#SXEU31 #DWAV S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Sonntag, den 16.10.2022 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 161800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 16.10.2022 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Auf dem Brocken zunächst noch stürmisch. Ansonsten bis Dienstag vereinzelt
Gewitter, lokal dabei Starkregen nicht ausgeschlossen.
Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
Aktuell … sehen wir uns einem umfangreichen Langwellentrog über dem
Nordostatlantik entgegen, auf dessen Vorderseite sich eine südwestliche
Höhenströmung von den Azoren über die Biskaya bis nach Süd-Südskandinavien und
Polen gebildet hat. Diese wird aktuell durch eine Austrogung westlich der
Britischen Inseln und einem Randtrog über Skandinavien antizyklonal deformiert.
Bodennah gibt es westlich der Britischen Inseln eine Zyklognese, das
entsprechende Tief mit einem Kerndruck von unter 985 hPa wurde auf den Namen
FREYA getauft. Ausläufer dieses Tiefs liegen über der Mitte Deutschlands und
sind mit Ausläufer des Tiefdruckkomplexes ELKE verbunden, welches wiederum aus
mehreren Kernen besteht und über dem Nordmeer und Skandinavien zu finden ist.
Im Zuge der Austrogung westlich der Britischen Inseln kristallisiert sich ein
Höhentief knapp westlich vor Irland heraus. Es zieht in der Nacht in
nordöstliche Richtung und kommt morgens knapp westlich vor Schottland an. Tief
FREYA wird dahin mitgeführt, wobei sie zunehmend achsensenkrecht darunterliegt
und damit den Höhepunkt überschritten hat. Die über der Mitte Deutschlands
befindliche Warmfront von FREYA wird in der Nacht als Resultat davon nach Norden
gelenkt.
In ihrem Bereich regnet es zeitweise, zum Teil auch schauerartig. Die deutsche
Modellkette deutet zudem Gewitter an, externe Modelle folgen diesem Szenario
allerdings nicht. Dagegen sprechen vor allem die Tageszeit, aber auch die
fortgeschrittene Jahreszeit, die antiyzklonale Höhenströmung und eine bekannte
Überinterpretation von Gewittern in den Übergangsmonaten in der deutschen
Modellkette. Für Gewitter sprechen eine eigentlich geeignete Luftmasse (sehr
warm und feucht), die Labilisierung durch kräftige WLA, das Vorhandensein
genügendem MU-CAPE mit Werten bis 600 J/kg sowie ordentlichen Scherungswerten.
Aufgrund dessen lassen sich Gewitter nicht völlig ausschließen, vor allem nicht
an der Nordsee mit Unterstützung des zum Teil immer noch vergleichsweise warmen
Meeres.
Die Regenmengen betragen in der Fläche in einem Bereich vom Rheinland-Pfalz bis
ins mittlere Brandenburg und nordwestlich davon 1 bis 3 l/qm in 12 Stunden. In
kräftigen Entwicklungen sind bis zu 8 l/m, dann aber auch in kürzerer Zeit,
denkbar.
Der Süd- bis Südwestwind frischt mit Frontpassage zwar ein wenig auf, vermag
jedoch nur den höheren Bergen vereinzelt Böen bis etwa 50 km/h (knappe Bft 7) zu
bringen. Auf dem Brocken sind dann allerdings wieder Sturmböen bis rund 85 km/h
(Bft 9) dabei. An der Nordsee hingegen flaut der Wind größtenteils ab.
In den anderen Landesteilen bewirkt ein Keil des Hochs WIM mit Schwerpunkt über
Südwest-Russland Absinken und dadurch Wolkenrückgang. Andererseits bildet sich
dort bei nur schwacher Luftbewegung lokal dann Nebel.
Die Temperaturen sinken auf 15 bis 8 Grad unter dichten Wolken und auf 11 bis 5
Grad sonst.
Montag … wandert das Höhentief über Schottland hinweg zu den Shetlandinseln.
Bodentief FREYA folgt ihm brav dorthin, wobei es sich auf einen Kerndruck von
etwa 1003 hPa auffüllt. Während die Warmfront des Tiefs dann nordöstlich von
Deutschland liegt, dringt aus Nordwesten die Kaltfront nach Deutschland vor. In
Theta E 850 hPa lassen sich dabei zwei Drängungszonen finden, wobei die erste
bis zum Abend bis auf eine Linie Rheinland – Wendland – Vorpommern vorankommt
und die zweite als eigentliche Kaltfront erst später eintrifft. Entlang der
ersten Linie sind schauerartige Regenfälle zu erwarten mit in der Fläche Mengen
von 1 bis 5 l/qm in 12 Stunden. Lokal sind in kräftigen Schauern um 10 l/qm in
kurzer Zeit denkbar. Reicht es auch für Gewitter? Geht es den deutschen Modellen
nach, dann ja, geht es den anderen Modellen nach, dann nein. Die
Rahmenbedingungen sind ähnlich wie in der Nacht, die WLA zieht jedoch nach
Nordosten ab. Außerdem ist die Höhenströmung nicht mehr ganz so antizyklonal,
weil der Rücken durch das Höhentief nach Nordosten geschoben wird. Am ehesten
reicht es wohl am Südrand der Niederschläge hin zur feuchtwarmen Luft für ein
vereinzeltes Gewitter, die fehlende Einstrahlung bei zuvor bereits aufkommender
starker Bewölkung spricht aber wieder dagegen.
Präfrontal gibt es im Rest des Landes nach Auflösung etwaiger Nebelfelder einen
meist heiteren Tag.
Der Wind weht schwach bis mäßig aus West bis Südwest, im Süden aus Südost. An
den Küsten Schleswig-Holsteins treten vereinzelt starke Böen um 50 km/h (Bft 7)
auf, auf dem Brocken noch Sturmböen bis 85 km/h (Bft 9).
Unter Zufuhr sehr warmer Subtropikluft (T850 hPa zwischen 9 und 15 Grad) sind
Höchstwerte von 20 bis 26 Grad zu erwarten, am wärmsten wird es an den
Nordrändern der Gebirge. Im Nordwesten bleibt es mit 17 bis 20 Grad schon
kühler.
In der Nacht zum Dienstag schwenkt das Höhentief über die Nordsee nach
Skandinavien weiter, wo es sich einem weiteren Trog anschließt. Die Achse dieses
Troges liegt morgens auf einer Linie mittlere Nordsee – Nord-Norwegen. Bodentief
FREYA zieht unter weiterer Auffüllung nach Süd-Norwegen. Die Kaltfront des Tiefs
gelangt nun bis in die Mitte Deutschlands, dort kommt sie allerdings bald ins
Schleifen, da sie mit einer Warmfront des neuen Tiefs GEORGINA westlich der
Britischen Inseln verbunden ist.
Die zunächst ähnlich starken Niederschläge wie am Tage entlang der Kaltfront(en)
intensivieren sich in der zweiten Nachthälfte. Hauptauslöser dürfte die
verstärkte Hebung des neuen Trogs über der Nordsee sein, der sich in schwacher
Form durch eine zyklonale Struktur bis nach Deutschland verfolgen lässt und
damit PVA generiert. Zudem wird an der Front im Übergangsbereich zur Warmfront
von den Modellen ein Minimum im Druckfeld angedeutet, das in der zweiten
Nachthälfte Deutschland erreicht und damit einer Welle gleichkommt. Die
Niederschlagsmengen betragen in der Fläche 1 bis 8 l/qm, lokal bis 15 l/qm in 12
Stunden. Von den Ensembles werden im Westen geringe Wahrscheinlichkeiten für
mehr als 25 l/qm in 12 Stunden gebracht. Immer noch stellt sich die Frage nach
Gewittern, die die deutsche Modellkette weiterhin fleißig am Südrand des
Niederschlagsgebietes simuliert. Die anderen Modelle ziehen aber ebenso
weiterhin nicht mit, sodass es wohl höchstens vereinzelt mal dazu kommt, dabei
dann aber Starkregen möglich ist.
Postfrontal trocknet es von Nordwesten bis zum Morgen bis auf eine Linie
nördliches Emsland – Rügen wieder ab und die Wolken lockern etwas auf.
Ebenso bleibt es präfrontal (Schwarzwald bis Bayerischer Wald und südöstlich
davon) noch trocken mit Auflockerungen, allerdings wird das mit lokaler
Nebelbildung erkauft.
Der Wind weht meist nur schwach aus unterschiedlichen Richtungen, an der Nordsee
und auf einigen höheren Bergen kann er ein wenig auffrischen.
Die Temperaturen sinken auf 14 bis 11 Grad unter den Wolken und auf 10 bis 6
Grad sonst.
Dienstag … verlagert sich der Randtrog von der Nordsee in die östliche Ostsee,
Tief FREYA folgt weiterhin dieser Spur.
Der über der Mitte Deutschlands schleifende Frontenzug des Tiefs kommt dadurch
noch ein wenig bis in den Süden des Landes voran, sodass sich die Niederschläge
nach Bayern und Baden-Württemberg verlagern. Wie weit sie südlich ausgreifen,
wird von den Modellen etwas unterschiedlich prognostiziert. EZMW lässt es bis zu
den Alpen nass werden, die deutschen Modelle machen etwa an der Donaulinie Halt.
Wie auch immer sind in der Fläche 1 bis 8 l/qm bis zum Abend zu erwarten.
Geringe Wahrscheinlichkeiten für mehr als 25 l/qm in 12 Stunden sind ebenfalls
noch vorhanden, ebenso die Möglichkeit für Gewitter speziell am Südrand der
Niederschläge mit der erneut jedoch fehlenden Einstrahlung durch zuvor schon
aufziehende dichte Bewölkung. Die Starkregensignale schwächen sich im Vergleich
zur Nacht wieder ab, weil einerseits der Wellenscheitel nun durchgezogen ist und
andererseits die PVA nachlässt.
Ganz im Süden kann präfrontal noch die Sonne scheinen.
Ebenso machen die Auflockerungen im Norden weitere Fortschritte in Richtung
Mitte Deutschlands.
Der Wind weht schwach bis mäßig und dreht auf West bis Südwest, an der See
treten starke Böen um 55 km/h (Bft 7) auf.
Die Höchsttemperaturen liegen zwischen 15 und 20, im Süden zwischen 17 und 24
Grad.
In der Nacht zum Mittwoch wird der Trog über Skandinavien durch einen zweiten
Randtrog regeneriert. Die Achse des Trogs liegt morgens über der östlichen
Ostsee. Tief FREYA wandert folglich zum Baltikum weiter.
Die über dem Süden schleifende Front pirscht sich den Alpen an, verliert aber
immer mehr an Aktivität. Das liegt nicht zuletzt an einem Keil des neuen Hochs
mit Schwerpunkt nordwestlich der Britischen Inseln, das sich dort durch
Unterstützung eines des Trogs nachfolgenden Rückens, der sich von Frankreich bis
dorthin aufwölbt, bildet.
So lassen die Niederschläge fast überall nach, einzig an der Ostsee zieht in der
Nähe zum Trog mal ein schwacher Schauer durch.
Da auch der Wind nur schwach weht (außer an der Ostsee, dort mit einzelnen
starken Böen um 50 km/h), ist vermehrt von Nebelbildung auszugehen.
Die Tiefsttemperaturen liegen zwischen 12 und 7 Grad im Süden sowie an der See
und zwischen 9 und 2 Grad sonst.
Mittwoch … gelangen wir mehr und mehr in den Rückenbereich, der sich langsam
progressiv verlagert. Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt vor die Küste
Norwegens, der Keil reicht bis in den Osten Deutschlands. Dieser sorgt nach
Nebelauflösung fast landesweit für einen meist heiteren und trockenen Tag.
Tatsächlich lässt sich im Theta E der Frontenzug noch wiederfinden, der nun
allmählich wieder Richtung Mitte wandert und sehr warme Luft im Südwesten von
kühlerer im Nordosten trennt. Mehr als ein paar dichte Wolken, nach EZMW am
Alpenrand auch lokal schwache Schauer, bringt diese Luftmassengrenze aber nicht
zustande.
Der Wind weht schwach bis mäßig aus Nordost, in der Nordosthälfte aus Nordwest.
Entsprechend der thermischen Exposition durch die Luftmassengrenze steigen die
Temperaturen in der Nordosthälfte nur auf 11 bis 15, sonst auf 14 bis 20 Grad.
Modellvergleich und -einschätzung
Der Modelle haben die Wetterlage sehr ähnlich auf dem Schirm. An den Gewittern
scheiden sich jedoch die Geister, ebenso wie bei der Verlagerung der
Niederschläge bis in den Süden am Dienstag. Das eine muss im Nowcasting
beobachtet werden, das andere mit weiteren Modellläufen verifiziert werden.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler