SXEU31 DWAV 111800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 11.11.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Umfangreiches Blockadehoch (CHARLY) über Mitteleuropa – Wochenende teils sonnig
und tagsüber mild, teils neblig-trüb, dann weniger mild. Am Montag im Südwesten
Besuch eines Kaltlufttropfens.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland unter einem monumentalen Höhenrücken, der
weite Teile Mittel- und Westeuropas überdeckt. Eingelagert ist eine
abgeschlossene Höhenantizyklone mit Zentrum genau über Deutschland (knapp 588
gpdm). Das korrespondierende Bodenhoch, es handelt sich um CHARLY, erstreckt
sich von der Iberischen Halbinsel respektive der Biskaya bis hinüber zur
Ukraine, wo es Fühlung zu einem russischen Hoch aufgenommen hat. Der Schwerpunkt
des Hoch mit rund 1035 hPa reicht von Süddeutschland bzw. dem Alpenraum bis zum
nördlichen Balkan, Tendenz „nosig“ (no significant change). Mit anderen Worten,
die Großwetterlage ist nicht nur blockierend, sondern auch quasistationär und
alles andere als dynamisch. Selbst das letzte bisschen Bewegung, das noch da
ist, ein frischer Südwestwind an der See, wird durch kontinuierliche
Gradientaufweichung (konkret baut sich ein zur Nordsee gerichteter Bodenkeil
auf) im Laufe der Nacht eingestellt.

Was übrigbleibt ist klassisch-herbstliches Grundschichtgedöns in Form von teils
dichtem Nebel, der sich ausgehend von den Resten des heutigen Tages ausdehnt
oder neu bildet. Der Schwerpunkt liegt wie in der vergangenen Nacht in der
Südhälfte, während die Nebelwahrscheinlichkeit ab der Mittelgebirgsschwelle
nordwärts mehr und mehr abnimmt. Dort bleibt der Himmel vielfach gering bewölkt
oder klar, erst ganz im Norden trifft man auf tiefe ST-/SC-Bewölkung, die auch
tagsüber schon den Spielverderber in puncto Sonne gemimt hat.
Thema Frost, der mit Werten knapp unter dem Gefrierpunkt insbesondere in den
Aufklarungsgebieten Süddeutschlands sowie teilweise auch in weiter nördlich
gelegenen Mittelgebirgen auftritt (z.B. im Sauerland und im Bergischen Land).
Mit Frost in Bodennähe der Größenordnung -1 bis -5°C muss bis weit in den Norden
des Landes gerechnet werden.

Samstag … ändert sich nur wenig an der Großwetterlage, wenn man mal davon
absieht, dass sich sowohl der Schwerpunkt des Höhen- als auch des Bodenhochs
etwas weiter nach Osten verlagert. Deutschland rutscht damit zunehmend in den
westlichen Teil des gesamten Hochdruckpakets, ohne dass das aber nennenswerte
Auswirkungen auf das Tageswetter hätte. Die Luftmasse ändert sich nicht (T850
weiterhin um 13°C) und die Inversion liegt zumindest teilweise weiterhin am
Boden auf. Dort, wo sie das nicht tut, ist die feuchte Grundschicht zwar nicht
besonders mächtig, aber es reicht, um den Nebel in den klassisch anfälligen
Regionen (Donauniederungen, Oberrheintal, Bodenseeregion, um nur einige zu
nennen) erst spät oder gar nicht auflösen zu lassen.

Abseits des Dauergraus scheint in weiten Teilen des Landes einmal mehr die
Sonne, was dafür sorgt, dass die Novemberkurve der kumulativen Sonnenscheindauer
weiterhin steil nach oben geht. Bezogen auf 1991-2020 liegt das Flächenmittel
für den ganzen Monat bei etwa 56 Stunden, von denen wir bereits nach einem
Drittel knapp 40 Stunden erreicht haben. Wenig bis nichts dazu beitragen werden
der äußerste Norden und Nordosten, wo sich auch morgen noch ein Streifen mit
widerspenstiger tiefer Bewölkung hält.

Nicht nur beim Wetter, auch bei der Temperatur ändert sich gar nicht so viel
gegenüber heute. Häufig liegt die Spanne der Maxima zwischen 10 und 15°C,
nördlich der zentralen Mittelgebirge werden punktuell sogar bis zu 18°C
erreicht. Dürftiger sieht es naturgemäß in den Nebel- und Hochnebelgebieten aus,
wo man sich mit einstelligen, lokal nur wenig über 5°C liegenden Werten begnügen
muss. Kleiner Tipp an dieser Stelle an alle, denen die nässende Nebelkälte auf
den Senkel geht. Ein Ausflug in die Hochlagen der Mittelgebirge oder in die
Alpen bringt nicht nur Sonnengarantie, sondern auch bemerkenswerte
Novemberwärme. In der ausgeprägten Inversion werden selbst in Höhen um 1500 m
noch Temperaturen von 15, 16 oder gar 17°C erzielt, was für Wintersportfans oder
denen, die künstlichen Schnee machen wollen, einer Hiobsbotschaft gleichkommt.

In der Nacht zum Sonntag gilt es vor dem Hintergrund der weiteren Entwicklung an
den Folgetagen mal einen kleinen Abstecher nach Italien zu machen. Dort ist
mittlerweile ein vom Balkan kommendes Höhentief eingetroffen, das aus einem Trog
(genau genommen handelt es sich um den Trog, der in der Nacht zum Donnerstag bei
uns durchgegangen ist) abgetropft ist. Mangels geeigneter Partnerin im
Bodendruckfeld hat das Tief den Status eines Kaltlufttropfens (KLT), der um das
weiter nördlich liegende Hoch gen Westen und später dann gen Nordwesten
kreiselt. Wir werden das „Tröpfsche“ später noch mal aufgreifen.

Zunächst aber mal bleibt bei uns alles beim Alten, sprich, gradientschwaches
Hochdruckwetter mit klarem Himmel auf der einen und Nebel/Hochnebel auf der
anderen Seite. Dabei werden vor allem die Gebiete im Süden und der Mitte vom
Nebel betroffen sein, die in den Nächten zuvor schon die A…karte gezogen haben.
Aber auch weiter nördlich könnte sich das eine oder andere Nebelfeld bilden.
Noch nicht abschließend zu beantworten ist die Frage, wie viel hochnebelartige
Bewölkung mit dem auf Ost drehenden Wind aus Polen in den Nordosten verfrachtet
wird. UK10 und das (wahrscheinlich darauf basierende polnische UM) offenbaren
eine sehr progressive Variante, während z.B. die deutsche ICON-Serie defensiv
agiert. Die Frage ist insofern von Bedeutung, als dass die Bewölkungsverteilung
selbstredend einen direkten Einfluss auf die Abkühlungsrate hat. (Boden)Frost ja
oder nein, noch kann hier nicht abschließend geantwortet werden. Im großen Rest
des Landes muss insbesondere im Südosten und in den Mittelgebirgssenken und
-tälern mit leichtem Luftfrost gerechnet werden, während Frost in Bodennähe
häufiger und verbreiteter auftritt.

Sonntag … wandert der Schwerpunkt des Höhenhochs unter leichter Abschwächung
nach Polen. Insgesamt reicht das Hoch zur Mittagszeit vom Schwarzen Meer bis zur
Nordsee, wobei die geometrische Konfiguration unweigerlich an eine Frankfurter
„Gref-Völsing“ erinnert (für Nicht-Hessen, gemeint ist eine Rindswurst aus einer
Frankfurter Traditionsmetzgerei). Die leicht zyklonale Einbuchtung, die eine
solche Wurst und in diesem Fall das Hoch aufweisen, wird übrigens vom o.e. KLT
induziert, der sich langsam via Norditalien der Alpensüdseite nähert. Das
Bodenhoch verlagert sein Zentrum ebenfalls weiter nach Osten in Richtung
Rumänien. Gleichzeitig steigt der Luftdruck über Skandinavien deutlich an, so
dass unter dem Strich eine langgestreckte 1030-hPa-Hochdruckzone herauskommt, an
dessen Westflanke wir den Sonntag verbringen. Dort nimmt der Gradient zur
Tiefdruckzone über Westeuropa respektive dem Ostatlantik etwas zu, was einen
leicht auflebenden Ostwind zur Folge hat. Da zudem das Böhmische Becken mit viel
Nebel und Hochnebel gefüllt und die Temperatur entsprechend niedrig ist, kommt
rund um das östliche Bergland (Sachsen und Bayern) etwas Böhmischer Wind auf
(vor allem in für die Windrichtung günstig geschnittenen Tälern Böen 7 Bft, in
Hochlagen teils 8 Bft). Auf der Alpennordseite wird es leicht föhnig.

Wettertechnisch sieht es so aus, dass im Nordosten hochnebelartige Bewölkung
präsent bleibt, wobei aber noch nicht klar ist, wie weit diese nach Südwesten
vorankommt. Ansonsten deuten sich durch den auflebenden Ostwind etwas bessere
Auflösungsbedingungen für den Nebel an. Überall wird es aber nicht reichen, das
Grau zu tilgen. Aus heutiger, nebelfreier Bürosicht könnten vor allem Teile der
Donauniederungen bis hinunter an den Bodensee und den Hochrhein sowie der
südliche Oberrheingraben von Dauergrau betroffen sein. Bei den Tagestemperaturen
tut sich nicht viel gegenüber dem Vortag. Nur da, wo sich der Nebel gegenüber
den Vortagen auflöst, wird es milder. Dafür wird es in den Teilen
Nordostdeutschlands, wo sich das tiefe Gewölk breitmacht, entsprechend frischer.

In der Nacht zum Montag erreicht der Kern des KLTs die Schweiz, vielleicht auch
schon Süddeutschland. Wie so oft bei solchen launischen Gesellen bieten die
Modell- und Ensemblelösungen noch etwas Spielraum hinsichtlich der genauen
Positionierung. Wie auch immer, es muss davon ausgegangen werden, dass über die
Alpen ein paar hohe und mittelhohe Wolken zu uns herüberschwappen. Bis zum
Morgen soll es aber noch weitgehend trocken bleiben.

Ansonsten bleibt uns die Hochrandlage mit hochnebelartiger Bewölkung im
Nordosten sowie einer Mischung aus Nebel und klarem Himmel in den übrigen
Gebieten erhalten. Insgesamt nimmt die Luftfrostgefahr ab, gleichwohl reicht es
im Osten und Südosten lokal für ein oder zwei Grad unter null.

Montag … zieht der KLT über den Südwesten unseres Landes hinweg in Richtung
NRW, wo er kurz vorm Andocken an den über Westeuropa und dem nahen Atlantik
präsenten LW-Trog steht. Das Höhentief sorgt vor allem in BaWü sowie dem
Saarland und RP nicht nur für eine deutliche Bewölkungszunahme. Hinzu kommen am
Vormittag von Frankreich und der Schweiz her schauerartige Regenfälle auf, die
in Summe über 12 h gebietsweise 5 bis 10 l/m², lokal vielleicht noch etwas mehr
bringen können.

Ansonsten lässt sich konstatieren, dass sich der Schwerpunkt der Hochdruckzone
sowohl in der Höhe, als auch am Boden mehr und mehr gen Norden in den
fennoskandischen Raum verlagert, was für die mittelfristige Entwicklung
richtungsweisende Bedeutung haben kann. Zunächst mal ändert sich bei uns aber
gar nicht so viel, heißt, nach teils zäher Auflösung von Nebel und Hochnebel
heiter bis wolkig, nördlich der Mittelgebirge sowie in Ostbayern auch sonnig. Ob
die hochnebelartige Bewölkung im Nordosten gänzlich verschwindet, ist derzeit
noch unsicher. An den Alpen bleibt es leicht föhnig, sonst macht der etwas
auflebende Südostwind vor allem im höheren Bergland sowie als Böhmischer Wind im
südlichen Sachsen auf sich aufmerksam (Böen 7 Bft, exponiert 8 Bft).

Bedingt durch die Zufuhr etwas kälterer Luft von Osten her sowie einem
insbesondere im Bereich des KLTs deutlichen Rückgang der 850-hPa-Temperatur (nur
noch um 3, vereinzelt bis 1°C) wird es nicht mehr so mild wie an den Vortagen. 8
bis 14°C, an den Alpen lokal vielleicht 15°C, im südwestdeutschen Bergland bei
Regen nur wenig über 5°C lautet die Range für den Wochenanfang.

Modellvergleich und -einschätzung

Im Großen und Ganzen simulieren die Modelle die beschriebene Entwicklung gleich.
Die üblichen Unschärfen beispielsweise bei der Behandlung des Kaltlufttropfens
oder der tiefen Bewölkung im Nordosten wurden im Text angerissen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann