SXEU31 DWAV 051800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 05.11.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Leicht wechselhafter und vor allem tagsüber überdurchschnittlich temperierter
Witterungsanschnitt. Vornehmlich an und auf der Nordsee zeitweise windig bis
stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland unterhalb eines kurzwelligen Höhenrückens,
der in der Nacht zum Sonntag unter Amplitudenverlust weiter gen Osten wandert.
Er verdrängt den Rest des zuvor wetterbestimmenden Troges, der aktuell in seinem
Schlepptau noch ein paar Schauer in Bayern nach sich zieht. Wie so oft wird auch
dieser Rücken von WLA überlaufen, die für die Zufuhr respektive Bildung hoher
und mittelhoher Bewölkung verantwortlich zeichnet. Diese breitet sich in den
nächsten Stunden langsam ost-südostwärts aus, kann aber nicht verhindern, dass
sich in der Südhälfte gebietsweise dichter Nebel bildet. Auch kann sie nicht
verhindern, dass die Temperatur vornehmlich im Süden, teils aber auch in der
östlichen Mitte auf Gefrierpunktnähe oder in den leichten Frostbereich
zurückgeht. Leichter Frost in Bodennähe tritt in der Südosthälfte relativ
verbreitet auf.

Ein Mitgrund dafür ist natürlich die Luftdruck- und entsprechend auch die
Windverteilung. So hat sich im Süden aus einem Azorenhochkeil die eigenständige
Hochparzelle BAHRUDIN gelöst, die in den nächsten Stunden Richtung Polen
wandert. BAHRUDIN sorgt im Süden und Südosten für windschwache
Rahmenbedingungen, was die Frost- und Nebelbildung begünstigt. Anders sieht es
nach Nordwesten hin aus, wo nicht nur der Wolkenanteil höher ist, sondern auch
ein schärferer Gradient gegeben ist. Der daraus resultierende mäßige, an der
Nordsee frische südliche Wind erreicht über der Deutschen Bucht in Böen Stärke
8-9 Bft. An den Küsten ist es weniger mit 7-8 Bft in Nordfriesland und
überwiegend nur 7 Bft (ablandige Windkomponente) in Ostfriesland. An der Ostsee
sind Böen 7 Bft aufgrund der Ablandigkeit des Windes und des schwächeren
Gradienten eher selten und am ehesten auf offener See anzutreffen. Dafür meldet
der Brocken Ansprüche auf signifikante Böen an, die ihm nach Mitternacht auch
beschert werden (bis Stärke 8 Bft).

Und Niederschlag? – Hier gilt es zunächst mal kurz den ehemaligen Tropensturm
MARTIN vorzustellen, der mittlerweile die ET (Extratropical Transition) hinter
sich gebracht hat und nun als steuerndes Zentraltief westlich von Irland unweit
20° westlicher Länge fungiert. Das zugehörige okkludierende Frontensystem kommt
in seinem mittleren Teil bis zur Nordsee voran, wird dort aber durch die
zunehmend strömungsparallele Ausrichtung merklich ausgebremst. Entsprechend
fällt der meiste frontale Niederschlag im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser.
Trotzdem, auch direkt an der Nordsee sowie im küstennahen Binnenland regnet es
mitunter etwas, die Mengen bleiben aber gering (unter 5 l/m², teils
wahrscheinlich sogar unter 1 l/m²). Dass es im Nordwesten milder bleibt als im
Südosten, ist evident.

Sonntag … verlässt uns der inzwischen stark abgehobelte Rücken gen Osten, was
uns zunehmend auf die Vorderseite eines sich von Westeuropa nähernden Randtrogs
bringt. Unter dem Strich bedeutet das für uns eine mäßige, leicht diffluente
südwestliche Höhenströmung, unter der die teilokkludierte Kaltfront weiterhin
große Schwierigkeiten hat, ostwärts voranzukommen. Mittlerweile ist sie
abgekoppelt vom Tief ExMARTIN, das inzwischen einen Sprung dicht an die Hebriden
gemacht und dabei einiges an Gewicht zugelegt hat (heute Mittag noch unter 970
hPa, morgen Mittag 980 hPa). Als weiterer Bremsklotz kommt noch eine flache
Welle hinzu, die an der Front über die Nordsee hinweg nordostwärts schwenkt.
Kurzum, wetter- und windmäßig bleibt ein Ost/Südost-West/Nordwest-Gefälle
erhalten.

Zunächst das Wetter, das im äußersten Westen und Nordwesten von einer weitgehend
geschlossenen Wolkendecke und zeitweiligem Regen geprägt ist. Je weiter man nach
Osten kommt, desto dünner wird die Bewölkung bei gleichzeitig abnehmender
Regenwahrscheinlichkeit. Den meisten Sonnenschein gibt es im Osten respektive in
der östlichen Mitte etwa von Sachsen und dem Nordosten Thüringens bis hoch in
den Berliner Raum sowie nach Sachsen-Anhalt zu feiern, wo das Setup noch
antizyklonal gefärbt ist und regionsweise Leeeffekte an den dortigen
Mittelgebirgen dazukommen.

Etwas anders gestaltet sich die Gemengelage im Süden, wo neben hohen und
mittelhohen Wolken einige sehr zähe Nebel- und Hochnebelfelder am Start sind.
Diese gänzlich zu tilgen wird sehr wahrscheinlich nicht gelingen, was Anfang
November jetzt aber auch nicht so Žne große Überraschung ist. Wem das Dauergrau
auf den Senkel geht, orientiere sich an den unmittelbaren Alpenrand oder in
höhere Mittelgebigssphären (z.B. Bayerischer Wald), wo die
Sonnenscheinwahrscheinlichkeit ungleich höher ist als beispielsweise an der
Donau.

Noch ein paar Sätze zu Wind und Temperatur. Der Wind kommt weiterhin aus
südlichen Richtungen, im Süden (wo er am schwächsten ist) aus Ost bis Südost.
Neben dem Nordseeumfeld sowie exponierter Hochlagen, wo Böen 7-8 Bft, Brocken 9
Bft auf der Karte stehen, kommen auch noch die Leelagen der westlichen,
nördlichen und zentralen Mittelgebirge mit einigen steifen Böen 7 Bft dazu. Bei
ansteigenden 850-hPa-Temperaturen (3 bis 6°C, ganz im Süden bis zu 10°C) und
(außer im Südosten) solider Durchmischung werden Höchstwerte zwischen 8 und 14°C
erreicht. Nur dort, wo es mit der Auflösung von Nebel und Hochnebel spät oder
gar nicht klappen will, muss man sich mit rund 5°C begnügen.

In der Nacht zum Montag schwenkt der KW-Trog über den Vorhersageraum hinweg
ostwärts. Und da der Trog kein Egoist zu sein scheint, nimmt er die o.e.
Kaltfront an die Hand und lotst sie ebenfalls gen Osten. Dahinter gelangt ein
Schwall erwärmter Meereskaltluft subpolaren Ursprungs zu uns, in der T850 auf 6
bis 2°C sinkt). Mit Frontpassage fällt nicht nur mitunter etwas schauerartiger
Regen. Es kommt zudem zu einer merklichen Gradientverschärfung, die wiederum
eine Auffrischung des auf Südwest drehenden Windes zur Folge hat. Über und an
der See sowie im höheren Bergland + Leelagen werden Böen 7-8 Bft, in exponierten
Hochlagen 9 Bft, auf dem Brocken 10-11 Bft erwartet. Frost und Nebel sind
angesichts solcher Rahmenbedingungen (zum Wind kommen ja auch noch Wolken dazu)
nahezu chancenlos.

Montag … verabschiedet sich der KW-Trog in Richtung östliches Mitteleuropa.
Dahinter zonalisiert die Höhenströmung vorübergehend, bevor sich der nächste
Rücken in Positur bringt. Er ist ein Produkt kräftiger WLA vorderseitig einer
neuerlichen Austrogung über dem nahen Atlantik, die von einem aus der
Labradorsee kommenden Randtrog initiiert wird. Eingelagert in den Haupttrog ist
ein hochreichendes Tief (wahrscheinlich das Nachfolgemodell von ExMARTIN,
vielleicht aber auch eine ExMARTIN-II-Variante), das Montagmittag mit etwas
unter 980 hPa knapp westlich von Irland erwartet wird. Auch dieses Tief – wie
sollte es anders sein – verfügt über ein komplettes Frontensystem mit Okklusion,
Warm- und wellender Kaltfront. Relevant für uns ist am Montag die Warmfront, die
den sich aufwölbenden Rücken nonchalant überläuft und von Benelux kommend die
Nordhälfte nordostwärts überquert. Vor allem in den nordwestlichen Landesteilen
wird dabei reichlich und nur wenig strahlungsdurchlässige Bewölkung generiert,
aus der es hin und wieder leicht regnet.

Im großen Rest des Landes präsentiert sich der Wochenanfang mal mehr, mal
weniger bewölkt und weitgehend trocken. Das „weniger“ trifft am meisten auf den
äußersten Süden zu (Alpenvorland, höhere Lagen), wo sich im Landesvergleich am
häufigsten die Sonne durchsetzt. Der Südwestwind weht im Norden und in der Mitte
mäßig bis frisch mit Böen 7 Bft teils bis in tiefe Lagen, an und auf der See
auch einzelne Böen 8 Bft. In exponierten Hochlagen wird es stürmisch (Böen 8
Bft, vereinzelt 9 Bft, Brocken bis 10 Bft). Die wieder leicht steigende
850-hPa-Temperatur und die solide bis gute Durchmischung sorgen trotz Bewölkung
für Tageshöchstwerte zwischen 12 und 16°C, im äußersten Süden und Südwesten
lokal noch etwas darüber.

Die Nacht zum Dienstag verbringt Deutschland im breiten, leicht antizyklonal
konturierten Warmsektor des Tiefs bei Irland, dem der o.e. Höhenrücken
überlagert ist. Im Norden fällt dabei anfangs noch etwas Regen, sonst bleibt es
weitgehend trocken. Von Süden und Südwesten her lockert die Wolkendecke zusehend
aus, was einige, teils dichte Nebelfelder auf den Plan ruft. Im Süden tritt
gebietsweise leichter Frost in Bodennähe auf und auch Luftfrost kann dort
punktuell nicht ganz ausgeschlossen werden. Der auf Süd rückdrehende Wind bleibt
vor allem über und an der Nordsee sowie in einigen Hochlagen prominent unterwegs
mit Spitzen 7-8 Bft.

Dienstag … wandert der Rücken langsam ostwärts ab, was uns auf die Vorderseite
des Haupttrogs über dem nahen Atlantik bringt. Ihm vorgelagert ist die Kaltfront
des sich in Richtung Island orientierenden und sich weiter vertiefenden Tiefs
(um 12 UTC wahrscheinlich unter 970 hPa). Sie greift im Tagesverlauf auf den
Westen des Landes über, bringt dabei aber nur wenig Regen. Präfrontal lebt der
südliche Wind etwas auf, warnrelevante Böen dürften sich im Wesentlichen aber
auf die offene Nordsee inkl. Helgoland, der Nordfriesischen Inseln und den
Halligen sowie einigen Hochlagen beschränken (7 Bft, exponierte Kammlagen 8
Bft).

In der Osthälfte sowie in Süddeutschland macht sich die Front erst spät oder
noch gar nicht bemerkbar. Entsprechend bleibt es nicht nur trocken, vielerorts
scheint auch für längere Zeit die Sonne. Größere Einschränkungen gibt es einmal
mehr aus den Nebelgebieten zu berichten, wo sich das Grau z.T. nur sehr
zögerlich, lokal vielleicht sogar überhaupt nicht auflöst. Dort bleibt es
natürlich auch entsprechend frisch, während sonst im Lande (präfrontal stehen
wir um 12 UTC mittlerweile wieder bei 7 bis 12°C auf 850 hPa) überaus milde 13
bis 18°C zu erwarten sind.

Modellvergleich und -einschätzung

Im Großen und Ganzen spucken die zahlreich vorhandenen Modelle sehr ähnliche
Felder aus.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann