S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 13.11.2022 um 10.30 UTC

Wechselhaft mit zeitweiligen Niederschlägen, im Westen teils recht nass.
Zurückgehende Temperaturen, vor allem im Osten zunehmend kälter.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 20.11.2022

Zu Beginn der Mittelfrist am Mittwoch liegt Deutschland auf der Trogvorderseite,
in der mit südlicher Strömung zunächst noch eine Luftmasse mit 850
hPa-Temperaturen meist über 5 Grad, im Süden sogar über 10 Grad herangeführt
wird. Im Tagesverlauf greift der Trog samt Frontensystem des korrespondierenden
Tiefkomplexes bei den Britischen Inseln von Westen über. Während über Osteuropa
ebenfalls tiefer Luftdruck dominiert, gibt es zwischen diesen jeweils recht
breiten Trögen einen schmalen Hochkeil, der sich vom Alpenraum über den Osten
Deutschlands in Richtung Skandinavien erstreckt, über Skandinavien befinden sich
sowohl das abgeschlossene Höhen- als auch das korrespondierende Bodenhoch. Im
Tagesverlauf greift das Frontensystem mit Niederschlägen auf Deutschland über,
von Westen fließt allmählich kühlere Luft mit 850 hPa-Temperaturen zwischen 0
und 3 Grad ein. Der Gradient nimmt zwischen dem Bodentief bei den Britischen
Inseln und dem Hoch über Skandinavien vor allem im Küstenumfeld zu.

Am Donnerstag befinden wir uns weiterhin vorderseitig des umfangreichen Troges,
um diesen werden kürzerwellige Anteile herumgeführt. Einer dieser
Kurzwellenanteile korrespondiert im Bodenniveau mit einem Randtief auf der
Südflanke des umfangrechen Tiefkomplexes über dem Ostatlantik, diese Randtief
zieht im Tagesverlauf über die Britischen Inseln gen nördliche Nordsee. Nach dem
das vorherige Frontensystem unter Abschwächung ostwärts weitgehend abzieht,
greift von Westen das neue Frontensystem auf Deutschland über und erreicht
voraussichtlich auch spätestens abends bzw. in der Nacht zum Freitag die
östlichen Landesteile. Irgendwo über dem Nordosten verbleibt das Frontensystem
dann voraussichtlich als Luftmassengrenze liegen. Während im Westen und Süden
der kleine Warmsektor des Randtiefs vorübergehend wieder etwas mildere Luft (um
5 Grad in 850 hPa) heranführen kann, verbleibt der Nordosten im Bereich kühlerer
Luftmassen um oder nur leicht über 0 Grad, dies liegt daran, dass der schmale
Keil über dem östlichen Mitteleuropa weiter eingeschnürt wird. Das Höhenhoch
liegt weiterhin über Skandinavien, das Bodenhoch über Finnland/Baltikum, über
Osteuropa/Westrussland liegt tiefer Luftdruck und tiefes Geopotenzial, so dass
in den Nordosten mit einer östlichen bis südöstlichen Strömung kühlere
Festlandsluft herangeführt wird. Der Gradient im Norden bleibt kräftig bzw.
nimmt noch etwas zu, so dass im Küstenumfeld, eventuell auch im angrenzenden
Binnenland starke bis stürmische, auf See und in exponierten Lagen Sturmböen
auftreten. Die Schneefallgrenze liegt voraussichtlich bei Werten um 1400 m.

Am Freitag befindet sich der Nordosten Deutschlands in Hochrandlage zum Hoch
über Nordosteuropa (Finnland, Baltikum, Osteuropa), sonst herrschen in einer
flachen Tiefdruckrinne bzw. unter dem Einfluss eines relativ flachen Troganteils
über West- und Mitteleuropa relativ schwache Luftdruckgegensätze. Die Front
zieht aus den westlichen Landesteilen weitgehend ab, im Bereich der
Tiefdruckrinne kann sie als Luftmassengrenze über dem Nordosten/Osten kaum noch
abziehen und verbleibt dort. Hinsichtlich der Position dieser Luftmassengrenze
und auch hinsichtlich der Niederschlagsphase bestehen noch deutliche
Unsicherheiten. Mit Blick auf die von Osten einströmende Luftmasse um oder
leicht unter 0 Grad sind zeitweilige Schneefälle (nasse Flocken teils bis in
tiefen Lagen) vor allem im Osten und Nordosten möglich. Im Übergangsbereich
deuten die Modelle sogar gefrierender Regen an, allerdings scheint das mit
Berücksichtigung der Vorgeschichte und den noch relativ waren Böden recht
unwahrscheinlich.

Am Samstag steigt der Luftdruck leicht, so dass sich auch das Bodenhoch über
Nordosteuropa noch etwas nach Westen „ausdehnt“ und die östliche bis südöstliche
Strömung insgesamt relativ kühle Luft nach Deutschland führt (um, nach Osten hin
eventuell leicht unter 0 Grad). In der Höhe dominiert weiterhin leichter
Trogeinfluss, allerdings zeigt sich eine Tendenz zum Abtropfen Richtung
westliches Mittelmeer, so dass für Deutschland voraussichtlich wenig
Hebungsantriebe und kaum Niederschläge auf dem Programm stehen. Leichte
Niederschläge (Reste der Luftmassengrenze) könnten dann im Osten und vor allem
aber auch im Bergland/Alpenraum als Schnee (nasse Flocken) fallen.

Zum Sonntag nähert sich die Vorderseite des Troges über Westeuropa/Ostatlantik
wieder etwas, allerdings kann voraussichtlich auch das blockierende Bodenhoch
samt Höhenkeil über Osteuropa dagegenhalten. Ob demnach bereits wieder die
nächste Front auf die westlichen Landesteile übergreifen kann, ist noch
unsicher. Im Zuge des Streckens des Troges gen Mittelmeer bzw. der
Abtropftendenz, kann sich über Italien ein Tief bilden, dass eventuell und
zumindest vorübergehend auch Einfluss (Bewölkung, ggf. Niederschläge) auf den
Alpenraum bzw. unsere südlichen Landesteile nehmen könnte. Mit Blick auf die
Temperaturen in 850 hPa, die sich bei Werten um 0 Grad bewegen, könnte dann auch
Schnee im Alpenraum fallen – zumindest in höheren Lagen oberhalb etwa 1000 bis
1200 m. Abgesehen von den potenziellen, aber unsicheren
Niederschlagswahrscheinlichkeiten im Westen und an den Alpen dürfte leichter
Zwischenhocheinfluss dominieren mit zeitweiligem Sonnenschein nach
Nebelauflösung und weitgehend trockenen Verhältnissen.

In der erweiterten Mittelfrist sind die Unsicherheiten noch größer, vom Trend
her dürfte sich der Westen eher im Einflussbereich des weiterhin über Westeuropa
liegenden Troges bzw. Tiefkomplexes liegen, nach Osten hin könnte eher die
Hochrandlage samt dem Einfluss deutlich kühlerer, kontinentaler Luftmassen
dominieren – wo aber genau diese Einflussbereiche überwiegen und in wie weit
damit Niederschläge verbunden sind, ist noch sehr unsicher.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Zu Beginn der Mittelfrist am kommenden Mittwoch ist die Konsistenz der
vorliegenden IFS-Läufe noch gut, die Unsicherheiten beginnen allerdings bereits
im Laufe des Donnerstages, also am zweiten Tag des Mittelfristzeitraumes mit
zunächst leicht unterschiedlichem Timing und in der Folge mit
räumlich-/zeitlichen Differenzen hinsichtlich der kurzwelligen Anteile des
Westeuropatroges, der Position und Ausprägung des schmalen Hochkeils bzw. der
Position und Ausprägung des Bodenhochs über Nordosturopa. Damit unterliegt auch
die Luftmassengrenze, die sich zum Freitag über dem Nordosten etablieren soll,
größeren Unsicherheiten hinsichtlich Position, Wetteraktivität und auch
Niederschlagsform.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Hinsichtlich der Vergleichs des aktuellen IFS-Modelllaufes mit anderen
Globalmodellen wie ICON und GFS lässt sich feststellen, dass die grundlegenden
Strukturen sehr ähnlich simuliert werden, allerdings nehmen bereits zum Freitag
die Differenzen hinsichtlich Amplitude und Timing der Trog-Keil-Struktur und vor
allem der kurzwelligen Troganteile recht stark zu. Hierbei zeigt sich der
aktuelle IFS-Lauf am progressivsten und ICON am zurückhaltendsten. Damit liefert
das ICON auch die Variante, die im Verlauf das Bodenhoch über Osteuropa am
markantesten simuliert und damit von Osten/Südosten im Vergleich zu IFS und GFS
die kälteste Luftmasse parat hält.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Clusteranalyse des IFS zeigt für den ersten Zeitraum von Mittwoch 00 UTC bis
Donnerstag 00 UTC (+72 bis +96 h) vier Cluster mit 14, 14, 13 und 10 Membern,
wobei Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 1 eingeordnet werden. Bei allem vier
Clustern findet im Prinzip ein Umbau der Wetterlage vom Blocking zu negativem
NAO statt. Dabei wird der schmale Hochkeil bzw. das Höhenhoch über
Skandinavien/Baltikum unterschiedlich dominant simuliert und der westeuropäische
Trog mal etwas breiter oder markanter. Für Deutschland ergeben sich in diesem
ersten Zeitraum kaum prognoserelevante Aspekte. Im Folgezeitraum von Freitag 00
UTC bis Sonntag 00 UTC (+120 bis +168 h) werden drei Cluster mit 19, 16 und 16
Membern dargestellt, Haupt- und Kontrolllauf sind im stärksten Cluster 1
eingruppiert. In allen drei Clustern wird das Blocking vom Skandinavienhoch
wieder bestimmend, dieser Umbau dürfte sich allerdings nicht in jeder Lösung auf
unser Wetter auswirken. In Cluster 1 bleibt Deutschland unter leichtem
Trogeinfluss, in Cluster 3 ist der Trogeinfluss deutlicher und das Blocking
geringer, so dass dort an der Südflanke des Höhenhochs ein Höhentief von Osten
her auf Deutschland übergreifen würde. In Cluster 2 soll sich ein recht
deutliches Trog-Keil-Muster mit dem blockierenden Höhenkeil über Osteuropa
etablieren, Deutschland befände sich aber auch hier im Spannungsfeld zwischen
der Trogvorderseite im Westen und der Hochrandlage im Osten – ähnlich wie im
deterministischen Lauf und auch Cluster 1.
Im erweiterten Mittelfristzeitraum (Montag 00 UTC bis Mittwoch 00 UTC, +192 bis

  • 240 h) zeigt sich die große Unsicherheit: es werden sechs Cluster mit 11, 10,
    10, 9, 7 und 4 Membern angeboten. Das Spektrum reicht von positivem NAO über
    Cluster mit negativem NAO bis hin zum Blocking – gefühlt ist demnach alles
    möglich…

Auch die Rauchfahnen ausgewählter deutscher Städte zeigen den groben Trend recht
gut und auch der Spread ist zumindest nicht „mega-groß“. Der Teufel steckt also
im Detail, was zum Beispiel anhand der sehr unruhigen Niederschlagsprognose der
EPS-Mitglieder zu erkennen ist. Hierbei werden zwar schon gewisse Schwerpunkte
herausgearbeitet (erstes Frontensystem im Laufe des Mittwochs, nächster
Niederschlagsschwerpunkt dann im Laufe des Donnerstages und Freitages),
Unsicherheiten im Timing sind aber deutlich zu erkennen. Zu erkennen ist
insgesamt der deutliche Trend zum Temperaturrückgang, vor allem auch im Osten –
zumindest bis einschließlich des kommenden Wochenendes. Nachfolgend – also in
der erweiterten Mittelfrist wird der Spread recht groß, die Mehrheit der Modelle
und auch Haupt- und Kontrolllauf deuten einen leichten Wiederanstieg der
Temperatur in 850 hPa an. Auch die Entwicklung in punkto Geopotenzial in 500 hPa
ist unsicher – nach einem Minimum im Bereich Freitag wird der Spread sehr groß
und es gibt auch keinen klaren Schwerpunkt in Richtung abnehmendem oder
ansteigendem Geopotenzial.

Fazit: Insgesamt recht unsichere Mittelfristprognose mit Tendenz zu
wechselhafter und zumindest vorübergehend kühlerer Witterung, vor allem im Osten
kälter.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

WIND/STURM:
Mittwoch und Donnerstag im Küstenumfeld starke bis stürmische Böen, am
Donnerstag teils auch im angrenzenden Binnenland, auf See und in exponierten
Küstenabschnitten auch Sturmböen, Freitag abklingend. Deckt sich auch mit
EFI-Signalen.

Niederschlags:
Mittwoch und Donnerstag EFI-Signale für erhöhte Niederschlagsmengen im
Westen/Nordwesten. Auf der Nordsee bzw. im Nordseeumfeld und in Weststaulagen
der Mittelgebirge relativ nass, im SW 48-stündig schwache EPS-Signale, insgesamt
ist eine Überschreitung von Dauerregenwarnschwellen aber eher unwahrscheinlich.

SCHNEE:
Am Mittwoch, vor allem ab der Nacht zum Donnerstag in den Alpen zeitweise
leichter Schneefall oberhalb 1400 m, Donnerstag zunächst abklingend und dann ab
dem Abend erneut aufkommende Niederschläge. Dann in den Alpen und den östlichen
Mittelgebirge oberhalb 1200 bis 1400 m leichter Schneefall. Zum Freitag
verlagert sich die Luftmassengrenze über Nordosten kaum, im Zusammenspiel mit
der Kaltluft von Osten zeit-/gebietsweise leichter Schneefall bzw. nasse Flocken
bis in tiefe Lagen möglich – Menge/Position sehr unsicher, zumindest im Bergland
(Alpen, vor allem aber auch Bayerwald, Erzgebirge) fällt etwas Schnee,
Schneefallgrenze mindestens bei 800 bis 1000 m, nach aktuellem Stand im
Nordosten zwischen Ostsee und Erzgebirge auch teils deutlich darunter. Am
Donnertag und Freitag leichte Schnee-EFI-Signale im Norden (Streifen Deutsche
Bucht Richtung Harz/Erzgebirge).
Am Samstag und Sonntag im östlichen Bergland ein paar Flocken möglich, größtes
Niederschlagsrisiko aber wohl im Alpenraum von Süden her, dann auch Schnee
oberhalb etwa 1000 bis 1200 m. Keine markanten Mengen und Unsicherheiten noch
groß.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, MOS-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger