SXEU31 #DWAV #S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T #K U R Z F R I S T ausgegeben am Donnerstag, den 17.11.2022 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 171800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 17.11.2022 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Zunächst vor allem an den Küsten und im höheren Bergland stürmisch. Dann erster
winterlicher Vorgeschmack mit Grenzwetterlage und Regen bzw. Schnee bis in tiefe
Lagen.
Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
Aktuell … hat sich über Skandinavien ein kräftiges Höhenhoch gebildet, dass
von zwei Höhentiefs über den Britischen Inseln und einem Kaltlufttropfen über
Belarus und den Baltischen Staaten flankiert wird. Am Boden bewegt sich ein Tief
(REGINA) im Bereich der westlichen Nordsee, hart an der englischen Küste. Es
verlagert sich bis morgen früh weiter nordwärts an die Schottische Küste. Sein
teilokkludiertes Frontensystem hat aktuell bereits weite Teile der Mitte und des
Südens überquert und erreicht bis zum Abend eine Linie von Deutschen Bucht nach
Sachsen. In der sich dort abbildenden Luftmassengrenze wird auf der Nordseite
von Osten her kalte Festlandsluft in den Nordosten, auf der Südseite dagegen
wird milde maritime Meeresluft herangeführt.
Von Westen her greift in der Nacht ein Randtrog von Westen her auf den Süden und
Westen unseres Landes über. Dies sorgt dort für teils kräftige Regenfälle.
Teilweise können dort mit konvektiver Unterstützung bis zu 25 l/6 Stunden
fallen.
Auch an der Luftmassengrenze gibt es Niederschläge. Betroffen ist eine Region
von Schleswig-Holstein über Mecklenburg bis nach Brandenburg und Sachsen. Vor
allem an der Nordostseite des Niederschlagsgebietes kann sich auch Schnee in den
Regen mischen. Unsicher ist nach wie vor, in wie weit der Schnee auch liegen
bleibt. In den höheren Lagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge muss
aber mit etwas Neuschnee gerechnet werden. Auf alle Fälle ist lokale Glätte im
Osten nicht ausgeschlossen. Hierbei ist allerdings Nowcasting angesagt.
Der Wind bleibt an der Küste das beherrschende Thema, obwohl er sich im
Vergleich zum Donnerstag abschwächt. An der Nordsee und in exponierten Lagen der
Ostsee gibt stürmische Böen oder Sturmböen (Bft 8 bis 9) aus Ost bis Südost.
Auch auf den Gipfellagen der Gebirge Süddeutschlands gibt es Böen der Stärke Bft
8 bis 9, hier aber aus Südwest.
Im Nordosten gehen die nächtlichen Tiefstwerte bei klarem oder nur leicht
bewölktem Himmel auf Werte im leichten Frostbereich zurück. Dagegen liegen die
nächtlichen Minima in der Mitte und im Südwesten bei 8 bis 2 Grad.
Freitag … ändert sich an der großräumigen Lage nichts Wesentliches. Der
Einfluss des blockierenden Hochs sorgt dafür, dass das Tief REGINA vor der
schottischen Küste zu einem Mini-Tief verkümmert. Dafür nähert sich von Osten
her ein Kaltlufttropfen, der aus einem Abtropfvorgang über Osteuropa entstanden
ist und auf der Südseite des Skandinavischen Hochs nach Westen geführt wird. Es
erreicht am Freitag Polen und von dort aus erstreckt sich ein Trog in Richtung
Norddeutschland. Dies hat zur Folge, dass die Kaltluft von Osten her mehr und
mehr an Einfluss gewinnt und dadurch auch die Luftmassengrenze weiter Richtung
Südwesten drückt.
Auf alle Fälle deutet sich eine markante frontogenetische Situation an, die
einen Großteil der synoptischen Hebungsprozesse übernimmt, während im
Potenzialfeld eher eine flache Rinne über Deutschland zu finden ist. Es kommt
weiterhin zu Niederschlägen, die zum einen im Bereich der Luftmassengrenze, die
im Tagesverlauf etwa vom südlichen Niedersachsen bis in den Erzgebirgsraum
liegen sollte, respektive der Bodentiefdruckrinne fallen. Dort gibt es leichte
bis mäßige Niederschläge. Die KLA von Osten her sorgt dafür, dass T850 im
Nordosten auf bis zu -7°C zurückgeht. Dadurch stellt sich auf der kalten Seite
der Luftmassengrenze zunehmend eine quasi-isotherme Schichtung in der unteren
Troposphäre unweit des Gefrierpunkts ein. Somit fällt auch tagsüber weiter bis
in tiefe Lagen teilweise Schnee. Gegen eine Schneedecke spricht allerdings noch
die warme Vorgeschichte, d.h. sie wird voraussichtlich von dem veritablen
Wärmestrom verhindert.
Trotzdem kann sich am Nachmittag und Abend gebietsweise zumindest auf
Grünflächen eine dünne, teils matschige Schneedecke ausbilden. Weiter nach
Nordosten hin, wo sich die Kaltluft durchgesetzt hat, scheint unter Absinken
teils längere Zeit die Sonne.
Südlich der Luftmassengrenze kommt es in der feucht milden, zudem instabilen
Meeresluft zu weiteren Schauern oder schauerartigen Regenfällen, für Gewitter
sollte es mangels Hebung aber nicht mehr reichen. Im Süden sind über 12h hinweg
teilweise 10 bis 15 mm Niederschlag in Aussicht. Darüber hinaus sind diabatisch
getriggert (Wasser +10°C) an der Ostsee Schneeregen-, Schnee- und Graupelschauer
möglich.
Der östliche Wind weht an der Küste weiterhin flott, mit Böen der Stärke 7-8
Bft. Auch südlich der Rinne sind im Bergland einzelne 7 bis 8 Bft allerdings aus
Südwest bis West möglich.
Das Temperaturniveau geht landesweit zurück, weist aber immer noch einen
ordentlichen Kontrast auf. 8 bis 12°C im Westen und Südwesten stehen 1 bis 4°C
im Nordosten gegenüber.
In der Nacht zu Samstag kommt der Kaltlufttropfen über Polen etwas westwärts
voran, sodass der davon ausgehende Trog über dem Norden Deutschlands liegt.
Dadurch weitet sich die niedertroposphärische Kaltluft aus dem Osten etwas
weiter nach Westen und Südwesten aus. Als Folge verlagert sich die Rinne weiter
südwestwärts und liegt in etwa auf einer Linie vom Niederrhein zur Oberpfalz.
Auf der Nordostseite der Rinne gibt es in einem Streifen von NRW,
Südniedersachsen bis in den östlichen Mittelgebirgsraum Schneeregen und
Schneefall. Insbesondere im Rothaargebirge, im Nordhessischen Bergland, im
Thüringer Wald und in Oberfranken und Oberpfalz kann es auch etwas kräftiger
schneien. Wo genau wie viel fällt und was davon liegenbleibt ist weiterhin
unsicher.
Die Gefahr von Nachtfrost, stellenweise sogar mäßig, steigt in der gesamten
Nordosthälfte. Über der Mitte und im Süden bleibt es größtenteils frostfrei,
teils sogar noch recht mild. Der Wind an der Küste nimmt noch etwas ab, für
stürmische Böen aus Ost exponiert kann es aber weiterhin reichen. Über dem
gradientschwachen Süden und der Mitte kann sich teils dichter Nebel bilden.
Samstag … erstreckt sich der vom Kaltlufttropfen über der Ostsee ausgehende
Trog nach Norddeutschland, darüber hinaus tropft ein Trog über Frankreich nach
Süden ab. Der Gradient über Mitteleuropa weicht weiter auf. Einerseits füllt
sich die Rinne an der Luftmassengrenze auf, andererseits bildet sich im
Bodendruckfeld über der Ostsee ein flaches Tief. Ungeachtet dessen kommt die
Luftmassengrenze langsam weiter in Richtung Süden und Südwesten voran. In ihrem
Bereich gibt es weitere Niederschläge, die in etwa vom südlichen NRW über Hessen
zur Oberpfalz, bzw. nach Oberfranken reichen. Dabei gibt es auf der Nordseite
der Rinne bis in die Tallagen Schnee, im Bergland bleibt er liegen. Wie viel
fällt und die genaue Lage der Grenze ist unsicher. Tendenziell zeigen die
Modelle einen Trend den Schneefall immer weiter nach Süden zu ziehen. Im
Mittelgebirgsraum sind auch kräftige Schneefälle nicht ganz ausgeschlossen mit 5
bis 10 cm Schneeanteil in 6 bis 12 Stunden.
Weiterhin gibt es im Nordosten, wo sich nun auch höhenkalte Luft nähert und die
Werte in 850 hPa bei ca. -8°C liegen, vor allem im Umfeld der Ostsee durch
diabatischen Wärmefluss Schnee- und Graupelschauer sowie kurze Gewitter, die
auch tagsüber für Glätte gut sein können. Abgesehen davon scheint in der
Kaltluft teils längere Zeit die Sonne.
In der milden Luft sind bei wechselnder, häufig aber starker Bewölkung
schauerartige Regenfälle, ohne größere Intensitäten zu erwarten.
Der Wind hat sich soweit abgeschwächt, dass es allenfalls über der offenen See
noch zu steifen bis stürmischen Böen aus Osten kommen kann (Bft 7 bis 8). In der
kalten Luft werden trotz Einstrahlung nur -1 bis +2°C erwartet, in der milden
Luft sind am Oberrhein wieder nahe 10°C möglich.
In der Nacht zum Sonntag zieht der Kaltlufttropfen über die Ostsee Richtung
Südschweden. An der Luftmassengrenze über der südlichen Mitte kommt es zu
weiteren Niederschlägen als Schnee oder Regen mit Glätte durch Neuschnee oder
Matsch auf der kalten Seite. Im Norden und über der Mitte ist bei Aufklaren
mäßiger Frost möglich, in Teilen des Südens und Südwestens bleibt es frostfrei.
Sonntag … verlagert sich das elliptisch geformte Höhentief von der westlichen
Ostsee nach Südskandinavien und Jütland. Davon ausgehend hat sich durch eine
Austrogung über Westeuropa über uns ein Trog ausgebildet, der sich bis nach
Sizilien erstreckt. Unsere Luftmassengrenze am Boden existiert weiterhin und
liegt nach ICON über der südlichen Mitte, sie schwächt sich aber im Tagesverlauf
ab.
Grund dafür ist eine Okklusionsfront, die mit einem Teiltief, das von England
sich bis zum Abend in die Niederlande verlagert. Das Niederschlagsband an der
Okklusion erreicht am Nachmittag den Westen. die vorgelagerte WLA sorgt dafür,
dass die Schneefallgrenze auf über 800 m ansteigt. Die prognostizierten Mengen
liegen allerdings nur bei max. 5 l/12h. Im Bergland oberhalb 800 m muss mit ein
paar cm Neuschnee gerechnet werden.
Bevor das Wolkenband der Okklusion auch den Osten erfasst kann es dort und im
Südosten auch heitere Abschnitte geben.
Weiterhin nimmt an der Nordseeküste und in den Höhenlagen der Mittelgebirge der
Wind wieder zu und es gibt steife Böen, an der Küste aus Südost, auf den Bergen
aus Südwest. In exponierten Gipfellagen können auch Böen der Stärke 8 bis 9
auftreten.
Die Temperaturen steigen auf Werte zwischen 10 Grad am Oberrhein und 1 Grad in
Vorpommern.
In der Nacht zum Montag erreicht die Achse des Langwellentrogs die Mitte von
Deutschland. Das Regengebiet erreicht im Lauf der Nacht auch die Mitte den Osten
Deutschlands. Die Mengen sind jedoch kaum warnwürdig. Mit der Okklusion steigt
auch die T850 wieder an. Die Schneefallgrenze steigt auch im Osten bis zum
Morgen auf 600 m an. In den Hochlagen der Berge über 600 bis 800 m kann es
trotzdem noch etwas Schnee geben.
Der Wind bleibt in den Bergen ein Thema, in den Hochlagen kann es steife,
teilweise auch stürmische Böen aus Südwest geben. Die Temperaturen sinken im
Bergland und im Nordosten auf Werte bis -2 Grad ab. In der gesamten
Nordosthälfte einschließlich der Mittelgebirge und dem Alpenvorland muss zudem
mit leichtem Bodenfrost gerechnet werden.
Modellvergleich und -einschätzung
Im Wesentlichen stimmen die Modelle recht gut überein. Unschärfen bestehen vor
allem bei der Lage der Luftmassengrenze am Samstag über Deutschland. Das IFS und
UK10 lassen sie deutlich weiter südlich ausgreifen als ICON und GFS.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Rolf Ullrich