S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 17.11.2022 um 10.30 UTC

In der kommenden Woche unbeständig und nach dem kurzen Winterintermezzo am
Wochenende allmählich wieder milder.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 24.11.2022

Nachdem im Kurzfristbereich ein erster Kaltluftvorstoß aus dem
nordosteuropäischen Raum weite Teile Deutschland trifft und dabei zumindest
regionsweise den ersten Schnee rieseln lässt, deutet sich mittelfristig eine
erhöhte Einflussnahme atlantischer Systeme an. Dabei wird die Kaltluft wieder
nach Norden und Osten zurückgedrängt, ohne sich aber allzu weit von uns zu
entfernen.

Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Sonntag befinden
wir uns am Rande eines elliptisch geformten Höhentiefs, das mit zonal
exponierter Längsachse von der östlichen Nordsee bis hinüber zum Baltikum
reicht. Davon ausgehend erstreckt sich ein Höhentrog über Deutschland hinweg
weit nach Süden, unter dem die zuvor gut ausgeprägte, von Nordwest nach Südost
verlaufende Tiefdruckrinne zunehmend an Kontur verliert. Auch die eingelagerte
Luftmassengrenze, verantwortlich für die Trennung von milder Subpolarluft im
Südwesten zu kontinental geprägter Kaltluft im Nordosten, fängt an zu
schwächeln, wobei sie gleichzeitig etwas nach Nordosten zurückgedrängt wird. Wer
daraus nun den Schluss zieht, es könnte sich vielleicht Hochdruckeinfluss
durchsetzen, der liegt falsch. Dicht ante portas steht nämlich die weitgehend
okkludierte Kaltfront eines steuernden Tiefs west-südwestlich von Island, an der
aufgrund ihrer mordsmäßig langen Erstreckung über der westlichen Nordsee ein
Teiltief entsteht. Die Okklusion greift zum Nachmittag mit Regenfällen auf die
westlichen Landesteile über, im Bergland fällt anfangs Schnee. Am Abend und in
der Nacht zum Montag marschieren Front und Niederschlag nach Osten durch, wobei
es im Osten und Norden anfangs und für kurze Zeit auch mal bis ganz runter
schneien oder schneeregnen kann.

Am Montag verlässt die Front deutsches Hoheitsgebiet, im Nordosten kann es bis
zum Vormittag aber noch etwas regnen. Auch der o.e. Höhentrog schwenkt langsam
nach Osten durch, sorgt in der sich ausbreitenden subpolaren Meereskaltluft
(T850 -4 bis 0°C) aber noch für einzelne postfrontale Schauer, die im höheren
Bergland in fester Form fallen. Von Westen her rückt dann relativ zügig ein
flacher Höhenrücken nach, der aber nicht wirklich antizyklonales Ambiente
versprühen kann. Vielmehr wird er von WLA überlaufen und schon bald, genauer in
den Abendstunden, greift die nächste Okklusion mit Regen auf den Westen über.
Sie gehört zu einem neuen Tief, das den Montag westlich von Irland verbringt,
zum Dienstag dann aber Richtung Ärmelkanal und UK zieht (wahrscheinlich mit
Doppelkern). Bis Dienstagfrüh kommt der Niederschlag etwas bis zur Mitte voran,
wobei es in den höchsten Lagen zeitweise schneien kann (je weiter im Süden,
desto höher die Schneefallgrenze).

Am Dienstag kommen Okklusion und Niederschlag unter Abschwächung bis in den
Nordosten voran. Der flache Rücken wird relativ zügig nach Nordosten
verabschiedet und macht einem neuen, negativ geneigten (also Achsstellung
Nordwest-Südost) Höhentrog Platz, unter dem sich aber kaum Schauer entwickeln
sollen. Die einfließende subpolare Meeresluft ist etwas milder als die Luftmasse
tags zuvor (T850 um 0°C).

Am Mittwoch und Donnerstag folgen dann von West-Südwest weitere Störungen nach,
wobei die Luftmasseneigenschaften ähnlich wie am Dienstag bleiben. Absender ist
ein neuer Star am Zyklonenhimmel, nämlich ein fettes Tief, das sich westlich von
Irland einnistet. Zwar ist die Blockadewirkung durch das immer noch im hohen
Norden präsente, inzwischen aber deutlich abgeschwächte Hoch herabgesetzt,
trotzdem kommen die Fronten im Nordosten etwas ins Stocken. Und da die Kaltluft
ja nicht weit weg ist, lässt sich nicht ausschließen, dass es im äußersten
Nordosten mitunter (am ehesten nachts) auch mal nass schneit.

Kurzer Trend für die erweiterte Mittelfrist bis Sonntag: Zunächst keine
durchgreifende Änderung. Zum Sonntag hin von Nordwesten Druckanstieg.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Vergleicht man den aktuellen 00-UTC-Lauf von IFS mit den jüngsten Vorläufen,
lässt sich eine recht gute Konsistenz konstatieren. Die gestern noch angemahnte
Volatilität der Prognosen wurde reduziert, so dass sich die Belastbarkeit der
Vorhersage auf Basis von IFS verbessert hat. Demnach stellt sich ein
unbeständiger Witterungsabschnitt mit zeitweiligen Regenfällen und normalen bis
leicht überdurchschnittlichen Temperaturen ein. Allerdings noch mal der Hinweis,
dass die Kaltluft nicht allzu weit nach Nordosten abgedrängt wird, so dass ein
schnelles Comeback jederzeit möglich ist. Derzeit spricht aber die deutliche
Abschwächung des fennoskandischen Hochs dagegen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Schaut man sich die anderen etablierten Globalmodelle so an und tut das nicht
mit dem Elektronenmikroskop, lassen sich große Ähnlichkeiten zum IFS
konstatieren. Klar, mal ist das Timing einer Front etwas anders, mal fällt etwas
mehr oder weniger Niederschlag, durchaus auch mal 50 bis 100 km versetzt. Die im
Wesentlichen wetterbestimmenden Tiefdruckgebiete weisen ebenfalls nicht immer
den gleichen Kerndruck und/oder dieselbe Position auf, trotzdem, signifikant vom
IFS-Szenario abweichende Lösungen sind nicht erkennbar. Von daher die
Quintessenz, dass die mittelfristige Wetterprognose auf einem soliden
deterministischen Sockel steht.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Stellt sich also noch die Frage, ob die Ensembles das Spielchen der Modelle
mitspielen oder sich eventuell ganz andere Varianten auftun. Zieht man zur
Beantwortung dieser Frage die IFS-EPS-Kurvenverläufe (T850 und Pot500 +
Niederschlag) verschiedener deutscher Städte zu Rate, deutet sich eher eine
Bestätigung des Hauptlaufs an. Grund ist der vergleichsweise geringe Spread im
zeitlichen Verlauf der Parameter. Selbst nach hinten raus Richtung erweiterte
Mittelfrist hält sich die Spreizung des gerne mal ins tubaähnliche Abgleiten des
Kurvendeltas (also die Öffnung bzw. die Differenz zwischen Minimum und Maximum)
in Grenzen.

Von daher verwundert es etwas, dass bei der jeweiligen Clusterung der
verschiedenen Vorhersagezeiträume zahlreiche Schubladen aufgemacht werden. Für
Sonntag/Montag (T+72…96h) wird gleich mal das Maximum von 6 Clustern
ausgeschöpft, die sich bezogen auf den Vorhersageraum aber nur in Nuancen
unterscheiden. Die wirklich kleinen Unschärfen beziehen sich u.a. auf das Timing
des nach Osten abziehenden Höhentrogs sowie die Geometrie des nachfolgenden
Rückens (teils sehr flach, teils geringfügig aufgewölbt). Von Dienstag bis
Donnerstag (T+120…168h) reduziert sich Anzahl der Cluster nur unwesentlich auf

  1. Gemein ist allen Clustern der neue, auch vom Hauptlauf gerechnete Trog, der
    bis zu uns vorankommen soll. Kleine Unterschiede lassen sich u.a. dahingehend
    ausmachen, ob der Trog südlich der Alpen abtropft oder nicht. Auch wird eine
    neuerliche Austrogung über dem nahen Atlantik unterschiedlich stark simuliert.
    CL 5 (7 Fälle) spielt hier den Vorreiter und lässt bei uns zum Ende hin eine
    lupenreine und milde zyklonale Südwestlage durchbrechen. Die anderen Cluster
    tendieren eher in Richtung südliche Westlage (WS), wenn auch jeweils mit leicht
    unterschiedlichen Konturen.

FAZIT: Die Ensembles stützen die Entwicklung des bzw. der Hauptläufe, auch wenn
noch ein paar Detailfragen offen sind. Gänzlich abweichende Szenarien drängen
sich jedenfalls nicht auf.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Trotz der Wechselhaftigkeit der Wetterlage ist auf dem Sektor „markante
Wettererscheinungen“ nicht allzu viel zu holen. Vielleicht reicht es mit
Durchgang der ersten und bedingt auch noch zweiten Störung (Sonntag bis
Dienstag) für etwas Schneefall im höheren Bergland. Insbesondere im Schwarzwald
sind in der Nacht zum Montag durchaus Neuschneemengen um 10 cm vorstellbar.
Beim Wind geht zumindest in Richtung Sturm nicht allzu viel, auch wenn er immer
mal wieder versucht, sich in Szene zu setzen.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS und IFS-EPS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann