böen, die sich im Laufe der Nacht
auf alle Kamm- und Gipfellagen der Südhälfte ausweiten (in exponierten Lagen
sind Sturmböen dabei. Bevorzugt in der Südwesthälfte sind aber auch in tieferen
Lagen einzelne steife Böen wahrscheinlich, bei vom Saarland bis nach
Rheinland-Pfalz nicht ausgeschlossenen Gewittern auch stürmische Böen. Zu
leichtem bis örtlich mäßigem Frost kommt es in der erweiterten Nordosthälfte.
Montag … zieht das weiterhin gut ausgeprägte Höhentief weiter in den
Oslofjord, gleichzeitig wölbt sich über Nordfrankreich ein Rücken auf, dessen
Achse am Abend die westliche Landesgrenze erreicht. Begrenzt durch ein Tief über
dem südlichen Schweden und der Tiefdruckzone über den Britischen Inseln und dem
westlichen Frankreich weist auch das Bodendruckfeld über Deutschland leicht
antizyklonale Züge auf. Das während der Nacht über die Mitte hinweggezogene
flache Tief erreicht bis Mittag Polen und verliert daher im Laufe des Vormittags
seinen Einfluss auf das Vorhersagegebiet. Besonders in den mittleren und
östlichen Mittelgebirgen können aber bis dahin noch ein paar cm Neuschnee
hinzukommen, teils sind auch in tiefen Lagen noch Schneeflocken dabei. An den
Alpen steigt die Schneefallgrenze dagegen etwa an und liegt zu Mittag bereits
über 1000 m. An der Ostsee kommt es zu weiteren Schneeschauern, die am
Nachmittag in der Häufigkeit etwas nachlassen. Der Nachmittag verläuft durch den
zunehmenden Zwischenhocheinfluss überwiegend trocken bzw. es gibt da und dort
nur noch wenige Tropfen Regen. Mit dem Abzug des Tiefs nimmt auch der Wind im
Laufe des Vormittags ab, am längsten halten sich die stürmischen Böen in den
Kamm- und Gipfellagen des Südens, in tiefen Lagen sollten sich die steifen Böen
nur mehr als Einzelfall darstellen. Die Höchstwerte schaffen es zumeist über die
Nulllinie, am ehesten bleibt es im Nordosten örtlich dauerfrostig.
In der Nacht zum Dienstag passiert die Achse des Rückens Deutschland rasch nach
Osten, nachfolgend übernimmt ein sich von Westen her annähernder, in den
westlichen Mittelmeerraum ausweitender, Trog das Kommando. Das okkludierende
Frontensystem tangiert im Laufe der ersten Nachthälfte den Westen, nach
Mitternacht die mittleren Regionen. Interessant wird es dabei wieder in jenen
Regionen, wo die atlantisch geprägte Luftmasse auf die Reste der kalten
Festlandluft trifft. Aus heutigen Sicht sind dies die Gebiete zwischen
Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt. ICON verfolgt hier einen eher
progressiven Kurs (sowohl zeitlich als auch räumlich gesehen sowie in der
Intensität der Niederschläge), IFS und eine Reihe von externen Modellen sind
defensiver und lassen die Niederschläge zunächst im Westen. Örtliches Glatteis
durch gefrierenden Regen sollte aber in den erwähnten Regionen weiterhin im Kopf
behalten werden, die warme Nase ist in den Prognoseaufstiegen gut zu erkennen.
In den Kammlagen der Berge frischt der Wind wieder auf und führt zu einzelnen
stürmischen Böen aus Süd bis Südost, auch auf der Nordsee sind steife Böen
möglich. Während es in der Nordosthälfte und in den östlichen Mittelgebirgen
noch frostig sein wird, sinkt die Temperatur in den anderen Regionen während der
Nacht nicht unter den Gefrierpunkt.
Dienstag … greift der vorhin erwähnte Höhentrog auf Deutschland über, während
das von England kommende Bodentief über der Nordsee nach Norden eindreht und
sich allmählich abschwächt. Die Okklusion kommt von der Mitte Deutschlands
weiter ostwärts voran, verliert aber zunehmend an Kontur. Vor allem in der
ersten Tageshälfte besteht im Nordosten Glättegefahr, teils durch örtlichen
gefrierenden Regen, ganz im Nordosten kann auch die feste Phase vertreten sein.
Nachfolgend gibt es einige, wahrscheinlich in der feuchten Luftmasse aber nur
kurze Auflockerungen, bevor mit Annäherung der Trogachse im Westen schauerartige
Regenfälle folgen. Ein weiterer Fokus liegt aber auf den Regionen südlich der
Alpen: Bereits in der Nacht zum Dienstag intensivierte sich ein Bodentief im
westlichen Mittelmeerraum deutlich und zieht unter weiterer Verstärkung nach
Italien. Dadurch werden zunehmend warme und sehr feuchte Luftmassen an die
Südalpen gelenkt, die in Südostbayern zu einem Aufgleitprozess führen. Dort
regnet es tagsüber häufig, oberhalb etwa 800 m fällt Schnee (bei intensiven
Niederschlägen kann die Schneefallgrenze auch noch etwas tiefer sinken), in der
Nacht zum Mittwoch schwächen sich die Niederschlagsprozesse etwas ab. Die dabei
erwarteten Mengen erreichen wahrscheinlich keine Stark- oder
Dauerregenschwellen, ganz im Gegensatz zu der Situation südlich der Alpen. Im
Nordosten erfolgt die Milderung nur zögernd, der Wind bleibt auf Südost und es
stellt sich eine Mischluftmasse ein, in der die Maxima zwischen +1 und +4 Grad
liegen dürften. Ansonsten macht die Milderung deutlichere Fortschritte und bei
südlichem bis südwestlichem Wind, der im Bergland und an der Nordsee steife bis
stürmische Böen mitbringt, liegen die Maxima bei 5 bis 10 Grad.
In der Nacht zum Mittwoch folgen mit dem Höhentrog, der unter Abschwächung auf
Deutschland übergreift, besonders im Nordwesten weitere Schauer. Dabei
unterscheiden sich ICON und IFS zum Teil deutlich, wobei IFS den Randtrog etwas
südlicher zeigt und auch stärker simuliert. Zwischen dem Nordwesten und den
Niederschlägen in Südostbayern lockern die Wolken gebietsweise auf und es bildet
sich stellenweise Nebel und die Temperaturen gehen vor allem im Osten bis 0 Grad
zurück, im Süden und Osten besteht zudem die Möglichkeit von Frost in Bodennähe.
In den anderen Regionen bleibt es frostfrei. Da der Gradient aufweicht langt es
nur anfangs an der Nordsee und im höheren Bergland für Windböen, exponiert im
Bergland zu stürmischen Böen oder Sturmböen.
Mittwoch … bleibt der atlantische Einfluss erhalten. Der nun sehr schmal
konturierte Höhentrog reicht nun von Norddeutschland über die Ostalpen bis nach
Süditalien und wird in seiner östlichen Progression durch ein Rücken über
Osteuropa gehindert. Im Bodendruckfeld greift im Tagesverlauf ein weiteres
Frontensystem auf den Westen über, in der milden Atlantikluft ist man aber von
der festen Phase wieder deutlich entfernt. Das Tief südlich der Alpen füllt sich
rasch auf, sodass die Aufgleitniederschläge über Südostbayern rasch zum Erliegen
kommen. Sonst bleibt es überwiegend trocken, die Sonne wird sich aber in der
feuchten Luftmasse nur wenig zeigen können. Der Wind spielt keine prominente
Rolle mehr, nur im Bergland sowie auf der Nordsee ist noch die eine oder andere
steife bis stürmische Böe aus Südost bis Südwest dabei. Entlang des Oberrheins
werden knapp zweistellige Höchstwerte erreicht, im Nordosten bleibt es dagegen
mit 2 bis 5 Grad etwas kühler.
Modellvergleich und -einschätzung
Die groben synoptischen Muster werden von den Modellen ähnlich simuliert, der
Teufel liegt aber wie so oft in den Details. Die Passage des flachen Bodentiefs
wird bis zuletzt mit Unsicherheiten behaftet sein, daher führt an einem gewissen
nächtlichen Nowcastings kein Weg vorbei. Auch an den Folgetagen halten sich die
Unsicherheiten in akzeptablen Grenzen.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri