S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 23.10.2022 um 10.30 UTC

Meist Hochdruckeinfluss, sehr mild, kaum Wettergefahren.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 30.10.2022

Mittwoch … zu Beginn des Mittelfristzeitraums wölbt sich ein umfangreicher
Rücken über Mitteleuropa auf. Begrenzt wird dieser zum einen durch einen
atlantischen Trog westlich von Irland und zum anderen durch einen schwächer
ausgeprägten Trog über der Ukraine. Allerdings lohnt es sich den
mitteleuropäischen Rücken etwas zu genauer zu betrachten. Dieser ist in 500 hPa
besonders über Deutschland deutlich abgeflacht bzw. es ist sogar eine
Kurzwellentrog ersichtlich, der in 300 hPa noch etwas besser ausgeprägt ist. Am
Boden steht dieser in Verbindung mit einer Warmfront, die das Vorhersagegebiet
im Laufe des Tages überquert. Besonders im Süden ist daran geringer Regen
gekoppelt, der im Laufe des Nachmittags und am Abend rasch abklingt. In den
meisten Regionen wird daher eine Mischung aus etwas Sonne und Wolken erwartet,
die Temperatur steigt durch die einsetzende WLA besonders im Südwesten (dort
auch durch stärkere Sonnenunterstützung) und Teilen des Westens verbreitet über
20 Grad, im Norden und bei längerem Regen bleiben diese etwas unter dieser
Marke. In den teils trüben küstennahen Gebieten sind es meist knapp über 15
Grad. Der Wind spielt nur auf dem Brocken eine wesentliche Rolle, dort sind
stürmische Böen aus Südwest möglich. Die Nacht zum Donnerstag bleibt frostfrei,
im Norden werden sogar zweistellige Tiefstwerte erwartet.

Donnerstag und Freitag … geht es in dieser Tonart weiter. Der mächtige Rücken
vergrößert seine Amplitude deutlich und reicht zunehmend bis in den Süden
Skandinaviens. Die Achse kippt in Richtung Baltikum, damit kommt Deutschland auf
die Vorderseite des mächtigen atlantischen Langewellentroges. Dieser greift weit
in den Süden aus, damit setzt von Frankreich her massive Warmluftadvektion ein.
Am Donnerstagnachmittag sind im Südwesten Deutschlands in 850 hPa bereits mehr
als 16 Grad möglich (auf Rügen sind es um 6 Grad), am Freitag wird diese Marke
fast landesweit erreicht. Zwar sind solche Werte Ende Oktober in Deutschland bei
Föhnlagen in Südbayern durchaus typisch, in dieser Ausdehnung bis an die
küstennahen Gebiete durchaus bemerkenswert. Dadurch ergeben sich gewisse
Schwächen bei den MOS-Verfahren, die die Temperaturen am Boden wahrscheinlich
etwas unterschätzen. Dazu kommt allerdings die Problematik der bodennahen
Grenzschicht (zäher Nebel, Hochnebel) und die noch unsicheren genauen
Bewölkungsverhältnisse. Ein möglicher Sommertag steht regional aber durchaus in
Diskussion, vor allem im Südwesten und Süden sowie bei möglichen
Überströmungseffekten. Fast überflüssig zu erwähnen ist, dass an Nachtfrost
weiter nicht gedacht werden muss. Das Warnwesen kann sich komplett auf den
Brocken konzentrieren, der weiterhin einzelne Sturmböen aus Südwest aufweisen
wird. In der Nacht zum Samstag macht sich schließlich der Trog (inkl.
kurzwelligem Anteil) über dem Nordwesten bemerkbar. Eine schwache Kaltfront
bringt dort dichtere Bewölkung und ein paar Tropfen Regen.

Samstag … gerät diese Kaltfront schnell unter sich wieder verstärkenden hohen
Luftdruck am Boden, sodass der leichte Regen rasch abklingt. In 500 hPa wird der
Norden durch einen flachen Kurzwellentrog beeinflusst, im Süden bleibt es
unverändert beim hohen Geopotential. Dort ist auch weiterhin die wärmste Luft
zugegen mit Werten zwischen 15 und 16 Grad in 850 hPa. Genau dort, im südlichen
Alpenvorland, wird dabei auch der meiste Sonnenschein erwartet. Sonst scheint
diese in mittleren und höheren Lagen, sonst kann sich stellenweise zäher Nebel
und Hochnebel halten. Am Sonntag festigt sich der hohe Luftdruck über
Mitteleuropa, daher wird keine massive Witterungsveränderung erwartet.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des aktuellen IFS-Laufs ist als gut zu bezeichnen. Die Aufwölbung
des Rückens ab Wochenmitte wird von allen relevanten Vorläufen so gerechnet. Der
leichte zyklonale Einfluss im Nordwesten in der Nacht zum Samstag wird nun etwas
weniger stark simuliert als beim gestrigen 00-Lauf. Die in der gestrigen
synoptischen Übersicht angesprochene „Überraschung“ kann wahrscheinlich nicht
eingelöst werden, der zum Sonntag auf den Nordwesten übergreifende Trog (und
anschließendes Höhentief über Mitteleuropa) wird nun nicht mehr gerechnet. Wir
müssen uns stattdessen mit der Prolongierung der hochdrucklastigen, trockenen
und sehr milden Witterung so langsam anfreunden (zumindest nach Lesart des IFS).

Vergleich mit anderen globalen Modellen

ICON und GFS stützen im Wesentlichen die Aussagen des IFS. Unsicherheiten
ergeben ist noch durch mögliche kurzwellige Anteile, die den Rücken im Norden
umlaufen. Außerdem greift die stärkste WLA bei ICON nicht soweit nach Norden aus
als bei IFS, das allerdings mit GFS einen Mitstreiter hat. Damit propagiert ICON
für den Norden leicht erhöhte zyklonale Einflüsse mit teils dichteren Wolken und
etwas mehr Tropfen Regen, im Süden Deutschlands sind die Vorhersagen konsistent.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

EPS:
Die in sich konsistenten Vorhersagen des IFS drücken sich auch durch die
Ensembles aus. Die Rauchfahnen für verschiedene Orte in Deutschland zeigen sehr
eng umrissene Verläufe des ansteigenden Geopotentials bis zum Freitag. Dem folgt
die Kurve der Temperatur in 850 hPa, die ebenfalls einen geringen Spread
aufweist. Beide Parameter erreichen dabei ihren Höchstwert am Freitag (im Süden
T 850 hPa sogar nahe 18 Grad). Dieser Tag markiert auch den Wechsel von der sehr
sicheren Vorhersage zu einer größeren Streuung. Besonders im Norden nimmt der
Einfluss von Randtrögen zu, die naturgemäß sehr unterschiedlich gerechnet
werden. Aber auch im Süden nimmt die Streuung zu niedrigerem Geopotential
deutlich zu. Die Luftmassentemperatur erbt diese Unsicherheiten vor allem im
Norden, im Süden scheint es auf einen langsam abfallenden Trend hinauszulaufen.
Allen Membern ist aber gemein: kaum Niederschläge in der (erweiterten)
Mittelfrist.

CLUSTER:
+120 … +168: So eindimensional wie die EPS sind auch die Clusteranalysen. Es
gibt zwar zwei Cluster, die aber für Mitteleuropa zumeist zu einem Cluster
zusammengefasst werden können. Alle Zeitschritte sind dem Muster Blocking
zuzuordnen. Für Deutschland läuft vieles auf den Einfluss eines umfangreichen
Rückens hinaus, der zum Sonntag im Norden eventuell durch einen Kurzwellentrog
unter Druck kommt.

+192 … +240: Die Clusteranzahl erhöht sich nun auf fünf, wobei das weit
dominante Muster weiterhin Blocking ist. Die Quintessenz daraus: bis in die
erweiterte Mittelfrist deutlich positive Geopotentialanomalien über dem
(nördlichen) Mitteleuropa. Ein durchgreifender Witterungswechsel (bzw. Änderung
des Strömungsmusters) ist damit im restlichen Oktober fast ausgeschlossen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

WIND:
Auf dem Brocken häufig, in den Gipfellagen der Alpen zeitweise stürmische Böen
oder Sturmböen aus Südwest.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOS-Mix (teils verstärkt MOS-IFS)

VBZ Offenbach / Mag.rer.nat. Florian Bilgeri