S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 08.11.2022 um 10.30 UTC

In weiten Landesteilen ruhiges Hochdruckwetter. Im Westen und Nordwesten ab
Sonntag leicht ansteigende Niederschlagsneigung.

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 15.11.2022

Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Freitag stehen die Zeichen voll auf
ruhigem Herbstwetter. Ein breiter Rücken legt sich über weite Teile West- und
Mitteleuropas und bildet im Tagesverlauf sogar ein abgeschlossenes Hoch mit
Schwerpunkt über Frankreich und Deutschland. An der Ostseite des Rückens tropft
ausgehend von einem Kurzwellentrog ein Höhentief über dem Balkan ab und
verlagert sich südwärts. Auch im Bodendruckfeld hat sich ein ausgedehntes Hoch
gebildet, das große Teile West-, Mittel- und Osteuropas einnimmt. Aufgrund der
nur schwachen Druckgradienten und der Ausbildung einer Absinkinversion kann sich
vor allem im Süden und in der Mitte verbreitet Nebel und Hochnebel bilden, der
sich tagsüber nur zögerlich, in berüchtigten Nebelgebieten möglicherweise auch
gar nicht auflöst. Sonniger ist es nördlich der Mittelgebirge und in höheren
Lagen. Dichtere Wolkenfelder ziehen allerdings über den äußersten Norden hinweg.
Wenn für längere Zeit die Sonne scheint, steigen die Temperaturen auf milde 10
bis 15, im Westen und in einigen Leelagen sogar bis auf 17 Grad. Bei Dauernebel
bleibt es bei einstelligen Höchstwerten.

Am Samstag wandert der angesprochene Kaltlufttropfen vom Balkan über die Ägäis
nach Norditalien. Dadurch verlagert sich der Schwerpunkt des Höhenhochs über
Deutschland hinweg nach Osten und liegt abends über Polen und der Westukraine.
Im Bodendruckfeld ist weiterhin Hochdruckeinfluss dominant. Dadurch bleibt es in
Deutschland beim ruhigen Herbstwetter. Der Nebel und Hochnebel weitet sich in
der Nacht wieder aus und löst sich vormittags in der Mitte und im Süden nur
zögerlich auf. Da die Inversion sehr niedrig liegt und in der Mitte teils sogar
bis in bodennahe Schichten vordringen kann, bestehen allerdings recht gute
Chancen, dass sich vielerorts (wenn auch nicht überall) der Nebel auflösen kann.
Abseits vom Nebel scheint von Schleierwolken und einigen Wolken ganz im Norden
wieder die Sonne bei milden Temperaturen.

Am Sonntag verlagert sich nach dem aktuellen IFS-Lauf der Kaltlufttropfen von
Oberitalien nach Westdeutschland und sorgt dort für viele Wolken und Konvektion.
Bei 500hPa-Temperaturen um -25 Grad und 850hPa-Temperaturen um 4 Grad wäre auch
genug Labilität für Gewitter vorhanden. Allerdings muss noch abgewartet werden,
wie die Zugbahn des Kaltlufttropfens tatsächlich verläuft, sodass es durchaus
auch landesweit trocken bleiben könnte. Über dem östlichen Mitteleuropa und
Osteuropa bleibt das Höhenhoch bestehen, ebenso wie das Bodenhoch über Ost- und
Südosteuropa. Abgesehen von der möglichen Störung im Westen setzt sich das
Hochdruckwetter fort, wobei die etwas erhöhte Durchmischung durch den
Kaltlufttropfen die Nebelneigung zumindest regional reduzieren könnte.

In der Nacht zum Montag verlagert sich über dem Atlantik ein Trog recht
progressiv ostwärts und erreicht mit seiner Achse bereits Irland. Tagsüber stößt
über dem Atlantik ein neuer Trog nach Süden vor. Der nächtliche Trog wird
dadurch zum Randtrog und verlagert sich bis zum Mittag zur nördlichen Nordsee.
Der Kaltlufttropfen zieht nach Norwegen und wird allmählich vom Trog
eingefangen. Der Schwerpunkt des Höhenhochs verlagert sich nach Südosteuropa.
Die Achse erstreckt sich allerdings über das Baltikum bis nach Nordskandinavien.
Somit bleibt es in weiten Teilen Deutschlands beim ruhigen Hochdruckwetter. Nur
im Westen und Nordwesten könnten aufgrund der Trogvorderseite möglicherweise
Wolkenfelder und etwas Regen aufziehen, was aber ebenso unsicher ist wie die
Schauer und Gewitter am Vortag. Mild bleibt es aber weiterhin mit meist
zweistelligen Höchstwerten.

Am Dienstag stößt der Trog weiter nach Süden vor und erreicht die Biskaya. Seine
Achse erstreckt sich von der Biskaya über Großbritannien bis nach Island. Vor
allem die Nordwesthälfte Deutschlands gelangt dadurch auf die Trogvorderseite.
Demgegenüber steht der Rücken über Ost- und Nordeuropa, der weiterhin für das
Wetter in der Südosthälfte Deutschlands bestimmend ist. Dort bleibt es also auch
weiterhin trocken, während im Westen und Nordwesten möglicherweise
Frontensysteme mit Niederschlägen übergreifen könnten.

In der erweiterten Mittelfrist nehmen die Prognoseunsicherheiten weiter zu.
Sowohl eine Fortdauer der blockierenden Wetterlage mit einem Rücken/Höhentief
über Mittel- und Osteuropa ist im Bereich des Möglichen, ebenso wie ein
allmähliches Übergreifen atlantischer Tröge.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Wochenende beschränken sich die Hauptunsicherheiten auf die
genaue Zugbahn des Kaltlufttropfens, der von den IFS-Läufen noch nicht
konsistent simuliert wird (was bei Kaltlufttropfen aber nicht untypisch ist).
Der gestrige 00UTC-Lauf simulierte zunächst eine ähnliche Zugbahn
(Balkan-Ägäis-Norditalien), schlägt am Sonntag auf dem Weg nach Norden aber eine
etwas westlichere Zugbahn ein. Dadurch wären die Höhenkaltluft und die dadurch
bedingte Labilität westlich von uns anzutreffen und somit die Gewitter wieder
vom Tisch. Beim 12-UTC-Lauf biegt der Kaltlufttropfen schon am Samstag über
Norditalien nach Nordwesten ab, zieht über den Südwesten Deutschlands hinweg und
befindet sich am Sonntag bereits über der Nordsee. Konsistent ist allerdings in
allen Läufen die Hochdruckdominanz in weiten Landesteilen (außer im
Westen/Südwesten). Ab Montag nimmt die Unsicherheit deutlich zu, was v.a. am
Trog über dem Atlantik und dessen Randtrögen liegt. Somit ist noch unsicher, ob
bereits ab Montag aus Westen und Nordwesten Regenfälle übergreifen oder nicht.
Nach dem 12-UTC-Lauf tropft der Trog gar nach Süden ab und über Deutschland und
der Nordsee entsteht ein neues kräftiges Höhenhoch. Demnach wäre nicht mit einem
baldigen Ende des Blockings zu rechnen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Auch von den anderen Globalmodellen bestimmt die Entwicklung des
Kaltlufttropfens die Unsicherheit. Bei ICON tropft der Kaltlufttropfen am
Freitag auch ab, zieht aber am Sonntag etwas langsamer und etwas weiter westlich
nach Norden, sodass am Sonntag ab Nachmittag allenfalls für den äußersten
Südwesten eine geringe Niederschlagsneigung besteht. Bei GFS findet der
Abtropfvorgang deutlich weiter östlich und zeitlich verzögert statt. Er zieht
bei dieser Variante bis Sonntag nach Griechenland und anschließend weiter ins
zentrale Mittelmeer. Dies würde in Mitteleuropa am Wochenende ungestörten
Hochdruckeinfluss bedeuten. UK10 schlägt eine ähnliche Lösung vor, wenngleich
das Höhentief etwas weiter nördlich über Italien westwärts zieht.
Auch in der kommenden Woche setzt sich die Unsicherheit fort. Ob und wie weit in
den Westen und Nordwesten Frontensysteme vordringen können, ist noch recht
unsicher. Einig sind sich die Modelle aber, dass in der Südosthälfte der
Hochdruckeinfluss bestehen bleibt.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Bei den Rauchfahnen fällt bis Samstag der deutliche Anstieg des Geopotentials
und der Temperatur in 850 hPa auf, bei einem geringen Spread. Ab Sonntag nimmt
der Spread deutlich zu. Aufgrund des Verhaltens des Kaltlufttropfens wird die
Vorhersage somit zunehmend unsicher, v.a. im Westen. Ebenso ist noch unklar,
inwiefern die Zyklonalität im Westen und Nordwesten zu Beginn der kommenden
Woche zunimmt (Trogvorderseite). Im Westen nehmen die Niederschlagssignale ab
Sonntag zu. Die meisten Member bleiben am Sonntag aber noch weitgehend trocken,
sodass der Hauptlauf (Gewitter im Westen) eher eine Außenseiterstellung
einnimmt. Weiter östlich hält der Hochdruckeinfluss länger an, die
Niederschlagssignale nehmen dort erst ab Dienstag zu.

Bei den Clusteranalysen werden im Zeitraum t120h-168h 5 Cluster angeboten, die
aber alle dem Blocking-Regime zuzuordnen sind. Die Hauptunterschiede bestehen
v.a. darin, wo das Blocking stattfindet, in anderen Worten wie weit der Trog
nach Westeuropa vordringen kann bzw. wie stark der blockierende Rücken oder
wahlweise ein abgeschlossenes Höhenhoch über Mittel- und Osteuropa dagegen
ankämpfen kann.

In der erweiterten Mittelfrist (t192h-290h) werden 6 Cluster angeboten, die den
Regimen Blocking, NAO negativ oder NAO positiv zugeordnet werden. Die Vorhersage
wird also sehr unsicher.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

In weiten Teilen Deutschlands herrscht im gesamten mittelfristigen Zeitraum
ruhiges Hochdruckwetter. Von Nebel abgesehen ist kein warnwürdiges Wetter zu
erwarten.

Auf einigen Alpengipfeln wird es ab Samstag/Sonntag zunehmend stürmisch.

Unsicherheiten bestehen noch für den Westen und Südwesten. Sollte im Bereich des
Kaltlufttropfens Höhenkaltluft in diese Regionen gelangen, bestünde dort die
Gefahr einzelner starker Gewitter, die aufgrund ihrer langsamen Zugbahn und der
für die Jahreszeit recht feuchten und warmen Luftmasse durchaus das Potential
für lokalen Starkregen haben. Allerdings ist es noch recht unsicher, ob die
Höhenkaltluft überhaupt nach Deutschland gelangt (siehe obige Ausführungen).
Aktuell wird dies hauptsächlich vom neuesten IFS-Lauf gezeigt, der aber eher
eine Außenseiterlösung angesehen werden kann.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dr. rer. nat. Markus Übel