S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 27.10.2022 um 10.30 UTC

SWa, Übergang zu SWz: Zunächst noch außergewöhnlich mild bis warm. Zu
Monatswechsel unbeständiger und Temperaturrückgang, aber für die Jahreszeit
weiterhin zu mild. Bis auf Sturmböen au einigen Gipfeln kaum markante
Wettererscheinungen.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 03.11.2022

Pünktlich zum Monatswechsel deutet sich eine Umstellung der Großwetterlage über
Mitteleuropa an, und zwar weg von der Blockadesituation über dem östlichen
Mitteleuropa, die uns bis Montag noch einen extrem milden und antizyklonal
geprägten Wetterabschnitt beschert, hin zu einer mehr und mehr zyklonalen
Südwestlage, wobei sich der blockierende Rücken lediglich nach Osteuropa
verlagert. Das verhindert zunächst einmal markante Trogpassagen mit
entsprechenden Luftmassenwechseln, und somit bleibt es, trotz etwas
zurückgehender Temperaturen im Laufe der Woche, für die Jahreszeit weiterhin zu
mild.

Am Sonntag und zunächst auch noch am Montag überwiegt der antizyklonale Einfluss
aber noch deutlich.
Die Achse des breit angelegten, vom westlichen bzw. zentralen Mittelmeerraum
über Mitteleuropa und Skandinavien bis ins nördliche Nordmeer reichenden
Höhenrückens verlagert sich bis Montag bereits nach Osteuropa. Nach Passage
eines flachen Kurzwellentroges, der am Sonntag von den Britischen Inseln bis
Montag nordostwärts über die nördliche Nordsee und Norwegen/Schweden zur Ostsee
zieht, kann sich der Rücken über Mitteleuropa, der Nordsee und Südskandinavien
noch einmal etwas regenerieren.
Das mit dem Trog korrespondierende Frontensystem streift in der Nacht zum bzw.
am Montag lediglich den Westen und Norden mit etwas dichteren Wolken und
vielleicht ach ein paar Regentropfen, ansonsten dominiert aber der Einfluss der
von Ost- bzw. Südosteuropa bis nach Mitteleuropa reichenden Hochdruckzone. Somit
scheint am Sonntag außerhalb (vor allem in den Niederungen Süddeutschlands teils
beständiger) Nebel- und Hochnebelfelder vielerorts die Sonne, lediglich im
Norden und Nordwesten bleibt es bewölkt. Mit 13 bis 17 Grad in 850 hPa ist es
außergewöhnlich mild bis warm, mit Höchstwerten von (außerhalb der
Nebelregionen) 19 bis 24 Grad, in einigen Lee-Lagen kann es durchaus noch einmal
einen Sommertag (über 25 Grad) geben. Erneut, wie am Vortag, könnten einige
Temperaturrekorde ins Haus stehen. Etwas kühler bleibt es lediglich in
Küstennähe und natürlich dort, wo der Nebel nicht aufgeht.
Auch am Montag wird es noch einmal außergewöhnlich mild bis warm, allerdings
gehen die 850 hPa-Temperaturen mit Annäherung des Frontensystems bereits etwas
zurück, zudem nimmt die Neigung zu Nebel/Hochnebel im Südosten ein wenig zu und
es bleibt im Norden und Westen insgesamt bewölkter. Dennoch werden in vielen
Regionen die 20 Grad erneut überschritten.
Ab der Nacht zum Dienstag steht dann der oben angesprochene Wetterumschwung ins
Haus. Ein Kurzwellentrog verlagert sich samt korrespondierenden Bodentief von
den Britischen Inseln in der Nacht zum und am Dienstag über West- und
Norddeutschland nach Südschweden bzw. zur südlichen Ostsee und Nordpolen, tropft
dort ab und erreicht als Cut-Off Mittwochfrüh das Baltikum, wo es sich,
inzwischen in den Rücken gelaufen, auffüllt.

Ihm folgt ein weiterer, nun etwas markante ausgeprägter Kurzwellentrog, der am
Mittwoch zunächst auf ähnlicher Zugbahn wie sein Vorgänger über die Nordsee und
Nordwestdeutschland nach Südskandinavien zieht, dann bis Donnerstagfrüh aber
weiter Richtung Mittelschweden.

Die Kaltfront des mit dem Kurzwellentrog vom Dienstag korrespondierende
Bodentiefs überquert bis Dienstagnachmittag das Vorhersagegebiet ostwärts, wobei
sie über Süddeutschland ins sich rückseitig des Troges wieder verstärkende
Bodenhoch läuft und sich dort auflöst. Für nennenswerte Niederschläge reicht es
wohl nur im Norden und Westen und am ehesten im Zeitraum Dienstag 00 bis 12 UTC.
Die 850 hPa-Temperatur geht allerdings auf Werte zwischen 5 Grad im Norden und 9
Grad im Süden zurück, so dass die 20 Grad lediglich in einigen Lee-Lagen bei
ausreichend Sonnenschein erreicht werden und ganz im Norden kaum mehr die 15
Grad. Auf einigen Gipfeln kann es mit Frontpassage eventuell Sturmböen geben.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich das Bodenhoch über Süddeutschland rasch
nach Ost- bzw. Südosteuropa und mit Annäherung des folgenden Troges setzt
kräftiger Druckfall ein. Mittwochfrüh erreicht dann die Kaltfront des
korrespondierenden Bodentiefs nördlich von Schottland auf Westdeutschland über,
wobei sich entlang der Front im Lee des Norwegischen Küstengebirges bis
Mittwochabend über Südnorwegen ein Teiltief entwickelt, wodurch sich die
Frontpassage beschleunigt und diese bereits am Nachmittag den Großteil des
Vorhersagegebietes überquert hat. Ähnlich wie ihr Vorgänger bleibt sie über dem
äußersten Süden erneut „hängen“ und schwächt sich bei vorübergehendem
Druckanstieg ab.
Erneut hält sich nach Lesart des IFS die Niederschlagsaktivität der Front sehr
in Grenzen, nur gebietsweise werden um die 5 l/qm in 12 Stunden simuliert, vor
allem im Osten und Südosten bleibt es gebietsweise auch trocken.
Lediglich ICON lässt die Front ins Schleifen geraten und hat von BaWü bis nach
Westsachsen stellenweise 10 bis 15 l/qm auf der Agenda. Mit Frontpassage kann es
aber, je nach Stärke des Bodentiefs, neben einigen Mittelgebirgsgipfeln
eventuell auch im Nordseeumfeld vorübergehend stürmische Böen aus Südwest geben.
Mit Werten zwischen 2 Grad im Norden und 8 Grad im Alpenvorland wird es noch
etwas frischer als am Vortag, dennoch reicht es bei teils gut durchmischter
Luftmasse noch immer für Höchstwerte zischen 12 und 18 Grad. ICON simuliert die
Trogpassage jedoch markanter und lässt die erwärmte Polarluft (1 bis 4 Grad in
850 hPa) bis nach Süddeutschland vorankommen.

Am Donnerstag simuliert der aktuelle IFS-Lauf einen markanten Trogvorstoß über
West- und Südwesteuropa. Mit bzw. nach Durchschwenken eines flachen Höhenkeiles
dreht die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet somit auf Südwest bis Süd und
vor allem nach Süddeutschland gelangt vorübergehend wieder deutlich mildere Luft
(850 hPa zwischen 6 Grad im Norden und 13 Grad im Alpenvorland um 18 UTC).
Allerdings ziehen mit Annäherung eines Frontensystems im Tagesverlauf bereits
dichtere Wolkenfelder auf, lediglich im Süden und Osten gibt es noch längere
sonnige Abschnitte. Im Westen und Nordwesten setzen nachmittags bzw. abends
schauerartige Regenfälle ein, vereinzelt kann es auch Gewitter geben. In der
Nacht zum Freitag hat der aktuelle IFS-Lauf ein Teiltief über der Mitte des
Vorhersagegebietes auf der Agenda, welches sich entlang der Kaltfront
entwickelt, und entsprechend vor allem im Westen auch recht ergiebige
Niederschläge.

In der erweiterten Mittelfrist, bis zum Wochenende, tropft der Höhentrog ab und
nistet sich als mehrkerniges Höhentief über dem westlichen Mitteleuropa und
Südwesteuropa bzw. über dem westlichen Mittelmeerraum ein. Auch im Bodenfeld
etabliert sich ein mit mehreren, sich um einen gemeinsamen Schwerpunkt
verlagernden Drehzentren ausgestatteter Tiefdrucksystem über Mitteleuropa,
während sich über dem Nordmeer und Skandinavien ein Hochdruckgebiet verstärkt
(erneut also ein klassisches Blocking). Somit stünde ein unbeständiger
Witterungsabschnitt mit häufigen Niederschlägen ins Haus bei weiter
zurückgehenden Temperaturen, die am übernächsten Wochenende bei 850 hPa-Werten
im unteren einstelligen Bereich fast Normalwerte für die Jahreszeit erreichen
könnten.
Diese Lösung stellt aber wohl eher eine Ausnahme dar.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Insgesamt erweist sich der aktuelle IFS-Lauf als konsistent zu seinen beiden
Vorgängern. Den allmählichen Übergang von einer antizyklonalen zu einer
zyklonalen Südwestlage haben alle Läufe auf der Agenda.
Kleinere Differenzen ergeben sich bzgl. der Verlagerung bzw. Phase der
durchschwenkenden Kurzwellentröge sowie deren Intensität.
Von lauf zu Lauf wurde die Passage des Kurzwellentroges am Dienstag etwas
markanter simuliert, während der aktuelle Lauf den Trog in der Nacht zum bzw. am
Mittwoch progressiver, weiter nördlich und flacher auf der Agenda hat als vor
allem der gestrige Lauf von 00 UTC.
Von Wetterrelevanz sind diese Unterschiede aber kaum, da sich die
Niederschlagstätigkeit allgemein in Grenzen hält und alle Läufe ein ähnliches
Temperaturniveau simulieren.
Ab Donnerstag werden die Differenzen dann aber doch deutlicher. Beide gestrigen
Läufe lassen den Richtung Westeuropa vorstoßenden Höhentrog unter allmählichem
Konturverlust auch über Mitteleuropa hinwegschwenken und deuten am übernächsten
Wochenende mit einem Trogvorstoß über dem Ostatlantik knapp östlich der
Britischen Inseln ein Rückdrehen der Höhenströmung über Mitteleuropa auf Südwest
an.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Ähnliches wie bei der Konsistenzbetrachtung gilt beim Vergleich der
deterministischen Läufe der aktuell vorliegenden Globalmodelle. Bis Montag
gibt’s keine nennenswerten Modellunterschiede und auch di Trogpassage am
Dienstag wird von allen Läufen ähnlich simuliert, wobei IFS diesen etwas
markanter als die anderen Modelle auf der Agenda hat.
Den Trog in der Nacht zum bzw. am Mittwoch simuliert dagegen ICON etwas stärker
ausgeprägt als IFS (und auch UKMO), was aber auf den Wetterablauf kaum
Auswirkungen haben dürfte.
Nach Lesart des GFS dagegen amplifiziert er bereits über GB deutlich stärker und
kommt entsprechend langsamer voran, so dass er erst in der Nacht zum Donnerstag,
also etwa 12 bis 18 Stunden später, auf das Vorhersagegebiet übergreift.
Den vom IFS simulierten Abtropfprozess in der erweiterten Mittelfrist haben dann
weder GFS noch GEM auf der Agenda. Beide lassen, ähnlich wie die gestrigen
IFS-Läufe, den Höhentrog bis zum Samstag Mitteleuropa passieren.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Auch, wenn sich zu Beginn der Mittelfrist, im Zeitraum 72 bis 96 Stunden, die 49
ENS-Member, der Haupt- und Kontrolllauf auf 5 Cluster (alle
Großwetterlagenregime „Blocking“) verteilen, so unterscheiden sich diese für
Mitteleuropa erwartungsgemäß kaum.

Der Zeitraum 120 bis 168 Stunden hat dann zwar lediglich drei Cluster auf der
Agenda (jeweils 24, 18 und 9 Membern Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 1), doch
deuten sich erste kleinere Unterschiede, jetzt auch Mitteleuropa betreffend, an.
Der blockierende Rücken wird nach Osteuropa abgedrängt und zumindest nach Lesart
des Cluster 3 auch etwas abgebaut. Das hat zunächst kaum Auswirkungen,
allerdings wird die Trogpassage am Mittwoch weniger progressiv, dafür markanter
gezeigt als in Cluster 1 und 2, also ähnlich wie im aktuellen GFS-Hauptlauf.

In der erweiterten Mittelfrist (192 bis 240 Stunden) werden die Differenzen dann
substantieller. Erneut verteilen sich die Läufe auf drei Cluster. Cluster 1 (20
Member) lässt den Höhenrücken weit nach Osten, bis zum Ural abdrängen,
gleichzeitig kommt es über dem Nordatlantik relativ weit südlich zu einer
markanten Austrogung, in weiterer Folge kann die Frontalzone dann auch auf
Mitteleuropa übergreifen (Großwetterlagenregime zunächst NAO negativ, später NAO
positiv). Das markiert den Übergang zu einer unbeständigen und eventuell auch
stürmischen zyklonalen Westlage.

Cluster 2 (18 Member, inklusive Kontrolllauf) markiert auch den Übergang zu
einer Westlage, allerdings etwas nach Norden verschoben mit antizyklonalem
Einschlag vor allem in Süddeutschland.

Cluster 3 (13 Member, inklusive Hauptlauf) lässt dagegen das „Blocking“ wieder
aufleben, dieses Mal allerdings im Bereich Nordmeer-Fennoskandien. Ähnlich wie
im Hauptlauf wird somit ein Cut-Off über Westeuropa erzwungen, das sich
allmählich südostwärts verlagert. Eine unbeständige und eher kühle
Witterungsphase stünde ins Haus.

Anhand der Schar der Kurve der 850 hPa-Temperatur in den „Rauchfahnen“
ausgewählter Gitterpunkte im Vorhersagegebiet wird rasch klar: Die extreme
Wärmeperiode geht zu Beginn kommender Woche zu Ende. Der Temperaturrückgang
erfolgt auch (mit nochmals kleinem „Warmlufteinschub trogvorderseitig in der
Nacht zum Mittwoch) in einem relativ engen Spread.
Ab Donnerstag wird de Spread dann aber deutlich größer, was angesichts der
weiter oben beschriebenen Entwicklungen so zu erwarten ist. Mit der Austrogung
und dem Cut-Off über Westeuropa deuten einige wenige Läufe, so auch der
Hauptlauf, vor allem für die Südhälfte am Donnerstag nochmal einen kurzen, aber
deutlichen Warmlufteinschub an, während das Gros der Läufe am Abwärtstrend
festhält. Dem folgt dann ab Freitag auch wieder der Hauptlauf, so dass der
Spread insgesamt dann wieder etwas kleiner wird.
Die Niederschlagssignale nehmen allgemein vor allem ab Mittwoch allmählich zu.

FAZIT:
Bis einschließlich Mittwoch steht die Wetterentwicklung im Großen und Ganzen
außer Frage, die milde Südwestlage wird allmählich zyklonaler.
Wie es ab Donnerstag weitergeht, steht und fällt mit einem eventuellen Cut-Off
über Mitteleuropa und einem erneuten Blocking im Bereich Nordmeer-Fennoskandien.
Diesem Szenario folgen aber neben dem Hauptlauf nur wenig ENS-Member und auch
die deterministischen Läufe der übrigen Globalmodelle tendieren eher Richtung
West bzw. Südwest.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Die außergewöhnliche Wärmeperiode neigt sich ihrem Ende entgegen. Vor allem für
den Sonntag deutet EFI aber noch einmal Temperaturen an, die ich am oberen Rand
des zu dieser Jahreszeit möglichen bewegen. Mögliche Rekorde dürften aber wohl
bereits am Samstag erreicht werden.
Auch danach bis Wochenmitte bzw. Donnerstag bleibt es für die Jahreszeit zu
mild, allerdings auf deutlich gemäßigterem Temperaturniveau.

Ansonsten stehen aber kaum signifikante Wettergefahren auf der Agenda.
Mit den Trogpassagen am Dienstag und Mittwoch kann es auch einigen
Mittelgebirgs- und Alpengipfeln vorübergehend stürmische Böen oder Sturmböen aus
dem Sektor Süd bis West geben. Im Nordseeumfeld sind dann stürmische Böen
kurzzeitig nicht ausgeschlossen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, ab Donnerstag wohl eher GFS/GEM wegen Außenseiterlösung IFS.
MOSMIX: Am So/Mo Tmax in den Regionen mit Dauernebel eher etwas zu hoch.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff