S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 26.10.2022 um 10.30 UTC

Zunächst abgesehen vom Norden und Nordosten freundliches und sehr mildes
Herbstwetter. Ab Montag unbeständiger und langsam etwas kühler.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 02.11.2022

Analog zu meinen gestrigen Beschreibungen bleibt die Wetterlage Südwest Trumpf.
Die hauseigene Klassifikation nach P. James lässt dabei auch das a für
antizyklonal dominieren. Allerdings kann man dieses zumindest beim Blick auf
Mittel- und Westeuropa nicht vollständig unterstützen, da die Kurzwellentröge
samt korrelierender Bodentiefs durchaus immer wieder zyklonale
Strömungsbedingungen hervorrufen. Insgesamt hat sich die
Auftrittswahrscheinlichkeit von der Wetterlage SWa (Südwest antizyklonal) im
Vergleich zum gestrigen Dienstag noch weiter erhöht und weiter in die Zukunft
geschoben.

Grundsätzlich zeigt der aktuelle IFS-Lauf analog zum gestrigen 00-UTC-Lauf des
IFS also eine deutliche Rücken-Trog-Struktur, die sich wiederholt regeneriert
und im Verlauf nur langsam ostwärts verlagert. Entsprechend wird bis in die
kommende Woche hinein eine signifikante meridionale Komponente ausgegeben.

Auch heute ist der Samstag schnell erzählt und aus Wettersicht als recht
langweilig einzustufen. Denn im Vergleich zu den gestrigen Berechnungen hat sich
kaum etwas getan. Weiter ist ein Rücken wetterwirksam, der sich mit seiner Achse
vom nördlichen Mittelmeerraum über die Alpen hinweg bis in die nördliche Nordsee
erstreckt und bodennah eine Hochdruckzone von Südfrankreich und dem Golf von
Genua bis über das Schwarze Meer ostwärts aufspannt. Deutschland liegt auf der
Westflanke des Hochs in einer mit schwachen kurzwelligen Anteilen durchsetzten
Strömung. Allerdings wird der Nordwesten und Norden von einem Frontensystem
tangiert, welches sich ausgehend vom Zentraltief westlich von Irland mit der
Strömung Richtung Skandinavien verlagert. Da in der Höhe aber überwiegend
antizyklonale Bedingungen vorherrschen, können die frontogenetischen
Hebungsprozesse keine PVA-Hilfe erwarten. Entsprechend lässt auch die
Wetteraktivität zu wünschen übrig. Dennoch sind vor allem im Norden und
Nordosten gebietsweise ein paar schauerartige Niederschläge im Programm.

Am Sonntag kommt dann ein neuer Kurzwellentrog ins Spiel, der von Westfrankreich
über England hinweg in die Nordsee zieht und am Boden mit einem Randtief samt
Frontenzug harmoniert. Durch die WLA wird der Rücken auf der Ostflanke, entgegen
der gestrigen Vorgaben, nicht abgehobelt, sondern kann seine Amplitude sogar
noch vergrößern. Allerdings schafft es der Kurzwellentrog den Rücken etwas nach
Osten abzudrängen. Noch schafft es aber der Frontenzug nicht auf Deutschland
überzugreifen, sodass der Rücken das Wetter noch mitbeeinflusst und ruhig
gestaltet.
Über die Temperaturen am Wochenende wurde ja gestern auch schon ausreichend
geschrieben. Durch die Südwestdröhnung wird sehr milde Subtropikluft nach
Deutschland geführt, sodass die Temperaturen in 850 hPa am Samstag und Sonntag
zwischen 9 und 19 Grad liegen. Resultierend sind Höchstwerte von 16 bis 28 Grad
möglich. Ok, die Spitzen liegen an den Alpen und sind teilweise noch durch
schwachen Föhn befeuert. Aber auch sonst sind Werte bis 26 Grad im Süden zu
erwarten. Selbst an der See sorgen Höchstwerte zwischen 16 und 20 Grad für einen
angenehm temperierten Herbsttag.

Am Montag schwenkt ein weiterer Kurzwellentrog von der Iberischen Halbinsel zu
den Britischen Insel und nachfolgend in die Nordsee und drängt hierzulande den
Rücken samt Bodenhoch nun deutlich ostwärts ab. Das zum Kurzwellentrog gehörende
Bodentief verlagert sich bei weiterer Entwicklung von Benelux bzw.
Westdeutschland bis nach Südschweden. Dabei greift dessen Kaltfront auf der
Südflanke auf Deutschland über und schiebt die sehr milde Luft in den Südosten
und Osten des Landes. Vor allem bodennah lösen damit zyklonale
Strömungsbedingungen den Hochdruckeinfluss ab. Immer dann, wenn PVA gut mit den
frontogenetischen Prozessen interagiert, werden die frontalen Niederschläge
aktiviert oder intensiviert. Entsprechend sind tagsüber im Westen und
Nordwesten, nachts im Südwesten bis in die Mitte schauerartige Niederschläge zu
erwarten. Somit passen die Hebungsprozesse nun deutlich besser als in den
gestrigen Läufen, wo allenfalls Wolken produziert wurden. Mit der Kaltfront
gehen auch die Temperaturen etwas zurück und liegen auf 850 hPa nur noch
zwischen 5 und 13 Grad. Dies macht sich auch bei den Höchstwerten bemerkbar, die
leicht auf Werte von 15 bis 23 Grad sinken.

Am Dienstag kann ein neuer, aber recht schwach ausgeprägter Kurzwellentrog, der
Deutschland nordostwärts überquert, den Rücken weiter nach Osten schieben.
Nachfolgend wird auch die kühlere Meeresluft nach Osten advehiert. In der Nacht
nähert sich dann ein markanter Kurzwellentrog an, dessen Höhentief und
entsprechendes Bodentief zwischen Irland und Schottland liegen. Ausgehend von
diesen macht sich auch ein teils okkludierter Frontenzug auf Deutschland ins
Visier zu nehmen. Allerdings schaffen es die durch frontogenetische und PVA
gestützten Niederschläge von Frankreich und Benelux her noch nicht über die
Bundesgrenze. Somit ist es zunächst nur der vorangegangene schwache Trog samt
bodennaher Luftmassengrenze, die vom Südwesten Deutschlands bis in den Osten
schauerartige Regenfälle zu produzieren.

Der Mittwoch steht dann voll im Zeichen des knackigen Kurzwellentroges, der den
Westen und Norden überquert. Mit der auf West drehend Strömung auf der Südflanke
wird schließlich rückseitig der Kaltfront signifikant kühlere Luft ins Land
transportiert. Resultierend gesellt sich auch noch eine diabtische Komponente zu
den gut ausgeprägten Hebungsantrieben wie PVA und Front. Daher sind im Umfeld
der Kaltfront teils kräftige, schauerartig verstärkte Regenfälle möglich, die
sich über ganz Deutschland ausbreiten. Die Temperaturen auf 850 hPa sinken
gleichzeitig auf 1 bis 4 Grad, die etwa Höchstwerte von (nur noch) 13 bis 20
Grad induzieren.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die großskaligen Strukturen der vergangenen IFS-Läufe werden grundsätzlich
vergleichbar abgebildet. Allerdings treten schon ab Sonntag im Detail teils
größere Abweichungen auf. Unterschiede gibt es vor allem bei der Verlagerung
bzw. Phase von den Kurzwellentrögen, die mit der Strömung nordostwärts geführt
werden. Sieht man von einer geringen Phasenverschiebung sowie kleinen
Abweichungen bei der Intensität der Kurzwellentröge ab, zeigt der aktuelle
00-UTC-Lauf konsistent die Lösung des gestrigen 00-UTC-Laufes. Festzuhalten wäre
dabei, dass die neusten Berechnungen eine etwas nach Osten verschobene
Rücken-Trog-Struktur aufweisen. Entsprechend treten potentielle Niederschläge im
Vergleich zum gestrigen 00-UTC-IFS-Lauf zeitlich abweichend auf.
Der gestrige 12-UTC-Lauf beschreibt mit grundsätzlich zonaleren Geopotential-
und Luftdruckverteilungen eine Ausreißerlösung, pendelt sich zum Ende der
betrachteten Periode jedoch wieder auf die Lösungen der 00-UTC-Läufe ein*

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Über den gesamten mittelfristigen Zeitraum zeigen auch andere Globalmodelle
(ICON, GFS, UKMO, GEM) zum IFS vergleichbare Geopotential- und
Luftdruckstrukturen. Abweichungen gibt es allerdings bei der Phasenverschiebung
und auch bei der Amplitude der Kurzwellentröge, was schließlich auch Einfluss
auf die Struktur und Lage des vorderseitigen Rückens hat. Ab Dienstag sind die
Kurzwellentröge von IFS und ICON etwas schneller als beim GFS unterwegs. Je nach
Phasenverlagerung greifen auch die Niederschläge zeitlich versetzt auf
Deutschland über, sodass auf Basis des Modellvergleiches keine genaue zeitliche
Einordnung dieser möglich ist.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen verschiedener Städte in Deutschland zeigen abgesehen vom Norden
bei einem geringen Spread der Temperatur in 850 hPa und des Geopotentials in 500
hPa bis einschließlich Sonntag eine gute Vorhersagegüte. Im Norden spreizt sich
der ENS-Raum der Temperatur schon ab Samstag durch Ausreißen hin zu kühleren
Verhältnissen auf. Ab Montag nehmen dann die Unsicherheiten im Ensemble
insgesamt stetig zu. Der recht gleichbleibende Spread von rund 12 bis 14 Grad
bzw. 20 bis 25 hPa zeigt mit der Mehrzahl der Member einen Trend zu kühleren
Temperaturen und tieferen Geopotential. Haupt- und Kontrolllauf liegen meist im
Bereich der höchsten Auftrittswahrscheinlichkeit. Ab Montag nimmt auch die
Anzahl der Mitglieder zu, die signifikante Niederschläge ausweisen. Am Mittwoch
besteht Einigkeit über teils kräftige Regenfälle.

Bei der Einordnung der Wetterlage werden im Zeitraum +72 bis +96h insgesamt vier
Lösungen benötigt, um die Unsicherheiten im ENS-Raum ausreichen zu erklären.
Dabei sind alle Cluster dem Schema Blocking zugeordnet. Unterschiede zwischen
den Clustern gibt es analog zu den gestrigen Ausführungen hauptsächlich bei den
potentiellen Kurzwellentrögen, deren Amplitude sowie Phase in der Strömung
leicht abweichend dargestellt wird. Allerdings sind diese für das Wetter in
Deutschland zunächst wenig bestimmend. Haupt- und Kontrolllauf befinden sich
dabei weiter im ersten Cluster.
Im Zeitraum von +120 bis +168h werden schließlich sechs Cluster benötigt, um die
Unsicherheiten im ENS-Raum vollständig zu beschreiben. Dabei sind aber weiter
fast alle Lösungen dem Schema Blocking zugeordnet. Lediglich die Cluster 1 sowie
4 bis 6 wechseln zum Ende des Zeitraums in das Schema einer pos. NAO. Der Grund
ist eine deutliche Zonalisierung der Strömung auf dem Atlantik. Ansonsten
variiert neben den Abweichungen bei den Kurzwellentrögen und deren Amplitude,
Lage und Phase analog zum vorangegangenen Zeitraum nun auch die Ausprägung des
Rückens. Dieser kann nun ebenfalls bei der Wellenlänge, Ausrichtung sowie
Amplitude geringe Unterschiede aufweisen. Übereinstimmend gelangt Deutschland
aber mehr oder weniger deutlich auf die Trogvorderseite in den Einflussbereich
durchschwenkender Kurzwellentröge. Der haupt- und der Kontrolllauf befinden sich
in Cluster 4, der Cluster 1 stützt, aber bei den Trögen eine etwas geringere
Amplitude aufweist.
In der erweiterten Mittelfrist beschreiben drei Cluster die Unsicherheiten im
ENS-Raum. Die ersten beiden Cluster sind dabei im Schema einer pos. NAO
angesiedelt, wobei Cluster 2 am Ende sogar zu den Strukturen einer neg. NAO
driftet. Cluster 3 bleibt hartnäckig beim Blocking. Der Haupt- und der
Kontrolllauf sind im ersten Cluster einsortiert.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Von der Probabilistik gibt es keine Hinweise auf markante Wetterereignisse.
Geringe Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen sind allenfalls über Nordsee
sowie in Gipfellagen zu verzeichnen.

Anders sieht es bei den Temperaturen aus. Der EFI zeigt bis einschließlich
Montag für nahezu ganz Deutschland im Vergleich zum Modellklima deutlich
überdurchschnittliche Temperaturen. Vielerorts bewegen sich die Höchstwerte für
die dritte Oktoberdekade auf Rekordniveau.

Basis für Mittelfristvorhersage
ICON-EPS, IFS-EPS, TT auch MosMix plus geringem Aufschlg, anfangs auch det.
ICON/IFS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel