S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 19.10.2022 um 10.30 UTC

Leicht wechselhaft und mild bis sehr mild.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 26.10.2022

Die Mittelfrist bleibt zwischen Nordpazifik und Europa weiterhin geprägt von
ungewöhnlich weit nach Süden ausgreifenden Rossby-Wellen, sodass die milde bis
sehr milde Witterung in Deutschland weiter andauert.

Betrachtet man die Hovmöller-Diagramme der meridional wehenden (v) Winde im
Bereich der Tropopause (gemittelt zwischen 30 und 60 Grad Nord) von GEFS bzw.
das Geopotenzial in 500 hPa (gemittelt zwischen 35 und 60 Grad Nord) vom
IFS-ENS, so fallen weiterhin agile Rossby-Wellenzüge auf, die vom Nordpazifik
ausgehend über Nordamerika/Kanada in Richtung Nordatlantik/Europa geführt
werden. Ausgelöst wurden diese durch mehrere aus Sibirien in Richtung
Nordpazifik ziehende kompakte und dynamische sogenannte „Polarwirbel entlang der
Tropopause, TPVs“, die mit einem ausgeprägten Nordpazifik Jet interagierten und
die dynamische Wellenausbreitun per „downstream development“ stromab forcierten.
Dank dieser stark deformierten Strömungen kam es die vergangenen Tage über in
vielen Regionen zu ungewöhnlichen Temperaturanomalien, wobei wir in Deutschland
auf der warmen Seite liegend zeitweise nochmal spätsommerliche Temperaturwerte
genießen durften.

Insgesamt deutet sich zwar vorerst eine Fortdauer dieser gestörten Strömung an
(innerhalb der jüngsten Vorhersage bis zum Monatsende), allerdings sind die
Rossby-Wellen mittlerweile abgetropft, sodass die Wellenamplitude im Umfeld der
Frontalzone geringer wird, was zunehmend für eine progressivere
Wellenverlagerung spricht. Zudem beginnt sich der Polarwirbel in der
Stratosphäre insgesamt wieder zu stabilisieren, wobei auch die Winde entlang des
Polarnachtjets zwischen Kanada und Eurasien zunehmen. Die deformierte Struktur
dieses Wirbels, die bisher auch im Übergangsbereich zur Stratosphäre die
quasi-stationären Wellen förderte, wird daher immer mehr aufgeweicht und erhält
mehr Symmetrie, sodass auch hier mit einer zunehmend progressiven Verlagerung zu
rechnen ist. Nichtsdestotrotz deutet sich an, dass die Rossby-Wellen bis über
die Mittefrist hinaus mehr oder weniger stark ausgeprägt Bestand haben, zumal
sich über dem Nordatlantik beständiges Abtropfen der sich immer wieder
regenerierenden und leicht retrograd westwärts driftenden Welle andeutet.
Besonders für Teile Spaniens und Frankreich deuten sich bis zum 24. Oktober 2m
Temperaturanomaliewerte von mehr als 6 Kelvin an, während die 3 bis 6 Kelvin
Anomalieblase bis Ende des Monats weite Bereiche Südwest- und Mitteleuropas fest
im Griff hat (siehe jüngste Prognose der „extended range“ Vorhersagen des ECMWF.

Was erwartet uns also während dieser Mittelfrist? Zusammengefasst eine
wechselhafte und milde bis sehr milde Mittelfrist.

Am Samstag, dem Beginn dieser Mittelfrist, bringen noch die Reste einer ostwärts
driftenden Okklusion dem Norden, Osten und Süden dichte Wolkenfelder, aus denen
es zeitweise regnet (örtlich im Osten von einem Gewitter begleitet). Ansonsten
deutet sich ein insgesamt trüber Vormittag mit vielen dichten Wolken- und
Hochnebelfeldern an, wobei die Bewölkung im Tagesverlauf von Südwesten dank
steigendem Bodendruck deutlich auflockert. Vielerorts wird es zwischen
Niederrein und Alpenrand gar ein recht sonniger Nachmittag. Abgesehen von etwas
Sprühregen entlang der zentralen Mittelgebirge (orografisch gehobener Hochnebel)
bleibt es sonst meist trocken.
In der Nacht zum Sonntag passiert der Bodenhochkeil Deutschland rasch ostwärts,
während der Höhenkeil noch dominierend bleibt. Von daher ziehen aus Südwest zwar
immer wieder ausgedehnte Wolkenfelder vorüber, die in Richtung Schwarzwald auch
einzelne Tropfen bringen können, sonst bleibt es jedoch trocken. Allerdings
bilden sich in der feuchten Luftmasse rasch dichte Nebel- und Hochnebelfelder,
die besonders den Süden und die Mitte beeinflussen.

Am Sonntag erfolgt die nächste Frontpassage, dieses Mal in Form einer Warmfront.
Sie erfasst bis zum Abend den Westen und die Mitte mit dichten Wolken und etwas
Regen, während es im Osten und Südosten meist trocken bleibt, bevor die
Niederschläge unter Abschwächung in der Nacht zum Montag auch den Osten
erfassen. Derweilen nähern sich von Westen im Umfeld der Kaltfront neue
Niederschläge, die im Nordwesten teils konvektiv verstärkt ausfallen. Nach Süden
zu verläuft die Nacht zwar meist trocken, jedoch häufig hochnebelartig trüb,
inklusive teils dichter Bodennebelfelder.

Montag und Dienstag bringen in Folge mehrerer Randtiefpassagen über England in
Richtung Nordsee einen wechselhaften Wetterabschnitt, wobei die dichte Bewölkung
postfrontal jeweils stärker auflockern kann. Die noch vorhandenen numerischen
Unschärfen erlauben noch keine Benennung möglicher Niederschlagsschwerpunkte,
wenngleich insgesamt besonders der Norden häufig Regen abzubekommen scheint (da
näher an der Frontalzone und passierenden Frontensystemen liegend).

Zum Mittwoch bringt ein neuer Keil wieder durchgreifend Wetterberuhigung mit der
nun wieder in den Vordergrund rückenden Grenzsichtproblematik (zäh auflösende
Nebel- und Hochnebelfelder). Abseits dieser verspricht der Mittwoch jedoch ein
freundlicher oder gar sonniger Wochentag zu werden.

Die Höchstwerte liegen durchweg bei milden bis sehr milden 16 bis 21 Grad, wobei
die höchsten Werte im Umfeld des Oberrheins erwartet werden. Hier kann es bei
längerem Sonnenschein auch mal 1 oder 2 Grad mehr geben. Die Nächte bleibe mit
Minima von 10 bis 6 Grad frostfrei und auch leichter Frost in Bodennähe tritt
(wenn überhaupt) nur lokal bei längerem Aufklaren auf.

Der Süd- bis Südwestwind weht meist mäßig bis frisch. Über der Deutschen Bucht
treten wiederholt Böen Bft 7 auf und auf dem Brocken werden häufig Sturmböen,
zeitweise auch schwere Sturmböen Bft 9 bis 10 erwartet. Allerdings hängt die
endgültige Windentwicklung z.B. zum Wochenbeginn auch von der Zugbahn und der
Intensität mehrerer Randtiefs ab, die durchaus im Westen auch mal stark böigen
Südwestwind bringen können.

In der erweiterten Mittelfrist bleibt das Wetter mild bis sehr mild mit leicht
wechselhaften Abschnitten, wobei es im Westen und Norden die höchste
Niederschlagswahrscheinlichkeit gibt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die letzten 4 IFS-Läufe zeigen eine einheitliche Entwicklung während dieser
Mittelfrist. Dabei steht tiefem Geopotenzial westlich der Biskaya hohes
Geopotenzial über weiten Bereichen Süd- und Mitteleuropas gegenüber. Wiederholt
passieren kurzwellige Anteile Nordwesteuropa von Südwest nach Nordost und
tangieren auch Deutschland, allerdings regeneriert sich der Keil rückseitig der
Wellen immer wieder zügig.
Unsicherheiten gibt es von Beginn der Mittelfrist an bei der Lage des steuernden
Troges vor Westeuropa, der sukzessive nach Westen gerückt wurde. Dadurch
dominiert im jüngsten IFS-Lauf insgesamt höheres Geopotenzial und schwächt
Fronten/Niederschlagsgebiete über Deutschland stärker ab.
In der mäßigen Südwestströmung werden durchweg milde bis sehr milde Luftmassen
nach Deutschland geführt.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die anderen Globalmodelle sahen und sehen die Entwicklung weiterhin sehr
ähnlich. Erneut gibt es jedoch geringe Diskrepanzen die hauptsächlich
Auswirkungen auf den jeweiligen Niederschlagsbeginn bzw. – dauer haben. Am
Wochenende wird die Höhenkeilpassage von IFS etwas zögerlicher gesehen als das
bei GFS/IFS der Fall ist. Anfang der kommenden Woche zeigen alle Modelle eine
leicht flatternde südwestliche Höhenströmung, platzieren jedoch die jeweiligen
Wellenpassage mit geringer Amplitude zeitlich leicht unterschiedlich. Zur
Wochenmitte baut IFS einen neuen Keil stärker auf als GFS, wobei beim
nordamerikanischen Modell eher eine zyklonal geprägte Südwestströmung dominieren
sollte.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die heutige Clusteranalyse beginnt mit 4 Clustern und einem Überhang des klimat.
Regimes „Blockierung“ mit dem Kontrolllauf im 2. Cluster und dem det. Cluster im

  1. Cluster. Für Deutschland ergeben sich nur geringe Unterschiede, einzig die
    Intensität des Keils wird im C1 etwas schwächer gezeigt als in den restlichen
    Clustern.

In der Folge zeigt das Cluster durchweg nur eine Lösung an, was dank der
dominierenden Wellenstruktur nachvollziehbar erscheint (dennoch könnte diese
Übereinstimmung etwas zu optimistisch ausfallen und zudem werden die zahlreichen
Wellen geringer Amplitude im Cluster nicht erfasst bzw. herausgeglättet).
Demnach dominiert über Mitteleuropa ein Keil, dessen stärkste positive
Geopotenzialanomalie sukzessive in Richtung Skandinavien wandert. Deutschland
verbleibt somit in einer hochdruckdominierten, jedoch weiterhin leicht
wechselhaften südwestlichen Strömung.

Die Meteogramme zeigen durchweg einen leicht wechselhaften und milden bis sehr
milden Witterungsabschnitt. Die Rauchahnen der 850 hPa Temperatur und des
Geopotenzials sind durchweg recht eng gebündelt, wobei der Kontrolllauf und HRES
zum Ende eher am oberen Ende der Memberschar liegen. Hier werden die ersten
Unsicherheiten zum Monatsende bzgl. der zunehmend progressiveren
Wellenverlagerung sichtbar und auch die Unsicherheit, wie schnell der
dominierende Langwellentrog vor Westeuropa abgebaut wird.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Samstag, Montag und Dienstag können einzelne GEWITTER auftreten, wobei
Labilität und Scherung besonders zum Wochenbeginn auch teils kräftige
Entwicklungen zulassen würden (stürmische Böen, Graupel/Hagel und markanter
Starkregen).
Der EFI hebt durchweg nur die hohen positiven TEMPERATURabweichungen hervor, die
zum Wochenbeginn nahezu ganz Deutschland betreffen.
Besonders zum Wochenbeginn deutet das ENS im Westen geringe, über der Deutschen
Bucht zeitweise erhöhte Wahrscheinlichkeiten für Bft 8 Böen aus Südwest an, was
jedoch von der Zugbahn und Intensität der Randtiefs bzw. Wellen abhängt.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-ENS, GEFS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy